Von Male nach Male

12.02.2004

Donnerstag, 12. Februar 2004

Donnerstag, 12.02.04 – Der Flughafen von Male ist zum größten Teil eine Aufschüttung ins Meer hinein. Eine künstliche Insel. Und ist deshalb, anders als der Münchener Flughafen, der bekanntlich ja ausschließlich aus der Luft erreichbar ist, auch per Boot anfahrbar. Alle in Male ankommenden Reisenden werden deshalb üblicherweise mit dem hoteleigenen Dhoni (also Boot, Taxiboot) abgeholt. Oder mit der Yacht: um 07.00 h fällt mein Anker direkt vor dem Ankunftsterminal, Hans wird schnell verabschiedet und Wolfgang Huber (aus Verwechslungsvermeidungsgründen von nun an „Wolle“!) und Guido Sieber (beide aus München) sind „Willkommen an Bord!“ Zusammen mit Monika, die beide Törns mitsegelt, ist die Crew damit komplett! Und muss, nach kurzem Erfrischungsbad am alten Ankerplatz in der Lagune, schon arbeiten: Der Großeinkauf steht an, Lebensmittel für zwei Wochen, gut, dass unser Agent das Wasser bis an den Dhoni-Steg liefert, das erspart eine Menge Schlepperei und schafft Zeit für einen „Einkehrschwung“ mit Tom Yam, Cappuccino und Schokoladenkuchen! Danach wird immer nur umgeladen: Vom Steg ins Dhoni, 20 Minuten später vom Dhoni auf den Steg in der Lagune, vom Steg ins Beiboot und vom Beiboot direkt in meine Bilgen, Schapps und Staunetze.

13.02.2004

Freitag, 13. Februar 2004

13.02.2004Freitag, 13.02.04 – Der Sinn der Schiffs- und Sicherheitseinweisung ist es ja, möglichst viele Möglichkeiten für Pech und Pannen auszuschließen! Aber hier ist ja sowieso jeder Tag ein Glückstag…und Freitag, der Dreizehnte ganz besonders: mit Rückenwind segeln wir aus dem Nord-Male-Atoll hinaus und in das Süd-Male-Atoll hinein. Gulhee Island hat eine wunderbar geschützte, kleine Hauslagune, in die nur ein schmaler Pass hineinführt. Meine Crew ist sprachlos ob der Wasserfarben: Alle Schattierungen von tiefstem Blau im Kanal zwischen Nord- und Süd-Male-Atoll über mittel- und hellblau im 40-Meter-Berich, über alle Türkis- und Pastelltöne, wo die Riffe hochkommen oder sich blendend weiße Sandbänke gebildet haben. Ein frisch gefangener Thunfisch wird in einer fröhlichen Bastelstunde zu Sushi und Sashimi verarbeitet, ist halt doch ein Glückstag, Freitag, der Dreizehnte…

14.02.2004

Samstag, 14. Februar 2004

Samstag, 14.02.04 – Nur eine kleine Insel weiter, ein ganz ähnlicher Ankerplatz: geschützt durch Riffe an allen Seiten, eine kleine Insel mit einem kleinen Dorf für den Spaziergang. Dutzendweise haben die Einwohner entlang der Hauptgasse Souvenirläden eröffnet, denn die Resorttouristen werden auf Ausflügen zu Einheimischeninseln hierher gekarrt. Alle verkaufen das gleiche, nämlich die schönen Handarbeiten aus Himmafushi oder Kitsch aus Fernost. Am Abend kehrt aber wie immer Ruhe ein, nur meine Mannschaft hockt noch im Dorfrestaurant und ist somit mal wieder Touristenattraktion – und Touristenattraktion heisst ja, dass die Touristen die Attraktion sind!

15.02.2004

Sonntag, 15. Februar 2004

Sonntag, 15.02.04 – Nur zwei Stunden Slalom durch die Riffe, Zeit genug, um einen schönen Bonito zu angeln. Hinter Rannalhi Island wird er schon zu Mittag verspeist. Abends geht es nämlich an das Buffet des Inselresorts, dass von Italienern betrieben wird. Dementsprechend gut ist das Essen, und 16,- Euro sind sicher nicht zu viel verlangt, zumal im Anschluss noch eine schöne Show und die Strandparty zum Abtanzen unter Sternen auf dem Programm stehen, Campari-O bis zum Abwinken stellt das Management!

16.02.2004

Montag, 16. Februar 2004

Montag, 16.02.04 – Meine Crew taucht komplett ab: Monika und Wolle machen einen Schnuppertauchkurs und sind total begeistert. Lediglich der Tauchlehrer beschwert sich hinterher, weil er die Hand, an die Monika sich geklammert hat, verarzten lassen muss…
Sabine, Guido und Wolfgang haben alle einen Tauchschein und machen zuerst einen sog. Check-Dive, den Sabine leider abbrechen muss, weil ein Ohr den Druckausgleich nicht schafft. Die Jungs tauchen aber problemlos durch den wunderschönen Korallengarten, bewundern Putzkolonnen bei der Arbeit, ein Schildkröte beim Grasen, Fische ohne Ende…
Um den Tag perfekt zu machen, geht am Abend ein Rundgesang durch das Cockpit, von A wie „Abendstille überall“ bis Y wie „Yellow Submarine“

17.02.2004

Dienstag, 17. Februar 2004

17.02.2004Dienstag, 17.02.04 – Auf der Kreuz zu Lutz‘ Lagoon wird durch das etwas schlingernde Steuerverhalten der Segelneulinge G. und W. das Schwimmverhalten eines Kalamars so perfekt imitiert, dass ein über sieben Kg schwerer Crevalle-Jack an die Angel beisst. Und mit vereinten Kräften wird er auch gelandet, filetiert und natürlich (an Reisbällchen mit Curry-Orangensoße!) verspeist. Frisches Gewürzbrot duftet auch noch aus dem Backofen, so dass über die Gaumenfreuden die Schönheit des Ankerplatzes fast vergessen wird: Lutz‘ Lagoon ist nämlich ein Ringriff ohne Insel, aus meinem Cockpit geht der Blick 360° rundherum, ohne in der Nähe auf Land zu stoßen. Nur blaubunte Riffe um uns herum – und ein paar Inselchen am Horizont. Echte Einsamkeit. Keine Bewegung, die nicht vom Wind herrührt. Keine Geräusche, die nicht direkt aus der Natur kommen. Kein Licht, das nachts die Sterne überstrahlt.

18.02.2004

Mittwoch, 18. Februar 2004

Mittwoch, 18.02.04 – Eine Schildkröte verabschiedet uns aus unserem „Aquarium“, nachdem der allmorgendliche Schnorchelgang mal wieder ein echtes Highlight war. Auf dem Weg vom Süd-Male-Atoll zum Ari-Atoll begleiten uns Delfine, außerdem hilft die Strömung mit fast zwei Knoten, so dass wir ziemlich schnell sind. Aber leider unter Motor, denn es herrscht Flaute. Nicht zu ändern. Am Nachmittag erreichen wir Dhageti Kandu, eine Einheimischeninsel im Südosten des Ari-Atolls. Die Souvenirläden sind die gleichen wie überall auf den Inseln, aber hier haben die Malediver zusätzlich ein kleines Freilichtmuseum aufgebaut, wo die althergebrachte Lebensweise schön dargestellt wird. Ein nettes Café und einen gut sortierten Supermarkt gibt es auch noch, und den bisher schönsten Sonnenuntergang der Reise!

19.02.2004

Donnerstag, 19. Februar 2004

Donnerstag, 19.02.04 – Eine Runde um meinen Rumpf herum schwimmen, dann frühstücken, seeklar machen, Anker aufholen und die Segel setzen, so sieht der typische Morgen hier an Bord aus. Um etwas Abwechslung in diese Routine zu bringen, opfert sich ein Strandkatamaran und hängt sich um 11.00 h an die Heckangel… und bis Wolfgang dann einen neuen Köder vorbereitet hat, da sind wir nur noch wenige Meilen vom Hilton-Resort entfernt, mit dem Frischfisch wird es also nichts mehr, aber die Küche vom Hilton lockt ja ohnehin. Beim „Einchecken“ an der Rezeption erschnorren sich Guido und Wolfgang ein Willkommenszitronensorbet, während der Rest der Mannschaft das Hausriff erkundet und mit der Landmannschaft via Handfunke die neuesten Neuigkeiten austauscht. Die deutsche Managerin hat ein Herz für Segler, meine Mannschaft darf sich frei im Luxus-Resort bewegen, bekommt einen wunderbaren Tisch am Strand – und zum krönenden Abschluss gibt es für die Reste vom Buffet sogar noch eine Warmhalteschale!

20.02.2004

Freitag, 20. Februar 2004

Freitag, 20.02.04 – Es geht wieder nach Nordosten, gegen den Wind! Aber innerhalb des geschützten Atolls macht das Aufkreuzen im Slalom durch die, Rasmus sei Dank, gut sichtbaren Riffe, richtig Spass, zumal mittags zwei kleine Thunfische roh verspeist werden dürfen und es zum Nachtisch Torte aus dem Hilton gibt!
Auch das Tagesziel, Maayafushi, hat eine schöne Lagune zum Ankern und ein Resorthotel, das aber heute gar nicht verlocken kann, meine Staufächer sind ja noch gut gefüllt. Monika manövriert mich an ein ruhiges Plätzchen etwas abseits von ein paar ebenfalls hier ankernden Tauchbooten und wir verbringen eine ruhige Nacht.

21.02.2004

Samstag, 21. Februar 2004

21.02.2004Samstag, 21.02.04 – Ein Schwarm großer Schiffshalter (das sind diese Fische mit dem Saugnapf am Kopf, die immer an den Haien hängen!) lässt sich an der Badeplattform mit altem Brot füttern, Wolle will gar nicht mehr aufhören! Ein paar Meilen sollen aber auch heute gesegelt werden, also kommt der Anker an Deck, und unter Vollzeug geht es wieder quer durch die Riffe bis zur Lagune von Vihamaafaru: Paradies gefunden! Eine einsame Insel, ein tolles Schnorchelriff (Wolfgang sichtet die ersten Manta-Rochen seines Lebens!), ein paar Sonnenschirme aus Palmwedeln, eine Hängematte, zwei Zwergkaninchen und ein kleiner Grillplatz, die Insel wird nämlich anscheinend von einem der umliegenden Resorts als Ausflugsziel genutzt und prima gepflegt und gehegt! Aber heute sind wir alleine und meine Mannschaft genießt den frisch gekämmten Strand: ein paar Kokosnüsse werden geköpft und getrunken, ein Einsiedlerkrebsrennen wird organisiert (Sabines Minisprinter gewinnt überlegen!), fünf Seelen baumeln träumend im Monsun, ein perfekter Strandtag.

22.02.2004

Sonntag, 22. Februar 2004

Sonntag, 22.02.04 – Innerhalb des Ari-Atolls ist das Aufkreuzen weiterhin ein echtes Vergnügen, aber außerhalb, auf dem Weg zum Rasdooh-Atoll, da hat sich schon ein wenig Seegang aufgebaut und das Steuern entwickelt sich zur Herausforderung. Zumal, wenn der Skipper auch an den kleinsten Kursabweichungen rumnörgelt und sofort nölt, wenn mal kurzfristig eines der Trimmbändsel in der Fock nicht sauber anliegt und so optimale Windanströmung signalisiert. Aber nach der Passage sind alle seglerisch einen kleinen Schritt weiter, das ist ja auch was wert! Uns so blamieren wir uns auch nicht vor den kritischen Augen meines Bordingenieurs, der steht nämlich am Strand von Kuramathi, frisch aus Deutschland eingeflogen, und hat mich und seinen Sohn wohl schon ein paar Meilen gegen den Wind gerochen.
Nach dem Ankermanöver in der Lagune des kleinen Rasdooh-Atolls heisst es also „Willkommen an Bord“ für Dieter, der auf der Insel fast gleich wieder verloren gegangen wäre, wegen eines imaginären Supermarktes, aber das ist eine etwas längere Geschichte…
Am Abend gibt es logischerweise die neuesten Warsteiner und Münchener Nachrichten im Restaurant und an der Bar des Cottage Clubs.

23.02.2004

Montag, 23. Februar 2004

Montag, 23.02.04 – Tauch- und Schnorcheltag: auf der Innenseite der Insel, also zur Lagune hin, tummeln sich Stachelrochen und Schwarzspitzenriffhaie bis an den Strand hinauf und an die Beine von Sabine, Monika und Wolle; und an der Außenseite schwimmen größere Haie um riesige Fischschwärme, die sich in den Korallen verstecken, herum. Unter Wasser hängt Tessa, die holländische Tauchlehrerin, Guido, Dieter und Wolfgang an einen Grat eines riesigen Korallenriffs, wo sie wie Wäsche auf der Leine in der Strömung wehen und vor sich wie in einem riesigen, blauen, bodenlosen Amphitheater Grauhaien, Rochen und Weißspitzenriffhaien beim „Hüten“ riesiger Makrelenschwärme zusehen. Atemberaubend schön.

24.02.2004

Dienstag, 24. Februar 2004

Dienstag, 24.02.04 – Die erste Hälfte des Tages weht ein schöner Segelwind, aber dann wird der Himmel dunkel und dunkler und die Strömung gegen uns wird mehr und mehr und dann schüttet es wie aus Kübeln, was die Stimmung aber nicht trübt, denn es entwickelt sich mitten auf dem Meer eine spontane Faschingsdienstagsparty. Monika holt die wasserdichte Luftgitarre aus den Tiefen des Orchestergrabens (Musikinstrumentensammlung an Steuerbord im Salon!) , Sabine kennt alle Schlagertexte der vergangenen 50 Jahre, die Jungs machen den Hintergrundchor, als Verkleidung gibt es das Ölzeug, der Regen fällt, die Stimmung steigt! Passend während des Ankermanövers in der Lagune von Velassaru wird aus dem schlechten Wetter kurzfristig richtig schlechtes Wetter mit waagerechtem Peitschregen und Böen bis zu acht Beaufort, das ist schon ein kleiner Sturm. Wolfgang bringt vorsichtshalber meinen Zweitanker aus, und bis alles fertig ist, da hört der Sturm auf. Unter Deck werden Tee und Brotzeit gerichtet, und dann hoffen alle, das sich der Wind für heute ausgetobt hat…

25.02.2004

Mittwoch, 25. Februar 2004

Mittwoch, 25.02.04 – Mitten in der Nacht brist es doch wieder auf, war also doch nicht so schlecht, die Idee mit dem zweiten Anker, vor allem, weil nach der gestrigen UNO-Runde alle komatös in die Kojen gefallen sind, von Ankerwache keine Spur…
Am Morgen sind die Wolken aber alle weggeblasen, bei Sonnenschein sieht man erstmalig, wie knifflig die Einfahrt in die Lagune mit all den Korallenköpfen ist, heute finden wir nämlich kaum aus dem Wirrwarr heraus, da fragt man sich doch, wie wir gestern bei dem Sauwetter überhaupt rein gekommen sind!
Um 14.00 h sind die letzten 24 schönen Meilen dieses wunderbaren Törns abgesegelt, und nach 14 völlig einsamen Tagen liege ich in der Lagune hinter dem Flughafen mal wieder mit ein paar anderen Fahrtenyachten zusammen: Die „Sonnenschein“ mit Ingrid und Tim kommt zeitgleich mit mir an, und die „Summertale“ mit Martin liegt schon seit zwei Tagen aus Thailand ankommend hier, außerdem Lieselotte und Fritz mit der „Gina“, auch alte Freunde. Trotzdem werde ich wohl mal wieder die einzige Yacht sein, die das Revier ein wenig erkundet hat, die anderen kommen meist nur zum Verproviantieren nach Male und ziehen dann gleich weiter. Nur die „Sonnenschein“ wird noch ein paar Wochen in den tollen Atollen herumbummeln und ähnlich wie wir die seglerische Abgeschiedenheit genießen.
Nach dem Schiffsputz verholt sich meine Mannschaft zum Abschiedsessen in die Stadt, alle sind mal wieder traurig, dass die Reise vorbei ist, aber auch glücklich, weil es so schön und lustig war!