Von CayoLargo nach CayoLargo

04.04.2007

Mittwoch, 04. April 2007

Mittwoch, 04.04.07 – Wie immer werde ich für die nächste Tour geschrubbt und gewienert, mittags steht ja schon mein nächster Gast auf dem Steg: Martin Keller aus München will mit Wolfgang und mir die Inseln zwischen hier und der Isla de la Juventud erkunden. Willkommen an Bord!
Der kleine Supermarkt hat zwar nicht alles, was wir für die Reise brauchen, aber die pfiffige Verkäuferin besorgt alles! Frisches Gemüse, Käse, Schinken, Obst, alles irgendwie abgestaubt von den großen Hotels weiter östlich auf der Insel.
Am Abend feiern die Kubaner ein kleines Straßenfest auf dem Platz vor der Marina, das passt ja prima als Einstandsparty für den einen und Abschiedsfest für den anderen Mitsegler. Tres Mojitos, por favor!

05.04.2007

Donnerstag, 05. April 2007

Donnerstag, 05.04.07 – Martin bekommt noch seine Schiffs- und Sicherheitseinweisung, die Behörden kontrollieren mich auf Blinde Passagiere, an der Tankstelle werden die 50 Liter Verbrauch vom letzten Törn nachgebunkert (ging vorher nicht) – und dann geht die Reise los: Einfach nur ein paar Meilen raus aus der Marina, den Anker gleich wieder hinter dem Riff in den Sand schmeißen und nach all dem Trubel ein wenig Bordbeschaulichkeit genießen.

06.04.2007

Freitag, 06. April 2007

Freitag, 06.04.07 – An 99 von hundert Tagen weht der Wind hier aus östlichen Richtungen, und heute ist hundert. Das ist ein ganz klein wenig ungerecht, weil wir ja nach Westen wollen und deshalb nun aufkreuzen müssen, allerdings wird die Ungerechtigkeit durch den Fang eines großen Yellow Jack (hatten wir noch nie, ist aber sehr lecker!), das glatte Wasser innerhalb des Riffgürtels und den schönen Ankerplatz im Canal de Rosario wieder wettgemacht.
Die ersten Jack-Filets brutzeln schon in der Pfanne, als die Fischer mit Unmengen Langusten vorbeigepaddelt kommen. Drei Dollar soll die größte kosten, da kann man ja nicht nein sagen. Weil Wolfgang das außerdem zu billig findet und er noch zwei alte T-Shirts dazulegt, legen die Fischer noch drei Langusten oben drauf. Das reicht ja dann bis Ostern…

07.04.2007

Samstag, 07. April 2007

Samstag, 07.04.07 – Nach nächtlichem Kaltfrontdurchgang hat der Wind im Golf von Batabano eine knapp zwei Meter hohe Welle aufgebaut. Weil die Ausfahrt aus unserer Bucht aber nur 2,5 m tief ist, können wir wegen der Grundseen (Die heißen ja so, weil man im Wellental immer den Grund sehen kann…) leider nicht weiter. Da muss meine Crew weiterhin Lobster essen, schwimmen und schnorcheln, lesen, e-mailen…
Am Abend wollen die Fischer noch mal Naturalien tauschen (Rum gegen Langusten), weil sie bei sich an Bord Domino spielen. Trifft sich gut, Martin und Wolfgang spielen auch gerade Domino und geben vom Rum einfach so ein bisschen ab, Langustenschwänze liegen ja noch reichlich im Kühlschrank.

08.04.2007

Sonntag, 08. April 2007

Sonntag, 08.04.07 – Frohe Ostern! Langustenessen ist ja vom Eiweißgehalt her wie Eieressen, deshalb gilt das Frühstück auch ohne Ostereier als vollwertiges Ostersonntagsfrühstück! Ansonsten Rauschefahrt durch flaches und deshalb unglaublich hellblaues Wasser. Der Seegang ist wieder weg, ich gleite wie ein Raumschiff durch einen blaustrahlenden Raum, denn zwischen Himmel und Wasser bestehet nur eine Nuance Unterschied, kaum noch unterscheidbar, wo unten, wo oben ist.
Vorne ist da, wo die Hügel der Isla de la Juventud aus dem Dunst erscheinen, kurz vor dem Pass Quitasol, der durch eine Lücke in der Mangrovenkette im Norden der Insel führt, werden meine Segel geborgen, um 19.00 h und knapp 60 Meilen weiter westlich liege ich am Kai von Nueva Gerona. Die üblichen Behördenkontrollen sind kurz und schmerzlos, die letzten Yellow Jack Filets wechseln den Besitzer und landen gleich bei dem Lotsenboot vor mir für die Zöllnerin in der Pfanne, Martin und Wolfgang haben Lust auf ein Stück Osterbraten und bummeln in Richtung Stadtzentrum. Das Osterprogramm: Schweinefilet, Mojito, Disco.

09.04.2007

Montag, 09. April 2007

Montag, 09.04.07 – Wenn man auf Kuba nicht Chevy fährt, dann fährt man Lada. Inselrundfahrt mit Joel und seinem Kumpel Manuel in dem abenteuerlichsten Gefährt, in dem meine Mannschaft je unterwegs war: Der Beifahrersitz steht nur lose in der Fahrgastzelle, wird aber von Manuel tapfer alle paar Minuten wieder vorgerückt. Rückspiegel, Innenverkleidung, Tank, Türdichtungen- alles Fehlanzeige. Fährt aber prima, etwas laut halt. Hotel Colony am Weststrand der Insel, ein kleiner Botanischer Dschungelgarten im Zentrum, die Krokodilfarm im Norden, zurück zum Dschungelgarten, wo die Chefin zwischendurch eines der Krokodile in Salsa zu einem leckern Lunch geschmort hat, weiter zu Joel nach Hause, weil er noch etwas Benzin in der Garage stehe hat, was der Lada Moskwitsch dann doch so langsam bräuchte – und zum Abschluss noch an einen schönen Strand, um den Straßenstaub abzuwaschen.
Bei Joel zu Hause erklärt sich übrigens auch, weshalb der Lada gar so klapprig unterwegs ist: Joel ist nämlich eigentlich Automechaniker, der Moskwitsch wird gerade zum Lackieren vorbereitet, die fehlenden bzw. nicht zu lackierenden Teile (wer fährt schon gerne mit grünen Rückspiegeln durch die Gegend?) hängen alle säuberlich in der Garage. Aber nur weil ein paar Teile nicht an ihrem Platz sind, kann man so ein Auto ja nicht einfach ungenutzt herum stehen lassen.

10.04.2007

Dienstag, 10. April 2007

Dienstag, 10.04.07 – Auf dem Bauernmarkt gibt es nicht viel einzukaufen, die Geschäfte mit den alten Pesos werden immer weniger. Für neue, konvertible Pesos bekommt man aber fast alles, Kuba im Wandel.
Martin dreht noch eine kleine Fotorunde durch das beschauliche Provinzstädchen, dann darf ich am Nachmittag noch zwanzig Meilen bis in die Ensenada de los Barcos segeln. Die weite Bucht vermittelt nach dem quirligen Städtchen einen ganz besonders intensiven Eindruck von Einsamkeit. Zu den frischen Kartoffeln gibt es fangfrischen Barrakuda, Filet eins und zwei.

11.04.2007

Mittwoch, 11. April 2007

Mittwoch, 11.04.07 – So langsam wird der Rückweg angetreten, mein Bug zeigt nach Osten, an Nueva Gerona vorbei bis vor den Strand, an dem die Jungs vorgestern baden waren. Barrakuda-Filets drei und vier sollen gerade gewendet werden, da kommt die Küstenwache längsseits, das Ankern ist hier verboten, entweder weitersegeln oder nach Nueva Gerona. Weiter ist im Dunkeln schlecht, also Nueva Gerona, sind nur zwei Meilen, Martin steuert prima durch das Fahrwasser, Wolfgang leuchtet mit dem Handscheinwerfen den Weg aus. Am Anleger kurze Kontrolle, man kennt sich ja schon.
Die Situation entbehrt nicht einer gewissen Komik, weil ich anno 2000 um 18.15 h nicht in den Hafen einlaufen durfte, weil der um 18.00 h geschlossen wurde. Damals wurde ich an eben den Ankerplatz geschickt, der heute verboten ist. Wegen nächtlich aufkommenden Starkwindes musste ich damals den nächsten Nothafen anlaufen, also ebenfalls Nueva Gerona. Der Zöllner, dem Wolfgang die Geschichte erzählt, windet sich hin und her: Schiffssicherheit, Ankerplatz nur für Frachter, Hafen jetzt eben immer geöffnet… aber ich warte trotzdem gespannt auf dem Moment, wo der erste Behördenvertreter ehrlich zugibt: „Wir kontrollieren so viel, weil Fidel nicht will, dass noch mehr Leute mit Schiffen abhauen.”

12.04.2007

Donnerstag, 12. April 2007

Donnerstag, 12.04.07 – Pünktlich um 08.00 h sind alle wieder da, checken meine Stauräume, geben die Papiere zurück und wünschen Gute Reise. Weil der Wind sehr nach Süden gedreht hat, kann das eigentliche Tagesziel, Cayo Campos leider nicht angelaufen werden, nach wiederum knapp 60 Meilen herrlichen Segelns durch das endlose Blau liege ich wieder im Canal de Rosario, auch schön!

13.04.2007

Freitag, 13. April 2007

Freitag, 13.04.07 – Freitag, der Dreizehnte ist hier ja immer ein Glückstag: Heute finden wir 18 Meilen westlich glücklicherweise eine Lücke im Riff, durch die ich erstens prima hinter dasselbige schlüpfen kann, und noch glücklichererweise ist es innerhalb des Passes gleich so ruhig, das wir hier über Nacht bleiben. Am Riff selber ist Schnorchelparadies! Unbeschreiblich, wie meistens.

14.04.2007

Samstag, 14. April 2007

Samstag, 14.04.07 – Nur neun Meilen weiter, bis in den Canalizo Aguardiente. 2001 war, von Norden kommend, die Südausfahrt dieser Passage nur mit Grundberührung für mich passierbar, heute, ein paar Hurricanes später, ist es umgekehrt: Im Süden komme ich prima über die Barre, aber im Norden bleibe ich stecken. Martin muss auf den Großbaum, der Großbaum muss ausgefiert werden, Wolfgang dreht mich auf dem Kiel um und der Motor schiebt mich auf meiner eigenen Spur zurück in tieferes Wasser. Der Kanal selber ist aber auch ein wunderschöner Ankerplatz, Higgins kommt ins Wasser, die Barre wird noch mal mit dem Bootshaken gelotet und etwas weiter östlich als „vielleicht so eben überquerbar” verworfen, anstatt Weiterfahrt mit mir also lieber Mangrovenerkundungsfahrt mit Higgins, die kleinen Wunder des Wurzelwerks suchen und bewundern. Heute im Zoo: Geier, kleine und große Reiher, ein Seefalke, Fregattvögel, Tropikvögel, Glanzdrosseln, Seenadeln, diverse Fische und bunte Krabben.
Am Abend gesellt sich eine schweizerische Yacht zu uns in den Kanal, Platz genug für alle.

15.04.2007

Sonntag, 15. April 2007

Sonntag, 15.04.07 – Ein Kaltfrontdurchgang ist gemeldet, deshalb bleiben wir hier. Und verbummeln den Tag. Einfach so. Natur findet weiterhin statt. Wolfgang backt Steinofenbrot. Das kommt aus dem Ofen, ist hart wie Stein und wird nach dem Abkühlen an die Fische verfüttert. Dann gibt es eben Gemüsesuppe, auch lecker.

16.04.2007

Montag, 16. April 2007

Montag, 16.04.07 – Mangels Brot gibt es zum Frühstück Pfannkuchen, was mich vermuten lässt, dass das misslungene Brot gestern gar nicht unbeabsichtigt war. Habe ich eigentlich erzählt, dass ich meine Ankerkette um einen Korallenblock gewickelt hatte, damit ich bei den drehenden Strömungs- und Windverhältnissen nicht so viel umherschwoje? Mit einer eleganten Linkskurve wird die Kette wieder abgewickelt, der frische Nordwind dreht meinen Bug nach Süden und drei Knoten Ebbstrom schieben mich mit Schwung über die Barre. Im seegangsfreien Wasser innerhalb des Riffgürtels wäre das Segeln ja eine einzige Freude – wenn es nur ein kleines bisschen tiefer wäre. Der Echolotalarm ist längst abgeschaltet, denn die Dauerpiepserei bei zwei Meter Wassertiefe macht keinen Sinn. Augapfelnavigation ist gefragt, da die Sonne erst hoch im Süden und am Nachmittag schön hinter mir steht, sieht man die vereinzelten Korallenköpfe aber ganz gut, und so komme ich ohne Grundberührung bis zum nächsten Halt. Wolfgang altert dabei mal eben ein, zwei Extrajahre, aber ein paar graue Haare mehr fallen schon gar nicht mehr auf. Zwischendurch denkt er nur immer: „Wenn da unten jetzt gerade eine Schildkröte grast, dann falten wir der den Panzer!” Zur Belohnung für die spannenden 22 Meilen beißt erstens ein großer Yellow Jack (ein Meter, ca. acht Kilogramm), und finden wir zweitens den schönsten Ankerplatz des Törns: An der Südseite von Cayo Rosario bilden zwei Riffarme eine kleine Bucht, im Scheitel feiner, weißer Sand mit rosafarbenen Einsprenkeln, große, scheue Leguane zwischen den Felsen und ein paar Schatten spendende Kiefern und Tamarisken. Alles nur für uns.

17.04.2007

Dienstag, 17. April 2007

Dienstag, 17.04.07 – Außen ums Riff herum in den Seegang des Karibischen Meeres – oder innen entlang über die üblichen zwei Meter Wassertiefe? Innen. Macht mehr Spaß, und mit meinem Türkischen Auge am Bugkorb kann ich ja auch ein bisschen nach den noch flacheren Stellen Ausschau halten. Die Wasserfarbe wechselt mal wieder von türkis über babyblau, himmelblau und neonblau zu pinkblau. Das ist ein Farbton, den es nur hier gibt. Durch die noch flacheren Lagunen zwischen den Mangroveninseln schimmert der Himmel außerdem grün, und Martin will nicht mehr von Bord.
Aber heute ist ja schon Dienstag. Und am Abend liege ich in der Marina von Cayo Largo. Schade, dass der Törn schon vorbei ist, aber wie immer schön, dass es so schön war!
Viel Zeit für Traurigkeit bleibt auch nicht, zwei deutsche Chartercrews laufen ein, Wolfgang kennt Gottfried, den einen Skipper, aus Portoroz und München, und Peter, den anderen, aus Warstein. Die Welt ist ein Dorf auf Kuba! Party!