Von Martinique nach Martinique – Januar 2000

09.01.2000

Sonntag, 09. Januar 2000

Sonntag, 09.01.00 – Wenn das Wetter nicht mal wieder „schauerhaft“ wäre, wären wir ja eben nach F.d.F rübergesegelt, so aber bleibe ich liegen, und die Mannschaft fährt mit der Fähre zum Sonntagsspaziergang.

10.01.2000

Montag, 10. Januar 2000

Montag, 10.01.00 – Na jetzt aber: Immerhin zwei Meilen, dann fällt der Anker auf der Reede von Fort de France. Ich werde bis an den Stehkragen vollgebunkert, weil die Preise für Lebensmittel in den Grenadines teilweise schon aus dem nächsten Jahrtausend vorverlegt wurden. Da kaufen wir dann doch lieber „in Europa“ ein, auch wenn es eigentlich ungerecht gegenüber den nicht EU-subventionierten Inseln im Süden ist. 25,- DM für eine einfache Flasche Olivenöl auf Union Island ist definitiv grenzwertig… Wolfgang und Sabine klarieren uns beim Zoll aus, dann starten wir zur Nachtfahrt nach Süden.

11.01.2000

Dienstag, 11. Januar 2000

Dienstag, 11.01.00 – Und erwischen einen Squall nach dem anderen. Mit dem Kopf in der Waschmaschine beim Schwarzfärben einer Jeans… oh Lenny, was hast du getan“! Der bezeichnendste Dialog dieser Nacht: Sabine (hat sich gerade übergeben) beim Wachwechsel: „Was macht Vera““ Wolfgang: „Die übergibt sich unten gerade.“ – „Und Stefan““ – „Der übergibt sich noch nicht…“
Tröstenderweise laufe ich teilweise mit neun Knoten und bereite dem Spuk ein einigermaßen zügiges Ende, und noch tröstendererweise sichten wir kurz vor dem Etappenziel Bequia einen großen Pottwal keine zwanzig Meter neben meinem Rumpf! (Der erste Pottwal bisher: riesiger Kopf, ganz vernarbter Rücken, toll!!)
In Port Elizabeth lotst uns mein Lieblingstaxifahrer an die letzte freie Boje, der Nachmittag wird komplett verpennt, Stefan restauriert die Mannschaft später mit leckeren Spaghetti, und am Abend langen die Kräfte dann sogar wieder für einen kleinen Dorfbummel mit Rumpunsch und Klönschnack mit ein paar britischen ARC-Kollegen.

12.01.2000

Mittwoch, 12. Januar 2000

12.01.2000

Mittwoch, 12.01.00 – Eben um die Ecke und dann ganz alleine hinter Petit Nevis geankert. Im Hafenhandbuch steht nämlich, das sich der Platz zum Übernachten nicht eignet, das ist prima, weil es nicht stimmt!
So haben wir die unbewohnte Insel mit der Walfängerhütte ganz für uns, bis Mitternacht sitzen alle im Cockpit und beobachten die Sterne und Jupiter und Saturn…
(Zwei Anmerkungen: Die Einwohner von Bequia dürfen pro Saison zwei Wale „mit der Hand“, also ohne Maschinenunterstützung erlegen. Das Zerlegen und Kochen des Wals wird, falls sie einen erwischt haben, was, weil der letzte Harpunier schon über sechzig ist, immer seltener wird, dann auf Petit Nevis erledigt, weil das Trankochen nämlich grauenhaft stinkt. Aber die Wallände, der Trankessel etc. sind halt noch da und funktionstüchtig.
Die zweite Anmerkung: Wer das hier lesen kann, hat einen Computer. Wer auf diesem Computer immer noch ohne „Starry Night“ lebt, ist selber Schuld: erhältlich bei JoJo und besser als alle Computerspiele der Welt zusammen!)

13.01.2000

Donnerstag, 13. Januar 2000

Donnerstag, 13.01.00 – Am Morgen trudeln dann doch die ersten Tagesausflügler ein und berauben uns der Einsamkeit.
Vera und Stefan erkunden trotzdem „unsere“ Insel per pedes, danach legen wir ab und setzen Segel: Acht Meilen bis Mustique ( bei übrigens endlich stabilem Traumwetter!), da erwischt Sabine eine freie Mooringboje, dem Ausflug zur berühmten Basil“s Bar steht also nichts mehr im Wege.
Es geht ja das Gerücht, das die Segler aller Länder diese Bar so sehr schätzen, weil man einen tollen Blick von der auf das Wasser hinaus gebauten Veranda in Richtung Sonnenuntergang mit davor liegender Yacht hat, und weil die Cocktails zum „Sundowner“ so gut sind.
Stimmt aber gar nicht. Oder vielmehr: Ist nur eine faule Ausrede, das hat man nämlich in anderen Bars genau so: In Wirklichkeit hoffen alle nur, dass Mick Jagger oder Prinzessin Anne oder sonst ein prominentes Stück Boulevardpresse auch in der Bar hockt, weil die High Society-Mitglieder aus aller Herren Länder nämlich auf Mustique ganz gerne in einer der Villen Urlaub machen. Meine Mannschaft (und vor allem Sabine, die unbedingt Mel Gibson sehen will!) hat aber kein Glück und muss sich mit der Aussicht auf mich begnügen. Auch schön!

14.01.2000

Freitag, 14. Januar 2000

14.01.2000

Freitag, 14.01.00 – Mustique ist aber auch ohne Promis einen Spaziergang wert: Frisch geharkte Strände, gepflegte Rasenflächen überall, Blumen an allen Ecken und kein Müll, kein Dreck gar nirgendwo…
wobei man dann schon irgendwann anfängt über Reichtumsverteilungsmechanismen nachzudenken….
Auf dem Weg nach Süden beisst ein Barracuda! Und nach einer kurzen Erkundungsrunde durch die Buchten an der Südseite von Canouan hängen wir, weil es uns nicht so ganz 100%tig gefällt noch vier Meilen dran und die Crew verspeist den hässlichen, aber sehr schmackhaften Jäger in der Saltwhistle-Bay auf Mayerau. Von dieser Traumbucht habe ich euch ja schon ein Foto gemailt, da mache ich euch heute mal nicht schon wieder neidisch!

15.01.2000

Samstag, 15. Januar 2000

Samstag, 15.01.00 – „Segeltag“ kann man das ja wirklich nicht nennen, wenn man meine Fock setzt, zwei Meilen geradeaus steuert, die Fock wieder birgt und dann meinen Anker in den Sandgrund zwischen den Tobago-Cays wirft!
Aber so bleibt Zeit zum Schnorcheln am Riff, zum Langustenkochen und Fischbraten an Bord und zur ARC-Revival-Party in meinem Cockpit mit der Crew der „Seniorita“: Das ist die Crew, die an Bord gewettet hat, wie Wolfgang (den sie nur der Stimme nach vom ARC-Wetterbericht-Verlesen her kannten) wohl aussieht.
Rekordmäßig daneben: Frühpensionierter Polizist (47 Jahre alt) mit Halbglatze, Brille, Bart und Rückenleiden. Wolfgang hat das dann im Wettformular mal alles richtig gestellt…
Wie so ein karibisches Bordfest aussieht“! Neun Leute, eine Riesenschüssel Obstsalat mit Rum, kaltes Bier und kühler Wein, die Gitarre, die Trommel und die Liederhefte zum Mitsingen, Halbmond und sternenklarer Himmel, und Geschichten (Pierce Brosnan nackt auf Mustique!!!!!!) und Gelächter, bis die ersten Beschwerden von den Nachbarbooten kommen.
(Das waren aber nur ein paar total Besoffene von der „Männercrew“ auf dem Charterkatamaran nebenan, die wir leider wegen ballermann-sechs-mäßigen Benehmens von unserer Party ausladen mussten…)

16.01.2000

Sonntag, 16. Januar 2000

Sonntag, 16.01.00 – Den ganzen Tag noch in den Tobago Cays verbummelt. Gucken, ob die Fische von gestern noch an der gleichen Stelle vom Riff schwimmen. Oder doch mal eine andere Stelle ausprobieren. Oder einfach in der Sonne liegen. Oder auf Baradal spazierengehen. Oder so.
Am Nachmittag wird dann irgendwann doch noch mein Anker aus dem Sand gehievt, und nur unter Fock segeln wir ein paar Meilen weiter: in die Saline Bay auf Mayreau, Dennis in seinem „Hideaway“ besuchen. Das Anlanden mit dem Dinghi gestaltet sich wegen der Dünung aus dem Norden einigermaßen schwierig (will sagen: nass!), aber Wolfgang will unbedingt bei ihm vorbeischauen und testen, ob die Küche immer noch so gut ist, wie vor sechs Jahren. Ergebnis: Sie ist, und der Rumpunsch und die Liveband auch…
Wenn man dann noch die Rückweg-Dinghi-kentert-vollbesetzt-in-der-Brandung-Aktion mit Sandalenverlust skipperseits dazunimmt, war es wohl ein sehr lustiger und gelungener Abend…

17.01.2000

Montag, 17. Januar 2000

Montag, 17.01.00 – Der allerdings mit einem schrecklichen Erwachen am heutigen Morgen endet. In der Nacht hat die Dünung auf Nordwest gedreht. Das gibt es um diese Jahreszeit überhaupt nicht. Eigentlich. Aber eigentlich gibt es um diese Jahreszeit ja auch keinen Regen, keinen Starkwind, keine Kreuzseen etc. Jedenfalls steht der Seegang meterhoch in der sonst extrem ruhigen Saline-Bay, die Yacht neben uns verliert beide Anker (einer liegt zu sehr in Ufernähe in der Brandung, beim anderen reißt die Trosse), und Dennis verliert sein Schiff. Die Mayreau-Queen (40-Fuß-Sloop, eine richtige Schwester von mir!) liegt im Morgengrauen als Totalverlust auf dem Strand. Ich liege knapp außerhalb der Gefahrenzone, also außerhalb der Brandung, aber helfen kann man von hier aus auch nicht, die Mannschaft könnte nicht einmal mit dem Beiboot bis zum Ufer, da ist soeben auch noch ein Speedboot beim Versuch auszulaufen gekentert.
Dünung aus Nordnordwest. Nach 15 Meilen Gegenanbolzerei wirft Wolfgang das Handtuch, in Lee (und das ist plötzlich die Südseite!!!!) von Cannouan brechen wir den Segeltag ab, bringt nix, ankern, abwarten.
Unterwegs: Die Saltwhistle-Bay (normalerweise ca. 15 – 20 Yachten): wie leergefegt, hohe Brandung am Ufer. Die Grand Bay auf Cannouan (normalerweise 40 – 50 Yachten, „normalerweise“ sehr geschützt und deshalb so beliebt): wie leergefegt, hohe Brandung am Ufer, Fährverkehr in die Friendship-Bay an der Südseite der Insel verlegt. Möchte gar nicht wissen, was da in der Nacht los war…

18.01.2000

Dienstag, 18. Januar 2000

Dienstag, 18.01.00 – Toll ist die Gegenanbolzerei heute auch nicht. Aber gegen Mittag hört wenigstens der Regen auf (!!!!!!!!!), also kreuzen wir nach Bequia auf. Eine Riesenschildkröte tröstet uns darüber hinweg, dass das Wetter weiterhin verrückt spielt. Schauer, Nordwind. In der Friendship-Bay (nicht verwirren lassen, Bequia und Cannouan haben beide eine Friedship-Bay auf ihrer Südseite!) warten Christian und Sybille mit ihren Töchtern und natürlich mit ihrem Schiff, der „Subeki“ auf uns. Und freuen sich, dass wir es geschafft haben. Aber wir uns auch! Und ich mich ganz besonders, bin ja nun schon genug aufgekreuzt in den letzten Jahren… Abendessen in der Strandbar, Wiedersehensparty (nach der ARC) später hier an Bord!

19.01.2000

Mittwoch, 19. Januar 2000

19.01.2000

Mittwoch, 19.01.00 – Der Vormittag ist verregnet, man glaubt es kaum. Danach wird es aber ein schöner Segeltag, 20 Meilen bis in die Wallilabou-Bay auf St. Vincent. Ron kommt ohne seinen Zwillingsbruder Ronny an Bord, das hält uns die hier leider ziemlich aufdringlichen Händler vom Hals.
Wobei die Situation aber bei weitem nicht so dramatisch ist, wie in manchen Handbüchern beschrieben! Händler hin- Händler her: Wallilabou ist eine der schönsten Buchten der Karibik. Ankern im Dschungel!
Sattes Grün selbst an den senkrechten Felsen am Eingang zur Bucht, ein Schwarm Kuhreiher in einem der Bäume, Urwaldgeräusche im Hinterland, und Sabine gewinnt als Anfängerin die Uno-Runde nach Sonnenuntergang!

20.01.2000

Donnerstag, 20. Januar 2000

Donnerstag, 20.01.00 – Wohlverdient: Traumhaftes Segeln! Der Passat bläst endlich aus dem Osten, mit halbem Wind und fast unter Vollzeug (ein Reff im Groß, Arbeitsfock) über acht Knoten Fahrt. Im Spurt nach St. Lucia, und weil es so schön ist, gleich durchgestartet bis in die Marigot-Bay. Stefan manovriert mich an einen Logenankerplatz direkt an der kleinen palmenbestandenen Halbinsel, die diese Lagune zum Hurrican-hole macht: dahinter ist der Seegang an 365 Tagen im Jahr gleich Null!
Zwei Großsegler liegen außerhalb der kleinen Landzunge, und wenn man jetzt durch die Rahen der beiden und durch die Palmen hindurch in die untergehende Sonne blickt, dabei den aufgehenden Vollmond im Rücken und einen frischgepressten Longdrink in der Hand hat, dann kann man Sabines wehmütigen Seufzer verstehen: „Ach nee, das ist ja zum Sterben hier!“Dicht unter Land an St. Vincent entlang, da hat man die beste Aussicht auf den Dschungel, der hier bis an das Wasser reicht. Selbst auf senkrechten Felsen halten sich Lianen und Kakteen, die schroffen Vulkanhänge sind grün, grüner, am grünsten, egal, wohin das Auge blickt. Wenig später, wieder unter Segeln und beim Blick zurück erklären sich St. Vincents Nationalfarben von alleine: blau wie das Karibische Meer, grün wie die Insel und gelb wie die Sonne darüber!
Traumhaftes Segeln bis in die Marigot-Bay auf St. Lucia. Und nach dem Sundowner im Doolittle’s die große Überraschung: Der Mond ist weg! Hat der Skipper wieder mal nicht aufgepasst und eine totale Mondfinsternis fast verpennt! Aber Stefans geübtem Himmelsblick entgeht nichts, die nächsten Stunden verrenken sich alle den Hals ,beobachten den Erdschatten auf der noch schwach rötlich leuchtenden Mondscheibe und hören den heulenden Hunden am Ufer zu, die das irgendwie gar nicht toll finden.

21.01.2000

Freitag, 21. Januar 2000

21.01.2000

Freitag, 21.01.00 – Dicht unter Land an St. Vincent entlang, da hat man die beste Aussicht auf den Dschungel, der hier bis an das Wasser reicht. Selbst auf senkrechten Felsen halten sich Lianen und Kakteen, die schroffen Vulkanhänge sind grün, grüner, am grünsten, egal, wohin das Auge blickt. Wenig später, wieder unter Segeln und beim Blick zurück erklären sich St. Vincents Nationalfarben von alleine: blau wie das Karibische Meer, grün wie die Insel und gelb wie die Sonne darüber!
Traumhaftes Segeln bis in die Marigot-Bay auf St. Lucia. Und nach dem Sundowner im Doolittle’s die große Überraschung: Der Mond ist weg! Hat der Skipper wieder mal nicht aufgepasst und eine totale Mondfinsternis fast verpennt! Aber Stefans geübtem Himmelsblick entgeht nichts, die nächsten Stunden verrenken sich alle den Hals ,beobachten den Erdschatten auf der noch schwach rötlich leuchtenden Mondscheibe und hören den heulenden Hunden am Ufer zu, die das irgendwie gar nicht toll finden.

22.01.2000

Samstag, 22. Januar 2000

Samstag, 22.01.00 – Segeln wir eben alle gemeinsam nach Trois Islets! Macht ja auch viel mehr Spaß! Danach dann das übliche Samstagsprogramm: Putzen, schrubben, aufräumen, schließlich muss ich für die nächste Crew auch wieder sauber sein. Wolfgang mietet einen Truppentransporter, setzt Vera und Sabine im Hotel ab und bringt Stefan zum Flughafen: Tschüss, bis nächstes Jahr!Jetzt wird der Truppentransporter am Flughafen gefüllt: Ute Tiepermann-Tepaß, Andreas Tepaß, Robin Siepmann, André Siepmann, Bettina Siepmann und Nico Siepmann. Macht zusammen mit dem Skipper sieben Personen und somit eine glatte Überbuchung. Fast. Weil André (vier Jahre) nämlich noch als halbe Portion (trotz altermäßigen Gardemaßes) durchgeht, und Robin (ein Jahr) so gerade mal als Viertel. Wolfgang freut sich jedenfalls riesig über den ganzen Haufen, das ist nämlich Robins fast komplette Taufgesellschaft! Und ich freue mich auch, segeln en famille sozusagen. Früh übt sich, was ein Seemannspatenbordkind werden will! Prima!