Von Fidji nach Fidji – Mai 2002

01.05.2002

Mittwoch, 01. Mai 2002

Mittwoch, 01.05.02 – Am Tag der Arbeit darf ja nicht gearbeitet werden: Nur unter Rollgenua (was die allersimpelste meiner Besegelungsmöglichkeiten ist!) zieht mich der Südostpassat nach Norden. Die Amateurwetterfunkrunde verspricht uns weiterhin gutes Wetter und guten Wind und es gibt noch einen weiteren Grund zu feiern: Sowohl Neuseeland als auch Fiji sind genau 557 Meilen entfernt! Halbzeit! Extra-Ration Schokolade!

02.05.2002

Donnerstag, 02. Mai 2002

Donnerstag, 02.05.02 – Die ganze Nacht lang Dauerregen! „Gustav“ wird ganz nass, Dieter und Wolfgang natürlich nicht, denn die beiden verbringen ihre Wachen gemütlich unter Deck vor dem Radarschirm. Das Radargerät kann bei so schlechter Sicht sowieso besser gucken, so lässt sich der Regen ertragen.

03.05.2002

Freitag, 03. Mai 2002

Freitag, 03.05.02 – Die Logge zeigt nicht mehr unter sechs Knoten an. Rauschefahrt. Um 10.30 h überqueren wir den Wendekreis des Steinbocks (23°26’S) und sind in somit in den Tropen, um 12.00 h haben wir ein stolzes Etmal (das wird traditionell immer von Schiffsmittag zu Schiffsmittag gerechnet, bei uns der Einfachheit halber von 12.00 h bis 12.00 h!) von 154 Meilen ersegelt, und um 19.00 auf Position 22°28’S/178°15’E löst Wolfgang versehentlich mit der Schulter die Satellitenseenotfunkboje (EPIRB) aus und ruft sofort die Seenotleitstelle in Bremen an, um Entwarnung zu geben: Wir sind überhaupt gar nicht in Seenot! Die Jungs in Bremen freuen sich sehr über die Meldung, denn die Seenotrettungsdienste leiden unter einer fürchterlichen Flut von Fehlalarmen und sind deshalb natürlich über jeden aufgeklärten Fall ziemlich froh! Für die Nicht-so-viel-Segler unter euch: Ich bin über drei Teile, nämlich über den EPIRB, über das Satellitentelefon und über das Funkgerät an das GMDSS (Global Marine Distress and Safety System) angeschlossen. Weil ich ein deutsches Schiff bin, wird im Notfall immer Bremen als Leitstelle aktiviert, um Verständigungsschwierigkeiten zu minimieren. Zur Rettung ausrücken würde im Ernstfall natürlich immer der nächstliegende Seenotrettungsdienst/das nächstliegende große Schiff, die Positionen sind heutzutage ständig allen Leitdiensten bekannt! So wäre das also, wenn… (Wolfgang klopft schnell auf Holz, damit uns Glück und Sachverstand weiter erhalten – und damit die Anrufe nach Bremen selten -bleiben!)

04.05.2002

Samstag, 04. Mai 2002

Samstag, 04.05.02 – Natürlich hat der Regen längst aufgehört, habe ich ganz vergessen zu erwähnen! Weiterhin Rauschefahrt durch mondhelle Nacht und unter blau-weißem Himmel! Anders als in Bayern überwiegt bei Passatbewölkung nämlich das Himmelblau und nicht das Wolkenweiß! Dazu ein Etmal von 156 Meilen – wunderbares Segeln.

05.05.2002

Sonntag, 05. Mai 2002

Sonntag, 05.05.02 – Schon um 00.15 h gibt es Ärger: ein Motorfahrzeug mit unklaren Positionsleuchten liegt vier Meilen an Steuerbord voraus auf Kollisionskurs. Über Funk meldet er sich nicht, weicht aber wenigstens im vorletzten Moment aus und passiert hinter meinem Heck. „Mistkahn“ trägt der Skipper ins Logbuch ein…
Zwölf Stunden später ist alles vergessen: ein Etmal von 171 Meilen! Durchschnittlich 7,2 Knoten! Die Brecher runter mit zehn Knoten im Surf! Wahnsinn!
Und ein Funkgespräch nach Panama, von wo aus Contadora-Günther (s. Logbücher vom letzten Jahr!) den nächsten Schwung Fahrtensegler über die Weiten des Pazifiks leitet.
Und um 17.30 rausche ich, immer noch nur unter Genua, mit sechs Knoten und den letzten pazifischen Wellen durch die Riffeinfahrt zur Momi-Bay an der Westküste von Viti Levu: Der Anker fällt nach 1210 Meilen traumhafter, glücklicher Rauschereise auf 12 m Wassertiefe. 1210 Meilen durchs Wasser (gegen den Südäquatorialstrom und im Seegang natürlich nicht wirklich schnurgerade!), 1126 Meilen über Grund in acht Tagen und fünf Stunden. Das ist die schnellste Überführung, die uns je gelungen ist! Und ohne schweres Wetter! Eine Regennacht, ein Tag mit schwachen Winden. 6,2 Knoten im Durchschnitt! Wolfgang und Dieter können es kaum fassen, die abendliche Funkrunde gratuliert uns ganz herzlich – und vor lauter Stolz werde ich noch eine Spur roter!

06.05.2002

Montag, 06. Mai 2002

06.05.2002

Montag, 06.05.02 – Vor dem Frühstück erstmal eine Runde schnorcheln, das hat dem Skipper in Neuseeland doch ein wenig gefehlt! (Wolfgang geht erst ab 24°C Wassertemperatur schwimmen!)
Aber ganz lange kann die schöne Momi-Bay nicht genossen werden, denn der Amtsschimmel wiehert in der Ferne, genauer: 12 Meilen westlich. Glücklicherweise ist nämlich gleichzeitig mit uns eine kleine Rally mit 15 Yachten aus Auckland gestartet, und das Organisationskomitee hat es geschafft, die Behördenvertreter zu einem Kurzurlaub im wunderschönen Musket Cove Hotel-und Marina-Resort auf Malolo Lailai zu überreden. Und noch glücklichererweise dürfen auch Nicht-Rally-Teilnehmer wie wir im Zuge dieser Behördenerholungsmaßnahme im Schatten des palmwedelgedeckten Daches der Drei-Dollar-Bar am Strand einklarieren! Und das ist doch deutlich angenehmer als der Staub der Zuckerverladeanlagen von Lautoka, welches der eigentliche Port of Entry für uns gewesen wäre! Juhuuu!
Christa und Achim vom Katamaran „Steffi“ freuen sich mit uns, und Christa rettet meine Mannschaft nach dem trotzdem anstrengenden Papierkram (je kleiner das Land – um so größer der Aufwand! Und Fiji ist sehr klein!!) mit leckerem Hühnercurry vor dem Verhungern. Und danach ist Zeit zum Feiern in der nun behördenfreien Drei-Dollar-Bar!

07.05.2002

Dienstag, 07. Mai 2002

Dienstag, 07.05.02 – Dieter bekommt Reparierverbot vom Skipper, denn erstens gibt es hier an Bord nichts Ernsthaftes zu reparieren – und zweitens sind wir ja nicht ins Paradies gesegelt, damit jetzt hier die Werkzeugkiste im Niedergang rumsteht!
Alle, die Dieter kennen, können sich unschwer vorstellen, wie sehr er unter Schraubenzieherentzug leidet, aber beim Spaziergang am weißen Strand entlang vergisst auch mein Bordingenieur schnell all seine Sorgen.

08.05.2002

Mittwoch, 08. Mai 2002

Mittwoch, 08.05.02 – Und natürlich erst recht beim Schnorcheln im Hausriff: Zur Zeit blühen die Korallen, was der ohnehin unglaublich bunten Unterwasserwelt einen zusätzlichen Touch ins Kitschige verleiht… Zum Hausriff gehört eine Sandbank, die nur bei Ebbe trockenfällt, wodurch sich bei den Schnorchlern jeden Tag aufs Neue das Gefühl einstellt, die ersten Spuren in den unberührten Sand zu treten, der erste Mensch auf diesem Eiland zu sein – Robinson Crusoe for a day!

09.05.2002

Donnerstag, 09. Mai 2002

09.05.2002

Donnerstag, 09.05.02 – Am Nachmittag ist es dann doch soweit: Dieter stellt seinen Seesack ins Beiboot, und dann tuckern Vater und Sohn betrübt zur kleinen Landebahn rüber, die ja direkt am Strand anfängt und immerhin zweimal täglich von einem kleinen achtsitzigen Inselhüpfer benutzt wird. Alle Passagiere müssen kurz auf die Gepäckwaage in der ansonsten leeren, winzigen Abfertigungshütte, und der Pilot entscheidet dann, dass Dieter direkt hinter ihm sitzen soll! Wenigstens der Logenplatz zum Abschied (s.Foto!)! Nur steuern darf er nicht, obwohl er ja könnte! Gute Reise – und bis zum Herbst in alter Frische!

10.05.2002

Freitag, 10. Mai 2002

Freitag, 10.05.02 – Und da hängen wir nun ganz allein an der Boje, der Skipper und ich. Wäsche waschen, aufräumen…

11.05.2002

Samstag, 11. Mai 2002

Samstag, 11.05.02 – Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag an Uschi in Warstein! Endlich die Rente durch – und gleich alles verprassen, sie kommt nämlich nächste Woche hierher! Wir freuen uns schon!
Hier unten gibt es nur wenig Neuigkeiten, die Funkrunde meldet, dass die Schiffe, die jetzt von Neuseeland aus unterwegs sind, schlechtes Wetter haben. Wolfgang klopft auf Holz, weil wir so Glück hatten.

12.05.2002

Sonntag, 12. Mai 2002

Sonntag, 12.05.02 – Herzliche Glückwünsche zum Geburtstag an Christa in Malolo Lailai! Christa und Achim auf dem Katamaran „Steffi“ verprassen ihre Rente ja schon seit ein paar Jahren an Bord ihrer kleinen Yacht – und heute natürlich besonders gern! Wolfgang nimmt zur Bordparty die Gitarre und eine Tafel Schokolade mit und kommt erst ziemlich spät wieder…
Das mit der Schokolade muss ich vielleicht mal erklären: Geburtstagsgeschenke für Fahrtensegler sind nämlich etwas anders als Geburtstagsgeschenke für Nicht-Fahrtensegler! Blumenvasen sind auf Yachten zum Beispiel eher selten anzutreffende Gegenstände, und auch die Regale für die kleinen Nippesfigürchen gehen spätestens nach, wenn nicht schon im ersten Sturm über Bord. Aber eine echte, von Dieter nach Neuseeland geschmuggelte Lindt-Schokolade oder ein „neues Buch“, dem erst drei Seiten fehlen, das sind Kostbarkeiten an Bord von kleinen Yachten!

13.05.2002

Montag, 13. Mai 2002

Montag, 13.05.02 – Klaus Dieter auf der „Chez Nous“ hat eine Brotbackmaschine, und Wolfgang hat noch aus Neuseeland frische Leberwurst im Kühlschrank. Zusammen ergibt das eine prima Brotzeit, zu der sich die Besatzungen von „Steffi“ und „Schoggelgaul“ dazugesellen. Dauert auch schon wieder bis spät in die Nacht…

14.05.2002

Dienstag, 14. Mai 2002

Dienstag, 14.05.02 – Zum Ausgleich für die abendlichen geselligen Treffen auf irgendwelchen Yachten treibt Wolfgang seit neuestem Frühsport! Unglaublich – aber wahr! Ca. 200 m hinter meinem Liegeplatz ist nämlich ebenfalls eine bei Ebbe trockenfallende Sandbank, zu der er hinspurtet (schwimmend natürlich!), dort dann ein paar Freiübungen macht und dann langsam zurücktrödelt und bei „Katharina“ und/oder „Liberty“ zum Plauschen anhält. Völlig außer Atem hat er danach natürlich ein paar Stunden mit einem guten Buch in der Hängematte (hängt natürlich seit unserer Ankunft hier auf dem Vorschiff) verdient!

15.05.2002

Mittwoch, 15. Mai 2002

15.05.2002

Mittwoch, 15.05.02 – Wolfgang muss wieder mal auf Holz klopfen, denn die Schiffe, die am Wochenende noch so stürmisches Wetter hatten, hängen nun in der Flaute. Hier ist es auch recht schwül geworden, weil ein südlich durchziehendes Tiefdruckgebiet den kühlenden Passatwind „abgeschaltet“ hat, aber an der schönen Muringboje (ich, s. Foto!), bzw. in der Hängematte (Skipper) lässt sich das ja gut aushalten…

16.05.2002

Donnerstag, 16. Mai 2002

Donnerstag, 16.05.02 – Tagsüber wie an allen anderen Tagen auch: Schwimmen, schnorcheln, rumbasteln…
Am Abend ist allerdings immer donnerstags eine kleine Melanesien-Show im Resort-Restaurant, das lässt sich Wolfgang nicht entgehen. Und da trifft er Katrin und Markus aus Augsburg, und Markus hat doch tatsächlich vor zwei Jahren auf Joyeux JoJo seinen SKS gemacht!

17.05.2002

Freitag, 17. Mai 2002

Freitag, 17.05.02 – Noch eine Showeinlage: auf der kleinen Landzunge am Ende der Halbinsel, auf der auch die Drei-Dollar-Bar ist, also direkt hinter meinem Liegeplatz findet eine Hochzeit statt! Die Braut wird unter ständigem Muscheltuten im Doppelrumpfkanu vom gegenüberliegenden Strand herbeigerudert, Bräutigam und Hochzeitsgäste warten schon im Schatten der Palmen, wo dann eine schöne Zeremonie stattfindet. „Ganz netter Start ins neue Leben…“ murmelt Wolfgang und zieht sich dann doch schmunzelnd in die Hängematte auf dem Vorschiff zurück.
Katrin und Markus kommen am Nachmittag zum Dhingi-Schnorchelausflug mit anschließendem Nudelkochen an Bord und sind gleich so begeistert, dass sie fast fest für nächstes Jahr buchen! Da freue ich mich schon mal!

18.05.2002

Samstag, 18. Mai 2002

Samstag, 18.05.02 – Das Versorgungsboot mit Diesel, Gasflaschen, großen Paketen und sonstigem von zwei Inselhotels benötigtem Geraffel ist vom Festland herübergekommen. Die Mannschaft besteht zufälligerweise aus lauter Musikern, die heute im „Plantation-Island“-Resort aufspielen. Nachdem die letzen Gäste gegangen sind, die Seeleute (incl. Wolfgang, ihr ahnt es schon!) aber noch gar nicht in die Kojen wollen, spendiert mein Skipper den Bordrestbestand Kava vom letzten Jahr und rettet so den Abend, der dann in der Messe des Versorgers weitergeführt wird. Zwei Mannschaftsmitglieder heißen mit Nachnamen Ohlsen, einer anderer Gustav! Da waren die Missionare wohl damals ein wenig übereifrig! Ein lustiger Abend!

19.05.2002

Sonntag, 19. Mai 2002

Sonntag, 19.05.02 – Ausruhen, gestern war ja nun wahrhaftig anstrengend! Zur Abwechselung möchte ich euch heute „Eddie, the Eagle“ vorstellen: Eddie ist ein kleiner Adlerrochen, der jeden Morgen hier in der Bucht vergebliche Flugversuche veranstaltet und dabei leider über spektakuläre Bauchplatscher nicht hinauskommt. Unter Wasser sind diese Mini-Mantas deutlich eleganter… aber der Wille zählt, also halte durch, Eddie – üben, üben, üben!

20.05.2002

Montag, 20. Mai 2002

Montag, 20.05.02 – Ich bin schon so richtig klar zum Auslaufen, weil wir heute auf das Festland wollen, denn morgen will Wolfgang seine Mutter Uschi am Flieger in Nadi abholen, – da ruft sie vom Flughafen aus an! Ankunftsdatumübertragungsschwierigkeiten…
Mit der ersten Fähre kommt sie dann unabgeholt ganz alleine von der Hauptinsel hierher: Willkommen im Paradies! Und besonders herzlich willkommen natürlich hier an Bord!
Ein bißchen darf ich dann doch noch fahren, nämlich von der Boje bis an den kleinen Schwimmsteg an der Bar, was für Uschi komfortabler zum Landgang ist.

21.05.2002

Dienstag, 21. Mai 2002

Dienstag, 21.05.02 – Frühstück im Cockpit, Strandspaziergang, Eingewöhnen, Wäsche waschen, denn Uschis Gepäck ist leider gerade erst auf dem Weg nach Auckland. Und Wolfgangs Unterhosen will sie einfach nicht anziehen…