Von Malaga nach Kanaren – Oktober 1999

03.10.1999

Sonntag, 03. Oktober 1999

Sonntag, 03.10.99 – Nach der obligatorischen Schiffs- und Sicherheitseinweisung ( wie oft habe ich diesen Satz eigentlich schon geschrieben??!) legen wir ab: Der Wind hat wieder um 180° gedreht, weht also wieder aus dem Westen, wir müssen kreuzen. Morgen soll er wieder um 180° drehen, deshalb gönnen wir uns einen gemütlichen Einsegel-, Reffen- Üben- und Boje-über-Bord-Tag. Und legen nebenbei knapp zehn Meilen bis Fuengirola zurück, eine weitere diese unsäglichen Bausünden an der Costa del Sol.

04.10.1999

Montag, 04. Oktober 1999

Montag, 04.10.99 – Ostwind: Spinnakerbrise! Siehe Foto letzter Woche! Spätes, aber glückliches Einlaufen in Gibraltar, noch späteres Chili-con-Carne in der letzten geöffneten Kneipe, ein herrlicher Tag!

05.10.1999

Dienstag, 05. Oktober 1999

Dienstag, 05.10.99 – Dieses Mal springt Martina ein Affe auf den Kopf, außerdem wird der Großeinkauf erledigt: Vorsichtshalber für zehn Tage, auch wenn wir hoffentlich schneller auf den Kanaren sind. Die „Goldene Regel“ beim Langstreckensegeln lautet nun einmal, dass 50% als Reserve eingeplant werden, gegen widrige Winde, Kollisionen mit Walen oder Treibgut, gegen Flaute oder sonstige Katastrofen nützt nämlich auch mein Prädikat „ohne Mängel“ nichts!

06.10.1999

Mittwoch, 06. Oktober 1999

Mittwoch, 06.10.99 – Irgendwann ist es dann egal, dass die Flut immer noch ins Mittelmeer hineinsteht. Der Wind bläst nämlich herrlich aus dem Osten, und allen juckt es in den Fingern. Wolfgang fällt auch nichts mehr ein, um den Start zu verzögern, also legen wir ab.
Ein Reff im Großsegel und mit achterlichen fünf Beaufort in die Meerenge von Gibraltar. Wenn Strom gegen Wind steht, gibt es kabbeliges Wasser. Und heute kabbelt es nicht nur, sondern es kocht!
Das Wellengeräusch gleicht einer überdimensionalen Toilettenspülung im Dauerbetrieb, ich mache tapfere fünf bis sechs Knoten Fahrt durchs Wasser, aber der GPS-Empfänger meldet nur drei bis vier Knoten über Grund. Gefährlich ist das alles aber nicht, weil der Seegang nicht wirklich hoch ist. Die Situation ist eher theatralisch, ein würdiger Abschied aus dem Mittelmeer. Das werde ich ja wohl die nächsten Jahre nicht wiedersehen.
Denn man Tschüss, du altes mare nostrum!

07.10.1999

Donnerstag, 07. Oktober 1999

Donnerstag, 07.10.99 – Weil eigentlich nix weiter passiert, außer dass sich die Bordroutine einstellt und uns ein schwacher Ostwind gemütlich nach Süden schiebt, schreibe ich Euch mal eben die Wacheinteilung: Harald und Felix sind Wache 1, Uschi und Harry Wache 2, Martina und Wolfgang Wache 3. Abgelöst wird nachts alle drei, tagsüber alle vier Stunden.
Backschaft (Küchendienst) hat die Wache, die morgens als erste dran und damit sowieso wach genug zum Kaffeekochen ist!
Nachts passiert doch noch was: Wetterleuchten im Westen, nanu?!?! Da sagt die Wetterkarte aber nichts von!!

08.10.1999

Freitag, 08. Oktober 1999

Freitag, 08.10.99 – Morgens sind alle Wolken wieder weg, nur die üblichen Cumuli spenden ein wenig Schatten. Ein kleiner Singvogel kommt zu Besuch. Und der Wind schläft ein.
Nachts wieder Wetterleuchten, da sagt die Wetterkarte aber immer noch nichts von! Allerdings munkelt Christoph (Das ist der Münsteraner Amateurfunk-Wetter-Guru mit der Törnberatung über Kurzwelle) was von Gewittertief und so..??!
Der Skipper lässt jedenfalls vorsichtshalber für die Nacht die kleine Fock setzen und ein Reff ins Großsegel einbinden…

09.10.1999

Samstag, 09. Oktober 1999

Samstag, 09.10.99 – Das gleich Spiel von vorne: Die Wolken lösen sich wieder auf, wir legen bei herrlichem Wetter und leichtem Ostwind eine Badepause ein und müssen dann sogar den Rest des Tages motoren. Der verbliebene Windhauch dreht auf Südost…
Und die Wetterkarte zeigt jetzt auch ein schwaches Tief genau da wo wir sind!

10.10.1999

Sonntag, 10. Oktober 1999

Sonntag, 10.10.99 – Es handelt sich um ein Nerv-Tief: Eigentlich ist es nämlich gar nicht da. Es hat gerade mal eine einzige geschlossene Isobare (1015 hp) vorzuweisen. Lächerlich!
Und wirklich, es steckt kein Wind drin. Außer von 14.00 h bis 14.30 h am heutigen Sonntag, dann allerdings gleich eine Schauerbö mit acht bis neun Windstärken. Danach wieder Flaute. Und das nervt!
Trotzdem haben wir schon weit über die Hälfte des Weges geschafft, und die Stimmung ist weiterhin prima, am meisten freut sich Uschi, weil sie ihre Seekrankheit diesmal im Sauerland gelassen hat!

11.10.1999

Montag, 11. Oktober 1999

Montag, 11.10.99 – Die Logbucheinträge für Windrichtung und -stärke im Drei-Stunden-Abstand: SE 1, SE 1(Nebel), SW 5 (Schauer), SW 3-4, S 5, SE 0-1, SE 2-4 (Schauer). Dazu natürlich ständig Reff rein, Reff raus, Vorsegelwechsel, Motor an, Motor aus…
Aber zwischendurch reisst der Himmel auch immer wieder auf, manche Nachtwache vergeht unter einem grandiosen Sternenhimmel (zur Zeit sind im Laufe der Nacht alle mit dem bloßen Auge erkennbaren Planeten sichtbar, besonders schön: Venus im Löwen in den Morgenstunden!!), tagsüber nutzt die Mannschaft die Flauten für Badestopps oder fotografiert Delfine, und 500 Meilen sind auch schon weg!

12.10.1999

Dienstag, 12. Oktober 1999

Dienstag, 12.10.99 – Unser Nerv-Tief verabschiedet sich sang- und klang- und windlos und macht Platz für den erhofften Nordostpassat. Der hier ja eigentlich ständig blasen sollte, der Lümmel! Ganz leise schleicht er sich an, wir rollen die große Genua aus und genießen die letzten hundert Meilen bis Lanzarote.

13.10.1999

Mittwoch, 13. Oktober 1999

13.10.1999

Mittwoch, 13.10.99 – Mitten in der Nacht hätte es dann wirklich fast gekracht: (Das reimt sich zwar, aber so lustig war es dann doch nicht!) Noch gut 40 Meilen nördlich von Lanzarote liegen wir mit einem Frachter auf Kollisionskurs.
Felix ist Wachführer und weckt Wolfgang. Der versucht, den Frachter auf Kanal 16 anzufunken. Da meldet sich niemand. Also wird mit Digitalem Ruf auf Kanal 70 „geweckt“, der Wachhabende auf dem Frachter meldet sich und sagt, dass er uns auf dem Radar hat und keine Kollisionsgefahr sieht. Wolfgang fragt vorsichtshalber, ob er vor meinem Bug oder hinter meinem Heck passieren will. Der Wachhabende antwortet: „Just a moment, stand by, please!“
Der „moment“ wird lang und länger, wir halten tapfer Kurs, um ihn nicht zu verwirren, und damit er uns auf seinem Radar plotten (verfolgen und vorausberechnen) kann.
Der „moment“ wird noch länger, keine Antwort aus dem Funkgerät, dann leiten wir das vorgeschriebene Manöver des letzte Augenblicks ein, halsen und lassen den Frachter vor uns durch.
Wolfgang gibt das Manöver noch über Funk weiter, und wenigstens bedankt sich der Rowdy anständig. (Für alle „Nicht-so-viel-Segler“: Prinzipiell müssen maschinenbetriebene Fahrzeuge Segelfahrzeugen auf dem offenen Meer ausweichen. Trotzdem beharren wir Segelboote eigentlich nicht auf unserem Wegerecht, sondern lassen die großen Pötte eigentlich ganz gerne freiwillig vor. In diesem Fall hat uns der Frachter mit seinem „just a moment, please!“ aber alle Möglichkeiten genommen: Hätte er durchgegeben, dass er vor uns passiert, hätten wir schon hinter ihn zielen können und umgekehrt. Seine Bitte zu warten hat der Situation aber dann schnell ihre Weiträumigkeit und uns den Manövrierplatz genommen!) Naja, dafür wurde das „Manöver des letzten Augenblicks ja erfunden. Nur dass das immer nachts um eins sein muss…
Um 17.10 h liegen wir in der schönen Marina „Puerto Calero“ im Süden Lanzarotes, nach 684 Meilen hat sich die Mannschaft ein kühles Bier verdient, und ich mir einen Ruhetag!
Kurz vor Mitternacht kommt dann auch die SY „Jambo“ mit Monika und Bernhard an Bord herein, mit den beiden hatten wir täglich Funkkontakt. Die „Jambo“ hatte keinen Diesel mehr, deshalb freut uns ihre sichere Ankunft besonders.

14.10.1999

Donnerstag, 14. Oktober 1999

14.10.1999

Donnerstag, 14.10.99 – Martina kennt Lanzarote schon von einem anderen Urlaub her, deshalb reicht ein Kleinwagen für den Inselausflug. Obwohl ein Renault Twingo mit fünf Personen seine Schmerzgrenze erreicht. Allerdings hat er ein Faltdach, so dass wenigstens nach oben der Platz unbegrenzt ist!
Lanzarote ist die wildeste und vulkanischste der Kanarischen Inseln. Die bizarre Lavalandschaft der „Terra del Fuego“, der Kamelritt, die phantastischen Bauten Cesar Manriques, die Trockenbaufelder, die Kaktusläuse… viel zu viel für einen Tag!
Aber wir müssen ja noch weiter, also wird der Wagen abends wieder abgegeben, die Mannschaft macht sich und mich seeklar, und wir legen ab zur letzten Nachtfahrt.
Zwischen Fuerteventura und Lanzarote frischt der Wind wegen der Düsenwirkung auf fünf Bft auf, danach ist die Nacht aber herrlich, in den frühen Morgenstunden am

15.10.1999

Freitag, 15. Oktober 1999

Freitag, 15.10.99 – sogar flautig, bis der Passsat sich mittags wieder erhebt und uns nach Las Palmas pustet.
Tanken bei Don Pedro, Liegeplatz an der Außenmole, Abschiedsessen bei „Hühner-Hugo“, Jochen ist gerade auf der „Prins Henrik“, Heiko und Konstanze auf der „Heikon“ sind immer noch da, Las Palmas ist mir fast schon ein so liebes zu Hause wie Portoroz!
Generöserweise verleihen der Skipper und ich übrigens gleich drei John-Maynard-Gedächtnis-Medaillen: An Uschi (Für die Seekrankheitsüberwindung und überhaupt!), an Harald (Bordkasse unter verschärften Bedingungen…) und an Martina (Schlafenlassen des Skippers bei der Frühwache!)

16.10.1999

Samstag, 16. Oktober 1999

Samstag, 16.10.99 – Crewwechseltag: Lipso freut sich besonders auf Maria Kottinger aus München, schließlich ist sie seit Malta sein Aushilfsfrauchen und Wolfgangs Pro-Forma-Verlobte… Torsten Schmidt und Kathrin Dietrich waren damals (Malta) auch mit von der Partie, und Elke Thomas hat beim Skipper ihren BR-Schein bestanden. Lauter bekannte Gesichter also, willkommen an Bord!