Von LaCoruna nach San Sebastian – Juli 1999

25.07.1999

Sonntag, 25. Juli 1999

Sonntag, 25.07.99 – Ernst hat ja noch Glück, sein Gepäck wird angeliefert. Aber Peter und Nicola müssen vorerst ohne Wäsche zum Wechseln auskommen, und Iberia weiß auch nicht, wo es sein könnte.
Nach der Schiffs- und Sicherheitseinweisung tuckern wir gemütlich zehn Meilen nach El Ferrol, machen einen Badestop in der fjordartigen Einfahrt und üben dann Anleger: Im alten Hafen schmeißt uns die Polizei nach einer todesmutigen Leine-mit-Beiboot-an-einer-möwenbeschissenen-und-muschelbewachsenen-Boje-Festmachaktion von Peter wieder raus: Privatplatz!
Gegenüber in La Grana passiert das gleiche nochmal mit einem Platz am Schwimmsteg, also müssen wir an eine Boje außerhalb des Hafens. Das Problem ist einfach, daß die Liegeplätze Privatleuten gehören, die sich aber nie beim Hafenmeister abmelden, wenn sie wegsegeln. Deshalb können/wollen die Hafenmeister diese Plätze nicht an Übernachtungsgäste wie uns abgeben, der Liegeplatzbesitzer könnte ja noch kommen. Nervig, 20 m vor einen halbleeren, komfortablen Schwimmsteg zu liegen und nicht hin zu dürfen.
Zum Ausgleich besucht uns mitten im Hafenbecken eine Delphinschule !
Aber danach tuckern wir wieder rüber nach A Coruna, Peters Gepäck scheint nicht mehr auffindbar zu sein, also muß er morgen erstmal Klamotten kaufen und die Formalitäten am Flughafen erledigen, Anlegemanöver Nr. 4 also am gleichen Liegeplatz wie heute Morgen.
Und danach? Altstadtfest, was sonst!?

26.07.1999

Montag, 26. Juli 1999

Montag, 26.07.99 – Das Gepäck bleibt weg. Unauffindbar. Ärgerlich, aber nicht zu ändern. Peter kauft sich also ein paar neue Unterhosen und am frühen Nachmittag legen wir ab.
Ganz weit kommen wir natürlich nicht mehr, knappe 30 Meilen bis Cedeira, alles unter Motor bei Flaute und pottendichtem Nebel. Erst in der Einfahrt in die wunderschöne Bucht lichtet sich die Suppe und läßt uns den Sonnenuntergang genießen. D.h. die Crew genießt den Sonnenuntergang, ich liege nämlich im Schatten zweier Fischerboote, welche schon im Schatten hinter der Mole liegen, außerdem ist Niedrigwasser, da ragt nur meine Mastspitze über die Molenkrone! Plätze längsseits an Fischerbooten sind einerseits sehr praktisch, weil man dann keine Probleme mit den wechselnden Wasserständen hat, ich gehe halt bei Flut vier Meter mit dem Fischerboot hoch, und bei Ebbe wieder vier runter, kein Nachsetzen der Leinen, prima!
Aber andererseits:

27.07.1999

Dienstag, 27. Juli 1999

Dienstag, 27.07.99 – Fischer haben unorthodoxe Arbeitszeiten… und morgens um 03.00 h schießt Ernst plötzlich aus der Koje: „Die haben uns losgeworfen, wir treiben!!“ – so stimmt das dann allerdings nicht, eins von den Fischerbooten will raus und die Fischer verholen uns ganz leise, freundlich und ohne uns zu wecken einen Platz weiter nach innen.
Morgens um zehn passiert das Gleiche noch mal in ähnlicher Weise, allerdings muß ich jetzt kurz ganz von der Pier weg. Das kriegt die Mannschaft prima und ganz ohne den Skipper hin, der geht nämlich gerade mit Lipso Gassi…
Draußen hängt die Biskaya wieder voller Nebel. Schade. Einen netten Funkkontakt mit der Segelyacht „Waltzing Wiking“ aus Bremerhaven gibt es noch zu berichten, die wollen auch im Herbst mit der Atlantic Rallye for Cruisers über den Atlantik, da sehen wir uns in Las Palmas wieder. Außerdem hängt eine Mini-Makrele an der Angel. Wird aber zum Weiterwachsen zurückgeworfen.
Abends legen wir in Ribadeo an, ein kleiner Fischereihafen mit ein paar Fahrtenyachten drin, nette Atmosphäre, nette Kneipe direkt am Hafen, nette Bordphilosophiererei über Konfuzius, Helmut Schmidt und die Abschaffung des Allgemeinen Wahlrechts!

28.07.1999

Mittwoch, 28. Juli 1999

Mittwoch, 28.07.99 – Der Skipper tauscht noch ein paar Seekarten mit den beiden Holländern neben uns, und dann haben wir endlich ein paar schöne Segelstunden bei blauem Himmel und leichter Brise aus Nordwest. Allerdings wird Wolfgang plötzlich seekrank!? (oder war es der Wein?) Egal, schönes Wetter, schöne gemütliche Etappe, schöner Zielhafen: Luarca sieht eher aus wie ein Erholungsort in der Schweiz, nur die Fischerboote passen nicht ins Bild!
Wir finden ein Plätzchen im Innenhafen, direkt an der Tankstelle. Aber das mit der Tankstelle macht nichts, weil nämlich die Ebbe gerade einsetzt und die Tankstelle deshalb nur vom Masttopp aus zu sehen ist! Mitten in der Nacht werden wir dann wieder oben sein, aber da schlafen ja alle. Und morgens sind wir dann schon wieder unten!
P.S.: Wolfgang trinkt beim Abendessen ausschließlich Mineralwasser…

29.07.1999

Donnerstag, 29. Juli 1999

29.07.1999

Donnerstag, 29.07.99 – Frühstück gibt es unterwegs: Wir haben über vierzig Meilen bis Gijon vor dem Bug, und das Meer liegt da wie Blei. Kein Wind, nur etwas Dünung und leichter Dunst. Gustav (immer noch der Autopilot!) arbeitet, während sich die Mannschaft an Delikatesshäppchen und Croissants mit Thunfischpaste delektiert… Backgammon und Schach werden ausgepackt, außerdem die Bücher, die man immer schon mal lesen wollte, irgendwer guckt nach vorne und hält nach anderen Booten und nach Fischerbojen und den dazugehörigen Netzen Ausschau, das Radargerät hilft beim Aufpassen mit, Trägheit breitet sich aus…
Bis wir plötzlich geentert werden: der erste spanische Zöllner stößt sich noch ganz fürchterlich den Kopf am Solarpaneel, der zweite dann schon nicht mehr, und beim dritten müssen wir uns ergeben. Die EU- Außengrenzen werden halt kontrolliert, und die Küsten sind alle Außengrenzen. Nach dem üblichen Papierkram (Crewliste ausfüllen, Schiffspapiere vorzeigen…) verabschieden sich die „Piraten“ aber ganz höflich und der Spuk ist wieder vorbei. Irgendwas aufregendes mußte ja heute noch passieren!
Abends wird extra für uns ein Internationales Folklore-Festival veranstaltet, Spanien (Kastagnetten) und Neuseeland (Maori-Kriegstanz) kriegt die Crew noch mit, dann der Absacker im Cockpit, war doch noch ein lustiger Tag, auch wenn das mit der Segelei ( nur zehn von 45 Meilen) nicht so toll war.

30.07.1999

Freitag, 30. Juli 1999

Freitag, 30.07.99 – Hafentag in Gijon:
Ich bekomme ein sauberes Deck und eine neue Bordnetzbatterie, die Crew bekommt eine warme Dusche in den tollen Service-Anlagen vom Yachtclub, und Lipso bekommt einen neuen Haarschnitt.
Das Folklore-Festival bietet heute Bolivien (Zipfelmützen und Inka-Kostüme) sowie das Baskenland (Dudelsäcke). Deutschland war auch da, aber das kennt die Crew ja irgendwoher und ist deshalb vorher in die nächste Kneipe ge…gangen.

31.07.1999

Samstag, 31. Juli 1999

31.07.1999

Samstag, 31.07.99 – Trübes Wetter, kein Wind, unter Motor durch ein stehendes Regattafeld auf dem Weg nach Bayonne (das Regattafeld, nicht wir!), im Nieselregen die eigentlich wunderschöne Einfahrt über eine Barre (Sandbank, nur bei Hochwasser passierbar) in einen Flußlauf nach Ribadesella.
In Deutschland soll ja die Sonne scheinen… deshalb erkläre ich jetzt mal das mit dem Cidre, besser: mit der Sidra, so sagt man hier. Sidra ist nämlich das Nationalgetränk in Asturien und wird in sog. „Sidrerias“ ausgeschenkt. Das sind einfache Bars mit wasserdichtem Fußboden, die Sidra wird nämlich von möglichst weit oben nach möglichst weit unten, also mit maximaler Fallhöhe eingeschenkt.
Könner vergießen dabei nur die Hälfte, Anfänger müssen draußen bleiben und können an extra aufgestellten, pissoir-ähnlichen Schuh-Einsau-Verhinderungsbecken üben!
Und in Ribadesella befindet sich die nächste Sidreria direkt neben mir! D.h. eigentlich direkt neben dem pingeligen Amerikaner, der neben dem netten Engländer liegt, neben dem wir als dritte im Päckchen liegen. Die Amerikaner sind wohl schon länger hier und etwas genervt, auch Matthias‘ Einschenkübungen über der Badeplattform finden sie nicht sooo lustig (dabei ist es erst kurz nach Mitternacht…), jedenfalls wecken sie uns schon um 08.00 h am

01.08.1999

Sonntag, 01. August 1999

Sonntag, 01.08.99 – Das ist aber auch gut so, es ist nämlich wieder Hochwasser und wir müssen über die Barre!
Zum Geburtstag habe ich mir schönes Wetter gewünscht, und wirklich, wir können segeln und die Sonne scheint! Beides gleichzeitig!
Geburtstag ist klar, oder!?
Ein Jahr unterwegs! 365 Tage seit Portoroz! Mein schönstes, wenn auch anstrengendstes Jahr seit mein Kiel angebolzt wurde!! Und da mir das alles ganz gut bekommt, hoffen Wolfgang und ich auf noch ein paar so ereignisreiche Jahre auf „Kurs West“!
Nach 35 Meilen und mit auflaufendem Wasser erreichen wir S. Vicente de la Barquera. Die Mannschaft bummelt durch die mittelalterlichen Gassen, dann genieße ich meinen Geburtstag eben alleine. Mit Blick auf die alte Kathedrale. Und in Gesellschaft von ein paar anderen schönen Fahrtenyachten, Klönschnack von Yacht zu Yacht macht auch Spaß!

02.08.1999

Montag, 02. August 1999

Montag, 02.08.99 – Wieder Sauwetter auf dem Weg nach Santander. Im Hinterland sollte man jetzt eigentlich die „Picos de Europa“, fast 3000 m hohe, schneebedeckte Berge sehen, aber tatsächlich sieht man nur, daß es dort wahrscheinlich wirklich gerade schneit… Gut, das Hochdruckgebiet über Skandinavien und Deutschland blockt alle Tiefdruckgebiete auf seiner Westflanke ab. Aber müssen die dann unbedingt hier bei uns rumliegen!? In Nordspanien machen übrigens hauptsächlich Spanier Urlaub. Sie flüchten vor der Hitze des Südens, dieses Jahr mit vollem Erfolg!
Wenigstens dürfen wir im alten Yachthafen im Stadtzentrum anlegen und müssen nicht zwei Meilen flußaufwärts in die neue Marina. Der letzte Liegeplatz ist zwar nur mit Drücken, Ziehen, Schieben erreichbar, aber da ja kein Windhauch geht, ist das alles kein Problem…
Meine Mannschaft tröstet sich mit einem Franziskaner Weißbier in einem Spezialitätenrestaurant für deutsche Kost. Wie wenn’s ein sonniger Biergarten wär!

03.08.1999

Dienstag, 03. August 1999

Dienstag, 03.08.99 – Kaum ist Alexander von Bord (familiäre Gründe), scheint die Sonne! Und herrlicher Segelwind! Vier Beaufort! Zwar genau von vorne, aber das wird ein herrlicher langer Kreuzschlag! Aus den geplanten 35 Meilen bis Puerto de Castro Urdiales werden dadurch zwar 59, dunkel wird es auch, aber was soll’s!
Aus dem von Peter geangelten Fisch wird ein Mitternachtssüppchen im Schatten der nächsten gotischen Kathedrale gekocht, wir liegen nämlich mal wieder ganz frech im alten, also im mittelalterlichen Hafen. Und das ist schon traumhaft hier: Oben auf dem Felsen die Kathedrale, geschützt durch massige Festungsanlagen, im Hafen alte Handelshäuser in schmalen Gassen… und wir mittendrin, fest an Pollern, an denen schon die spanische Armada gelegen hat, während die Engländer draußen Blockade segelten!