Von Mallorca nach Mallorca – Oktober 1998

25.10.1998

Sonntag, 25. Oktober 1998

Sonntag, 25.10.98 – Hans ist noch nie in seinem Leben auf einer Segelyacht gewesen, deshalb macht Wolfgang eine ordentliche Schiffs- und Sicherheitseinweisung und dabei auf die Gefahren des Segelns aufmerksam.
Kurz nach dem Ableger müssen dann auch schon zwei Reffs ins Großsegel eingebunden werden und die Schräglage bei vier Windstärken und unangenehmer Dünung direkt von vorne sieht dann auch entsprechend gefährlich aus. Nicht so ganz das richtige Wetter für Segelneulinge, das Ergebnis „maritimer Unpäßlichkeit“ landet leider auf meinem Hecklicht und zwingt den Skipper zu der Einsicht: „Zum Einsegeln soll es mal reichen für heute…“.
Der nächste Hafen ist die Marina Puerto Portals, laut Hafenhandbuch „die Heimat der Schönen und der Reichen“ , also genau das Richtige für uns! Schließlich ist der Skipper reich an Erfahrung und ich und die Mannschaft sorgen für den Schön-Anteil! Nachtrag zur Sicherheitseinweisung: Auch das Herumklettern auf angeschütteten Molen ist gefährlich. Hans verstaucht sich dabei nämlich den Zeigefinger der rechten Hand. Trotz Himalaya-Erfahrung!
Zum Trost zaubern Dana und Bernd Steinpilze in Mascarpone-Sahne an Fettuccini mit großem Salat, das kann man auch mit einer Hand essen.

26.10.1998

Montag, 26. Oktober 1998

Montag, 26.10.98 – Claudia Schiffer ist wohl nicht zu Hause. Sonst müßte sie doch winken, wenn wir schon unter ihrer neuen Villa entlang segeln und Hans souverän „mit Links“ steuert.
Na, macht nichts. Die Hafeneinfahrt nach Andraitx ist auch so spektakulär genug: Das über 100m hohe, senkrecht ins Meer abfallende und abweisend wirkende Cabo de la Mola muß gerundet werden, dann wird, als ob ein Vorhang zur Seite gezogen würde, der Blick auf ein weites, grünes Tal mit einem der schönsten Häfen der Insel frei.
Mit noch genau einem freien Liegeplatz am Schwimmsteg im Stadthafen. Den wollen zwar auch die Typen von dem Schiff haben, das uns gerade mit Brassfahrt in der Hafeneinfahrt überholt hat und uns dann noch vor den Bug gelaufen ist, aber leider haben sie ihren Bremsweg zu lang eingeschätzt und sind, im Gegensatz zu uns, etwas über das Ziel hinausgeschossen!
An dieser Stelle hätte ich gerne ein Foto von Wolfgang, wie er grinst, wenn er so richtig grinst, aber ihr wißt ja, wie das aussieht…
Zum Einhändig-Essen-Üben zaubern Dana und Bernd einen Großeinkauf später ein Ratatouille mit Reis, und zum Nachtisch im Hafencafé zaubert ein ortsansässiger Konditor diverse Tortensorten.

27.10.1998

Dienstag, 27. Oktober 1998

Dienstag, 27.10.98 – „Herrliche Berge, sonnige Höhen….“ an Mallorcas Westküste, aber leider kein Wind. „Gustav“ (Autopilot) und der treue Freund aus Wolfsburg (Motor) teilen sich die Arbeit bis Sòller, und außer den beiden arbeiten nur noch diverse Fotoapparate. Zum Ausgleich für entgangene Segelfreuden zaubert Dana Chili con Carne ohne Dosen, aber mit buntem Beilagensalat!

28.10.1998

Mittwoch, 28. Oktober 1998

Mittwoch, 28.10.98 – Sòller war jahrhundertelang nur von See her zugänglich, bis die Stadt mit einer Zahnradbahn (made in Germany by Siemens..) auch von der Landseite her erschlossen wurde. Der große, grüne Talkessel inmitten alpenmäßiger Berge will jedenfalls besichtigt werden, außerdem lockt eine Fahrt mit der Bimmelbahn vom Hafen zur Altstadt, und so legen wir erst am frühen Nachmittag ab.
Südwestwind hat aufgebrist, also wird die Fock ausgebaumt und wir segeln Schmetterling die zweite Hälfte der Westküste entlang. Traumhaft! Stundenlang! Mit kurzen Hosen! Mit Sonnenuntergang am Cabo de Formentor! Mit Sternenhimmel nach Pollensa! Mit 40 tollen Meilen mehr auf der Logge fest an Mooring und Achterleinen!
Und weil es so schön war, zaubern Dana und Bernd frische Thunfischfilets an Tschechischem Kartoffelsalat!

29.10.1998

Donnerstag, 29. Oktober 1998

Donnerstag, 29.10.98 – Auf dem Weg nach Menorca trampt mal wieder ein kleiner Vogel mit. In Ciudadela verläßt er uns wieder, 36 Meilen ohne einen Flügelschlag, ganz schön pfiffig!
Aber die Mannschaft hat auch nur faul in der Sonne gelegen und mich vom Wind geradeaus ziehen lassen. Oder fast geradeaus: O-Ton Rudergänger Hans: „An der Börse schwanken die Kurse auch!“
Im Hafen muß ich mein Vorschiff zwischen zwei Fischerboote quetschen, aber das ist ein Großraummanöver gegen das, was die Fähre aus Mallorca uns vormacht: Die dreht nämlich zum Ablegen um 180° um ihre äußere Achterleine und schwenkt ihren riesigen Bug dabei in aller Seelenruhe ein paar Meter hinter meinem Heck her. Entweder wurde der Hafen für diese Fähre oder diese Fähre genau für diesen Hafen konstruiert, knapper geht es jedenfalls nicht.
Das Manöver mit der „falschen“ Achterleine kennt der Kapitän bestimmt vom JOJO-Skippertraining!
Zur Beruhigung zaubert Bernd Hausmannskost: Spinat, Spiegeleier und Kartoffeln.

30.10.1998

Freitag, 30. Oktober 1998

Freitag, 30.10.98 – Renate erfindet die Postkartennavigation: Diese Bucht mit den hohen Felsen, dem türkisblauen Wasser und dem weißen Strand, da müssen wir hin! Und, man glaubt es kaum, 14 Meilen weiter fällt der Anker mitten in der Postkartenbucht.
Und es ist auch tatsächlich genau so schön wie auf der Postkarte. Wenn nicht sogar noch schöner, weil wir nämlich die einzige Yacht sind. Nur ein paar ganz besonders individuell wohnende Touristen teilen sich die Bucht mit uns: In einer Höhle der Steilküste hausen ein paar zeternde Aussteiger.
Das Dhinghi wird zu Wasser gelassen und dann macht sich die Mannschaft zum Spaziergang über die Klippen auf. Deshalb gibt es das Postkartenmotiv jetzt in modifizierter Auflage: Als Foto, und zwar mit mir als Mittelpunkt!
Weil es gar so schön ist und der Skipper später auch noch romantische Lieder zur Klampfe singt, zaubern Dana und Bernd Entenbrust auf thailändische Art.

31.10.1998

Samstag, 31. Oktober 1998

Samstag, 31.10.98 – Hans geht morgens baden…leider mit Fotoapparat und leider auch nicht wirklich beabsichtigt…
Zu den Gefahren des Segelns muß deshalb jetzt auch das Aussteigen aus Beibooten an Stränden mit leichter Brandung gerechnet werden!
Beim Segeln selber läuft wieder alles bestens: In den langen Fjord von Mahon auf der Ostseite von Menorca können wir unter Vollzeug und mit Am-Wind-Kurs vorbei an Militäranlagen verschiedenster Epochen und vorbei an der ehemaligen Quarantäne-Insel bis vor den Steg des örtlichen Segelclubs ohne Motorhilfe laufen. Das hat man selten so schön passend. Renate fährt das Anlegemanöver, Bernd belegt die Mooring, Dana und Hans die Achterleinen und dann bleibt noch der Rest vom Nachmittag für einen Spaziergang oder für einen Kaffee im Café.
Weil das Küchenpersonal am Wochenende frei hat, lassen wir heute übrigens erstmalig andere Leute das Abendessen zaubern!

01.11.1998

Sonntag, 01. November 1998

Sonntag, 01.11.98 – Der Wind bläst immer noch aus Südwest, und so werden aus den geplanten zehn doch über 19 Seemeilen, aber auch das Kreuzen macht Spaß, wenn, so wie heute, die Brise ablandig kommt und kein Seegang und keine Wolken das Vergnügen trüben.
In Fornells sind wir die einzige Yacht auf Durchreise. Die Saison ist doch schon vorbei, ein paar Engländer hängen noch in der Hafenbar rum, aber ansonsten ist es wie im Prospekt beschrieben: Wir haben überall viel Platz und wenig andere Leute um uns.
Da das Küchenpersonal auch sonntags frei hat, wird ein Restaurant gesucht. Es gibt eine ganze Menge davon, aber nur eines (Gott sei Dank ein gutes!) hat auch geöffnet. Soviel zum Thema Nachsaison!

02.11.1998

Montag, 02. November 1998

Montag, 02.11.98 – Der Wind bläst immer noch aus Südwest. Um 7.40 h werden die Leinen losgeworfen, denn wir müssen nach Südwesten, zurück nach Mallorca.
Den halben Tag lang steht kaum Wind, aber viel Dünung gegen uns, der Motor muß schieben helfen, toll ist das nicht. Der rote Fender nimmt Reißaus und muß wieder eingefangen werden und Hans findet es sogar zum K…en.
Erst am Abend kommt Wind auf, von vorne, aber jetzt werden die Schiffsbewegungen wenigstens harmonisch. In Cala Ratjada mogeln wir uns wieder an einen ruhigen Liegeplatz bei den Fischern, die nicht so frechen Yachten liegen im Schwell an der Außenmole.
Wir stören da niemanden, nach dem eher unangenehmen und vor allem langen Tag (70 Meilen!) ist dem Skipper eine ruhige Nacht wichtiger als ein spanisches Verbotsschild. Zumal er es ja gar nicht lesen kann…
Mangels Frischgemüse zaubert Bernd heute Not- und Trostnudeln mit Schinken, Oliven und Tomaten.

03.11.1998

Dienstag, 03. November 1998

Dienstag, 03.11.98 – Der Wind bläst immer noch aus Südwest. Er legt außerdem zu. Also binden Wolfgang und Renate zwei Reffs ins Großsegel und dann stehlen wir uns Kreuzschlag für Kreuzschlag und möglichst unter Land ein wenig nach Südwesten.
Die Dünung ist ziemlich hoch, manchmal kommt Gischt über, manchmal wird die Fußreling in Lee unter Wasser gedrückt, und einmal wird die Mannschaft komplett geduscht…
Aber die Sonne scheint dabei, und abends in Porto Cristo haben alle das Gefühl, einen tollen Segeltag verlebt zu haben. Die Erinnerung an die Wellen und die Gischt bleibt; das Salz läßt sich leicht wieder aus den Haaren waschen.
Zur Stärkung zaubern Dana und Bernd American Food mit Bratkartoffeln, Mais und Hacksteak.

04.11.1998

Mittwoch, 04. November 1998

Mittwoch, 04.11.98 – Der Wind bläst immer noch aus Südwest. Er legt außerdem zu. Also bleiben wir in Porto Cristo. Wolfgang macht Papierkram, Hans besichtigt die Drachenhöhle, Renate wandert am Wasser lang und Dana und Bernd erledigen den letzten Großeinkauf. Deshalb können sie auch wieder zaubern: Huhn in Kokos- und Zitronengemüse an Duftreis.

05.11.1998

Donnerstag, 05. November 1998

Donnerstag, 05.11.98 – Der Wind bläst aus Nordost! Und wie! Der Regen fliegt waagerecht!
Sieben, in Böen acht Windstärken treiben uns nach Süden. Was gestern noch Stunden harter Kreuz gewesen wären, ist heute ein rasendes „Vorbei, vorbei…“.
Die ersten zwanzig Meilen bis zur Südost-Ecke von Mallorca (Punta Salinas) sind in weniger als drei Stunden Vergangenheit, ab und zu scheint eine besonders hohe Welle direkt aus dem Golf von Lyon zu kommen, schnauft und gurgelt wie ein Walroß und schiebt mich mit bis zu 9,5 Knoten vor sich her.
Am Kap luven wir an, neuer Kurs: 300°, halber Wind! Plötzlich kein Seegang mehr, weil uns Mallorca auf dem Weg nach Nordwesten vor den Wellen schützt. Der Wind bleibt uns aber treu und trotz der kräftigen Regenschauer hat niemand (außer Lipso!) Lust, das eigentliche Etappenziel (LaRapita) anzulaufen. Die Alternative: El Arenal, der Ballermann 6 ruft!
Vorsichtshalber segeln wir auf den letzten Kabellängen vor dem Yachthafen erst mal ein Stückchen am Strand lang und stellen fest: Nix los! Ist ja auch Segelwetter heute, kein Saufwetter. Der Sangria könnte ja verwässern….
Als kulinarisches Kontrastprogramm zum Wiener Schnitzel drüben in der „Biergasse“ zaubern Bernd und Dana Lachs in Mascarpone-Sauce ohne Mascarpone an grünen Nudeln.
Extra für den Skipper: Schokolade zum Nachtisch!

06.11.1998

Freitag, 06. November 1998

Freitag, 06.11.98 – Selbst mit dem Fernglas wird der Betrieb am Ufer nicht größer: Die Saison ist vorbei, und trotz des herrlichen Wetters ist der Strand von El Arenal nur von ein paar Joggern und Spaziergängern bevölkert.
Die Crew genießt das letzte Mal den Sonnenschein, bei ganz leichter Brise dümpeln wir die letzten Meilen bis Palma, weichen der Saisonabschlußregatta einer Charterfirma aus und sind am frühen Nachmittag am zugewiesenen Liegeplatz im Real Club Nautico.
Das Törnabschlußessen in der Altstadt wird besonders lustig, weil Wolfgang einen Segelkameraden aus seiner Zeit in der Clubjugend am Hennesee trifft. Fünfzehn Jahre sind zu erzählen, das dauert schon die ein oder andere Kneipe lang…

07.11.1998

Samstag, 07. November 1998

Samstag, 07.11.98 – Zum nächsten Überführungstörn kommen lauter alte Seehasen an Bord:
Curt Weber aus Stuttgart war gerade beim JoJo-Skippertraining, Barbara Ney aus Baden-Baden war schon vor drei Jahren mit auf den Balearen, und Viki Meißner aus Großhabersdorf bei Fürth kann sich mit meinem ersten Bordingenieur Dieter streiten, wer bei mehr BR-Schein-Prüfungen auf dem Heckkorb gesessen und Daumen gedrückt hat. Dazu Wolfgang und Lipso, da kommen schon ein paar Meilen Erfahrung zusammen!
Drei Plätze weiter liegt übrigens die „Champus“ (ja genau die „Champus“!), die Crew will auch zu den Kanaren, und weil in Palma de Mallorca das Wiedersehen alter Bekannter anscheinend zum Alltag gehört, kennt Wolfgang den Skipper und Dieter eine Mitseglerin. Die Welt ist ein Dorf auf den Balearen!