Von Singapur nach Phuket – Oktober 2003

02.11.2003

Sonntag, 02. November 2003

Sonntag, 02.11.03 – Allerletzte Aufräumarbeiten für die neue Crew, die kurz nach Sonnenuntergang auf dem Steg steht – und dann natürlich Sekunden später gemütlich im Cockpit hockt. Daniela Hechtel, Simone Holland-Lagrave, Wolfgang Eschment und Skippers Kollege Dirk Flothow (alle Münchner) sowie Tanja Picker (Düsseldorf) wollen mit uns nach Phuket segeln. Willkommen an Bord! Die Taschen sind schnell ausgepackt, zur Erfrischung nach dem langen Flug geht es schnell unter die Dusche oder in den Pool – und zum Abendessen gibt es, was die Küche des „Discovery“ kurz vor Ladenschluss (weil das Personal mit dem letzten Bus zurück in die Stadt muss!) noch hergibt: Fish and Chips, Hamburger, Spaghetti mit Meeresfrüchten. Nicht wirklich asiatisch, aber der Küchenchef gelobt Besserung für morgen!
Den Absacker und die neuesten „Münchner Nachrichten“ gibt es dann noch bis weit nach Mitternacht hier am Cockpittisch.

03.11.2003

Montag, 03. November 2003

Montag, 03.11.03 – Zur Stärkung für einen anstrengenden Tag gibt es ein Galafrühstück, dann geht es auf in die Stadt zum Großeinkauf. Dauerwaren und Konserven gibt es aus dem Supermarkt, aber Gemüse, Obst, Gewürze, Fladenbrot etc. sucht sich meine Mannschaft in „Little India“ zusammen. Sehr orientalisch, Düfte aus 1001 Nacht, ein wenig feilschen mit den Händlern, ein billiges, aber leckeres Mittagsmahl in einer einfachen Kantine, später ein Kaffee am alten Hafen, das macht Spass!
Zurück hier an Bord wird alles nur schnell unter Deck gebracht, damit der Küchenchef sein Versprechen einlösen kann – und so gibt es mit einer chinesischen Hochzeit als Kulisse doch noch ein echt singapurianisches Dinner auf dem Rasen zwischen Steg und Restaurant: Mie Goreng, Nasi Goreng, Rind aus dem Tontopf, Bihoon-Suppe, Samosas… und echten Düsseldorfer „Killepitsch“ (Kräuterlikör, leckerlecker!) zur Verdauungsunterstützung, Tanja sei Dank für’s Schmuggeln!

04.11.2003

Dienstag, 04. November 2003

Dienstag, 04.11.03 – Ganz unbelastet durch irgendwelche Einkäufe bummelt die Crew noch einen schönen Tag lang durch Singapur. Tempel, Museen, Promenaden… und die obligatorische Schiffs-und Sicherheitseinweisung, damit sich hier alle wohl und geborgen fühlen!

05.11.2003

Mittwoch, 05. November 2003

Mittwoch, 05.11.03 – Aber heute geht es los! Um 09.00 h fliegen die Leinen an Deck und mein Bug dreht sich mal wieder in Richtung Meer. „Gina“, „Damischa Ridda“ und „Matelot“ bilden mit mir zusammen einen kleinen Konvoi, erstens haben sich dadurch die Kosten für das Ausklarieren geviertelt, zweitens ist ein Konvoi vielleicht sicherer in der von Piraten geplagten Malacca-Strait und drittens ist Jack auf der „Matelot“ mit Leihcrew unterwegs, Dirk ist nämlich übergestiegen, damit Jack mit seinen 72 Jahren nicht einhand segeln muss. Und da Wolfgang sich ja für den letzten Törn Crew von ihm geliehen hat, ist jetzt die Revanche fällig.
Nach 28 relativ ereignislosen Meilen (kein Wind, bedeckter Himmel, die Großschifffahrt mit ausreichend Abstand im Verkehrstrennungsgebiet und wir daneben) ankern alle vier Yachten hinter Pulau Pisang, Jack und Dirk kommen zum Abendessen hierher an Bord, und unter Abspielen der malaiischen Nationalhymne wird die Gastlandsflagge unter der Steuerbordsaling gewechselt. Tanja und Daniela erkunden vor dem Sonnenuntergang noch den Uferbereich der dschungelgrünen Insel und erspähen ein paar Warane, danach klingt der erste echte Reisetag gemütlich im Cockpit aus.

06.11.2003

Donnerstag, 06. November 2003

Donnerstag, 06.11.03 – Heute reicht der Wind zum Segeln! In der Passage zwischen den Inseln Pisang und Kamudi und Tunda setzen Daniela und Dirk Groß und Fock. Wolfgang Eschment heisst außerdem ab sofort nur noch Wolf, damit keine Verwechslung mit dem Skipper entsteht. Heute ist das aber gar kein Problem, weil Wolf zusammen mit Tanja auf die „Matelot“ umgestiegen ist. Immer in Sichtweite zueinander macht die Reise nach Norden bei leichten Brisen viel Spass, daran kann auch ein Gewitterschauer am Ankerplatz unter dem Kap Tohor nichts ändern; ganz im Gegenteil, bei badewannenmäßiger Wassertemperatur (32°C!)wird der Regen, sobald die Blitze aufgehört haben, zum Duschen nach dem Schwimmen genutzt!

07.11.2003

Freitag, 07. November 2003

07.11.2003

Freitag, 07.11.03 – Jack kommt zum Frühstück vorbei und holt sich die nächste Crew ab: heute steigen Daniela und Simone um und lassen sich einen Tag lang verwöhnen. (Hier an Bord werden meine Gäste natürlich auch verwöhnt, aber Jack als erfahrener Charmeur zieht natürlich alle Register!!!)
Das Wetter pendelt sich nach Schema „F“ ein: Morgens recht wenig Wind, bis so gegen 11.00 h die Thermik einsetzt und zum Segeln reicht. Über Land bilden sich dann kräftige Haufenwolken, abends werden daraus Gewitter oder Schauer mit Böen aus Ost. Heute geht der Kurs durch ein paar große Fischfallen, das sind lange Palisadenzäune mit Reusen und Wohnhütten an den Enden. Wir können ganz dicht heransegeln, weil diese Konstruktionen alle auf ca. sieben Meter Wassertiefe stehen, die Fischer gucken ganz erstaunt! Am Ankerplatz bei Pulau Basar (in den Water Islands, der alten Leprastation vor Malakka) verschont uns das Abendgewitter, Daniela stimmt die Gitarre und unterhält die ganze Mannschaft mit schwedischen Kinderliedern! „Michel aus Lönneberga“ hat sich zu Palmen und Sandstrand an den Äquator verirrt!!

08.11.2003

Samstag, 08. November 2003

Samstag, 08.11.03 – Am Kap Tuar kommt uns die Großschifffahrt noch mal recht nah, hier ist die Strasse von Malakka nämlich mit nur 20 Meilen am schmalsten. Aber auch hier ist noch reichlich Platz für uns neben dem Hauptfahrwasser, keine Probleme! Dirk trimmt auf der „Matelot“ solange an den Schoten und Streckern, bis sie mich überholen. Ausnahmsweise, und nur weil Gustav, mein Autopilot nunmal nicht auf jede Windbö reagiert!
In der Marina von Port Dickson bekomme ich den Liegeplatz neben dem „Damischen Ridda“, da können Karin und Werner meiner Crew gleich den Weg zum Pool, zur Bar und zum kleinen Einheimischenchinarestaurant vor den Toren dieses Nobelresorts erklären! Zum Nachtisch gibt es Galateia-Torte, frisch beschriftet in der Bäckerei nebenan!

09.11.2003

Sonntag, 09. November 2003

Sonntag, 09.11.03 – Die allmorgendliche Funkrunde gibt es heute lustigerweise mal wieder live, weil Werner nebenan seine geschulte Stimme auf Opernhaus eingestellt hat und darüber vergisst, dass er eigentlich ein Mikrofon hat!
Themawechsel: Zwei Taxis wären zu teuer, für den zweiten Leihwagen wurde die Versicherung nicht bezahlt und der angeheuerte Minibus hat einen Sitz zu wenig – also wird der Fahrer nach etwas längeren Verhandlungen einfach entlassen und der Skipper klemmt sich selbst hinter das Steuer! So sind alle sieben (Incl. Jack, der gehört jetzt einfach dazu!) auch viel unabhängiger auf dem Landausflug nach Malakka und können schon beim ersten Tempel anhalten und ein Paar Räucherstäbchen opfern. Ersatzweise könnte man auch Göttergeld verbrennen, das riecht aber nicht so gut. Auf jeden Fall darf man sich was wünschen – und Wolfgang wünscht sich, dass der Bus durchhält…
Malakka ist wesentlich geschichtsträchtiger als Singapur, und weil es seine wirtschaftliche Bedeutung mit dem Aufstieg Singapurs verloren hat, ist der Stadtkern weitgehend so erhalten, wie er vor 200 Jahren auch schon aussah! Ein Tag ist eigentlich zu wenig für all die Museen, für Chinatown, für die Tempel, Moscheen und Kirchen, für den kitschbunten Fahrradrikscha-Ausflug, für die holländischen Strassenzüge, für die 1,8 m großen Monitor-Warane im Fluss unter dem Kneipenfenster!
Sobald man einen weissen Faden nicht mehr von einem schwarzen unterscheiden kann füllen sich die Restaurants und Garküchen, denn ab dann dürfen die Moslime im Fastenmonat Ramadan wieder essen und trinken. Meine Mannschaft mischt sich unter das Volk und kommt irgendwann am späten Abend satt, müde und vollgestopft mit neuen Eindrücken zurück an Bord.

10.11.2003

Montag, 10. November 2003

Montag, 10.11.03 – Arbeitsteilung: Dirk und Wolf machen mich seeklar, Wolfgang und Jack erledigen wochenendbedingt erst heute den Einklarierungsbehördenkram, Simone, Tanja und Daniela klappern die Märkte nach frischem Obst und Gemüse ab. Und so ist um12.00 h schon alles erledigt, Wolf und Tanja steigen zu Jack über, Leinen los und weiter nach Norden!
Leichte Brisen füllen die Segel – oder auch nicht. „Matelot“ wagt sich recht nah an das Verkehrstrennungsgebiet, ich bleibe lieber unter Land. Um 18.30 h werden die Positionsleuchten eingeschaltet, die erste Nachtfahrt der Reise beginnt, Daniela und Dirk erwischen die schönste Wache mit Mondaufgang, schönem Wind und allem, was zu einer perfekten Nacht gehört…

11.11.2003

Dienstag, 11. November 2003

Dienstag, 11.11.03 – Simone und Wolfgang dürfen um 02.00 h ein wenig zittern, ob uns das Gewitter da hinten erwischt oder nicht, aber anscheinend hat sich vorgestern im Tempel irgendwer was vernünftiges gewünscht, denn wir bleiben verschont!
Der Tag bleibt schwachwindig, Spielkarten werden ausgepackt, Gustav übernimmt das Ruder…zum Trost ist der Ankerplatz zwischen Pulau Pangkor und Pulau Pangkor Laut der bisher schönste des Törns: Steile, grüne Hänge auf beiden Inseln, ein paar bizarre Felsen, die die Bucht nach Westen schützen, weißer Sandstrand mit etwas Tourismus am anderen Ende, große Seeadler über meinem Masttopp und erstmalig sauberes Wasser nach der trüben Brühe in der südlichen Malakka-Strasse.

12.11.2003

Mittwoch, 12. November 2003

12.11.2003

Mittwoch, 12.11.03 – Sieben Segler auf vier Mopeds. Durch das quirlige Dorf, an den traditionellen Werften entlang, durch den Dschungel, über steile Berge, am Strand entlang, unter den Nashornvögeln, beim holländischen Fort, bei den Trockenfischanlagen. Immer mit Helm auf, immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht, der Tag ist unbeschreiblich und endet mit dem Verarzten einer gestürzten Japanerin (meine Jungs und Mädels waren aber unglaublicherweise nicht an dem Unfall beteiligt, sondern nur wohlorganisiert mit Verbandszeug und Salbe zur Stelle!) und mit Jacks grandiosem Abschiedsdinner im „Seaview“- Restaurant. Vorsichtshalber bleiben dann auch bei der Dhingi-Rücktour die Helme auf…

13.11.2003

Donnerstag, 13. November 2003

Donnerstag, 13.11.03 – Jack lichtet seinen Anker heute nämlich alleine und verholt die „Matelot“ nur fünf Meilen weit in eine Marina auf dem Festland, wo er auf eine Freundin aus den Staaten warten will. Großes Abschiedstuten mit allen Muscheln und Tröten, Jack ist nämlich echt prima und hier an Bord sind alle echt traurig. Naja, so ist das eben unter Seezigeunern: Jede neue Freundschaft ist ein neuer Abschied.
Danach gibt es wider Arbeitsteilung: Wolf und Dirk fahren zum Einkaufen ins Dorf – und Simone, Tanja, Daniela und Wolfgang erkunden den Dschungel hinter meinem Liegeplatz. Dabei stellt sich Simone heldenhaft für ein paar (genau: vier!) Experimente zur Lösung des Problems, wie man Blutegel am besten von den Beinen entfernt, zur Verfügung. Das Ergebnis für alle anderen Dschungelexpeditionen: mit Autan! (Großes Kompliment an Simone für’s besonders tapfer sein!!!) Weitere Tiere auf dichten Dschungelpfaden: kleine Warane, eine Schildkröte, große Schmetterlinge, Tausendfüßler, Hundertfüßler…
Um 13.00 h kommt der Anker an Deck, Pulau Pangkor bleibt im Kielwasser zurück, die nächste Nachtfahrt liegt vor dem Bug.

14.11.2003

Freitag, 14. November 2003

14.11.2003

Freitag, 14.11.03 – Noch vor dem ersten Tageslicht wecken wir zwei hellhörige Crewmitglieder auf anderen Schiffen in der Marina von Georgetown auf der Insel Penang, trotz nur geflüsterter Kommandos beim Anlegemanöver haben wir so aber wenigstens helfende Hände auf dem Steg, die für uns die Leinen annehmen. Nach dem Frühstück geben Ingrid und Tim von der „Sonnenschein“ meiner Crew noch eine Schnelleinweisung für Georgetown – und dann stürzen sich meine sechs Segler in das Besichtigungsprogramm: Ein großes Fort aus englischen Tagen mit einer Kanone, aus der mal Silbertaler verschossen wurden (aber das ist wieder eine dieser Geschichten, die ihr selber nachlesen müsst!), Tempel aller Religionen, Clanhäuser (Kongsis) der Chinesen (besonders beeindruckend das reichverzierte Kongsi des Khoo-Clans mit eigener Opernbühne!), Fahrradrikschatour und eine kleine Musikinstrumentenausstellung sind der „offizielle“ Programmteil, dann kommt das „Nebenprogramm“ mit Kneipenbummel durch Chinatown, Vorspeisendegoustation an einem Straßenverkaufskarren mit allerlei Spießchen zum Selberbraten und Dinner mit der Hand vom Bananenblatt in einem indischen Restaurant.

15.11.2003

Samstag, 15. November 2003

Samstag, 15.11.03 – Ein Ausflug via schweizerischer Kabelbahn auf den 735 m hohen Penang Hill mit kleinen Vipern im Geäst der Ranken der Terrasse des Gipfelrestaurants und der Besuch des 33 Meter langen Bhuddas im Thai-Tempel Wat Chaiyamang Kalaram sowie des gegenüberliegenden burmesischen Tempels Dhammika Rama lassen die Zeit am Vormittag nur so vorüberfliegen. Und am Nachmittag segeln wir schon wieder! Um 18.00 h unterqueren wir die drittlängste Brücke der Welt, die nächste Nachtfahrt beginnt. Tanja und Wolf haben in ihrer Wache von 21.00 h bis Mitternacht hauptsächlich Regen.

16.11.2003

Sonntag, 16. November 2003

Sonntag, 16.11.03 – Aber der Rest der Nacht ist einfach nur wunderbar: Eine leichte Brise aus dem Nordosten, glattes Wasser, sternklarer Himmel – und ein schöner Sonnenaufgang in Tanjas und Wolfs zweiter Wache am Morgen entschädigt für den gestrigen Schauer!
Der Ankerplatz in der schluchtartigen Enge zwischen Pulau Dayang Bunting und Pulau Gabang Darat entschädigt dann sowieso für alle jemals im Leben erlittenen Unannehmlichkeiten: hunderte Meter hohe Steilküsten an beiden Ufern, bizarre Felsformationen zwischen überwucherten Hängen, ein Adlerhorst in den Bäumen vor meinem Bug, zwei verschiedene Affenarten, die meiner Crew beim Schwimmen zuschauen, in den Bäumen hinter meinem Heck, Kingfisher, die wie Saphire über das grüne Wasser zischen. Kitschpostkarte, nur eben echt und lebendig, abends mit feinem Essen und Gitarrenmusik. Und nachts mit all den Dschungelgeräuschen…

17.11.2003

Montag, 17. November 2003

Montag, 17.11.03 – Ab und zu rast ein Dutzend Touristen in vollgestopften Schnellbooten auf dem Weg zum „See der schwangeren Jungfrau“ an unserem Liegeplatz vorbei, ohne die Adler oder die Affen zu sehen und ohne irgend etwas anderes als den 200-PS-Außenborder zu hören – wie zur Mahnung, das Naturerleben hier an Bord noch intensiver und ruhiger zu gestalten! Und weiterhin immer etwas abseits vom Massentourismus!
Kuah ist der Hauptort auf der Ferieninsel Langkawi, für uns ein nötiger Stopp, denn ich brauche Diesel, Wolfgang erledigt die Ausklarierungsformalitäten und die Crew braucht zollfreie Waren. Ihr wisst schon… und Weihnachtsgeschenke, das wird lustige Bescherungen geben!!!
Silke und Hermann von der „Hanta Yo“ schließen sich zum Abendessen an, und weil die „Hanta Yo“ zuletzt vor über einem Jahr in Vanuatu neben mir gelegen hat (und auch weil Simone und Dirk genau wie Silke und Hermann Hamburger sind!), gibt es reichlich zu erzählen.

18.11.2003

Dienstag, 18. November 2003

Dienstag, 18.11.03 – An Bord gibt es ein neues Kommando: „Landschaftsalarm“! Und das erklingt heute öfters, die Kulisse ist atemberaubend. Und zwar nicht nur in Malaysia, sondern auch in Thailand! Die Inseln heißen jetzt nicht mehr Pulau, sondern Koh, und in Lee von Koh Tarutao fährt Wolf unter einem Adlerschwarm hinter einer kleinen, namenlosen Minifelseninsel vor einem Seezigeunerlager das Ankermanöver. Aus den Außenlautsprechern erklingt Thailands Nationalhymne zum Flaggenwechsel – dazu gibt es Jack-Gedächtnis-Prosecco, das war das Abschiedsgeschenk aus seinem Weinlager in der Bilge. Daniela und Wolfgang machen sich danach mit ein paar Schachteln Zigaretten und dem Thailändisch-Sprachführer im Beiboot auf den Weg zu den Zigeunern, wo sie vier fangfrische Tintenfische ertauschen und außerdem viel Spaß mit den letzten maritimen Nomaden haben.

19.11.2003

Mittwoch, 19. November 2003

Mittwoch, 19.11.03 – Der Landschaftsalarm wird zum Dauerzustand. 22 Meilen mehr oder weniger im Slalom durch mehr oder weniger phallische Felsformationen. Von Joan Baez stammt ja wohl der Ausspruch „everything that’s longer than it’s wide is a phallus symbol“ – und das trifft hier nunmal auf den Großteil der Kalksteinfelsnadeln auf dem Weg nach Koh Phetra zu! Koh Petra selber sieht aus wie eine chinesische Dschunke. In grün (der Dschungel). Mit weißem Wasserpass (der Strand).
Ein knappes Dutzend Fischerboote hat sich zum Umladen um ein Mutterschiff geschart, bei dem Manöver driftet der ganze Pulk nach und nach auf unseren ehemals einsamen Ankerplatz zu, das ist so lange ganz interessant, bis meiner Mannschaft der Lärm und auch der Gestank (ein netter Mix aus Diesel und Fischresten…) zu viel werden und wir ein paar Kabellängen weiter am „Wasserpass“ entlang zu einem neuen, leiseren Fleckchen verholen. Mit Einbruch der Dunkelheit machen sich die Fischer aber ohnehin wieder auf den Weg zu ihren Fangplätzen, die Bucht gehört wieder uns alleine.

20.11.2003

Donnerstag, 20. November 2003

Donnerstag, 20.11.03 – Ganz einsam ist es auf Koh Phetra übrigens nicht: Eine Vogelnestsammlerfamilie lebt an einem Strand etwas nördlich von uns, und zwei weitere Vogelnestsammler haben ihr Lager etwas südlich von uns aufgeschlagen. Vogelnester (genauer: die aus Speichel gebauten Nester einer speziellen Art von Mauerseglern) sind in China eine Delikatesse – und hier werden sie in haarsträubenden Kletteraktionen von den Felswänden gepflückt. In der Saison. Und die ist jetzt leider gerade nicht. Ein Vogelnestsammler schultert aber trotzdem seine Schrotflinte (wozu bleibt unklar) und führt Dirk und Wolfgang am Strand entlang bis zum Einstieg in die Schlucht, von wo aus die Klettersteige beginnen.
Am Nachmittag weht eine schöne Vollzeugbrise und füllt meine Segel bis wir den Ankerplatz bei Koh Ngai erreichen. Ein paar kleine Resorts teilen sich die Strände, in einem davon gibt es heute ein prima Frischfischbuffet, hier an Bord klappt das mit der Angelei ja leider zur Zeit nicht so, wie sich Skipper und Crew das wünschen würden, bisher hingen nur zwei andere Fischerboote und ein paar Netzbojen am Haken…

21.11.2003

Freitag, 21. November 2003

Freitag, 21.11.03 – Tauchtag! Morgens erst einmal nur mit Schnorchel und Flossen links herum um einen vorgelagerten Felsbrocken mit einer Höhle und riesigen Seeanemonenfeldern mit den lustigen Clownfischen ( „Rettet Nemo!“). Und mit all den anderen Fischen…
Und am Nachmittag tauchen Simone, Daniela, Dirk und Wolfgang dann mit den Profis von der ortsansässigen deutschen Tauchbasis mit Atemgerät am „Hausriff“ entlang! Der erste Meerestauchgang für Daniela und Dirk! Und zum Eingewöhnen liegt gleich mal ein schöner, knapp zwei Meter langer Leopardenhai zwischen den Korallen und schläft. Hoffentlich. Herzlichen Glückwunsch jedenfalls!!!!! (Abends Party mit den Tauchführern, logisch!!!)

22.11.2003

Samstag, 22. November 2003

22.11.2003

Samstag, 22.11.03 – Ein Hong ist eine oben offene Höhle. Oder eine runde Schlucht. Oder eine Insel mit einem Loch. Und Koh Muk hat den schönsten Hong. Und am allerschönsten ist er, wenn noch keine Touristen drin sind, deshalb fällt, nach 45-minütiger Überführung, schon um 07.30 h mein Anker vor dem Hong von Koh Muk. Dieser Hong ist nämlich nur schwimmend zu erreichen. 200 Meter durch eine stockfinstere Höhle. Drei Taschenlampen, ein wasserdichter Beutel mit den Fotoapparaten, die Schwimmente Gina (quasi als Kuscheltier gegen klaustrophobische Anfälle!) und meine sechst mutigen Höhlenforscher verschwinden in einem winzigen Loch in einer senkrechten Felswand. Kann man den Moment beschreiben, wenn man nach 200 Metern nasser, bodenloser Dunkelheit, ein paar Fledermäusen oben und ein paar Fischschwärmen unten plötzlich vom Felsen ausgespuckt wird und sich in einem kreisrunden Tobel mit hunderten Meter hohen, dschungelgrün überwucherten, mit Vogelgezwitscher gefüllten Steilwänden an einem weißen Palmenstrand wiederfindet? Meine Mannschaft pendelt zwischen einfacher Sprachlosigkeit und ansteckender Albernheit (incl. Sandburgen und Touristenfallen bauen!). Ein Hong. Welch eine Laune der Natur!!!! (Es gibt leider kein schönes Foto, weil man dafür eine 360°-Aufnahme machen müsste! Auf einem einzelnen Foto sieht man ja „nur“ den Strand oder die Felswand oder den Himmel oder die kleine Höhlenöffnung, aber nie das Ensemble! Einen Hong muss man erleben…)
Wieder auf See herrscht leichter Ostwind, die ersten Touri-Boote kommen, Zeit den Anker zu lichten und auf Kurs West den Blister zu setzen! Leises Dahingleiten bietet Zeit, das Gesehene nochmal in Erinnerung zu rufen, Details mit den Freunden auszutauschen. Ein Hong…
Auf Koh Rok Nok warten ja schon die nächsten Eindrücke: Extrem klares Wasser und ein als Naturpark geschütztes Riff lassen das Schnorcheln zu einem besonderen Vergnügen werden, außerdem gibt es weiter hinten am Strand einen Schrein zu bewundern, wo dem Liebesspiel gehuldigt wird. Und da sagt ein Foto einfach mehr als tausend Worte…

23.11.2003

Sonntag, 23. November 2003

Sonntag, 23.11.03 – Rauschefahrt! Bis auf neun Knoten treiben mich Daniela und Wolf, halber Wind, „kaum Welle“ (Wolfgang), „ganz schön viel Welle“ (Simone), herrliches Segeln mit zwei Reffs im Groß und kleingerollter Genua. Wolfgang reicht filetierte Pomelos (und nicht, trotz Simones wiederholter Behauptung „Pamelas“, „Pummelchens“ oder „Pamplonas“!) zur Stärkung in das Cockpit, trotz ausnahmsweise bedeckten Himmels 39 tolle Meilen!
Koh Phi Phi gilt als eine der schönsten Inseln der Welt, weil sie wie ein Schmetterling aus zwei Hälften besteht, zwei tief einschneidende Buchten sind nur durch einen Isthmus aus Sand mit den entsprechenden Stränden getrennt, in der nördlichen Bucht fällt mein Anker. Ein Geheimtipp ist Koh Phi Phi aber nicht mehr, internationales, recht junges Publikum wuselt durch die Gassen des Ortes, viele Tauchbasen und Kletterschulen (wegen der Kalksteinformationen!!) bieten ein weit gefächertes Programm, und mit einem Taxiboot lassen sich auch noch immer einsame Strände erkunden.
Einsamkeit hatte meine Mannschaft ja nun aber genug, das Nachtleben lockt eher! In der Reggea-Bar „Jammin'“ findet heute ein Thai-Boxkampf statt. Und irgendwie dachten alle, das wäre so eine Show wie American Wrestling oder so… bis der erste Thai k.o. am Boden liegt. Wieder was dazu gelernt…

24.11.2003

Montag, 24. November 2003

Montag, 24.11.03 – Passatbesegelung ist die einzige Segelvariante, die auf diesem Törn noch fehlt – und heute passt es! Unter Fock und Genua steuert mich Tanja in die Bucht Ah Chalong auf Phuket. 625 Meilen und drei Wochen seit Singapur. Aber keiner will so richtig glauben, dass die Reise hier zu Ende ist. Zumal Wolf noch einen Parmesan unten im Kühlschrank gefunden hat, das Überleben wäre also schonmal für ein Weilchen gesichert…
Hilft aber alles nix, das Abschiedsessen für Tanja und Wolf gibt es in der Innenstadt; das und die lustige Fahrt im Sammeltaxi („TukTuk“) hebt die Stimmung auch schon wieder, außerdem sollt ihr ja wiederkommen!

25.11.2003

Dienstag, 25. November 2003

Dienstag, 25.11.03 – Ich bekomme meine wohlverdienten drei „Pflegestunden“, um die keine Crew herumkommt, danach verteilt sich die Mannschaft: Daniela und Simone organisieren noch einen Tauchausflug, Tanja kümmert sich um ein Taxi, Dirk testet Kneipen, Wolf geht hier an Bord Ankerwache und packt schonmal zusammen, und Wolfgang gerät beim fälligen Einklarieren fast in Schwierigkeiten, weil der Einwanderungsbehördenoffizier die Touristenvisakärtchen eigentlich gerne von den Originalpersonen (die aber wie beschrieben verstreut in Ah Chalong sind!!!) unterschrieben hätte. Bis dann doch der erlösende Satz kommt „I will now close my eyes, but you better make them (die gefälschten Unterschriften…)good!!!“ Also fälscht Wolfgang „really good“, genau wie auf den Pässen, merkt kein Mensch, bestimmt nicht…
Und dann ist es so weit: Tanja und Wolf sitzen im Taxi zum Flieger, der „Restbestand“ isst noch ein indisches Curry, thailändische Bratnudeln und italienische Pizza in einer finnischen Kneipe mit angeschlossener Sauna. „Paulaner Hefeweizen“ oder „Warsteiner“ könnte man auch bekommen, ist schon irre irgendwie.

26.11.2003

Mittwoch, 26. November 2003

Mittwoch, 26.11.03 – „Sea Bees“ heisst die beste deutschsprachige Tauchschule in Phuket, meine Jungs und Mädels bekommen eine Tauchlehrer nur für sie selbst zugeteilt: Daniela und Dirk und Simone und Wolfgang fassen sich an der Hand und tauchen mit Führer Andreas vom Tauchboot „Excalibur 2“ aus an Koh Racha Yai an den Riffen entlang. Traumhafte Sicht, verschiedenste Fische, Krebse, Schnecken und Korallen, ein riesiger Barrakuda-Schwarm, zu viel für dieses Logbuch!
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass die finnische Kneipe neben gutem Essen auch noch einen schönen, alten Billiardtisch hat…

27.11.2003

Donnerstag, 27. November 2003

Donnerstag, 27.11.03 – Fast hätten die drei ihr Taxi zum Flughafen gar nicht erreicht, weil Higgins, mein Beiboot, nämlich wegen der Springtide kurz nach Neumond mangels Wasser bei Ebbe einfach im Schlamm vor dem Strand stecken geblieben wäre! Aber Dirk und Wolfgang staken heldenhaft mit den Paddeln durch den Schlick – und um kurz nach 07.00 h bin ich mit meinem Skipper alleine! Guten Flug, viel Spass in Bangkok und Danke für die schön Zeit mit euch!!
Weil wir ja über einen Monat hier bleiben haben wir übrigens wieder mal einen GSM-Anschluss: Tel-Nr. 0066 7 2773196, oder, von Thailand aus 07 2773196!
Und ein Moped zu mieten kostet hier nur 3 Euro pro Tag. Wolfgang hat mal für vier Tage zugegriffen, aber er kann das Handy ja immer mitnehmen, wenn er unterwegs ist…