Von Palma d. M. nach Palma d. M.

13.09.2006

Mittwoch, 13. September 2006

Mittwoch, 13.09.06 – Lauter bekannte Gesichter: Monika Bloessl war ja schon rund Sizilien mit an Bord (und in der Türkei, auf den Malediven, im Schwarzen Meer, in Neukaledonien und Neuseeland, auf den Azoren…) – und der Rest der Mannschaft in fast gleicher Zusammensetzung von Bodrum bis nach Göcek im letzten Herbst und in der Adria im Herbst 2004: Herzlich Willkommen an Bord für Rosi und Stephan Stolle, Thomas Federlein und den „Neuzugang” Jürgen Stolle, der über die Berichte seines Vaters Lust auf’s Mitsegeln bekommen hat.
Entsprechend eingespielt und routiniert geht der Großeinkauf noch heute über die Bühne, und weil meine Stammgäste natürlich am liebsten an Bord essen, wird auch gleich die Pantry eingeweiht! Monika und Rosi braten Filetstücke, und die Jungs dürfen spülen.

14.09.2006

Donnerstag, 14. September 2006

Donnerstag, 14.09.06 – Wegen Sauwetter und Sturmwarnung wird das Segeln für heute abgesagt. Aber der Rote Blitz, die alte Bahnlinie nach Soller, die fährt bei jedem Wetter, und so entschwindet meine Mannschaft zum Landausflug per Eisenbahn. Die Rückfahrt durch die Berge dann sogar im liebevoll restaurierten Erste-Klasse-Abteil, da stehen noch die originalen Sessel von 1912.
Wolfgang erklärt beim abendlichen Palma-Altstadtbummel den Unterschied zwischen Pinchos (kleine Barhäppchen auf Spießchen) und Tapas (kleinen Barhäppchen auf Tellern) – und das geht natürlich am besten am zu verspeisenden Beispiel in verschiedenen Kneipen.

15.09.2006

Freitag, 15. September 2006

Freitag, 15.09.06 – Stephan steuert mich gekonnt aus der Marina, aber so richtig toll ist das Wetter heute auch noch nicht, vor allem rollt eine ekelige Dünung aus dem Westen in die Bucht von Palma. Ein paar Gewitter stehen noch um die Insel herum, dazu weht aber nur ein schwacher Wind, so dass die Segel mich kaum stabilisieren, das ist eine ganz schöne Herumeierei. So ist es eben ein gemütliches Einsegeln unter etwas verschärften Bedingungen, Hauptsache, am Ende des Tages wissen wieder alle, wozu welche Leine dient, wie die Segel gesetzt und geborgen werden, welche Festmacher zum Anlegen benötigt werden etc. In der kleinen Marina La Rapita wird der Kaffee dann stilvoll oben auf der Mole serviert, denn der Sonnenuntergang ist wunderschön und verheißt für morgen wieder gutes Wetter.

16.09.2006

Samstag, 16. September 2006

Samstag, 16.09.06 – Sonnenschein, wie versprochen! Dazu Backstagsbrise, also Rückenwind, und schon liegt die ganze Crew in Shorts und T-Shirt an Deck. Bei Punta Salinas, dem südöstlichsten Punkt von Mallorca, muss meine Schmetterlingsbesegelung (ausgebaumte Fock plus Großsegel) abgebaut werden, denn der Kurs geht von nun an nach Norden, noch 12 Meilen an der Ostküste entlang: Anluven auf halben Wind, Rauschefahrt bis vor die Cala Mondraga. Die gilt als eine der schönsten Buchten der Insel, es gibt keine Bebauung, nur eine Bar am Strand. Ansonsten Pinienhaine oben auf der Steilküste und klares Wasser unter mir. Und eine Hochzeit! Direkt neben meinem Ankerplatz, oben in den Klippen! Pastor, Brautpaar, Trauzeugen, Verwandtschaft, das volle Programm. Meine Crew steuert fröhliches Muschel-und Schiffshorntuten zum Bund für’s Leben bei, alles Gute dem unbekannten Paar!
Danach gibt es großes Sternengucken, denn mit der Dunkelheit verschwinden alle Menschen und alle Lichter am Ufer, nur zwei andere Yachten produzieren ein wenig Streulicht in der ansonsten einsamen Bucht.

17.09.2006

Sonntag, 17. September 2006

Sonntag, 17.09.06 – Vor dem Frühstück (Sonntagsrührei!) einen Sprung ins blaue Wasser, nach dem Frühstück einen Sprung ins blaue Wasser -herrlich!. Aber tolles Segelwetter lockt uns auf das Meer, wenig Welle und schöner Wind – und die ersten Ausflugsboote treiben uns ohnehin aus der Cala. Unterwegs gäbe es dutzendweise Anlegemöglichkeiten: Cala d’or, Porto Petro, Porto Colon etc., aber meine Mannschaft will nicht eher aufhören, als bis der Wind einschläft. Das tut er erst am späten Nachmittag – und da ist die Ostküste ohnehin schon zu Ende! Der letzte Hafen ist Cala Ratjada, ich bekomme einen Platz längsseits im Päckchen an zwei anderen Segelyachten. Stephan freut sich über sein gelungenes Anlegemanöver, die Crew freut sich auf ein leckeres Abendessen mit Blick über diesen noch nicht zu touristischen Hafen, und ich freue mich über die Liegeplatzgebühr: 4,69 Euro sind Positiv-Rekord für dieses Jahr. Und dafür gibt es sogar ordentliche Duschen und Toiletten, Wasser und Stromanschluß, man sollte es gar nicht weitersagen…

18.09.2006

Montag, 18. September 2006

Montag, 18.09.06 – Einmal Inselhüpfen von Mallorca nach Menorca. Weil der Wind nur schwach bläst, übernimmt Gustav, der Autopilot das Ruder, meine Mannschaft zählt Fischerbojen und am Nachmittag wird an der Südseite von Menorca die Bucht mit dem wenigsten Schwell ausgesucht. Das ist die Cala Galdana: Ein Hotel am Ufer fügt sich ganz gut in die Kulisse, Monika, Rosi, Jürgen und Stephan paddeln zum Erkundungsspaziergang an Land, während der Skipper eine Tortilla brät und Thomas Augenpflege betreibt.

19.09.2006

Dienstag, 19. September 2006

19.09.2006Dienstag, 19.09.06 – Die allerschönste Bucht, also diejenige, die immer auf allen Menorca-Postkarten abgebildet ist, die liegt nur eine Meile weiter westlich. Und schon um 11.35 h fällt deshalb mein Anker mittendrin. Deshalb bin ich jetzt als Fotomotiv auf hunderten von Bildern sämtlicher Touristen, die am Ufer in der Sonne liegen bzw. mit Ausflugsbooten hergebracht werden. Ich mutiere auch zum Ausflugsboot, denn weil nebenan noch ein paar schöne Buchten sind, bummeln wir am Nachmittag gemütlich Cala für Cala nach Westen – und so fast an Ciudadela vorbei! Das wäre aber schade gewesen, denn der spektakuläre, fjordartige Naturhafen und die schöne Altstadt sind alleine schon den Menorca-Abstecher wert.

20.09.2006

Mittwoch, 20. September 2006

Mittwoch, 20.09.06 – Zurück nach Mallorca, gute dreißig Meilen sind es von Ciudadela bis nach Puerto di Alcudia, und es werden kurzweilige Meilen, denn passend zum Mittagessen beißt ein kleiner Thunfisch an der Angel und wird gleich als Tapas verspeist. Kaum ist der erste Hunger gestillt, da beißt der nächste Thunfisch, also geht der Spaß von vorne los: Wieder den Schnaps aus dem Kühlschrank (zur Beförderung des Fisches in die Ewigen Jagdgründe), wieder den Eimer aus der Backskiste holen, wieder die Verwandlung meines Cockpits in eine Metzgerei – und natürlich wieder ein leckeres Essen! Weil der Fisch nicht soooo riesig ist, werden noch ein paar Garnelen im Supermarkt „gefischt”, dazu frisches Gemüse und Reis, lecker….Nur zum Absacker schafft es die Mannschaft noch bis an Land, das Alcudia-Erkundungsprogramm wird auf morgen verschoben.

21.09.2006

Donnerstag, 21. September 2006

Donnerstag, 21.09.06 – Heute aber gleich richtig!
Mit dem Leihwagen wird der ganze Norden Mallorcas abgeklappert, und weil ich ja mal wieder nicht mit durfte, folgt her nur die Liste der Highlights auf der laut Reiseführer „Route für Schwindelfreie”: Zuerst über eine abenteuerliche Straße hinaus zum Kap Formentor, dann über eine abenteuerliche Straße in die Altstadt von Pollensa, dann über eine noch abenteuerlichere Straße zum Kloster Lluc, dann über die abenteuerlichste aller Straßen (samt dutzender Serpentinen, einer Einbahnschlucht und dem Krawattenknoten, einer echten 360-Grad-Kurve!) hinunter nach Cala Sa Calobra und dann über eine normal abenteuerliche Straße hierher zurück. Der abschließende Bummel zu Fuß durch die mittelalterlichen Gassen Alcudias ist dann pure Erholung für Fahrer, Beifahrer und Mitfahrer…

22.09.2006

Freitag, 22. September 2006

22.09.2006Freitag, 22.09.06 – Perspektivwechsel, denn was gestern von oben angeschaut wurde, dass gibt es heute von unten, vom Wasser aus! Der Kurs nach Soller geht ja außen um das Kap Formentor herum, und dann weiter an genau der wilden, abenteuerlichen Küste entlang, über die die schönsten Straßen der Insel führen. Landschaftsdaueralarm an Bord. Und Angelalaram! Zwei Thunfische und ein Mahi Mahi landen in der Pütz, das wird das nächste Festessen!
In Soller kennt sich meine Mannschaft wegen des Ausflugs letzter Woche ja schon aus, Thomas steuert mich rückwärts an den Liegeplatz, und der Hafenmeister lädt zum Saisonabschlussumtrunk in die Hafenbar.
Vorher laden wir aber selber ein, nämlich Marita von der neben mir liegenden SY „Argo”. Maritas Mann musste in Familienangelegenheiten kurzfristig nach Deutschland, und weil der Fisch auch gut für sieben Leute reicht, verbringt sie einen geselligen Abend hier an Bord.

23.09.2006

Samstag, 23. September 2006

Samstag, 23.09.06 – Es geht weiter an der schönsten Seite Mallorcas entlang nach Südwesten. Die Berge sind hier nicht mehr so schroff, kleine Dörfer schmiegen sich in grüne Täler, das schönste Eckchen ist die Durchfahrt zwischen der Insel Sa Dragonera und Kap Punta Galera. Kurz vorher beißt noch mal ein kleiner Thunfisch für den Mittagssnack, kurz nachher liegen wir am Schwimmsteg in Andraitx.

24.09.2006

Sonntag, 24. September 2006

24.09.2006Sonntag, 24.09.06 – Danke der Nachfrage, wir haben es überlebt: Um 09.00 h wird aus einer eigentlich gar nicht so hochdramatisch aussehenden Gewitterwolke ein schwerer Hagelsturm. Gegen den plötzlichen Winddruck ist es fast unmöglich, das Steckschott in die Halterung zu schieben, in den wenigen Sekunden, die das dauert, lagert sich der Hagel unter! Deck fast knöchelhoch im Niedergangsbereich ab. Monika bekommt Prellungen an den Fingern, ich werde durchgeschüttelt wie ein Cocktail in einer guten Bar. Stephan erwischt es auf dem Weg zu Toilette, er rettet sich in einen winzigen, verschlossenen Hauseingang, und es wird im doch mulmig, als der erste Müllcontainer vorbeischwimmt. Rosi schaufelt im Bikini mit dem Kehrblech Hagelkörner in die Spüle, Wolfgang zieht Ölzeug an, kann aber unmöglich nach draußen, das wäre lebensgefährlich. Auf dem Steg kann man nicht gehen, ohne dass der Wind einen sofort ins Wasser weht. Die Gischt würde dort das Schwimmen verhindern, bzw, das Atmen. Abwarten, hoffen. Nach den längsten 20 Minuten diesen Jahres wagt meine Mannschaft die ersten Schritte nach draußen. Schadensbilanz hier an Bord: Die neue Rollgenua hat sich (obwohl ja üblicherweise gar nicht in Betrieb) etwas abgewickelt, das Schothorn ist auf einen guten Meter pulverisiert. Der Hagel hat aus dem Cockpittisch eine Kraterlandschaft gemacht, machine-gun-style. Die Verteilerdose des Solarpaneels, welches glücklicherweise windabgewandt stand, ist glatt durchschossen. Das kleine Sonnensegel ist ausgerissen, die Schrift auf der Radarantenne ist auf die breiteren Buchstabenteile reduziert. Der Verklicker hat nun keine Winkelanzeige mehr, die Außenanzeige der Navi-Instrumente ist abgesoffen, kann aber später trocken gefönt werden. Der Schuhkorb ist leicht gerupft und am Radarreflektor hat es eine Kunststoffecke abgesprengt.
Schadensbilanz außerhalb, als der gruselige Eisnebel sich lichtet und man wieder sehen kann: Vier Yachten sind gestrandet, können aber glücklicherweise später freigeschleppt werden. Der Schwimmsteg ist in der Mitte durchgebrochen und muss geräumt werden. Zwei Caféterassen sind platt, bei einem Hotel sind fast alle Fenster auf der Westseite eingeschlagen. Blumenkübel, Mülleimer, Stühle: ein einziges nasses, hagelweißes Durcheinander. An den anderen Yachten sind viele Sprayhoods, Rollgenuas, Persennings etc. zerstört, eine Ketsch hat vor Anker liegend den Besanmast verloren. In den höheren Lagen der Gegend war der Wind zwar schwächer, aber die Hagelkörner größer, hier sind alle Autos zerdellt. Wir wissen von keinen Personenschäden, hoffentlich bleibt es dabei.
Weil der Steg ja sowieso entlastet werden muss, legen wir bei Flaute! um 11.15 ab und motoren bis in die Cala Portals zum Wunden lecken, schwimmen, die ersten Sonnenstrahlen einfangen, Rollgenua bergen, abregen. Zum Abend verholen wir in den Real Club Nautico di Palma, der Segelmacher holt die Genua ab, die Mannschaft geht früh schlafen. Tage, die die Welt nicht braucht.

25.09.2006

Montag, 25. September 2006

Montag, 25.09.06 – Alles wieder gut! Herrliches Segelwetter, Vollzeugbrise, Rauschefahrt bis in die Cala Pi, die als schönste Bucht Mallorcas gilt. Sie ist so schmal, dass das Ankern schwierig ist, aber Rosi und Stephan bringen mit dem Beiboot nicht nur die Achterleine an das eine Ufer, sondern auch den Zweitanker an das andere! Weil dessen Kette ja trotzdem bis zum Grund durchhängt, ist die Einfahrt nicht für andere Boote versperrt, und ich liege supersicher. Unterwegs hat natürlich wieder ein Tunfisch gebissen, der wird gleich verspeist, danach schwimmt meine Mannschaft eine Runde und erkundet frisch gestärkt das Ufer.

26.09.2006

Dienstag, 26. September 2006

Dienstag, 26.09.06 – Ein letzter Buchtbummelmorgen mit Galafrühstück und allem, was dazugehört. Eine Quallenbank verleidet das Schwimmen, aber meine Achterleine rächt uns, indem sie, wenn sie im leichten Schwell oder in einer Windbö aus dem Wasser taucht, jedes Mal ein gutes Dutzend Quallen wie an der Wäscheleine aus den Wasser hebelt. Naja, und dann rächen sich die Quallen später beim Anleger in Palma, weil selbst die getrockneten Tentakeln an der Leine noch nesseln…Der Tag ist aber ansonsten super, weil die Thermik am Nachmittag perfekt für den Blister ist. Jürgen freut sich, weil er nun den letzten imaginären Programmpunkt der Reise abhaken kann. Der Törnabschlussbummel führt natürlich wieder in ein paar schöne Tapas-Bars (heute besonders erwähnenswert: Fisch in Bohnen-Rosinen-Gemüse und Zunge in Weinsauce) – und ins Abaco, wo stilecht und elegant in den alten Gemäuern eines Handelshauses auf den schönen Törn (außer Sonntag 09.00 h bis 09.20 h…) angestoßen wird. Rosi plant schon die nächste Etappe auf Kurs West, Maine, New York oder Charleston?