Von Kapverden nach Kapverden – April 1999

04.04.1999

Sonntag, 04. April 1999

Sonntag, 04.04.99 – Der Staubsauger läuft trotz Ostersonntag auf Hochtouren, weil das Großreinemachen mit möglichst wenig Süßwasser vonstatten gehen muß. Das funktioniert aber auch, und am Mittag glänze ich schon wieder. Doris und Aldo erkunden später noch die natürlichen Salinen, die Sal den Namen gegeben haben und kommen mit der Müllabfuhr (!) zurück, das Abschiedsessen nimmt die Mannschaft im „Funana“ direkt am Strand bei Livemusik ein, das Gepäck hat es auch halbwegs trocken an Land geschafft und dann kommt das Taxi zum Flieger…
Gute Heimreise, und bis nächstes Jahr!

05.04.1999

Montag, 05. April 1999

Montag, 05.04.99 – Wolfgang räumt ein bißchen auf, pflegt mich ein bißchen, erledigt seine Post und genießt den freien Tag, die neue Crew kommt nämlich erst am späten Abend.
Der frühe Abend findet für den Skipper und Lipso in der kleinen Bar gegenüber vom „Pescador“ statt, wo die beiden Berühmtheit erlangen. Wolfgang führt nämlich mit der Hundeleine so’n paar Zauberknoten (Honolulu etc…) und andere Tricks vor, bis sich die ganze Kneipe kugelig lacht. Zum Dank darf sich der „verrückte Deutsche mit dem Strick“ am Einheimischen- Mikado (mit Streichhölzern) beteiligen, verliert aber prompt, weil er nicht über zwölf Hölzchen hinauskommt.
Gut, daß er noch zum Flughafen muß. Wobei das auch wieder nicht ganz einfach ist weil nämlich sämtliche vier Taxis schon am Flughafen sind, schließlich ist der Flieger das Geschäft des Tages!
Angelika Lehr und Sabine Krayer waren schon beim ersten Törn von Portoroz nach Korfu dabei, sie sind also die ersten Wiederholungstäter beim „Kurs West“, da freue ich mich besonders! Lisa Reisch und Hans Schneider (alle aus München und alle außer Lisa bei Siemens!) komplettieren die Mannschaft für die zweite Kapverden-Runde, wundern sich über den Steg mit den vielen Lücken und fallen ansonsten nur noch müde in die Kojen…

06.04.1999

Dienstag, 06. April 1999

Dienstag, 06.04.99 – Ausschlafen, faulenzen, baden und bunkern (zwei Holzschubkarren voll, wieder mal sehr zur Belustigung der Dorfjugend…).
Und Schiffs- und Sicherheitseinweisung.
Und großes Willkommensabendessen im „Pescador“, die Speisefolge hatte ich Euch ja schon mal durchgegeben, nur der Fisch à l’inspiration du chèf ist diesmal mit gekochtem und gedünstetem Lauch und nicht in Folie mit Anis… Und dann ist der Tag schon wieder rum!

07.04.1999

Mittwoch, 07. April 1999

Mittwoch, 07.04.99 – Der erste Ableger der neuen Mannschaft ist auch der erste Ableger ohne Wind.
Der Passat ist weg. Hat sich selbst weggeblasen. Die Temperatur unter Deck ist bei 30,5°C, unter dem Sonnensegel bei etwas Fahrtwind auch noch 29,0°C.
Wir müssen motoren!
Das hat den Vorteil, daß der Kühlschrank schon vereist ist, und daß das Logbuch schon unterwegs geschrieben und gemailt wird. Schöne Grüße aus äquatorialer Hitze von zwei Damen, die nicht näher genannt werden wollen, von denen die eine aber schon einen derben Sonnenbrand hat, an Helmut und Toni und an Siemens, viel Spaß bei der Einführung von SAP!
Nach dem Abendessen in einem schönen Restaurant am Fischersteg in Sal Rei geht die Mannschaft noch in die italienische Designer-Bar und erfährt allerlei Neuigkeiten:
Der gestrandete Segler auf der vorgelagerten Insel ist ein Holländer. Der Skipper hat erst fünf Jahre an dem Schiff gebastelt, um es dann mehr oder weniger betrunken auf der ersten Reise von Holland hierher mit dem Autopiloten (!!!!!!) auf die Felsen zu setzen.
Allerdings sieht es zur Zeit so aus, als könnte das Schiff gerettet werden. Ein Schweißer aus Belgien hat den Rumpf vor Ort geflickt, und mit Hilfe der Inselbevölkerung ist die Yacht schon aufgerichtet und mit dem Bug zum freien Wasser gedreht worden.
Ansonsten erzählt der Direktor des „Hotelkonsortiums“ auf Boavista, daß man versucht, auf den Kapverden nicht die gleichen Fehler wie auf den Kanaren oder den Balearen zu machen: keine Hotelbunker, nachhaltiger, sanfter Tourismus und so… mal schauen, was draus wird, ich bin jedenfalls schonmal froh über die neue Mole!

08.04.1999

Donnerstag, 08. April 1999

Donnerstag, 08.04.99 – Vierzehn magere Meilen darf ich heute nur zurücklegen, dann ankern wir schon wieder. Diesmal vor Santa Monica. Das hört sich nach einer Ortschaft an, ist es aber nicht.
Santa Monica ist der Strand: 35 km lang, weiß, einsam, zwei Oasen, keine Menschenseele, abends kein Licht am Ufer, nur das Rauschen der Brandung, nur das Rauschen der Brandung, nichts als das Rauschen der Brandung.
Leider hat eine namhafte Segelschule, die mit der Veröffentlichung meines Logbuches betraut ist, mir verboten, Bilder, auf denen man nur blauen Himmel, blaues Wasser und weißen Strand sieht zu mailen, Ihr müßt euch das also leider selbst vorstellen.
Ist aber ganz einfach: Oben blau, dann weiß mit leichtem Gelbstich (Sand), dann ganz weiß (Brandung), dann etwas Türkis (Flachwasser), dann dunkelblau (Atlantik). Hinten rechts die Palme (leider in der Einzahl…) nicht vergessen!

09.04.1999

Freitag, 09. April 1999

Freitag, 09.04.99 – Ganz frühes Ablegen, weil mal wieder über 50 Meilen vor meinem Bug liegen:
Tagesziel ist die Insel Maio, eines der „vergessenen“ Eilande hier.
Neun Stunden lang passiert gar nichts, dann ist sie plötzlich da: Eine Walmutter mit ihrem Jungen! Lisa sieht sie zuerst, wie sie hochspringt und sich dann auf den Rücken fallen läßt, Wolfgang ändert sofort den Kurs auf „Whale-watching“, dann kann man auch das Junge und vor allem die Ausmaße der Mutter erkennen: sicher über 15m lang, Hans tippt auf Buckelwal (sehr lange Brustflossen, grader Rücken, keine Rückenflosse, nur ansatzweise kurz vor der Schwanzflosse, Oberseite dunkel, Unterseite hellgrau, Riesenmaul…).
Einmal kommen die beiden bis auf eine Schiffslänge heran, da stockt einem schon ein bißchen der Atem, wenn da plötzlich eine Fontäne bis auf Salingshöhe hochschießt! Kaum sind die beiden wieder weg, springt etwas weiter südlich im Kanal zwischen Maio und Santiago ein noch größeres Exemplar (der Vater?), leider aber etwas weiter weg und auch nur zweimal, dann taucht er ab. Trotzdem, ein irres Schauspiel!
Maio ist schöner als erwartet. Bewässerungsprogramme haben kleine Wälder geschaffen, eine neue Mole wird auch gerade gebaut, da wundert einen die ständige gute Laune der Einheimischen nicht weiter.
Obwohl, so viel wie die Kellnerin im „Bom Sossego“ hat sonst noch niemand gekichert. Ein lebender Lachsack, ehrlich!
Apropos ehrlich: Die Pannen wollen wir ja auch nicht ganz verheimlichen; Hans und Wolfgang mußten unterwegs einen Kabelbruch am Kühlkompressor löten; das Beiboot ist unter die neue Mole getrieben worden, wodurch der Außenbordmotor ladiert wurde und die Dirk ist gebrochen, was ja nicht weiter schlimm wäre, wenn der runterkrachende Großbaum nicht einen Mastrutscher aus dem neuen Großsegel gerissen hätte…

10.04.1999

Samstag, 10. April 1999

Samstag, 10.04.99 – Lustige Pannen gibt es allerdings auch. Morgens geht die Geschwindigkeitsanzeige nicht, und als Wolfgang das kleine Schaufelrädchen kontrolliert, das sich eigentlich drehen sollte, da spaziert ihm frech ein Mini-Taschenkrebs entgegen, der da wohl Karussel fahren wollte!
Zur Strafe wird der blinde Passagier im Meer ertränkt!
Ansonsten ist an diesem Tag nur die Landschaft spektakulär: schroffe Vulkanformationen an der Nordküste von Santiago sehen aus wie Monument-Valley zur See. In Tarrafal ist Wochenendtrubel: Wo vor zwölf Tagen abends alles ruhig war, sind jetzt lauter Bars und Hinterhofkneipen für die Wochenendausflügler aus Praia, der Hauptstadt entstanden.

11.04.1999

Sonntag, 11. April 1999

11.04.1999

Sonntag, 11.04.99 – Und wo unter der Woche die Marktfrauen mit den Fischern feilschen, tobt sich am Sonntag die Stadtjugend aus. Wo Christiane neulich noch alleine mit der kleinen Stina saß (sind übrigens heile in Brasilien angekommen!), formieren sich heute ganze Strandfußballmannschaften. Sehr zu Lipsos Freude übrigens, ein Ball wird jedenfalls sein Opfer… Hoffentlich lassen die Leute noch was zum Essen für meine Mannschaft übrig, die Jungs und Mädels haben Hunger, trotz oder gerade wegen des „Gammeltages“!

12.04.1999

Montag, 12. April 1999

Montag, 12.04.99 – Das mit dem Abendessen hat übrigens gut geklappt, ein Rasta-Man hat nämlich die ganze Mannschaft in ein kleines Einheimischen-Lokal geführt.
Da gibt es zwar nur zwei Gerichte zur Auswahl, aber die sind reichlich, lecker und belasten die Bordkasse insgesamt nur mit DM 40,-. (Incl. ein Bier für den Rasta, der sich danach leider nicht mehr abschütteln läßt…)
Frisch gestärkt geht es also auf den langen Schlag nach Sao Nicolau. Das klappt auch prima, nur um 03.30 h in der Nacht auf

13.04.1999

Dienstag, 13. April 1999

Dienstag, 13.04.99 – ist der Skipper laut Logbucheintrag „total genervt“.
Erstens dreht uns nämlich der Wind auf die Nase, und zweitens versucht der große Segellehrer zu wenden, obwohl nur eine Schot an der Rollgenua angeschlagen ist, weil wenden mit der Genua sowieso unmöglich ist, solange das zweite Vorstag montiert ist. Wer das jetzt nicht versteht: macht nichts; wer das versteht, wird sich wohl eins grinsen…
Glücklicherweise liegen wir schon um 09.45 h längsseits an der Mole von Tarrafal/Sao Nicolau, wo er sich wieder abregen kann.
Leider kann ich ja mal wieder nicht mit auf den Landausflug und muß mich zusammen mit Hans mit den Lümmeln auf der Pier rumschlagen. Die Aluguer-Fahrt nach Ribeira Brava führt über 36 km Kopfsteinpflaster, obwohl die Stadt nur sieben Kilometer Luftlinie entfernt ist. Aber die steilen vulkanischen Hänge lassen eine Abkürzung nicht zu, auf der Hälfte der Strecke kann man den fruchtbaren (alles ist relativ, auch der Begriff „fruchtbar“!) Talkessel schon mal von oben betrachten, aber dann geht es erst nochmal 20 km um den nächsten Berg!
Überall versuchen die Menschen, in Terassen irgendwas anzupflanzen, oft muß aber pro Staude eine extra Terasse angelegt werden, wegen des Windes sogar in ebenem Gelände. Das gelingt mit Kürbis, Bananen (falls bewässert), Zuckerrohr und manchmal mit etwas Gemüse.
Mühsam, mühsam… und trotzdem Lebensfreude ohne Ende:
Die nächste Kellnerin, die sich über meine Crew kaputtlacht, diesmal, weil sie es nicht glauben kann, das alle nach dem Essen wirklich einen Grogue (Zuckerrohrschnaps) wollen. Lisa, Sabine, Angelika und Wolfgang versuchen es in allen möglichen Aussprachevarianten: „Grock!?“ , „Groog!?“, „Grrohk!?“, „Grooge!?“, ein einziges Froschkonzert, bis Sabine auf die entsprechende Stelle im Wörterbuch zeigt, die Kellnerin „Ah, Grog!“ sagt und sich unter Lachtränen in die Küche zurückzieht…
Zum Trost und zurück in Tarrafal gibt es zum Abendessen frische Languste!

14.04.1999

Mittwoch, 14. April 1999

14.04.1999

Mittwoch, 14.04.99 – Das Versorgungsschiff macht uns den Platz an der Mole streitig, wir geben nach und legen früh ab und deshalb auch früh wieder an, denn bis Santa Luzia sind es nur 25 Meilen.
Das reich aber für das große Angelglück: Der dicke Thunfisch kommt abends in den Ofen. Trifft sich gut, wir sind nämlich nicht nur das einzige Schiff in der Bucht, sondern meine Mannschaft stellt die einzigen nicht schwimmenden oder fliegenden oder viele Beine habenden Lebewesen.
Die Verbesserung der Versorgungslage kommt also wie gerufen! Mahlzeit, und viel Spaß mit dem nächsten „frischen“ Fisch in Deutschland, ihr lieben daheim!

15.04.1999

Donnerstag, 15. April 1999

15.04.1999

Donnerstag, 15.04.99 – Morgens um 10.00 h Anker auf aus unserer Traumbucht. Hier hätte man gut noch ein paar Tage bleiben können, trotz oder gerade wegen der Einsamkeit! Bei dem ruhigen Wetter gehen auch die einheimischen Fischer mit ihren winzigen Bötchen unter Segel weit auf den Atlantik hinaus, deshalb kommt es erstmalig auf den Kapverden zu einer Begegnung, bei der über die Kollisionsverhütungsregeln nachgedacht werden muß!
Die Fischer haben Spaß an einer kleinen Privatregatta, und meine Mannschaft hat Spaß an dem tollen Fotomotiv!
Am Nachmittag sind wir in Mindelo. Und mit uns die M/S Rembrandt mit hunderten deutscher Kreuzfahrt-Touristen!
Macht nichts, wir legen uns an die „Eirene“, wo man mich und den Skipper schon kennt, und wo sich das Team von Cabo-Verde-Sailing über die drei blonden Damen freut!
Nach dem Abendessen gibt es wieder eine Einheimischenbelustigungseinlage:
Auf der Suche nach einer netten Kneipe findet meine findige Crew eine Tür mit einem Schild „Bar/Cafe“.
Außerdem steht da auf einem anderen Schild irgendwas von „men“ und „18 anos“, dürfen hier nur Männer über 18 rein?
Angelika entdeckt einen Türspion – nein, doch nur eine Schraube. Die Spannung steigt. Wolfgang sucht eine Klingel. Die Gasse ist dunkel, nur das „Bar“-Schild leuchtet.
Ratlosigkeit mischt sich mit Entdeckermut.
Da nähert sich meinem Kneipenexpeditionsteam eine Gruppe junger Männer. Die erfassen die Situation sofort und machen die Tür mit einem Lächeln auf.
Und als sie die Verwunderung in den Gesichtern sehen, weil die Tür einfach eine Tür und die Bar einfach eine nette Bar ist, wird aus dem Lächeln mal wieder Gelächter, die Touristen müssen verrückt sein…

16.04.1999

Freitag, 16. April 1999

Freitag, 16.04.99 – Alle außer Wolfgang und Lipso fahren mit der Fähre nach Sao Antao.
Da gibt es Rache für’s Gelächter gestern, meine Mannschaft ist nämlich wesentlich seefester als die Einheimischen. Die hängen sich z.T. schon im Hafen farbenfrohe Eimer vor das Gesicht, was auch sehr lustig aussieht…
Mit einem Privat-Aluguer wird die Insel erkundet, grüne Täler und wilde Schluchten machen Sao Antao zur schönsten der kapverdischen Insel, schade, daß der Hafen für Yachten nicht so geeignet ist.
Gegen 20.00h trifft sich alles wieder bei mir an Bord, todmüde vom Ausflug und vom Bunkern für die Überfahrt zu den Kanaren, das geht hier nämlich besser als auf Sal, deshalb war der Skipper ausnahmsweise fleißig…
Im Café Marseillaise spielt spät abends eine gute Band, da sind dann alle wieder merkwürdig schnell fit!

17.04.1999

Samstag, 17. April 1999

Samstag, 17.04.99 – Die ganze Zeit ruhiges Wetter. Und kaum müssen wir gegenan, bläst der Passat mit voller Wucht. Im Logbuch steht nur: Hier fehlen 30 Stunden entsetzliches Gegenanbolzen.
Trotzdem erreichen wir Sal wohlbehalten am