Von Baltimore nach Charleston- Oktober 2000

19.10.2000

Donnerstag, 19. Oktober 2000

Donnerstag, 19.10.00 – Gestern abend sind Thomas Wiedemann und Elisabeth Stumberger angekommen und wurden gleich mit den beiden Amerikanern vom Nachbarboot bekanntgemacht, die gerade auf ein wenig Klönschnack vorbeigekommen waren. Und danach war dann auch noch Zeit für einen kleinen Stadtbummel mit Abendessen und so.
Leider bin ich ja noch relativ leer, deshalb gibt es das erste Frühstück für die neue Mannschaft auswärts. Das Bunkern wird auf morgen verschoben, weil der Supermarkt hier so weit weg ist. Deshalb legen wir dann auch schon (nach der obligatorischen Schiffs-und Sicherheitseinweisung!) um 12.00 h ab. Die letzten Fotos von Baltimore, dann werden die Segel gesetzt und wir rauschen die Chesapeake Bay hinunter nach Annapolis.
Der Hafen ist übervoll, nur ein paar Plätze auf der Ankerreede sind noch frei. Auch gut, kann sich die neue Crew gleich an das Dinghi gewöhnen. Thomas will nicht glauben, dass es in der schönen Altstadt zwar Unmengen Souvenirläden und Kneipen, aber keinen einzigen Supermarkt gibt. Wolfgang kennt das Problem ja nun schon. Wenigstens ein etwas gruseliger Schnapsladen hat sich noch nicht aus der Stadt in eine Vorort-Shopping-Mall zurückgezogen. Wahrscheinlich, weil die Chefin und der Einpacker die Stadtgrenzen nicht verlassen dürfen, weil sie zu gruselig sind: Sie ist mindestens schon113 Jahre alt, und irgendwie erwartet man die ganze Zeit, dass sie dem Einpacker (ihrem Sohn? Quasimodo??) gleich wegen Unfähigkeit das letzte Blut aussaugt… Beim Mexikaner um die Ecke und später in einer kleinen Bar am Hafen ist es dann aber wieder hell und gemütlich!

20.10.2000

Freitag, 20. Oktober 2000

Freitag, 20.10.00 – Wolfgang und Thomas flitzen früh am Morgen zum Einkaufen zur Markthalle, und seitdem gibt es hier an Bord feine französische Leberpastete, vier verschiedene Käsesorten, echtes Brot etc…
Dem Anker-Auf-Manöver steht also nichts mehr im Weg, auch wenn der Wind noch auf sich warten lässt. Erst am Nachmittag reicht es für eine schöne Kreuz zu den Solomon Islands.
In „der ersten Bucht links“ (noch nicht ganz exakte Logbuchführung, aber das wird schon werden…!) fällt dann in diesem schönen Naturhafen mit seinen vielen Armen der Anker. Und wenig später fallen dann auch die Augenlider meiner Jetlag-geplagten Mannschaft.

21.10.2000

Samstag, 21. Oktober 2000

Samstag, 21.10.00 – Weiterhin herrlicher Sonnenschein, aber nicht viel Wind. Zum Trost sichtet Elisabeth um 15.00 h den ersten Pelikan: Ich bin wieder im Süden!
Und zum Trost wieder ein wunderbarer Ankerplatz, diesmal in einem winzigen Seitenarm des Indian Creek, eigentlich eher eine Lichtung im Wald, ein „Ententeich“! Der Skipper greift zur Klampfe und singt mit Elisabeth alle Lieder und Kanons, die die beiden auswendig können (und das sind ’ne Menge!).

22.10.2000

Sonntag, 22. Oktober 2000

Sonntag, 22.10.00 – Nachts ist eine Kaltfront durchgezogen: Ganz ohne Regen, ohne Gewitter, mehr oder weniger ganz ohne Bewölkung! So sollten Kaltfronten immer sein!!! Nordwind hat sie gebracht, und zwar reichlich!
So fühle ich mich wohl: Raumschotsbrise mit fünf Beaufort, fast glatte See, blauer Himmel – und zu allem Glück schiebt die Strömung uns auch noch! Perfekt! In weniger als sieben Stunden sind wir 50 Meilen weiter südlich und damit am Ende der Chesapeake Bay. Unter vollen Segeln am riesigen, riesigen, riesigen Flottenstützpunkt in Norfolk vorbei bis in den Innenhafen, nur für die letzten 20 Meter wird kurz der Motor angeworfen, weil der Skipper es nicht schafft, mich rückwärts in die enge Box der Waterside-Marina zu segeln. Nicht einmal versuchen will er es!

23.10.2000

Montag, 23. Oktober 2000

Montag, 23.10.00 – Auch Norfolks Innenstadt ist supermarktfreie Zone. Aber mit dem Taxi wird dann doch der fällige Großeinkauf erledigt, und dann passieren wir die Pricke Nr.1 des Intracoastal Waterways. Ab hier geht es binnen weiter, ein Schleuse (mit Schild: „450 Meilen bis Charleston“ – ohlala!!) hievt mich 20 Zentimeter höher, dann sind wir im Wald. Ab und zu überholt uns eine Motoryacht, einmal ein Managerseminar auf Jetskiern (das sind diese stinkerten Wassermopeds), ansonsten: Natur pur bis zum Ankerplatz hinter der Bungo-Bridge.

24.10.2000

Dienstag, 24. Oktober 2000

Dienstag, 24.10.00 – Original-Bordlogbuch: „07.45 h : Ablegen. Skipper hat Sonnenbrille und (erstmals) Socken an, weil er sich nicht entscheiden kann, wie das Wetter wohl wird. 08.20 h : Skipper Nahrung gegeben, damit er am Steuer nicht schlappmacht. Crew erwägt, Skippers Ketten zu lockern, damit er mal unter Deck kann.“ Um 09.45 sind dann alle an Deck, wir können segeln.
Und am Nachmittag im Albermarle Sound sogar unter Blister. Ein ganz besonders freundlicher Brückenwärter macht die Drehbrücke über den Alligator River so passend auf, das wir unter Blister den Highway queren können! Super! Bis Tonne 22 schaffen wir es noch, dann fällt der Anker. (Nachtrag zum Wetter: der Skipper hat die Socken ausgezogen und die Sonnenbrille anbehalten, es ist weiterhin traumhaft!)

25.10.2000

Mittwoch, 25. Oktober 2000

25.10.2000

Mittwoch, 25.10.00 – Die Situation wird zur Bordroutine: Wolfgang holt schon mal den Anker auf und tuckert los, während Elisabeth und Thomas ihn provisorisch mit Snickers und Kaffee versorgen und dann ein prima Frühstück herrichten: „Tonne 28 mit Käsebrot passiert“ Die Landschaft wechselt von Mooren und Sümpfen zu Marschen und Wäldern. Einfach schön.
Der Anker fällt bei Meile 160 (von den zu fahrenden 450 ab Norfolk, immerhin!) im Bay River.

26.10.2000

Donnerstag, 26. Oktober 2000

Donnerstag, 26.10.00 – Wieder früh los… Wolfgang hat ja schon von Leuten gehört, die behaupten, dass man im Intracoastal Waterway nicht segeln kann. Stimmt aber nicht. Um 08.10 h laufe ich schon mit sechs Knoten, dann sogar mit acht. Weil es so kurvig zugeht, ist das Segeln halt mit etwas Arbeit an den Schoten verbunden, aber das macht ja wohl eher Spaß. Hier an Bord jedenfalls. Einen kleinen Stichkanal und die Hafendurchfahrt von Beaufort N.C. müssen wir motoren, aber in Swansboro ernten wir dann wieder bewundernde Blicke und Kommentare, weil mein Team die Segel wieder erst kurz vor dem Liegeplatz in der Marina Caspar birgt.
Zur Belohnung gönnen sich die drei ein prima Abendessen und eine heiße Dusche (Wolfgang will sich nicht mehr mit dem Hammer kämmen müssen…).

27.10.2000

Freitag, 27. Oktober 2000

Freitag, 27.10.00 – Unfairerweise erreichen die motorenden Amerikaner diejenigen Brücken, die nur zur vollen Stunde aufmachen, auch wirklich zur vollen Stunde. Noch unfairererweise erreichen wir ebendiese Brücken heute mit schöner Regelmäßigkeit zwar immer schön unter Segeln, aber auch immer pünktlich fünf Minuten zu spät… Macht nichts, das viel ruhigere Naturerlebnis (viele Greif-, Wat-, Zug- und Seevögel) und ein einsamer Ankerplatz (während die anderen zum Tanken in die Marinas müssen!) südlich von Wrightsville entschädigen für das Pech.

28.10.2000

Samstag, 28. Oktober 2000

Samstag, 28.10.00 – Die Tage, von denen es nichts Aufregendes zu berichten gibt, sind hier an Bord oft die schönsten und geruhsamsten. Abends legen wir an der Pelican Point Marina an, nach 10 Tagen brauche ich auch mal etwas Diesel. Thomas und Elisabeth werden vom Hafenmeister zum Supermarkt gefahren, nur zurück müssen sie laufen und finden eine Abkürzung, die den Marsch eine halbe Stunde länger werden lässt…

29.10.2000

Sonntag, 29. Oktober 2000

Sonntag, 29.10.00 – Nein, sagt der Hafenmeister. Er ist nicht zu spät dran. Er hat nur schon die Sommer- auf Winterzeit umgestellt. Ach so, ach ja? Heute?! Das ändert (Rasmus sei Dank!) aber nichts am Wetter, und weil der ICW jetzt ausreichend erkundet ist (zumal Bebauung und Golfplätze am Ufer zunehmen), und weil, wenn wir heute wieder buten segeln würden, ein ganzer Tag zum Besichtigen und Bummel in Charleston das Ergebnis einer Nachtfahrt wären, wird mein Bug beim Little River Inlet wieder in Richtung Atlantik gedreht.
„Gustav“ übernimmt das Ruder, weil ich endlich mal wieder geradeaus segeln darf. Die Nacht ist sternenklar und ruhig… Delfine am Bug…

30.10.2000

Montag, 30. Oktober 2000

Montag, 30.10.00 – Fast 400 Meilen nach Baltimore: Hafeneinfahrt am Fort Sumter (wo der Bürgerkrieg begann) entlang und dann: anlegen in der City Marina in Charleston. Südstaatenflair, Südstaatensonne.

31.10.2000

Dienstag, 31. Oktober 2000

Dienstag, 31.10.00 – Elisabeth und Thomas müssen morgen früh zum Flieger, deshalb werde ich schon heute vormittag geputzt. Und heute ist Halloween, da wollen natürlich am Abend alle in der Stadt sein, hoffentlich wird das Abschiedsessen nicht zu gruselig.