03.05.2009

03.05.2009

Sonntag, 03.05.09 – Ganz einfach! Sie sind dahin gefallen. So ca. gegen ein Uhr morgens legt mich eine Welle, die sich stürmisch in mich verliebt hat, flach. Wolfgang hängt während der ca. 20 Sekunden, die der Spaß dauert, am Steuerbordheckkorb über ihm und sieht den Cockpitboden neben der Reling im Wasser verschwinden. Leider kann er aber gerade nicht loslassen, trotz Schwimmweste und Lifebelt… Die Reling sieht man natürlich nicht, die ist unter Wasser. Die Rettungsinsel, die ja unter der Abdeckung gestaut ist, bleibt an Ort und Stelle fest verstaut. Als ich wieder senkrecht stehe, sieht alles an Deck ganz ordentlich aus, lediglich der Außenbordmotor hat sich hochgeklappt. Das würde von einer seitlichen Neigung von über 90° zeugen, allerdings entwickelt so ein Querschlagen natürlich auch noch ein gewaltiges Drehmoment. Wahrscheinlich war es also etwas weniger. Nicos erst Frage, nachdem er sich zuerst von der Kojenwand zurück auf die Liegefläche und dann in Richtung Niedergang vorgearbeitet hat: „Bist du noch da?“ Wolfgang: „Ja, aber das wäre fast die Rettungsinsel gewesen.“ Was leider zu dem Missverständnis führt, dass Nico meint, er hätte fast in selbige gemusst, dem ist aber nicht so. Ich schwimme noch und schwamm auch immer, und zwar bestens. Seit heute ist nämlich bewiesen, dass ich auch quer noch schwimme. Geht doch nix über ein bisschen Ballast unterm Mast.
Auper dem Teppichmesser und dem Schraubenzieher hat sich natürlich auch der Rest des Werkzeugkasteninhalts in der Pantry verteilt, der Laptop ist vom Kartentisch oben! auf den Herd gefallen, die Marinarechnung aus Whangarei hat sich mit ein paar anderen Zetteln vom angestammten Zettellager hinter den Kursdreiecken ins Bücherbord verholt und klebt dort, feucht von der Gischt, die durch die Niedergangsritzen gesprüht ist, auf den Buchrücken. Aus dem Orchestergraben (der Salonablage mit der Gitarre etc.) haben sich nur die Strohhüte, der Staubsauger, eine Okarina und ein paar Notenhefte auf den Flug nach Backbord begeben, ansonsten hält sich das Chaos in Grenzen. Wolfgangs „Zwischenablage“ („muss ich irgendwann mal aufräumen?“) auf seinem Kleiderschapp hat sich bei der Aktion selbst aufgeräumt und liegt auf seiner Koje.
Wasser schwappt natürlich in allen Bilgen, der Niedergang ist ja nicht luftdicht. Außerdem hat die backbordseitige Backkiste reichlich Wasser abbekommen, und die hat Verbindung zur Motorbilge. Lustigerweise sind deshalb die getrennten Bilgen der Nasszellen die einzigen, die trocken sind!
Der Rest der Nacht verläuft völlig unspektakulär, Nico klariert absolut heldenhaft trotz Seekrankheit unter Deck das Chaos, während Wolfgang noch lange am Ruder steht.
Zur Funkrunde am Morgen ist fast alles schon wieder an Ort und Stelle, und als am Nachmittag der Sonntagsbraten (der Mahi Mahi hat sich im Kühlschrank nur etwas verschoben) endlich in die Pfanne kommt, da ist die Welt schon wieder in Ordnung. Etmal von 154 Meilen, immerhin. In der Nacht schläft der Wind ein, für ein paar Stunden muss der Motor schieben. Da kann das Radargerät mal eine Weile Ausschau halten, ich habe zwei sehr müde Männer unter Deck.
Für die Wetterinteressierten unter euch (oder falls jemand nach dem Cockpitboden tauchen möchte) hier Ort und Uhrzeit des Brechers: 30°31′ S, 174°38′ E, 13.00 h UTC am 02.05.09.


Zurück zum Törn: Von Auckland nach Fiji

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