Von Panama nach Galapagos – April 2001

19.04.2001

Donnerstag, 19. April 2001

Donnerstag, 19.04.01 – Behördenhordenhürden.
Auch Kleinigkeiten halten auf.
Zum Beispiel die beiden Wertmarken (zu erwerben in der National-Bank), die bis zum Einsatz beim Hafenmeister leider an einem 20-Dollar-Schein festkleben und erst mühsam losgefitzelt werden müssen.
Oder die gruselige Crewlistenstemplerin, die den Skipper einerseits als Kugelschreiberdieb in Verdacht hat, aber andererseits drei Ewigkeiten braucht, bis sie einen Kuli aus dem Bordfundus als Geschenk (nach dem Vorzeigen der unschuldigen und leeren Skipperhosentaschen) akzeptiert.
Der Ableger wird jedenfalls auf morgen verschoben, heute wird nur noch Cockpit-Musi bei Lampenschein gemacht! (Bens Gepäck ist auch da!)

20.04.2001

Freitag, 20. April 2001

Freitag, 20.04.01 – Noch eben Wasser und Diesel bis an den Stehkragen, dann die 51 Meilen zu den Las Perlas Inseln. Wieder durch die gewaltigen Vogelschwärme an der Nordspitze der Inselgruppe, und erstmalig durch knallrote Fischschwärme!
Beeindruckend, und als gemütlicher Einsegeltag viel zu aufregend! Der Anker fällt wieder zwischen Chapera und Mogo Mogo, weil es da eben einfach traumhaft schön ist.

21.04.2001

Samstag, 21. April 2001

Samstag, 21.04.01 – Frühstück mit Genickstarre.
Pelikane, Kormorane, Fregattvögel, Möwen, Seeschwalben… und alles in riesigen Schwärmen!
In der Aufbruchseuphorie geht leider Dieters Duschassistent (Rückenbürste) im Gezeitenstrom verloren, aber das unfreiwillige Opfer trägt Früchte: Vier Windstärken aus Nord treiben mich nach Südwesten, nie unter sechs Knoten Fahrt! Und mit einem Reff im Großsegel in eine sternenklare erste Nacht.

22.04.2001

Sonntag, 22. April 2001

Sonntag, 22.04.01 – Um das Cabo Mala herum schiebt uns der Panama-Strom mit drei Knoten.
Das GPS zeigt deshalb über 10 Knoten Fahrt über Grund an! Galapagos, wir kommen! Klaus serviert mango- oder zitronengefüllte Pfannekuchen zu Mittag und Gemüseeintopf zu Abend, ein Wal bläst am Horizont…

23.04.2001

Montag, 23. April 2001

Montag, 23.04.01 – Zwischen Nordostpassat und Südostpassat liegt die äquatoriale Tiefdruckrinne.
Ohne Passat.
Eigentlich sogar ganz ohne Wind, von gewittrigen Schauern mal abgesehen. Die Flaute erwischt uns, das Gewitter bleibt als Wetterleuchten am Horizont… der Motor schiebt, „Gustav“ (der Autopilot!) steuert, aber langweilig ist es trotzdem nicht:
früh morgens hängt (leider nur kurz) ein Fisch an der Angel,
danach taucht eine Schule kleiner Wale auf,
danach ein paar Delfine,
danach eine Schildkröte,
danach erforscht Sabine die Schaumbläschen, die an der Oberfläche treiben und anscheinend doch kein Müll sind,
danach reicht der Wind wieder für den Blister,
danach beißt ein kleiner Thunfisch und will in Rum ertränkt werden,
danach muss er gegessen werden (im Gemüsebett und an Knoblauchspaghetti),
danach muss eine zerbrochene Flasche Rotwein aus dem Staufach gelenzt werden, was eine ziemliche Sauerei ist,
danach müssen die ganzen neuen Sterne (heute Hadar und Rigil, die Hufe des Zentauren neben dem Kreuz des Südens!) am Südhimmel gefunden und gelernt werden,
und danach ist ein ganz normaler Tag vorbei…

24.04.2001

Dienstag, 24. April 2001

Dienstag, 24.04.01 – Die Wachwechsel sind nachts ordentlich eingetragen. Tagsüber aber nicht. Das liegt daran, dass tagsüber alle mit irgendetwas anderem beschäftigt sind. Was wiederum beweist, dass es hier an Bord nicht langweilig ist.
Irgendwas ist immer: Kochen, Getränke servieren, angeln, Segel zupfen, erzählen, auf den Ozean schauen…

25.04.2001

Mittwoch, 25. April 2001

Mittwoch, 25.04.01 – Eine riesige Delfinschule umkreist meinen Rumpf, ein einsames Küstenmotorschiff zieht am Horizont vorbei, und Klaus hat einen Vogel.
Um genau zu sein: eine Rauchschwalbe.
Um noch genauer zu sein: Er hat sie auf dem Kopf.
Klaus sitzt nämlich gerade am Ruder und hat also den besten Überblick über das Bordgeschehen. Logischerweise hat man als mittrampende Schwalbe also vom Hut des Rudergängers einen noch besseren Überblick über das Bordgeschehen. Von dort aus erspäht unser Gast auch prompt das Gemüsenetz im Salon und hält dort zwei Stunden (von 11.00 h bis 13.00 h ) Siesta. Gute Weiterreise, kleiner Glücksbringer! (Jedenfalls, man wagt es kaum auszusprechen, haben wir weiterhin ganz leichten Südostpassat, das wäre schon toll, wenn der bis Galapagos durchstehen würde!)

26.04.2001

Donnerstag, 26. April 2001

Donnerstag, 26.04.01 – Die Gitarre wird einer großen Wartungsaktion unterworfen. Muss auch mal sein! Dieter fettet die Wirbel, Klaus poliert das Holz vom Klangkörper und Wolfgang darf den Kammerton A zum Stimmen vom Satellitentelefon (Freizeichen) aussingen. Die Backschaft zaubert derweil Canapées, Obstsalat, Sundowner, Spaghetti Carbonara…

27.04.2001

Freitag, 27. April 2001

Freitag, 27.04.01 – Um 03.48 h rrrrummmst es plötzlich fürchterlich, Funken stieben bis hoch in den Himmel, es kracht und knallt und tutet, und, oh riesengroßer Schreck, Klaus und Dieter haben auf 88°30′ West ein 3,8 Meter (so breit bin ich!) langes Stück aus dem Äquator rausgesegelt, das plötzlich quer durch das Cockpit hängt.
Zur Information und zum endgültigen Beenden der Diskussion, wie der Äquator denn nun aussieht: Der Äquator ist eine aus grünen und blauen, papierähnlichen Algen gewundene Leine (s. Foto!), die von Äquatorinstandhaltungsschiffsbesatzungen gepflegt und gewartet wird (wurde beobachtet!). Im Prinzip handelt es sich um eine Alarmanlage für die Meeresgötter der südlichen Meere, die die Ankunft von Schiffen auf der Südhalbkugel meldet.
Sehr interessante Konstruktion! (und hoffentlich machen die dreikommaacht fehlenden Meter nicht so viel aus!)
Zur Feier des Moments legt der Skipper erhabene Melodien „Aus der neuen Welt“ von Dvorak auf, dazu Rotwein und ganz viele wehmütige Gedanken, weil ich jetzt ganz schön weit weg von zu Hause bin…
Mit Sonnenaufgang kommen ein paar Südhalbkugelbegrüßungsdelfine vorbei, und nach dem Frühstück erscheinen wie aus dem Nichts Neptun und seine Sekretärin Stardust. Hat die Alarmanlage doch funktioniert.
Jetzt gibt es einen Anschiß wegen der Lücke.
Ich hab es ja geahnt.
Musste ja so kommen.
Dreikommaacht Meter lang.
Und auch noch mitgenommen, anstatt das hinter uns alles wieder schön zusammenzuknoten.
Jetzt haben wir den Salat.
Ogottogottogott. Und der Dreizack sieht vielleicht gefährlich aus. Dieter muss als erster vortreten, weil er der Älteste ist und Wachführer war.
Und Neptun schimpft. Wegen der Lücke. Und weil immer nur Rasmus geopfert wurde. Undundund.
Aber ganz zum Schluss darf Dieter dann doch ganz offiziell und feierlich und in Neptuns Anwesenheit den Äquatör mit der Schere durchtrennen. Und gleichzeitig wird er mit Rum umgetauft und heißt von nun an „Leatherman“.
So, sagt Neptun, überquert man offiziell den Äquator, und nicht nachts und heimlich und im Dunkeln! Als nächste muß Bärbel leiden: Zum Beweis ihrer Südhalbkugeltauglichkeit muss sie in Schwimmflossen und mit Schnorchel und Taucherbrille einmal um den Mast laufen, wird aber dann wegen guter Führung und wegen ihres großen Interesses an den Sternen der neuen Hemisphäre „Sternchen“ getauft.
Klaus hat es nicht so gut. Er muß eine ganze Dose „Balboa“-Bier durch einen Schorchel trinken, und mit der zweiten Dose wird er dann auch noch „Balboa“ getauft. Weil er ja eh an nichts anderes denkt, sagt Neptun!
Wolfgang kriegt berechtigterweise den Hauptteil der Strafpredigt. So ist das eben mit Skippern, die immer Recht haben wollen. Sie sind dann auch einfach an allem Schuld! Also auch an der Äquatormacke!
Gnädigerweise und unter der Auflage, einen schönen Liedertext über diese Reise zu dichten, wird er aber trotzdem getauft, und zwar auf „Wollux“, das ist der dritte Stern aus den Zwillingen, der vor Urzeiten mal auf die Erde gefallen ist und seitdem vergessen zu werden droht. Und weil Wolfgang sich ja doch immer um den Erhalt des Wissens um die Sterne und die Astronomische Navigation bemüht, darf er diesen Namen jetzt hier unten im Süden tragen. Na, da ist er aber gerührt!
Ich bin und bleibe eure Galateia, Schiffe werden nämlich nicht umgetauft, ist ja bekannt! Ich werde aber in den Äquatorfarben grün und blau geschmückt, das muss sein, sagt Stardust. Mit einem dreifachen „Willkommen, willkommen, willkommen!“ beschließen Neptun und Stardust die Zeremonie und verschwinden auf genauso magische Weise, wie sie gekommen sind!
Ein paar Minuten später tauchen Ben und Sabine ganz verschlafen aus ihren Kabinen auf. Haben die ganze tolle Aktion total verpennt! Na macht nichts, die beiden waren ja vorher schon mal auf der Südhalbkugel…
Ja und dann ist auch noch plötzlich Land in Sicht: San Christobal, Galapagos. Um 18.45 h fällt nach 881 wunderbaren Meilen in Puerto Baquerizo Moreno zwischen lauter anderen Yachten der Anker

28.04.2001

Samstag, 28. April 2001

Samstag, 28.04.01 – Behördenkram und so. Und Erkundung des Örtchens, das ist nämlich echt nett hier! Vor allem das „Playa“ mit dem besten aller Wirte. Aber auch sonst. Aber das ist schwierig zu beschreiben. Ich meine, wer glaubt das denn schon, dass hier die Seehunde vor der Disco liegen und die Rap-Version von „Ein kleiner Indianer“ hören?!

29.04.2001

Sonntag, 29. April 2001

Sonntag, 29.04.01 – Die Mannschaft macht einen Bootsausflug zu einer vorgelagerten Insel. Ben und Wolfgang gehen mit einer weiteren deutschen Touristin und einem Tauchlehrer auf 20 Meter zu den Galapagos-Haien runter, die anderen schnorcheln vom Boot aus in den riesigen Fischschwärmen an den senkrechten Felswänden.
Unbeschreiblich!
Auf einer anderen kleinen Insel (Isla Lobos) können die aufgeblasenen Fregattvögel und die lustigen Blaufußtölpel und die Seehunde und die Meerechsen und und und fotografiert werden, die Tiere hier haben den Menschen mangels Besiedelung ja nie als Feind kennengelernt, sie lassen den Menschen deshalb ganz nah herankommen, bevor sie schimpfen, weil sie sich gestört fühlen! Unbeschreiblich!! Nach dem Abendessen (zurück an Land) liegt ein Seehund im Beiboot!
Unbeschreiblich!!!

30.04.2001

Montag, 30. April 2001

Montag, 30.04.01 – Die Mannschaft macht einen Landausflug im offenen Pickup, rauf zum Vulkan, rüber über die Hügel zu ein paar Aussichtspunkten und zum Baumhaus, runter an den Seehundstrand. Rein in die Kneipe.
Unbeschreiblich!!!!

01.05.2001

Dienstag, 01. Mai 2001

Dienstag, 01.05.01 – Noch einmal schnell an den Seehundstrand, wegen der Iguanas, und dann sitzen sie im Flieger, meine Lieben. Gute Reise, war toll mit euch!

02.05.2001

Mittwoch, 02. Mai 2001

Mittwoch, 02.05.01 – Dieter, Wolfgang und Bernhard von der „Jambo“ bunkern gemeinsam Lebensmittel und vor allem Wasser. Und zwar per Kanister vom Krankenhaus, weil es hier keine Bunkerpier gibt. Ist anstrengend, aber nicht zu ändern. Am Abend kommt Sabine Feulner aus München an, damit ist die Trans-Pazifik-Crew für mich schon komplett!
Willkommen an Bord, zum zweiten Mal übrigens, zuletzt in Boston.