Sonntag, 27.08.06 – Weil heute zusätzlich noch Sturmwarnung gegeben wurde, fällt die Entscheidung, einen Hafentag einzulegen, relativ sehr leicht.
Ersatzprogramm: Morgens wird direkt neben meinem Liegeplatz ein neues Rettungsboot eingeweiht, und zu diesem Anlass führt die Rettungshundestaffel ihr Können vor. Ein halbes Dutzend Neufundländer, die Menschen und sogar kleine Boote an das Ufer schleppen! Solltet ihr hier in der Gegend also mal über Bord fallen, und ein riesiger Hund greift plötzlich nach eurem Handgelenk, dann will der nur retten! Großer Applaus!
Nachmittags geht meine Mannschaft fremd und macht mit einem Flussboot einen Ausflug die Kleine Rhone hinauf, ich wäre leider mit meinem Tiefgang gar nicht über die Barre gekommen. Auf den Salzgraswiesen stehen Stiere für den südfranzösischen, unblutigen Stierkampf, dazwischen die berühmten weißen Camargue-Pferde, im Schilf stehen viele verschiedene Reiher, dazu die weite Flusslandschaft
Um den eigentlich sehr abgelegenen Ort Sts. Maries ranken sich die Sagen über die Strandung von Maria Magdalena samt ihren Schwestern, Freunden und der Dienerin Sarah. Letztere wurde zur Schutzpatronin der Sinti und Roma und überhaupt zur Heiligen des fahrenden Volkes, wahrscheinlich fällt mein Skipper da also auch drunter. Jedes Jahr am 24. und 25. Mai findet hier die größte Sinti-und Roma-Wallfahrt der Welt statt, das Standbild der Heiligen wird zum Meer getragen, Reiter schützen die Prozession, das ganze ist ein riesiges, farbenfrohes Spektakel. In der Wehrkirche aus dem X. Jahrhundert kann man den frühchristlichen Altar, die Standbilder der Marien, viele Votivgaben und eine alte Quelle besichtigen. Wenn man dann auf das Kirchendach steigt, wenn die Glocken läuten und die Messe beginnt, dann nimmt man sich das mitgebrachte Fernglas, hockt sich rittlings auf den steinernen First und betrachtet die rosafarbenen Flamingoschwärme im Hinterland. Zum perfekten Camargue-Erlebnis fehlen dann nur noch ein paar Austern und ein Glas Rosé. Spannend wäre natürlich noch einer der Sarazenenangriffe, gegen welche die Kirche so trutzig erbaut wurde, aber die Zeiten sind ja vorbei.