Von San Sebastian nach LaCoruna – August 1999

22.08.1999

Sonntag, 22. August 1999

Sonntag, 22.08.99 – Die ersten Tage sind immer die interessantesten, weil sich die Crew da erst mal beschnuppert. Diesmal kennen sich nur Melanie und Ines, alle anderen haben sich noch nie vorher gesehen. Erst werden die Segelerfahrungen ausgetauscht (die will der Skipper ja auch immer wissen, deshalb ist das immer das erste Thema):
Egon hat die meisten Törns, Dagmar den katastrophalsten, und Ines und Melanie haben noch gar keinen Törn hinter sich, und Dirk hat den BR-Schein auf der Ostsee gemacht. Lustige Mischung!
Zum gemütlichen Einsegeln nach der Schiffs- und Sicherheitseinweisung kreuzen wir bis Guetaria und bekommen dort den gleichen Liegeplatz wie vor zehn Tagen bei der Sonnenfinsternis.
In Guetaria haben alle Restaurants einen Holzkohlengrill draußen stehen, wahrscheinlich hat irgendwer vor ein paar Jahren damit angefangen und gut verdient, jedenfalls haben jetzt alle einen. Und die Köche können damit umgehen: Fangfrischer Seehecht und Seeteufel, außen kross und innen rosa und so zart, daß die Filets fast von den Gräten fallen und sich dann lutschen lassen….

23.08.1999

Montag, 23. August 1999

Montag, 23.08.99 – Direkt hinter der Hafenmole setzt die Mannschaft den Spinnaker. Und bis Sonnenuntergang wird der auch nicht mehr geborgen. Egon segelt Top-Speed mit 7,6 Knoten, blauer Himmel, kaum Seegang, immer am Voralpenland lang…
Der Wermutstropfen: beim Bergen bleibt die Holeleine des Spi-Schlauchs am Deckstrahler hängen und wickelt sich so unglücklich drumherum, daß Wolfgang mit dem Bootsmannsstuhl auf halbe Masthöhe muß, um da oben Ordnung zu schaffen. Was ja auch mal spannend ist, also der Stimmung keinen Abbruch tut.
Und da die Stimmung also so gut und das Wetter so passend ist, wird die ganze Nacht weitergesegelt. Bzw. motort, weil der Wind später einschläft. Trotzdem wird es eine schöne Nachtfahrt, sternenklar, mit Fischerausweichmanövern und allem, was sonst noch so dazugehört.

24.08.1999

Dienstag, 24. August 1999

Dienstag, 24.08.99 – Gegen morgen brist es nochmal auf, allerdings aus West, und weil alle wegen der Schräglage unter Segel aufgewacht und doch ganz schön geschafft sind, laufen wir um 11.15 h in S. Vicente de Barquera ein. Ausruhen, schwimmen am Strand, Stadtbummel, Logbuch schreiben…

25.08.1999

Mittwoch, 25. August 1999

25.08.1999

Mittwoch, 25.08.99 – Auf dem Weg in die Biskaya rein, also vor fast vier Wochen, da hat man von der Küste ja nicht ganz so viel gesehen… und jetzt sieht man was wir damals verpasst haben: Im Hinterland sieht es wieder aus wie im Voralpenland, die Küste selbst ist aber sehr schroff, eigentlich eine einzige Steilklippe mit Höhlen, kleinen Buchten, vorgelagerten Felsen und Inselchen, mit kleinen Dörfern auf den grünen Hügeln und immer wieder mit Kühen oder Pferden auf der Weide.
Modelleisenbahnmäßig! 30 Meilen lang geht das so, dann sind wir in Ribadesella, und die Crew belustigt nach dem Abendessen und dem Abstecher in die Sidreria (vgl. 31.07.99!!!) am Hafen das spanische Publikum auf der Promenade:
Wegen des Niedrigwassers müssen nämlich alle erst über eine Leiter auf das vor uns liegende Motorboot und über dessen Reling zur Stufe an seinem Heck klettern, um dann von da aus mit dem Beiboot zur Badeplattform an meinem Heck überzusetzen. Das geht leider nicht ohne Gestolper und Gelächter. Und nicht ohne Kommentare vom fachkundigen Publikum…
aber immerhin geht es ohne unfreiwilliges Bad!

26.08.1999

Donnerstag, 26. August 1999

Donnerstag, 26.08.99 – Ablegen um 08.15 h. Wegen der Barre in der Hafeneinfahrt. Geht halt nur bei Hochwasser. Und das nächste Hochwasser ist erst am Nachmittag. Um 10.00 h schlafen aber schon wieder alle. Bis auf Dirk und den armen Skipper…
Leichte nördliche Winde bringen uns langsam, aber sicher nach Gijon. Da wundert sich Wolfgang, weil der schöne Yachthafen fast komplett leer ist. Anscheinend geht die Saison hier schon dem Ende zu. Und die Fahrtensegler, die noch auf die Kanaren oder in die Karibik wollen, machen den Abstecher in die innere Biskaya wohl schon nicht mehr und gehen direkt vom Ärmelkanal nach A Coruna. Eine Najad 38 („Emma Vier“) mit Heimathafen Lüdenscheid haben wir getroffen, sonst sind wir in den letzten Tagen oft alleine auf weiter See.

27.08.1999

Freitag, 27. August 1999

Freitag, 27.08.99 – Ein halbe-halbe-Tag: Die erste Hälfte lang haben wir tollen Nordwestwind, vier bis fünf Windstärken, eine herrliche Kreuz raus zum Cabo Penas. Aber dann schläft der Wind ein und nur die Dünung bleibt übrig und produziert eine fürchterliche See. Gar nicht so hoch, aber unheimlich kabbelig. Deshalb wird der nächstmögliche Hafen angelaufen, und das ist Aviles. Laut Hafenhandbuch ein sehr sicherer, weil weit in einem tiefen Fjord gelegener, aber auch ein sehr dreckiger Hafen, weil Kohle verladen wird und alles voll mit schwarzem Staub ist.
Stimmt auch alles.
Aber wir finden lustigerweise gerade hier den lauschigsten Liegeplatz der ganzen Reise, nämlich gegenüber der Stadt an einem kleinen Werftgelände. Nicht gerade die schwedischen Schären, aber ziemlich im Grünen und weit weg vom Straßenlärm und von der Industrie am anderen Ufer.
Zum Abendessen gibt es Ratatouille mit Psychotest.
Ergebnis: Wolfgang und Egon nehmen sich selbst einfach zu wichtig…

28.08.1999

Samstag, 28. August 1999

Samstag, 28.08.99 – Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag an Goethe, Nico S. und Bettina R:!
Ist aber auch Geburtstagswetter: Nordostwind, drei Beaufort, glatte See, strahlend blauer Himmel!
Die Segel werden erst im Hafen von Luarca geborgen, und wenn der Hafen nicht so wahnsinnig eng wäre, hätte man fast unter Segeln anlegen können, so schön sind die Bedingungen heute!
Ich bin mal wieder die einzige Fahrtenyacht weit und breit. Keine Probleme bei der Liegeplatzsuche. Einfach rein in den Hafen und an der nächsten Leiter langsseits gehen (Ines‘ allererster Anleger!). Und dann kann die Crew beim Restaurantbesuch den ganzen Abend lang den Blick auf den schönsten Rumpf, den höchsten Mast, die größte Yacht, den tollsten roten Zierstreifen, die eleganteste Baumpersenning etc. genießen.
Ganz prima, wenn man das einzige Segelboot im Hafen ist!

29.08.1999

Sonntag, 29. August 1999

29.08.1999

Sonntag, 29.08.99 – Egon macht nach dem Ableger Stimmübungen auf dem Vorschiff. Und lockt damit einen Wal an! Ein kleiner zwar nur (wie ein Mini-Pottwal im schwarzen Anzug, kennt jemand die Sorte?), aber er kommt nicht nur bis ganz nah ran, sondern er macht auch noch Kunststückchen: Rolle vorwärts, Rolle rückwärts, Kopfstand mit Schwanzflossenwackeln und zweimal kurz an meinem Rumpf schubbern.
Ein Wal, der sich an meinem Rumpf schubbert!!
Das ist dann allerdings der Moment, wo Wolfgang und ich zeitgleich fast eine Herzattacke bekommen (deshalb ist das Foto auch etwas verwackelt…), ich brauche mein Ruderblatt nämlich noch…
Einen Fisch haben wir dann auch noch geangelt und Suppe draus gekocht. Und außerdem ist abends in Ribadeo Bungee-Jumping von der Brücke vor dem Hafen, aber was ist das alles gegen einen Wal, der sich an meinem Rumpf schubbert !!!!!!!!!!????????

30.08.1999

Montag, 30. August 1999

Montag, 30.08.99 – 32 Meilen lang herrliches Segeln: Nordostwind, fünf Beaufort, ein Reff im Großsegel, blauer Himmel! Leider mit einem Wehmutstropfen: Für morgen sagt der Wetterbericht der Deutschen Welle bis zu zehn Windstärken am Kap Finisterre voraus. Vorsichtshalber suchen wir deshalb einen Hafen in einer möglichst geschützten Bucht und finden ihn in Vicedo. Das liegt tief in der Ria del Barquero, einer Bucht kurz vor dem windigen Nordwesteck Europas. Der Hafen ist klein, aber funkelnagelneu, deshalb färben die Autoreifen an der Mole leider noch ab und schwärzen meinen Rumpf und die Fender an der Backbordseite. Macht nichts, kann man Putzen…

31.08.1999

Dienstag, 31. August 1999

Dienstag, 31.08.99 – Hafentag, wie befürchtet. Egon und Wolfgang schlagen sich zu Fuß bis zum Kap durch, um mal so zu gucken, wie es denn draußen aussieht – und es sieht nicht so gut aus. Aber zwei einsame Strände in Hafennähe, Brombeerbüsche ohne Ende und ein günstiger Friseur im Ort lassen den Tag auch schnell rumgehen.

01.09.1999

Mittwoch, 01. September 1999

Mittwoch, 01.09.99 – Eigentlich wollten wir ja nur bis Cedeira. Aber dann segelt Dirk am Cabo Ortegal 8,4 Knoten schnell, was Melanie nicht auf sich sitzen lassen kann und einfach so lange geradeaus steuert, bis sie am Cabo Prior auch 8,4 Knoten auf der Logge stehen hat. Mit gut sechs Windstärken weht es ohnehin die ganze Zeit, und an jedem der zahlreichen hohen Kaps auf dem Weg legt der Wind kurzfristig ein wenig zu und dreht ein wenig zurück, wodurch wir immer auf Vor-Wind-Kurs bleiben können. Dirk wollte ja unbedingt einen Tag mit „mal so richtig segeln!“, und jetzt hat er ihn. Die seemännischen Arbeiten finden bei diesem Wetter zum großen Teil auf dem Vorschiff statt: Zuerst das Reffen des Großsegels (2. Reff), dann der Vorsegelwechsel von Fock 1 (normaler Wind) auf Fock 3 (starker Wind), und dann noch drei Halsen, bei denen jedesmal nicht nur das Großsegel, sondern auch der Spinnakerbaum (der die Fock ausbaumt) geschiftet werden muß, alles bei gut drei Meterhohem Seegang… das gibt ziemlich weiche Knie, aber auch ziemlich leuchtende Augen!
Jedenfalls sind wir, weil keiner anhalten will, plötzlich einen Tag zu früh in A Coruna!

02.09.1999

Donnerstag, 02. September 1999

Donnerstag, 02.09.99 – Stadtbummel, Wäschewaschen, Schiffputzen, Abschiedfeiern: Wolfgang bekommt als Abschiedsgeschenk Schuhputzzeug (im Edel-Etui!) geschenkt, aber ob das was nützt, bei den Sandalen?!

03.09.1999

Freitag, 03. September 1999

Freitag, 03.09.99 – siehe 02.09.1999

04.09.1999

Samstag, 04. September 1999

Samstag, 04.09.99 – Dieter wird heute 65!
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein liebster und bester aller Schiffsingenieure! Mögest Du noch genauso lange halten, wie all‘ die Teile, die Du für mich gebaut hast! (Obwohl, das wäre ewig… und ob man das wirklich wünschen soll?)
Apropos halten: Die nächste Crew hält Einzug. Carola Repky, Andrea Maier, Alexander Imrusch, Marko Stefenelli und Ulrich Hauschild wollen mit mir, Wolfgang und Lipso nach Lissabon.
Man kennt sich, Marko, Carola und Uli haben vor zwei Jahren mit Wolfgang auf Curieux JoJo ihren BR-Schein gemacht und jetzt Alexander und Andrea mit dem Bazillus Nauticus infiziert. Der erste Abend wird also eher eine Wiedersehens- als eine Kennenlernfeier – auch gut!
Obwohl, ein Kennenlernen gibt es auch noch, weil nämlich Uwe ( Ende sechzig, Anfang siebzig?) noch vorbeikommt, weil er gerade so alleine auf der 16-m-Ketsch, die er (alleine!) nach Hamburg überführen soll, sitzt und lieber noch einen Abend in Gesellschaft verbringen möchte.
Un wat der als vertellt!