Von Malaga nach Las Palmas

18.10.2006

Mittwoch, 18. Oktober 2006

18.10.2006Mittwoch, 18.10.06 – Die Flasche Sekt für ein entspanntes „Prost” nach dem Verstauen des Großeinkaufs steht schon im Kühlschrank, da entdeckt mein Skipper Wasser in meiner Bilge. Das gibt es bei mir nicht, hier wird nicht mit „Kondenswasserbildung” geflunkert, meine Bilgen sind trocken, alle! Wolfgang macht eine chemische Analyse des Bilgenwassers mit Hilfe von Zeigefinger und Geschmacksknospen auf der Zungenoberseite – und stellt zunächst mal erleichtert fest: Süßwasser. Das Leck ist auch schnell gefunden, eine Verschraubung am Steuerbord-Tank hat sich gelöst. Das lässt sich mit Bordmitteln beheben, dauert aber ein Weilchen.
Gisela und Manfred Köck-Schwarz freuen sich zwar bei ihrer Ankunft am Abend nicht wirklich über die Panne, genießen aber auf diese Art und Weise den verschobenen Sekt als Willkommenstrunk an Bord!
Sowohl Gisela und Manfred als auch Bärbel und Klaus waren ja schon viele, viele Wochen hier an Bord, aber zufälligerweise nie gemeinsam. Bin mal gespannt, wie das klappt, der erste Abend ist jedenfalls schon mal sehr lustig!

19.10.2006

Donnerstag, 19. Oktober 2006

Donnerstag, 19.10.06 – Ein kräftiges Tiefdruckgebiet läutet den Herbst ein. Hässliche Schauerböen aus dem Südwesten fegen über die Marina, da will man nicht wirklich ablegen. Gisela und Manfred akklimatisieren sich gemächlich, mittags gibt es leckere Tapas in einer der Hafentavernen, abends wird an Bord ein Huhn in Curry gegessen. Später packen Klaus und Wolfgang die Gitarren aus und machen Bordmusik.

20.10.2006

Freitag, 20. Oktober 2006

Freitag, 20.10.06 – Einen Schauer lassen wir noch vorbeiziehen, dann stecke ich meine Nase mal wieder in das Mittelmeer. Weil niemand Ölzeug anzieht, regnet es natürlich trotzdem kurz. Der Wind ist weiterhin kräftig, dazu passen ein Reff im Großsegel und die kleine Fock. Mehr als ein zünftiges Einsegeln wird aber heute nicht veranstaltet, Welle und Strom stehen gegen uns und sorgen so für schlechte Wendewinkel beim Aufkreuzen. Macht nichts, der nächste Hafen ist an dieser Küste ja nie weit entfernt, in diesem Falle ist das Fuengirola. Hinter dem Yachthafen verbirgt sich ein lebhaftes Städtchen, aber weil abends noch mal Schauer aufziehen und natürlich, weil Klaus Datteln im Speckmantel und danach Cordon Bleu zaubert, hat sowieso niemand Lust auf einen ausgedehnten Landgang.

21.10.2006

Samstag, 21. Oktober 2006

Samstag, 21.10.06 – Das Wetter passt wieder prima: Weil alle Ölzeug anziehen regnet es natürlich nicht, Sonnenschein ab 11.30 h, nur ein paar skurrile Wolkenwellen, eine gute Brise zum Segeln und am Ufer Marbella mit all den Schönen und Reichen, die jetzt sehnsuchtsvoll auf Meer schauen und sich denken: „Mit so einem kleinen, ungebundenen Segelboot möchte ich auch mal unterwegs sein!”
Das Tagesziel nach 28 schönen Meilen, die Marina Puerto Jose Banus, ist dementsprechend ein eleganter Parkplatz für etwas größere Yachten und etwas teurere Autos. Na gut, für sehr große Yachten und sehr teure Autos…da es macht meiner Crew nach dem Schaufensterbummel natürlich schon Spaß, „reich” zu spielen und unter neidvollen Blicken der Passanten zwischen den Luxuslimousinen die Magnetkarte zu zücken und elegant das elektronisch gesicherte Tor zum Steg aufgleiten zu lassen. Der wahre Luxus ist es, die Freiheit der Meere zu genießen.

22.10.2006

Sonntag, 22. Oktober 2006

Sonntag, 22.10.06 – Von weitem sieht Gibraltar aus wie eine Insel: Nur ein ganz flacher, noch unsichtbarer Isthmus verbindet den Felsen mit dem spanischen Festland. So erscheint uns die nördliche Säule des Herakles wie allen Seefahrern seit 3000 Jahren als einsamer Leuchtturm am westlichen Ende des Mittelmeeres. Ist schon was besonderes, der Affenfelsen. Um 17.40 runden wir Europa Point, die Gastlandsflagge wird gewechselt und im warmen Abendlicht geht die Fahrt an den alten Festungsanlagen entlang drei Meilen nach Norden. Leider haben beide Marinas keinen Liegeplatz frei, so dass an der Landebahn die Gastlandsflagge wieder auf Spanien zurückgewechselt wird und wir hinter einem neuen Wellenbrecher in Spanien ankern. Immerhin mit schönem Blick auf Gibraltar!

23.10.2006

Montag, 23. Oktober 2006

Montag, 23.10.06 – Die Queensway Quay Marina hat doch noch ein Plätzchen für mich frei, nach dem Frühstück kommt mein Anker an Deck und wir verholen in den Yachthafen. Kaum sind alle Leinen fest, da beginnt der Regen. Wir sind in England!
Gisela kocht leckere Gemüsesuppe, Klaus erzählt von seinen Sammelleidenschaften für Uhren, Briefmarken, Kameras, Zuckertüten, Orangenpapiere, Bierfilzl….die komplette Aufzählung reicht für den ganzen Abend!

24.10.2006

Dienstag, 24. Oktober 2006

24.10.2006Dienstag, 24.10.06 – Es regnet weiterhin, der Wind kommt aus Südwest, wasserdichte Stadterkundung im Ölzeug. Wolfgang sucht sich die praktischste Sehenswürdigkeit heraus, in den 50 (!) km Tunnelsystem aus dem 2. Weltkrieg ist es nämlich erstens trocken und zweitens sowieso dunkel. Gibraltar ist damit übrigens die einzige Stadt der Welt, die mehr unter- als oberirdische Straßenkilometer hat. Gisela und Manfred gehen Affen gucken, Bärbel und Klaus retten eine Schildkröte im Botanischen Garten. Und ich liege in der Marina.
Abends gibt es ganz britisch Fish and Chips in der Fußgängerzone und ein Ale im ältesten Pub des Felsens.

25.10.2006

Mittwoch, 25. Oktober 2006

Mittwoch, 25.10.06 – Es regnet weiterhin, England eben. Immerhin kann das erste Nachbunkern erledigt werden, auf dem Weg zur Yacht-Tankstelle macht ein Polizeiboot meinen Steuermann Manfred auf den Sicherheitsabstand von 50 m zur Queen Elizabeth II. aufmerksam (das Kreuzfahrtschiff, nicht das Original!), dezentes Blaulicht…Ich bekomme noch ein wenig zollfreien Diesel in den Tank und zwischen zwei Schauern pumpen die Jungs das Beiboot luftleer und verstauen es in der Backskiste. Die Bedienung in der Marina-Bar übt deutsch an meiner Crew, sehr charmant. Morgen soll wenigstens der Regen aufhören. Sagt der Wetterbericht. Schauen wir mal. Manche Crews warten schon seit zehn Tagen auf eine Lücke im Westwind, dagegen geht es uns ja noch richtig gut.

26.10.2006

Donnerstag, 26. Oktober 2006

Donnerstag, 26.10.06 – Es regnet nicht mehr. Aber der Wind weht weiterhin aus dem Südwesten, für den offenen Atlantik sind bis zu fünf Meter Seegang aus eben der Richtung gemeldet, in die wir wollen. Also bleibe ich an meinem Liegeplatz – und alle anderen hier wartenden Yachten auch. Es hat sich schon eine kleine Gemeinde gebildet, man kennt sich: Neben uns liegt eine neuseeländische Familie, auf der anderen Seite ein deutsch-litauisches Pärchen, dahinter ein paar Norweger und so weiter. Und alle nutzen den Gibraltar-Aufenthalt zum Bunkern und Bummeln. Wolfgang würde zum Beispiel gerne noch Petroleum für meine Lampen kaufen, aber leider muss nach Südspanien auch Gibraltar zur petroleumfreien Zone erklärt werden: der einzige Importeur hat vor einigen Wochen pleite gemacht.

27.10.2006

Freitag, 27. Oktober 2006

27.10.2006Freitag, 27.10.06 – Aber heute geht es! Levanter, ein kräftiger Ostwind, treibt die Yachten im Minutentakt aus der Marina. Nur unter Genua hinein in die Meerenge. Hier entsteht wegen des fast ständig setzenden Oststromes (das Mittelmeer liegt ja tiefer als der Atlantik, deshalb strömt ständig Wasser nach!) kabbeliger Seegang, aber der stört nicht wirklich, Hauptsache, wir segeln!
Olga und Peter von der SY „Rose” gehen mit uns hinüber auf die afrikanische Seite der Straße, das Überqueren des Verkehrstrennungsgebietes klappt gut, ein Mondfisch verabschiedet uns aus dem Mittelmeer, um 16.00 liegt Tanger achteraus, und mit einem tollen Sonnenuntergang begrüßt uns der offene Atlantik. Die Wachen werden eingeteilt, das von Klaus vorgekochte Gulasch wird aufgewärmt, die erste Nacht kann kommen.

28.10.2006

Samstag, 28. Oktober 2006

Samstag, 28.10.06 – In Lee von Afrika schläft der Wind für ein paar Stunden ein, kommt aber mit Sonnenaufgang wieder und bringt gleich einen Mahi Mahi mit. Lecker! Eine Grasmücke und ein Käuzchen ruhen sich für ein paar Stunden aus, sind wohl vom Ostwind auf das Meer getrieben worden. Ansonsten muss nur noch das Rücksetzen der Uhr auf Winterzeit vermeldet werden, die so verlängerte Wache übernimmt Wolfgang und verdient sich so ein Fleißkärtchen. Rundherum gewittert es, aber wir bleiben verschont.

29.10.2006

Sonntag, 29. Oktober 2006

Sonntag, 29.10.06 – Die Grasmücke hat unter dem Kartentisch geschlafen, aber trotz mühseliger Fütterung mit etwas Honig und Wasser und Milch überlebt der kleine Fratz nicht. Schade, das erste Seebegräbnis hier an Bord…
Delfinbesuch heitert die Stimmung wieder auf, die italienische SY „Manoha” nähert sich bis auf Rufweite, ansonsten herrscht Bordroutine, d.h. allen geht es prima! Manfred läutet eine Duschrunde ein, wenig später verlustiert sich eine(r) nach dem anderen mit Seife, Pütz und Heckdusche auf der abgeklappten Badeplattform. Navigator bonus non olet! (Ein guter Seemann stinkt nicht!)

30.10.2006

Montag, 30. Oktober 2006

30.10.2006Montag, 30.10.06 – Wolfgang übernimmt seine Wache um 02.00 h von Gisela und Manfred mit großer Sound- und Light-Show! Gewitter mit Blitzen aus allen Richtungen und auch in alle Richtungen (also Wolke-Himmel, Wolke-Erde, Erde-Wolke, Wolke-Wolke und Wolke-Wolke-Wolke) lehren das Gruseln. Merkwürdigerweise steckt so gut wie kein Wind in dem Spektakel, der Motor schiebt mich stoisch durch das Theater, in dem zur besonderen Belustigung noch der ein oder andere unbeleuchtete Fischerkahn steckt.
Mit dem ersten Tageslicht verziehen sich die dicken Cumulo-Nimbus-Türme und machen einem völlig wolkenlosen Tag platz. Olga und Peter sind nur fünf Meilen vor uns und melden um 12.00 h: In Essauira gibt es noch ein Liegeplätzchen für uns. Marokko! Da war ich ja noch nie!! Um 13.05 h liege ich längsseits an einem deutschen Katamaran, aber bis auf ihn und die paar anderen Fahrtenyachten erinnert hier nichts mehr an Europa! Der Hafen ist voll gestopft mit Fischerbooten jeder Größenordnung, der Fang, hauptsächlich Conga-Aale, Sardinen, Tuna, Brassen und viele Haie!, wird direkt am Kai verhandelt, hinter der mittelalterlichen Stadtmauer aus großen Sandsteinquadern lugen schon die weiß getünchten Gassen des Bazars durch die Tore, und nach dem erstaunlich unkomplizierten Einklarieren stürzt sich meine Crew mit Unterstützung von Olga und Peter mitten hinein in das Gewühl. Ein Wachmann ist schon mit fünf Dosen Bier (z.T. alkoholfrei, wie es der Prophet befiehlt!) zum Aufpassen auf mich vergattert, wobei das sicherlich unnötig ist, dem Wächter aber ein wenig Einkommen verschafft.
Essauira hat nur wenig Tourismus, die Innenstadt ist genau so, wie man sich Nordafrika vorstellt: Quirlig, eng, teilweise überdacht, mit grünen Hinterhöfen überraschend und nach allem Möglichen duftend. Naja, manchmal auch riechend, und hier im Hafen auch einfach nur stinkend!
Zum Abendessen in einer der Fischbratereinen vor der Fischhalle gesellt sich noch Pascal, ein schweizerischer Einhandsegler dazu, der mit seinem Französisch auch gleich die Verhandlungen für das Menü übernimmt. Für Fisch und Meeresfrüchte bis zum Abwinken zahlt dann am Ende des Gelages jeder zehn Euro, da hat man gerne guten Appetit.

31.10.2006

Dienstag, 31. Oktober 2006

Dienstag, 31.10.06 – Wolfgang bringt vom Ausklarieren noch frisches Brot mit – und dann sind wir schon wieder unterwegs nach Südwesten. Tagsüber ist es endlich mal richtig schön sonnig, aber auch flautig. Eine Seeschwalbe richtet in aller Ruhe ihr Gefieder auf meiner Reling, ein Tunfisch fällt auf Quaxi, meinen Rekordköder herein und landet als Sashimi in den Mägen meiner Crew, ist aber nur Vorspeise zum Bayrischen Zwiebelrostbraten und Röstkartoffel…so geht es in die Nacht.
Um 21.40 h frischt der Wind plötzlich aus Nordwest auf, Böen bis sieben Beaufort treiben mich voran, Rauschefahrt!