Von New York nach New York

29.08.2007

Mittwoch, 29. August 2007

Mittwoch, 29.08.07 – Denn heute geht es ja weiter! Wolfgang Gutt aus Menden kommt zu seinem alljährlichen Törn an Bord, und weil er von Dieter, meinem Warsteiner Chefingenieur, einen ganzen Karton neuer Ausrüstungsgegenstände mitgebracht hat, fährt Wolfgang ihm bis zum Flughafen entgegen, herzlich willkommen heißen und tragen helfen.

30.08.2007

Donnerstag, 30. August 2007

30.08.2007

Donnerstag, 30.08.07 – Erfahrene Logbuchleser kennen das ja schon: WolfgangG(utt) und W(ebers)wolfgang zur besseren Unterscheidbarkeit! WolfangG und Wwolfgang erkunden New York. WolfgangG war noch nie hier, und bei Wwolfgang reicht es nun schon so langsam zum Hilfsreiseführer, auch wenn er natürlich jeden Tag was Neues entdeckt. Die Touri-Tour für heute: Central-Park, dann zum Guggenheim-Museum (leider donnerstags geschlossen, kleine Panne der Reiseleitung…), dann zum MOMA. Das entschädigt nun wiederum mehr als reichlich für den Reinfall vom Vormittag: Neben den Unmengen Picassos, Warhols, Lichtensteins, Monets, Klimts, van Goghs, Gaugins etc. begeistern auch die genialen Stahlskulpturen von Richard Serra. Auch Nicht-Kunstliebhaber müssen schon die Kunst des Transportes und dann des Aufstellens der gewaltigen Platten im Museum Of Modern Art bewundern.
Danach geht es nicht geistig, sondern körperlich hoch hinaus, erst auf das Empire State Building (86. Stock) und dann zum Sonnenuntergang auf das Rockefeller-Center (76. Stock).

31.08.2007

Freitag, 31. August 2007

Freitag, 31.08.07 – Heute machen die beiden Wolfgangs eine Zeitreise und zwei Weltreisen. Eine Zeitreise vom Beginn des Universums bis heute, eine Weltreise durch Tiere und Pflanzen aller Kontinente, und eine zweite Weltreise durch die Völker und Kulturen aller Kontinente. Das geht alles in den endlosen Hallen des Museums für Natur und Geschichte, und das liegt überhaupt keine Weltreise weit weg, sondern nur vier Blocks weit östlich. Dauert allerdings fast den ganzen Tag. Die dementsprechend platten Füße werden am Abend in einer Comedy-Show am Broadway verdientermaßen geschont. Dafür werden die Lachmuskeln strapaziert.

01.09.2007

Samstag, 01. September 2007

Samstag, 01.09.07 – 08.00 h: Leine los, Bug in Richtung Freiheitsstatue, ich darf wieder mitspielen! Mit Stillwasser geht die Fahrt erst den Hudson hinab, und mit der Flut geht es den East River hinauf. Im Long Island Sound werden die Segel gesetzt, prima Wetter für ein paar kurze Kreuzschläge bis nach Port Washington. Hier gibt es Gratis-Festmachebojen für durchreisende Yachten, die allerdings so weit außerhalb liegen, dass man zum Transport an Land auf das Wassertaxi angewiesen ist. Nette Geschäftsidee, aber trotzdem sehr günstig. Der Hauptvorteil des kleinen, aufgeräumten Städtchens ist der Supermarkt gegenüber vom Taxianleger, die Wolfgangs gehen den längst fälligen Großeinkauf erledigen.

02.09.2007

Sonntag, 02. September 2007

Sonntag, 02.09.07 – Traumhaftes Wetter. Strahlender Sonnenschein. 28° im Schatten. Aber leider Flaute. Das Großsegel unterstützt den Motor ein wenig, aber ansonsten werden es 27 einfach nur gemütliche Meilen bis zu den Norwalk Islands. Da stehen uns ein paar Buchten zwischen den Inseln zur Auswahl, Wwolfgang und WolfgangG entscheiden sich für Cockenoe Harbor. Niemand sonst teilt sich das stille Fleckchen mit uns, ein kleines Motorboot dreht mit Sonnenuntergang den Bug in Richtung Heimathafen und überlässt mir die Herrschaft über drei kleine Inseln.

03.09.2007

Montag, 03. September 2007

Montag, 03.09.07 – Heute ist noch traumhafteres Wetter, weil nämlich wieder ein schöner Segelwind bläst. Und auch noch genau von achtern! Das Groß bleibt unten, die Rollgenua kommt an Backbord auf volle Größe, dazu die kleine Fock ausgebaumt an Steuerbord. Besser wäre natürlich die große Fock gewesen, aber nachdem das Faulsein hier gestern erstmal angefangen hat, waren die Wolfgangs einfach zu bequem, um für den halben Extra-Knoten noch das Vorsegel zu wechseln. Passend zum Thema übernimmt natürlich nach einer Weile Gustav, der Autopilot das Ruder. Wenigstens Ausguck gehen meine Helden noch… Da heute Feiertag ist (Labour Day), lohnt sich das auch, denn der Long Island Sound ist übersät mit Segeln. Zwischen den Thimble Islands spart sich meine Kraftsparcrew dann sogar noch das Ankern und pickt eine der eigentlich privaten Festmachebojen auf. Damit es nicht doch noch anstrengend wird, bleibt auch noch die Küche kalt und es gibt zum Abendessen nur einen großen, leckeren Salat. Wobei das Schnippeln ja schon fast in Arbeit ausartet…

04.09.2007

Dienstag, 04. September 2007

Dienstag, 04.09.07 – Alles Gute an meinen Ersten! Dieter wird 73, herzliche Glückwünsche nach Warstein! Beim Telefonat ahnt er schon wo heute das Tagesziel ist: Mystic Seaport mit dem wunderbaren Freilichtmuseum. Als Dieter mich anno 2000 hier in der Gegend geskippert hat, hat es mit dem Besuch ja leider nicht geklappt. Schade, aber heute passt es nach einem weiteren schönen Segeltag bestens, ich bekomme sogar einen der raren Anlegeplätze mitten im Museum. WolfgangG kann es gar nicht fassen, dass man auch nach Ende der Öffnungszeit als Yachtcrew weiterhin ungehindert im Museumsdorf umherlaufen darf. Die Ausstellungsräume sind natürlich geschlossen, aber das Umherschlendern zwischen den alten Großseglern, zwischen Werften, Werkstätten und Wohnhäusern versetzt einen gerade in der touristenfreien Abendruhe ins achtzehnte und neunzehnte Jahrhundert zurück.
Zur Stärkung verholt sich meine Mannschaft später ins „Mystic Pizza”; wer Sommerfilme aus den Achtzigern kennt, wird sich an Julia Roberts in ihrer ersten großen Rolle erinnern. Die Plakate hängen stolz am Tresen, auch wenn der Großteil des Films in Kulissen in Stonington gedreht wurde. Aufhänger für das nette Informationsgespräch mit der Kellnerin ist übrigens Wwolfgangs Gorgonzola-Pastrami-Pizza, die Kombination hat wohl noch niemand vorher gewagt.

05.09.2007

Mittwoch, 05. September 2007

05.09.2007

Mittwoch, 05.09.07 – Ab Labour Day bekommen durchreisende Yachten einen Tag gratis! Super, Wwolfgang und WolfgangG entschwinden ins vorvorige Jahrhundert. In Mystic Seaport gibt es nicht nur über 50 verschiedene Attraktionen, sondern hier wird auch ständig 19.tes Jahrhundert vorgelebt: Die Museumsbelegschaft klettert in die Rahen des Walfängers, hält Vorträge über das Einsalzen von Stockfisch, kocht nach alten Rezepten mit alten Gemüsesorten aus dem extra angelegten Garten, kutschiert die Gäste in einem alten Dampfschiff von einem Ende des Dorfes zum anderen und steht ansonsten überall und immer mit viel Wissen und Enthusiasmus als Ansprechpartner bereit. Der Drucker druckt mal eben einen Walfanganheuerwerbezettel für meine Jungs, die Schmiedin schmiedet einen Nagel, der Bootsmann singt einen Shanty. WolfgangG darf sogar beim Aufheißen einer Rahe mithelfen. Weil über 500 Schiffe zum Museum gehören, gibt es natürlich auch einen kompletten Werft- und Restaurationsbetrieb, der ebenfalls öffentlich ist. Dazu natürlich die Ausstellungen über Regatten, die Erschließung der USA über die Wasserwege (selbst die größten Trecks brachten nicht annähernd so viele Menschen in den Westen wie die Flößer und Schiffer auf Hudson, Missouri, Mississipi und den großen Seen!), maritime alte und neue Kunst, die Marine, die Sklaventransporte, farbige Seeleute (der erste Amerikaner am Nordpol war ein Afro-Amerikaner!), Walfang, Modellbau, Navigation, Konstruktion, Religion – Es hat mit Schiffen zu tun? Es ist hier. Alles. Und ich mitten drin.

06.09.2007

Donnerstag, 06. September 2007

Donnerstag, 06.09.07 – Und weil gestern noch die Ausstellung der kleinen Schiffe, die Klipper-Luxuskapitänskajüte (fast wie hier an Bord…), das Landschaftsmodell der Gegend anno 1870 und die Vorführung des Küfers wegen Zeitmangels fehlten, und weil Wwolfgang sich noch in ein Gespräch mit dem Reiseschriftsteller David Hume verwickeln lässt, der hier als Freiwilliger arbeitet, und weil es sowieso so interessant ist, dass man gar nicht mehr weg möchte, verpassen wir die Brückenöffnung um 13.40 h und dürfen eine Stunde Kreise drehen. Direkt vor dem Museum, also quasi im Museum, deshalb auch nicht so schlimm. Zum Trost quetscht sich außerdem der ca.30 Meter lange Dreimastschoner „Mystic” zur gleichen Uhrzeit durch die schmale Passage, das gibt noch mal schöne Fotos. Zu den anderen ca. 300 Stück.
Draußen im Sund bläst ein frischer Südwind, Groß plus halbe Rollgenua, drei Stunden Rauschefahrt bis in den Saybrook River, der schöne Ankerplatz hinter Calves Island ist in seiner Abgeschiedenheit das perfekte Kontrastprogramm. Es gibt Gemüseeintopf und viele, viele Eindrücke zu verdauen!
Da darf ich nicht vergessen, dass ich noch gaaaanz dringend MitseglerInnen für den Herbst suche! Wolfgang kann mich ja schlecht alleine de ICW hinuntersegeln, bei all den Kurven! Lest das Logbuch vom Mai/Juni! Segeln durch den Zoo! Das Kennedy Space Center! Nehmt Resturlaub! Verlängert den Sommer! Flüge unter 500 Euro! Die Chesapeake Bay und Charleston im Indian Summer! November in der Badehose in Fort Lauderdale! Und wenn ihr selber nicht kommen könnt, dann macht Reklame! Wir machen alles Mögliche möglich! Wolfgang hat sogar versprochen, nett zu sein!!!

07.09.2007

Freitag, 07. September 2007

Freitag, 07.09.07 – Weil an der Eisenbahnbrücke heute Wartungsarbeiten vorgenommen werden, darf ich noch ein paar Kreise im Fluss drehen. Aber dann sind wir wieder draußen auf dem Sund, wie so oft bei der ausgeprägten Schönwetterlage lässt der Wind ein Stündchen auf sich warten, aber dann geht es mit schäumender Bugwelle nach Westen. Vor Milford liegen die nächsten kleinen Inseln, hinter Charles Island liegt man prima. Am Ufer des Inselchens taucht eine ziemlich große Rehkuh auf und verschwindet dann wieder im Urwald. Das ist ja mal wieder eine Abwechslung zu all den Ospreys, Reihern und Seeschwalben! Noch mehr Abwechslung entsteht durch eine Gruppe Nachwuchssegler, die ihre Regattaschüssel neben mir ankern und dann unter großem Pohei das Unterwasserschiff abschrubbeln.

08.09.2007

Samstag, 08. September 2007

Samstag, 08.09.07 – Am Wochenende ist so nah bei New York natürlich der Bär auf dem Sund los. Ein Regattafeld am anderen, dazu die Pendelfähren nach Long Island hinüber, Kajaks, Motorboote, Fahrtensegler, Jollen: Alles, was schwimmt wird heute noch mal nass gemacht. Für mich wäre die nächste Inselgruppe diejenige vor Greenwich, aber weil für die Nacht ein Frontdurchgang mit Gewittern gemeldet ist, sucht Wwolfgang einen Stegplatz für mich. Den gibt es in Greenwich selbst, WolfgangG legt mich längsseits an, danach vertreten sich die Jungs die Beine bei einem Spaziergang ins Städtchen. Das sieht aus wie überall in den USA: breite Straßen, viel Grün, freundliche Autofahrer. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass die Läden alle etwas eleganter als sonst sind, hier in der Gegend haben reiche und ganz reiche New Yorker ihr „Häuschen am Wasser” stehen. Und die acht Schlafzimmer, vier Garagen, sechs Bäder, die Verandas, Wohnzimmer, Küchen, Gärten etc. müssen ja mit irgendwas gefüllt werden! Im verschlafenen Greenwich finden sich zu diesem Zweck ein Bentley-Händler, der zur Not auch ein paar Porsches rum stehen hat, reihenweise Antiquitätengeschäfte und Kunstgalerien, die edelsten Möbelhäuser und Teppichhändler, was man halt so braucht für die Villa… Zwischen ziemlich schnieken Restaurants hält sich für die Normalbevölkerung aber auch ein typisches Familienlokal, die Wolfgangs speisen gut und günstig und ich bekomme neue Becher.

09.09.2007

Sonntag, 09. September 2007

Sonntag, 09.09.07 – Alles Gute zum Geburtstag an Claudia! Die Wünsche müssen leider kurz ausfallen, weil hier gerade Chaos ausbricht, der Motoralarm piept kurz nach dem Ableger! Notankern am Fahrwasserrand, ein Blick in den Motorraum: alles grün! Ist nur eine Schlauchschelle vom Kühlwasserkreislauf abgesprungen, das ist schnell repariert.
Auf dem Wasser geht es natürlich genauso zu wie gestern, aber das macht ja auch mal Spaß! Kurz vor dem East River wird der Sund immer schmaler, mit vielen, kurzen Kreuzschlägen segeln wir bis in die Little Neck Bay. Am Abend ist der Wochenendrummel vorbei, aber da man schon den Blick auf die Hochhäuser hat, wäre von Einsamkeit zu sprechen wohl etwas übertrieben. Obwohl die Bucht mit der alten Wassermühle am Ufer und den Parks der Villen einen absolut ländlichen Eindruck macht!

10.09.2007

Montag, 10. September 2007

Montag, 10.09.07 – WolfgangG war ja erst einmal in seinem Leben in New York, nämlich letzte Woche, deshalb wird der Törn zugunsten von noch mehr Museen etc. um einen Tag verkürzt. Mir soll’s recht sein, auch wenn ich wieder mal nicht mit in die Stadt darf. Mit passender Strömung strudelt es mich den East River hinunter, heute zur Abwechslung mal im Nebel! Kaum an der Boje im Hudson/Ecke 79th street verschwindet meine Crew zum Spaziergang den Broadway hinunter zum Columbus Circle. Oper und Konzerthallen und einfach diesen Teil der großen Stadt erkunden.

11.09.2007

Dienstag, 11. September 2007

Dienstag, 11.09.07 – Für New Yorker ist der Jahrestag der Terroranschläge natürlich ein besonders trauriges Datum, die ganze Stadt trottet nur so vor sich hin. Das einzig Gute daran: Es gibt heute keine langen Warteschlangen, um die Freiheitsstatue und Ellis Island zu besichtigen. Die Freiheitsstatue kann man leider nicht mehr von innen erklettern, aber Ellis Island ist dafür umso mehr eine positive Überraschung. Nach ein paar Stationen im Museum fühlt sich der Besucher schon selbst als Einwanderer! Ground Zero ist nach den Feierlichkeiten der Familien auch noch kurz dran, aber da sieht man nur die Baustellen.
Michael und Lukas haben wieder mal zum Abendessen eingeladen, die Wolfgangs nehmen gerne an und genießen die Gastfreundschaft unserer amerikanischen Freunde.