Von Bali nach Singapur – September 2003

18.09.2003

Donnerstag, 18. September 2003

Donnerstag, 18.09.03 – Wolfgang räumt auf, schreibt und organisiert und hilft Jack, einem amerikanischen Einhandsegler, beim Manövrieren. Einhandsegler (falls Wolfgang ohne Crew nach Singapur segelt!) müssen ja zusammenhalten!

19.09.2003

Freitag, 19. September 2003

Freitag, 19.09.03 – Wolfgang hat beschlossen, das Wochenende als Trainingslager für Einhandsegler zu nutzen. Als erstes wird er versuchen, die Wachphase vom Tag in die Nacht zu verlegen. Start des Experiments heute im Restaurant „Antique“, das gehört Joshua, einem balinesischen Freund, der meinen Skipper mit Vergnügen durch Balis Kneipen und Tanzlokale geleitet…

20.09.2003

Samstag, 20. September 2003

Samstag, 20.09.03 – Weiterhin Wochenende…

21.09.2003

Sonntag, 21. September 2003

Sonntag, 21.09.03 – Und weil morgen ein Feiertag in Indonesien ist, deshalb ist weiterhin Wochenende! Wolfgang taucht aber immerhin am Nachmittag schon mal kurzfristig hier an Bord auf und legt sich am hellichten Tag in die Koje, das Experiment scheint also zu glücken!

22.09.2003

Montag, 22. September 2003

Montag, 22.09.03 – Zur körperlichen Vorbereitung gehört natürlich auch eine ordentliche balinesische Massage in einem schönen Badehaus! (Nicht was ihr denkt, ihr Lümmels!!)

23.09.2003

Dienstag, 23. September 2003

Dienstag, 23.09.03 – Und zur Törnvorbereitung gehört das Bunkern: Nochmal die Wassertanks auftoppen, frisches Gemüse und Obst vom Markt holen, ein paar Seiten aus einem Handbuch kopieren etc…

24.09.2003

Mittwoch, 24. September 2003

Mittwoch, 24.09.03 – Rechnung bezahlen, kurze, aber herzliche Verabschiedung vom Marina-Personal und dann geht es los! Beim Ablegen helfen mehr Leute als nötig, klappt aber trotzdem prima, um 10.00 h treibt mich die Ebbe aus dem Hafen. Und dicht unter Land findet sich sogar ein wenig Neerstrom, der mich zusammen mit schönem Passatwind stetig nach Nordosten schiebt. Am Kap Seraya, also an der Nord-Ostecke Balis geraten wir doch noch kurzfristig in den nach Süden setzenden Hauptstrom, aber mit Maschinenunterstützung sind wir schnell durch, neuer Kurs NNW, achterlicher Wind, dafür brauche ich das Großsegel nicht, nur mit Rollgenua hat es Wolfgang auch leichter, wenn in der Nacht der Wind auffrischen sollte. Was er aber nicht tut. Bläst einfach nur stetig mit vier Beaufort, traumhaftes Segeln. Um 23.00 h kommt ein kleiner Dampfer recht nah, weicht dann aber doch richtig aus, kann sich der Skipper wieder schlafen legen.

25.09.2003

Donnerstag, 25. September 2003

Donnerstag, 25.09.03 – Ab und zu muss man nämlich auch als Einhandsegler schlafen. Nur kurz natürlich, und nur, solange das Radargerät unterdessen den Ausguck übernimmt! Wolfgang stellt den Küchenwecker jeweils auf eine halbe Stunde, so kommen wir sicher durch die Nacht.
Um 12.45 h ist die Insel Kangean schon in Sicht, und um 15.40 fällt an der Westseite vor dem Dorf Kalisangka mein Buganker auf acht Meter Wassertiefe. Weiter hinten ankert eine weitere Yacht, könnte Jack auf der „Matelot“ sein, aber das findet sich morgen, heute muss erst noch Brot gebacken werden.

26.09.2003

Freitag, 26. September 2003

26.09.2003

Freitag, 26.09.03 – Ist tatsächlich Jack, zusammen mit Andrea (ebenfalls aus USA) und Mel, einem Holländer. Alle zusammen in Higgins (mein Beiboot) zum Landausflug! Um dann mal wieder festzustellen, dass hier wohl noch nicht so viele Touristen waren. Englisch spricht im ganzen Dorf eigentlich niemand, aber das macht nichts, weil die vier Yachties erstens ein Wörterbuch und zweitens schon ein wenig Übung in Bahasa Indonesia (Indonesisch) haben. Andrea und Mel integrieren sich ins Dorfleben, und Jack und Wolfgang werden auf den Rücksitzen von zwei Mopeds in das nächste Dorf gefahren, um etwas Obst zu kaufen. Und schon sind sie Touristenattraktion Nr. 1, denn eine echte Touristenattraktion ist es immer dann, wenn die Touristen die Attraktion sind!
Arip (einer der Fischer) und sein Sohn kommen später noch zum Gegenbesuch auf der „Matelot“ vorbei, wo der Abend auch mit einem gemeinsamen Abendessen ausklingt.

27.09.2003

Samstag, 27. September 2003

Samstag, 27.09.03 – Um 03.15 h kommt neue Crew an Bord: Mel aus Holland steigt von der „Matelot“ zu mir ins Cockpit, um Wolfgang beim Törn nach Bawean zu unterstützen. Bis dorthin sind es 180 Meilen, deshalb das frühe Aufstehen, um morgen sicher bei Helligkeit anzukommen. Heute ist es aber erstmal noch ein paar Stunden lang dunkel, nur mit der Rollgenua schleichen wir aus der Bucht, Kurs 280 °, schönes Segeln. Mit der Helligkeit wird das Großsegel dazu gesetzt, später gegen die zweite Fock getauscht, Passatbesegelung. Passend zum Mittagessen hängt ein großer Barracuda an der Angel, um 14.00 h ist das erste Viertel frisch verspeist! Der Rest des Tages wird hauptsächlich mit Verdauen verbracht…

28.09.2003

Sonntag, 28. September 2003

Sonntag, 28.09.03 – Eine Fähre will um 01.30 h partout nicht ausweichen, also gibt der Klügere nach, und das sind wir. Ansonsten ist die Nacht einfach nur schön, und der Tag dann auch: Mittags gibt es das zweite Barrcudaviertel und weil der Wind etwas abnimmt ist Blistersegeln angesagt! Das sieht wie immer gut aus, ist für zwei Männer ja auch kein Aufwand (obwohl Wolfgang alleine sich die Mühe wohl nicht gemacht hätte!) und ist besser als motoren! Ist aber am Nachmittag auch schon wieder vorbei, denn da fällt der Anker im Teluk (Bucht) Promahan vor Pulau Bawean. Andrea und Jack trudeln ein paar Stunden später auch noch ein und helfen beim Vertilgen der letzten zwei Barracudaviertel.

29.09.2003

Montag, 29. September 2003

Montag, 29.09.03 – Landgang mit lauter angenehmen Überraschungen: Die Insel ist wunderbar grün und schön. Das Dorf, vor dem wir ankern, und auch das kleine Städtchen in ca. 2,5 km Entfernung sind super gepflegt und blitzsauber. Und fast alle Menschen sprechen Englisch. Des Rätsels Lösung erfahren Jack und Wolfgang beim Plausch mit dem örtlichen Dentisten: Fast alle Familien hier haben ein oder zwei Familienmitglieder mit Arbeitsstellen auf Schiffen oder Ölplattformen, das bringt genug Geld für ordentlich geflieste Häuser, Mopeds für alle Familienmitglieder, ein schickes, geländegängiges Auto und für eine gute schulische Erziehung. Gäste aus dem Ausland sind natürlich eine willkommene Abwechslung, und so bleibt es nicht beim Besuch des Dentisten, sondern es kommt auch noch zu einer Tasse Tee in der einen, einem Mittagessen in der anderen Familie, zu einem kurzen Liedchen mit der Dorfjugend und zu einer Einladung in die Schule! Morgen, versprochen!! Heute wäre noch großes Fußballturnierfinale, aber Mel ist an Bord zurück geblieben, und es wäre unfair, ihn noch länger warten zu lassen. So wird es nichts mit dem Kicken, aber in tropischer Hitze ist ein schönes Bad in der Bucht auch eine echte Alternative zu einer schattenlosen Stadiontribüne!

30.09.2003

Dienstag, 30. September 2003

30.09.2003

Dienstag, 30.09.03 – Frühmorgens auf den bunten, tollen Markt und dann im Rikscha mit all den Einkäufen zur Junior High School. Jack und Wolfgang werden unterschiedlichen Klassen zugeteilt, Andrea und Mel sind in einer anderen Schule. Und alle unterrichten sie was sie am besten können: Englische Konversation, Thema Weltumsegelung! Wolfgang hat den aufblasbaren Globus und einen Slovenienbildband mitgenommen, Jack einen Haufen Fotos, die Jugendlichen (Wolfgang unterrichtet eine zehnte Klasse) haben ihren Spass. Zwei mal schreibt mein Skipper die Tafel mit neuen Vokabeln voll, dann läutet die Schulglocke.
Und dann kommt am Nachmittag der Gegenbesuch: 15 Mädels und der Lehrer (samt kleiner Tochter) erkunden mich an und unter Deck, das ist ein Gewusel…

01.10.2003

Mittwoch, 01. Oktober 2003

Mittwoch, 01.10.03 – Crewwechsel: Mel geht zurück auf die „Matelot“ und Andrea (aus San Francisco) kommt hierher an Bord. Sie möchte auch mal ein anderes Boot segeln, und das Crewrotieren macht ja auch Spass. Leider reicht der Wind auf dem Weg nach Norden nur für ein paar Stunden unter Blister, ansonsten sind Hitze und Flaute angesagt. Zur Unterhaltung gibt es etwas Knotenkunde vom Skipper, Flöten- und Didgeridookonzert, Milchshake mit Eiswürfeln -und ein kleiner Thunfisch hängt an der Angel. Mit der Dunkelheit kommt Wind auf, eine wunderbare Segelnacht entschädigt für den schwülen Tag. Den hellerleuchteten Kalamarifischern kann leicht ausgewichen werden, weil sie ja keine Schleppnetze haben und ohnehin nicht in Fahrt sind. Also doch hauptsächlich Sterne gucken…

02.10.2003

Donnerstag, 02. Oktober 2003

Donnerstag, 02.10.03 – Der Wind bleibt beständig, ein toller Segeltag unter der Sonne hindurch. Die steht nämlich auf ihrem Weg zum Wendekreis heute auf 03°22′ Süd – und wir auch! Ab heute ist sie also von Bord aus nach zweieinhalb Jahren zum ersten Mal wieder im Süden zu sehen! Sieht ein wenig nach Heimat aus…
Am sehr unruhigen Ankerplatz vor der Mündung des Kumai Rivers auf Kalimantan/Borneo liegen schon die neuseeländischen Yachten „Casper“ und „Ranganui“, die werden sich an den neuen, fremden Blickwinkel zur Sonne wohl gewöhnen müssen, der ebenfalls vor Anker liegenden französischen „Aljunina“ mit Christian und Virginie geht es wohl eher wie mir!
Borneo (die Insel insgesamt heisst Borneo, der indonesische Teil heisst Kalimantan!) empfängt uns mit einem Himmel voller Rauchschwaden von den ständigen Waldbränden auf den Dschungelrodungen, wenigstens lassen nach einem schaukeligen Abendessen mit Jack und Mel der Wind und der Schwell so weit nach, dass alle nach einem eher nicht so tollen ersten Eindruck von Borneo wenigstens ruhig schlafen können.

03.10.2003

Freitag, 03. Oktober 2003

03.10.2003

Freitag, 03.10.03 – Und am Morgen sieht das alles schon viel freundlicher aus! Alle fünf Yachten machen sich nach einem längeren Informationsaustausch auf den Weg den Fluss hinauf nach Kumai, jede hat ein bisschen Infos, alle zusammen wissen eine ganze Menge, so macht es nichts, dass es keine genauen Karten gibt und die Ufer im Dunst verschwinden: eine schwimmende Insel (das ist ein Stück Uferabriss, oder ein Floß aus Palmschösslingen, eine schwimmende Insel halt, ca. 20 m Durchmesser!) ist schnell als solche entlarvt, eine entgegenkommende Fähre weist den Weg auch ein Stückchen weit, keine Probleme. Am Ankerplatz gibt es eine tropische Dusche (ein kräftiger Regenschauer!), der Rest des Tages geht mit Vorbereitungen für den großen Dschungelausflug rasch vorbei!

04.10.2003

Samstag, 04. Oktober 2003

04.10.2003

Samstag, 04.10.03 – Mel schließt sich den Kiwis und Franzosen für die Ein-Tages-Tour an, aber Andrea, Jack und Wolfgang werden um 07.00 h von Skipper Jien Joan (kurz Jon), seinem Bruder und Koch Jonni und ihrem Klotok (Langboot, „Klotok“ wegen des Dieselmotorgeräusches: Klotoklotokklotokklotok!) „Britannia“ abgeholt. Ich bekomme für die zwei Tage einen Wachmann ins Cockpit, was wahrscheinlich ziemlich überflüssig ist, aber zum Komplettprogramm gehört. Was die drei (bzw. fünf, wenn man Jon und Jonni mitzählt) dann alles sehen und erleben dass kann ich hier wieder mal nur kurz in Stichworten wiedergeben! Die „Britannia ist 12 Meter lang, genau wie ich. Allerdings hat sie keinen Mast und natürlich keine Kielflosse, sie ist viel schmaler als ich, zum Ausgleich aber zweistöckig, wobei man weder im „Erdgeschoss“ noch unter dem Verdeck auf dem „Sonnendeck“ aufrecht stehen kann, und auch vorne auf der Brücke und achtern in der kleinen Küche ist sitzen angesagt! Stehen kann man nur im nach oben offenen Dusch/Toilettenhäuschen hinten auf dem Achterdeck! Oder natürlich vor oder hinter dem Sonnendach auf dem Sonnendeck. Schon kurz nach dem Ablegen kommt noch im Kumai-River das erste Tier in Sicht: ein großer Monitor-Waran am Ufer! Dann kommt der Abzweig in den Sikuna-River hinein, eine Horde Nasenaffen springt direkt vor dem Bug ins Wasser und überquert schwimmend den Fluss! Jon („Look, proboscis monkeys, what a lucky day!“) hält sofort an, querende Affen haben hier Vorfahrt! Ein Stückchen weiter oben schwimmt ein Krokodil zwischen den schwimmenden Inseln, hier schwimmt irgendwie alles! Auch die Polizeistation am Abzweig in einen Seitenarm, dort beginnt der eigentliche Nationalpark. Der Fluss wird immer schmaler, oft streift die „Britannia“ an Ästen entlang, eine weitere Nasenaffenhorde kommt in Sicht, überquert den Fluss via Mutprobensprung von einem überhängenden Ast zum anderen, die kleineren „Pinocchios“ schaffen das manchmal nur ganz knapp! Noch ein Waran, noch ein Krokodil, wilde Orang Utans, riesige Schmetterlinge, Kingfisher, Adler, tiefster Dschungel… und dann Camp Leakey, die erste Orang-Utan-Station, und eine der weltweit ersten Affenbeobachtungsstationen überhaupt! Wiesoweshalbwarum hier Orang-Utans rehabilitiert werden, dass könnt ihr nachlesen, unter www.orangutan.org zum Beispiel, hier würde es den Rahmen sprengen. „Utan“ heisst übrigens Wald, und „Orang“ heisst ganz einfach Mensch, und wenn man drei Mütter mit ihren Babys mal wie meine Crew so ganz aus der Nähe gesehen hat, dann weiss man auch, warum.
Abends kocht Jonni eine weitere seiner genialen Mahlzeiten, bevor es zur Nachtwanderung geht, um Leuchtpilze zu bewundern. Übernachtet wird auf dem Schiff. Irgendwo im Dschungel, unter dem Moskitonetz, die Vorleine um eine Pandanuspalme, die Achterleine mit einem dicken Autoreifen als „Landanker“ einfach in das Dickicht geworfen, wird schon halten, „Lucky day“… auf der Britannia kehrt Ruhe ein. Im Wald schnarchen die Nasenaffen. Unglaublich.

05.10.2003

Sonntag, 05. Oktober 2003

05.10.2003

Sonntag, 05.10.03 – Für eine Horde Langschwanzmakaken hebt ja schon keiner mehr den Blick vom Frühstücksteller, für den großen „Waldmenschen“ direkt über dem Boot dann doch…
Ein paar Meilen flussabwärts liegt eine weitere Forschungsstation, hier werden ehemals in Gefangenschaft lebende Orang Utans resozialisiert und hier lernen sie ihre neuen Freunde oder Konkurrenten kennen. Und noch ein paar Meilen weiter flussabwärts liegt das Camp, in dem sehr junge, vom Staat konfiszierte ex-Haustier-Orangs das Klettern und Nestbauen lernen. Es ist nämlich tatsächlich so, dass es Unmenschen gibt, die unbedingt so ein kleines, süßes Orang-Utan-Baby als Haustier haben wollen und auf dem Schwarzmarkt horrende Summen dafür ausgeben. „Adong“ war so eines, vor ein paar Tagen ist er mit seinem Schlafnest in einen Bach abgestürzt, nix passiert, das nächste Nest wird er wohl stabiler bauen!
Zum Schutz vor Brandrodung und illegalem Holzeinschlag muss die Bevölkerung der Dörfer mit in die Projekte einbezogen werden, hier funktioniert das teilweise schon ganz gut, der Tourismus wird als Ersatzgeldquelle langsam akzeptiert, es gibt einen kommunalen Souvenirladen, eine Grundschule, immerhin.
Wolfgang steuert die stolze „Britannia“ dann als weiters Highlight des Tages mitten in die Uferböschung und produziert so eine weitere kleine Schwimminsel. „Ruder klemmt“, sagt er. Jon kann aber nichts kaputtes finden, tosendes Gelächter an Bord! Der Herr Segellehrer rammt die Schwimmpalmen…
Nach zwei so tollen Tagen auf ihrem Schiff können Jon und Jonni ja nicht einfach mit einem Handschlag entlassen werden, deshalb gibt es hier an Bord noch ein großes Spaghetti-Essen, das hat Jon sich gewünscht! Und mal ein anderes Schiff anschauen ist für Skipper ja auch immer interessant. Wird wieder mal ein langer Abend… „Ruder klemmt“…hihihi

06.10.2003

Montag, 06. Oktober 2003

Montag, 06.10.03 – Um 06.00 h wird der Anker aufgeholt, Wolfgang navigiert und Mel (wieder an Bord, Andrea fährt wieder bei Jack auf der „Matelot“) steuert mich den Kumai River hinunter. Um 08.15 h wird das Großsegel gesetzt, um 10.30 h hängt der nächste Barracuda an der Angel. Wunderbares Segeln, Mel übt auf der Gitarre, abends bewölkt sich der Himmel, Wetterleuchten über Kalimantan.

07.10.2003

Dienstag, 07. Oktober 2003

Dienstag, 07.10.03 – Kräftige Schauer, Böen und Flauten wechseln sich an der Westküste von Borneo/Kalimantan ab. Reichlich Segelwechsel, aber auch reichlich Zeit für leckere Pfannkuchen zum Frühstück und Barracuda süßsauer auf Fladenbrot am Abend. Zwischendurch Möhrensalat, guten Appetit!

08.10.2003

Mittwoch, 08. Oktober 2003

Mittwoch, 08.10.03 – Eine kleine Seeschwalbe pausiert auf der Steuerbord-Obersaling und fliegt erst bei Sonnenaufgang in Richtung Land. Das ist in diesem Falle die kleine Insel Serutu, in einer kleinen Bucht auf der Nordseite findet sich ein schöner Ankerplatz, am Nachmittag laufen „Aljunina“, „Casper“ und „Ranganui“ ein und ankern neben „Matelot“ und mir. Nach dem Abendessen treffen sich alle Besatzungen zum Sundowner hier im Cockpit, und als wegen eines kräftigen Schauers die Party in den Salon (Luken dicht!) verlegt wird, da wird es so richtig schön äquatorial warm ums Herz. Und unter den Achselhöhlen.

09.10.2003

Donnerstag, 09. Oktober 2003

Donnerstag, 09.10.03 – Melle findet eine Muräne am Saumriff, außerdem gibt es da jede Menge Korallen, Seeanemonen mit Clownfischen, einen Adlerrochen etc. zu bewundern. An Land locken der Dschungel, ein alter Friedhof, ein gerade noch erkennbarer Pfad und ein kleiner Fluß mit einer prima natürlichen Badewanne. Kein Grund zur Flucht also, sondern ein gemütlicher Bucht-, Bade- und Bummeltag.

10.10.2003

Freitag, 10. Oktober 2003

Freitag, 10.10.03 – Andrea steigt wieder hier an Bord ein, Melle geht auf die „Matelot“, Ableger um 06.00 h in der Frühe, wir haben 170 Meilen vor dem Bug! Ganz leichter Wind und blauer Himmel sorgen für tolle Fotos, als hier an Bord der gelbe „Warsteiner“-Blister und auf der parallel segelnden „Matelot“ ein schöner blaubunter Spinnaker gesetzt werden. Wenig später hängt ein kleiner Thunfisch an der Angel, Andrea will unbedingt das Filetieren lernen, macht das dann auch sehr sorgfältig, zum Sundowner gibt es Sashimi von Blackfin-Thuna mit frisch gebackenem Brot.
In der ersten Nachthälfte spiegeln sich große Cumuluswolken romantisch im flautig-glatten Wasser, so gegen Mitternacht werden aus den Wolken kräftige Gewitter mit entsprechenden Schauerböen. Schnell ein Reff ins Groß, alles kein Problem.

11.10.2003

Samstag, 11. Oktober 2003

11.10.2003

Samstag, 11.10.03 – Am frühen Morgen erwischt uns nochmal ein Schauer, zum Trost landet wenig später ein großer Wahoo im frisch geduschten Cockpit: Ein Meter lang, sechs Kilo schwer, ein tolles Abschiedsgeschenk von den Göttern der Südhalbkugel. Am Horizont erscheint nämlich plötzlich das grünrote Linienputzschiff (vgl. Logbuch Panama – Galapagos!!!), Wolfgang legt Dvoraks „Aus der neuen Welt“ in den CD-Player, weil wir zu diesen Klängen vor über eineinhalb Jahren zum ersten Mal über DIE LINIE gesegelt sind. Zur Ankunft in der „alten“ Welt auf 00°00,0′ N/S und 107°16,9’E erklingt dann Beethovens „Ode an die Freude“, zuzüglich zum Muscheltuten. Im Milchshake klingeln die am weitesten von den Polkappen entfernten Eisstückchen der Welt!
Ein paar Meilen nördlich vom Äquator liegt das Inselchen Pejantan, viele Riffe erschweren die Suche nach einem guten Ankerplatz, aber um 17.00 h sitzt der Haken im Sand. Zeit für Wahoo mit Reis und Salat – und Zeit für das Erscheinen Neptuns, der aus den Landratten Melle und Andrea ordentliche Mitglieder der christlichen wie unchristlichen Seefahrt macht und sie auf „Aríane“ und „Nemo“ tauft!

12.10.2003

Sonntag, 12. Oktober 2003

Sonntag, 12.10.03 – Zum Ankern sind Riffe ja nicht so toll, aber zum Schnorcheln!! Das volle Programm – mit den Zugaben „Schildkröte im Vorbeiflug“ und „Schiffshalter auf der Suche nach Kontakt“. (Schiffshalter sind diese witzigen Fische mit einem Saugnapf auf dem Kopf. An Wolfgangs haarigen Beinen haftet der aber nicht so gut.)
Melle und Andrea tauschen wieder, diesmal endgültig, denn Jack will (und Andrea muss wegen ihres ablaufenden Visums) direkt nach Singapur, und Wolfgang und Melle haben noch Zeit für die genau westlich liegenden Lingga- und die Riau-Inseln. Mit Sonnenuntergang wird zur Nachtfahrt aufgebrochen.

13.10.2003

Montag, 13. Oktober 2003

Montag, 13.10.03 – Am Äquator treffen auch die Wettergeschehen der Erdhalbkugeln aufeinander und ringen um die Vormachtstellung: Das Ergebnis erinnert an den April in Deutschland, nur mit 28° höherer Durchschnittstemperatur. Sonnenschein und Schauer lösen sich im Stundenrhythmus ab, wegen der Gefahr südwestlicher Winde hält der Skipper etwas nach Süden vor, so dass um 14.05 h auf 105°51,9’E DIE LINIE schon wieder überquert wird und ich wieder auf der Südhalbkugel segele! Langsam und gemütlich übrigens, weiterhin umlaufende leichte Brisen, aber schön glatte See und ein toller Sonnenuntergang.

14.10.2003

Dienstag, 14. Oktober 2003

Dienstag, 14.10.03 – Kurz nach Sonnenaufgang kommt die Einfahrt in die Lingga-Gruppe in Sicht, erst einmal zwischen den Inseln wird der Kurs von West auf Nordwest geändert und wir überqueren DIE LINIE schon wieder! Diesmal auf 104°42,2′ östlicher Länge, zwei Meilen weiter nördlich bilden Pulau Sebankgka und Pulau Senayang einen schönen Naturhafen, vor der Ortschaft Senayang fällt denn auch mein Anker auf 15 m Wassertiefe.
Die Menschen in Senayang leben hauptsächlich von der Fischzucht, die Hälfte des Dorfes ist auf Stelzen ins Fahrwasser hinein gebaut, um die Wohnhäuser herum sind mit Schwimmstegen Fischzuchtbecken aufgebaut, das ganze ist sehr amphibisch! Melle und Wolfgang bummeln auf der Suche nach einem Mittagsmahl die „Hauptstraße“ hinunter und werden gleich für den Nachmittag zum Volleyball spielen eingeladen! Das ist lustig! Die einheimischen Jungs spielen wirklich prima, mit System und einem Steller, alle durchtrainiert und drahtig, und prompt sind die Mannschaften so ausgeglichen, dass das Spiel über volle fünf Sätze geht. Melle macht das nicht so viel aus, aber mein Skipper keucht ganz schön, muss sich das aber verkneifen, denn schließlich schaut ob der seltenen Gelegenheit (Touristenattraktion ist ja weiterhin immer dann, wenn die Touristen die Attraktion sind!) das halbe Dorf zu…
Am Abend verholt sich die ganz Clique auf den Fähranleger, mit ein paar Flaschen Wasser (Alkohol gibt es auf der Insel nicht) und ein paar Tüten Erdnüssen sowie allen auf der Insel und an Bord befindlichen Gitarren wird ein kleines Fest im Mondschein veranstaltet. Danach steht ein Besuch beim Englischlehrer auf dem Programm, damit das mit der Unterhaltung und den dringendsten Fragen ein wenig besser klappt. Reis mit Fisch wird irgendwoher organisiert, Tee ist schnell gekocht, der Herr Lehrer kann natürlich auch Gitarre spielen, ein paar weitere Familienmitglieder trudeln auf der mit den Volleyballern schon ganz gut gefüllten Veranda ein, es ist herrlich. Keine Autos auf Senayang, kein Fernseher – oder Radiogeplärre, aber Schüler, die abends ihren Lehrer besuchen gehen.

15.10.2003

Mittwoch, 15. Oktober 2003

15.10.2003

Mittwoch, 15.10.03 – Die ersten Gäste sind schon um 09.00 h im Cockpit. Beben und Saruna sind Studenten und müssen nicht zur Schule, sondern demnächst wieder an die Uni in Jakarta. Ab 14.00 h ist aber auch für alle anderen der Unterricht beendet, Melle und Wolfgang sind zum Kokosnussessen am Strand auf der anderen Seite der Insel eingeladen. Pulau Senayang ist gut zwei Kilometer lang und nur wenige hundert Meter breit, der Strand ist also schnell erreicht. Einer von den Schülern klettert fix auf eine Palme, zwei andere öffnen die frischen Trinknüsse, als Nachspeise wird das weiche, zarte Fruchtfleisch ausgeschabt. Wolfgang erzählt von fremden Ländern, Melle stellt ein Fitnessprogramm für den „Sportverein“ zusammen. Plötzlich ist es schon wieder 16.00 h, Zeit für das tägliche Volleyballspiel! Nach den ersten drei Sätzen ist meine Crew froh über jedes Huhn, das über das Spielfeld rennt, dann gibt es nämlich immer eine kurze Auszeit!
Am Abend kommt natürlich der fällige Gegenbesuch: Zehn Leute, fast das komplette Team. Mit einem Heft voller Lieder, einem Buch über Indonesien und ein paar getrockneten Tintenfischen als Gastgeschenk, Wolfgang ist echt gerührt. Und dann: Bordfest! Und so ein schönes Bordfest hatten wir lange nicht! Irgendwann sind alle im „Orchestergraben“ (Stb-Lotsenkoje im Salon) befindlichen Musikinstrumente (Zwei Gitarren, drei Mundharmonikas, eine Clave, eine Fußrassel, eine Trommel, eine Flöte, ein Didgeridoo, eine Muschel) in Betrieb, über einfache Lieder wird wild improvisiert, schöne Balladen werden als Solo vorgetragen, manchmal wird auch einfach nur musikalischer Quatsch gemacht. Als sich irgendwann der kleine Hunger meldet, pullt Taruna mit dem Kanu zurück ins Dorf und holt Reis mit Fisch für alle. Frisch gestärkt in die zweite Runde! Was für ein Spass! Ohne einen Tropfen Alkohol. Und obwohl uns andere Segler von der Lingga-Gruppe abgeraten hatten. Wegen Piraten…