Mittwoch, 20.06.07 – –
Mittwoch, 20.06.07 – –
Donnerstag, 21.06.07 – Dass der gestrige Tag aus dem Logbuch gestrichen werden musste, liegt an den nicht mehr jugendfreien Kraftausdrücken, mit denen Wolfgang Delta Airlines beschreibt. Zehn Stunden Wartezeit im JFK-Airport in New York. Ingo Krause, der hier am Tor zur Marina ausharrt, darf ohne den hoffnungslos verspäteten Skipper nicht an Bord und sucht sich am späten (gestrigen) Abend noch ein Hotel. Wolfgang kommt morgens um 00.30 h an und ist froh, überhaupt angekommen zu sein, Ingo kommt nach dem Hotelfrühstück am Vormittag und nimmts gelassen: Ende gut, alles gut. Nach dem Einkauf für den Törn nach New York bummeln die beiden noch zum Weißen Haus, dann die Pennsylvania Avenue hinauf zum Kapitol und die Mall hinunter wieder zu meinem Liegeplatz, ist ja alles nur um die Ecke.
Auf dem Fischmarkt gibt es wieder Austern und Krabben als Vorspeise, und einmal fischig angefangen, geht es mit Ingos allererstem Sushi frisch und lecker weiter.
Freitag, 22.06.07 – Blauer Himmel, steife Brise aus dem Norden und ein paar Kurven im Potamac, damit es nicht langweilig wird. Ein Traumstart in den Törn, 56 Meilen bis an den geschützten Ankerplatz hinter Colonial Beach. Seeadler über uns, begeisternde Flusslandschaft rechts und links, nicht nur Ingo fragt sich, warum das Revier in Europa so unbekannt ist.
Samstag, 23.06.07 – Wie gestern, nur weniger Wind. Wolfgang übt Schifferklavier. (Liebe Rosi, ob das ein gutes Geburtstagsgeschenk war, werden ja dann die Buchungszahlen der nächsten Jahre zeigen. Du hast da eine ziemliche Verantwortung übernommen
Am Abend kann man aber immerhin schon „Summ, summ, summ, Bienchen summ herum” erkennen. Nur mit der rechten Hand, die Bässe kommen erst in der nächsten Lektion.)
Damit ihr mal seht, was man hier unter einem geschützten Ankerplatz versteht, habe ich die Seekarte von Solomons Island beigelegt. An der Zirkelspitze übernachten wir, landumschlossen, rundherum Wald mit ein paar Ferienhäusern, drei Meter Wassertiefe und ein bisschen Grillduft vom Ufer. Abends ein wenig Feriengeräusche (eine Feuerwerksrakete, ein paar Pistolenschüsse, wie die Amis halt so sind
), und nachts völlige Stille.
Sonntag, 24.06.07 – Und morgens Vogelgezwitscher. Das Sonntagsei gibt es lecker als Bauernfrühstück, mittags zaubert Ingo Fruchtyoghurt – und am Nachmittag liege ich schon mitten im Wochenendtrubel in Annapolis. Das alte Städtchen hat einen komplett erhaltenen Stadtkern aus dem vorvorigen Jahrhundert, Alex Haley schrieb hier die Familiensaga „Roots”, das kleine Capitol war mal fast ein Jahr lang Sitz einer der ersten US-Regierungen, viel Geschichte und Geschichten überall zwischen den alten Gassen am Hafen.
Montag, 25.06.07 – Der Wind hat auf Süd gedreht, praktisch, weil wir ja nach Norden müssen, weiter die Chesapeake-Bay hinauf. Ganz leise und stetig ziehen mich Großsegel und die ausgebaumte Fock weiter ins Landesinnere. Und ganz oben, da gibt es einen Ausgang, nämlich den Chesapeake-Delaware-Canal, der die Verbindung zur Delaware-Bay herstellt – und von dort aus komme ich wieder an den Atlantik. Kurz nach der Einfahrt in den Kanal hole ich eine kleine amerikanische Yacht ein, nach ein wenig „woher und wohin” bietet der Skipper meiner Crew „short sticks” oder „short steaks” oder „sharp stacks” an, die er selber gefangen haben will. Ahh, „shark steaks”! Immer man rüber damit, zwei Gefrierbeutel voll, Mako vom feinsten. In die einsame Ankerbucht, die es auf der Hälfte des Kanals mal gab, hat man inzwischen eine Marina mit reichlich Restaurants gebaut, aber kurz vor dem Ende des Kanals, da liegt die Summit North Marina, die zwar auch kein Ankerplatz ist, aber sehr ruhig und abgeschieden und trubelfrei liegt. Gemüsereis, etwas scharfe Sauce und Steaks zum Lutschen, da kommt geschmacklich höchstens noch roter, roher Tunfisch mit.
Dienstag, 26.06.07 – Der Wind lässt uns im Stich, aber die Strömung schiebt und schiebt. Und weil es also trotz Flaute so gut läuft, wird der Tag um ein paar Meilen verlängert: Tagesziel Cape May mit der Ortschaft selbigen Namens an der Nordwesthuk zur Delaware Bay, endlich mal wieder am Atlantik. Delfine und eine Schildkröte kommen auf Kurzbesuch vorbei, und am Nachmittag setzt sich auch die Thermik durch, unter Vollzeug rausche ich bis in den Hafen. Weil es ja noch ein winziges Haifischsteak gibt und ich ansonsten ja nicht auf Landstrom oder so angewiesen bin, lassen Ingo und Wolfgang die Marinas am Ufer Marinas sein, sparen sich das ganze Getüddel mit Festmachern und Fendern und lassen nur den CQR-Anker samt 30 m Kette auf den Hafenboden sinken. Bei Sonnenuntergang duftet es aus dem Ofen nach Rosmarinkartoffeln und frischem Fisch.
Mittwoch, 27.06.07 – Die Delfine sind wohl hier zu Hause, sie sind nämlich schon wieder da und schwimmen ein Stückchen mit. Der Wind passt gut, 33 Meilen im offenen Meer in Richtung New York. Am Ufer wandelt sich die Szenerie vom einsamen Sandstrand zu mehr und mehr Bebauung, bis aus den Ferienhäusern Wolkenkratzer werden: Atlantic City, das Las Vegas der Ostküste. Die Gegend um den kleinen Yachthafen herum ist ja noch ganz gemütlich, aber an der Uferpromenade reiht sich Spielkasino an Spielkasino: das Taj Mahal neben Ballys, das River Boat neben Ceasars Palace. Wolfgang lernt die Grundregeln von Roulette, Black Jack und Poker und spielt natürlich trotzdem nicht. Die Standardbewegung für Ingo und meinen Skipper ist nicht das Einwerfen von Münzen, sondern Kopfschütteln ob der gewaltigen Hallen voller Automaten, ob der ständigen Lärmberieselung, ob der Schubkarrenrikschas, mit denen für fünf Dollar Menschen, für die es deutlich gesünder wäre, mal ein paar Schritte zu laufen, von einer slot-maschine zur nächsten geschoben werden. Der ganz normale Wahnsinn. Aber nettes Design
Donnerstag, 28.06.07 – Weil ein Kaltfrontdurchgang mit heftigen Gewittern und auf Nord drehendem Wind gemeldet ist, legen wir einen Frühstart hin: Um 03.30 h bin ich unterwegs nach Norden. Im Morgengrauen angelt Wolfgang einen Bluefish, reicht genau für ein schönes Dinner für zwei. Die Passatbesegelung aus Fock und Genua zieht mich stetig, aber weil wir es eilig haben, läuft die Maschine für ein, zwei Extra-Knoten mit. Leider sind wir trotzdem nicht schnell genug, um Dutzende gemeiner Beißfliegen abzuhängen – beide Fliegenklatschen sind im Dauereinsatz! Hinter Sandy Hook legt mich Ingo elegant (kein Wunder er hatte selbst mal eine GibSea 114, also eine Schwester von mir; ist er damit mein Onkel?!) an einen Bojenplatz vom Atlantic Highlands Yacht Club, dessen größte Annehmlichkeit die nette Bar mit den Fenstern nach Norden ist: Mit einem kühlen Bier in der Hand kann man schon die Skyline von Manhattan erkennen!
In der Kaltfront erwische ich übrigens genau eine kleine Lücke, rechts und links donnert es, aber der Bluefish kann noch im Cockpit verspeist werden, und der Regen danach reicht gerade, um mein Deck mal abzuspülen.
Freitag, 29.06.07 – Ingo und Wolfgang gönnen sich und mir einen Hafentag, lassen sich vom Yachtclubdinghi an Land kutschieren und besichtigen das Twin Light. Das sind zwei alte Leuchttürme, die heute ein schönes Museum über Leuchtturm – und Funktechnik beherbergen, denn von hier aus sendete Marconi die ersten kabellosen Worte Amerikas: von der Landzunge bis ins Redaktionsgebäude des New York Herald in Manhattan. Anlass war übrigens der Americas Cup, auch wenn der damals verschoben wurde und die erste Funkpost ungeplanterweise Nachrichten über die vom Krieg gegen die Spanier heimkehrende US-amerikanische Flotte waren.
Der aktuelle Americas Cup ist am Abend Thema an der „Bar mit Aussicht”, beim Fachsimpeln findet meine Crew schnell neue Freunde, die meisten Amerikaner halten wie mein Skipper natürlich zu den Kiwis, auch wenn die heute gerade ihren Spinnaker versenkt haben.
Samstag, 30.06.07 – Für Ingo ist das erste Highlight des Tages die Unterquerung der Verrazano-Brücke, damit wird er nämlich Anfang November beim New-York-City-Marathon der einzige Läufer sein, der die Brücke sowohl über- als auch unterquert haben wird, viel Erfolg dabei! Das führt mich nebenbei zum Thema gesunde Ernährung: Weil Ingo und Wolfgang beide gerne ein paar Pfund weniger um die Hüften hätten, wird bei diesem Törn supergesund gelebt. Dazu gehört, dass sich null Alkohol an Bord befindet. Weshalb die beiden nach dem Anlegen ja auch immer in die erstbeste Kneipe sprinten, heute in das „Black Whale” auf City Island. Aber dazwischen liegt noch ein wunderbarer Sightseeing-Tag ganz nah an der Freiheitsstatue entlang, dann weiter vor Ellis Island ein Stückchen den Hudson hinauf, am World Financial Center (Ground Zero) und The Battery vorbei um die Südspitze Manhattans in den East-River hinein, unter der Brooklyn-Bridge hindurch an der UNO entlang bis durch Hellgate in den Long Island Sound. Fotostress im Wochendendverkehr!
Sonntag, 01.07.07 – Genau gegenüber von der Marina, gerade mal knapp vier Meilen quer über den Long Island Sound hinüber, da gibt es eine kleine Ankerbucht mit einer alten Wassermühle, den üblichen Ferienhäusern und ansonsten viel Wald und Natur. Und das noch mehr oder weniger mitten in New York. Da bleiben wir einfach.
Montag, 02.07.07 – Die Strömung kippt erst am späten Vormittag auf „Schieben”, so bleibt Zeit für ein ausgedehntes Frühstück, bis ich wieder durch Manhattan darf. Ohne den Wochenendverkehr ist es weniger stressig, aber trotzdem verfliegt die Zeit wie nix. Gegenüber vom Empire State Building hat Wolfgang einen Liegeplatz reserviert, allerdings stecke ich schon bei der Zufahrt zur Tankstelle im Schlick fest. Der Stegwart meint nur „Low tide
”. Den zugewiesenen Platz erreiche ich nur zur Hälfte, und zum endgültigen Liegeplatz muss ich auch noch ein bisschen durch den Hafenschlamm schieben. Der Stegwart will die Aussicht auf zwei in der Sonne liegende Schönheiten extra berechnen, aber Wolfgang meint nur, dass er dann Baggerlohn geltend machen wird. Man einigt sich lachend auf ein Unentschieden.
Im Frühjahr 2006 waren vier Amerikaner von Marmaris bis Göcek an Bord (liebe Grüße an Michael!), zwei davon, Lucas und der andere Michael, wohnen mehr oder weniger gegenüber von unserer Marina. Klar, dass Wolfgang für einen gemütlichen Abend hingeht. Ingo checkt inzwischen schon mal das Hotel für den Marathon.
Dienstag, 03.07.07 – New York, New York. Bis die Füße platt sind.