Von Korfu nach Athen

21.04.2005

Donnerstag, 21. April 2005

Donnerstag, 21.04.05 – Es strömt schon wieder in Gießen… der nächste Kaltfrontdurchgang mit Blitz und Donner, in den Lücken zwischen den Schauern schafft es mein Skipper aber wenigstens, die bestellten und frisch gefüllten Gasflaschen und den Sack Wäsche abzuholen, bis, als es dann endlich gar nichts mehr zu tun gibt, passend der Himmel aufreißt und wir die Marina doch noch
verlassen! An der Altstadt von Kerkyra entlang nach Süden, dann in Richtung Festland und dort in den wunderbar geschützten Naturhafen Khersonisos Ligaria. Am Eingang zu dieser schönen Bucht liegt eine Fischzucht, aber ein paar hundert Meter weiter öffnet sich ein unbewohnter Seitenarm, in dem nur Vogelgezwitscher die Stille unterbricht. Die Jungs pumpen Higgins, mein Beiboot auf und versuchen, bei der Fischzucht ein paar Brassen zu erwerben, aber der Fischer zeigt mit den Fingern „mikro!”, die Fische sind noch zu klein. Rechts und links vom Weg blühen der Ginster, Silberdisteln, Feldblumen aller Art – und so bekommen die Mädels hier an Bord nicht etwa Arbeit für die Pantry (also Fische), sondern einen schönen, bunten Blumenstrauß vom Landausflug mitgebracht. Riecht ja auch viel besser!

22.04.2005

Freitag, 22. April 2005

Freitag, 22.04.05 – Das Übliche: Wecken bei Sonnenaufgang, Anker auf (was etwas länger
dauert, weil bei der Neuverkabelung meines Motors die Ankerwinsch falsch
angeschlossen wurde, kleine Panne am Rande…), Kurs Süd-Süd-Ost. Und was
niemand mehr zu hoffen gewagt hatte tritt ein: Der Wind dreht auf West,
da, wo er hingehört! Die letzten Wolken lösen sich auf, herrliches
Segeln bis nach Levkada. Da wird die Fähre, die den Kanal zwischen
Levkas und dem Festland überbrückt, nur zur vollen Stunde beiseite
gedreht, weshalb hier das Regattafieber ausbricht: Schaffen wir den
17.00 h-Termin – oder schaffen wir ihn nicht?!
Bevor ich das Ergebnis verrate, muss ich euch das mit der Drehfähre
erklären, über die die Autos Levkas erreichen. Diese Fähre reicht genau
vom einen Ufer des Kanals bis zum anderen, so dass die Autos einfach auf
der einen Seite hinauf – und auf der anderen wieder hinunter fahren.
Jeweils zu vollen Stunde wird die Fähre dann an einem dicken Poller zur Seite geschwenkt und die Yachten und Fischerboote passieren den Kanal. Die Fähre ist also eigentlich eine schwimmende Drehbrücke. Das darf man
aber nicht laut sagen, weil Levkas sonst nach griechischem Recht den Status als Insel verliert – und damit eine Menge Steuervorteile und Fördergelder! Hoffnung auf eine elegantere Lösung besteht also sicher nicht, und irgendwie ist dieses Unikum ja auch ganz lustig… Ach ja, 17.00 h schaffen wir natürlich locker, sogar noch fünf Minuten vorher, mit ein bisschen Panik-Adrenalin fluppen die Manöver wie geschmiert!
In Levkada lockt die große neue Marina nicht wirklich, ich bekomme nur frischen Diesel in den Tank und weiter geht die schnelle und bequeme Reise. An der Südseite von Levkas liegt Syvota, ein kleiner Ort mit netten Kneipen. Die Wirtin vom Kafenion versucht mir einen Längsseitsliegeplatz vor ihrem Café zuzuweisen, aber die Tiefe reicht nicht. So fällt der Anker mitten in der Bucht, und zum Ufer wird gepaddelt.

23.04.2005

Samstag, 23. April 2005

23.04.2005Samstag, 23.04.05 – „Der Tag war perfekt” steht als Schlusssatz im Logbuch. Stimmt. Morgens unter Delfinbegleitung und unter Gennaker kniffelig im Slalom durch die schöne Inselwelt des Ionischen Meeres, dann mit zunehmendem Wind unter Passatbesegelung durch den Golf von Patras und unter der neuen, eleganten Hängebrücke hindurch (Fotoalarm…), dann 10,0 Knoten auf der Logge (Olga grüßt Richard schön, der den Rekord bis hierher hielt!), und dann noch ein wunderbarer Vollmond-Abend (samt Dusche im Gästezimmer) mit Alison, der Wirtin von „Lizzie’s Yachtclub” auf der Mini-Insel Trizonia. Manche Tage sind zu schön, um sie groß zu beschreiben.

24.04.2005

Sonntag, 24. April 2005

24.04.2005Sonntag, 24.04.05 – Ausnahmsweise legen wir erst eine Stunde nach Sonnenaufgang ab! Bis zum Kanal von Korinth sind es nur 50 Meilen, leider brist es nicht so schön wie in den letzten Tagen auf, aber dafür entschädigt der Kanal reichlich für die Flaute: Nach einer kurzen Pause beim Kanalwärterhäuschen öffnet sich die kleine Drehbrücke an der westlichen Zufahrt zu dieser gewaltigen, menschgemachten Schlucht, 80 Meter hoch steigen die Felswände senkrecht auf! Fotoalarm, wie üblich…Die Nachmittagssonne scheint an einigen Stellen bis auf den Grund der Klamm, und an der kleinen, italienischen Yacht vor uns kann man die Größenverhältnisse ganz gut abschätzen. Vier Brücken überspannen den Kanal, eine ist für Fußgänger reserviert, und weil da oben lauter Touristen fröhlich winken, tutet Wolfgang auf der Muschel, was schön schaurig von den Wänden widerhallt! Um 17.40 h stecke ich meinen Bug in die Ägäis, hier hat sich eine schöne thermische Brise aufgebaut, mit der wir noch zwölf Meilen bis in die geschützte Ankerbucht Phrango Limano segeln.

25.04.2005

Montag, 25. April 2005

Montag, 25.04.05 – Immer, wenn das Brot zur Neige geht, gibt es ja hier an Bord frische Pfannkuchen zum Frühstück. Was bei der Crew zu der Überlegung führt, den Broteinkauf komplett einzustellen… jedenfalls mal wieder Galafrühstück im Cockpit. Herr und Frau Webär (das sind die beiden Teddys im Bücherschapp am Hauptschott, die üblicherweise dezent die Bekleidung
vorschlagen) bekommen endlich das Ölzeug ausgezogen und ihre leichten Hosen an: Wir sind doch so langsam in warmen Gefilden angekommen! Mit leichten Brisen geht die Fahrt quer über den Saronischen Golf bis zur Marina Vouliagmeni. Hier haben sich die Olympiagewinnler (das „l” ist Absicht!) einen dezenten Parkplatz für ihre Nobelyachten geschaffen,
und so richtig willkommen sind Fahrtenyachten nicht. Weil bis zuletzt unklar ist, ob ich überhaupt an dem Logenplatz direkt an der Einfahrt bleiben darf, gehen Claudia und Olga mit zum Hafenmeister, ein wenig mit den Augen klimpern! Klappt prima, die Reflexe bei Männern sind ja doch irgendwie vorhersehbar! Zum Abendessen wird eine prima Hammelbraterei
gefunden, und für den Absacker veschwindet meine Mannschaft in der Nobelbar direkt hier in der Marina. Riesige Glasfront, unverbaubarer Blick auf den gerade aufgehenden Mond und meinen Liegeplatz, gemütliche Liegen zum Kuscheln (was die Athener Jugend reichlichst nutzt!) und prima Musik zum Tanzen, Olga und Wolfgang bekommen Applaus! Lediglich
die Tischdekoration ist etwas dürftig, weshalb meine Crew den gerade im Ort erstandenen Topf mit frischem Basilikum aufstellt. Die Kellnerin trägt es mit Fassung.

26.04.2005

Dienstag, 26. April 2005

Dienstag, 26.04.05 – Olga muss schon heute zum Flughafen und ist deshalb traurig. Ich auch! Ich werde aber prima auf deine Tasse aufpassen, tschüss bis zum nächsten Törn!
Die dezimierte Mannschaft segelt mich noch ein paar Meilen nach Norden, und weil es von dem gesamten neuen Oympia-Komplex noch keine Handbücher hier an Bord gibt, dauert es eine ganze Weile und eine unsanfte Grundberührung lang, bis ich endlich am Schwimmsteg in der Marina Faliru längsseits liege. Am Abend nutzt meine Crew den S-Bahn-Anschluss direkt nebenan am S.E.F-Stadion und bummelt durch Piräus.

27.04.2005

Mittwoch, 27. April 2005

Mittwoch, 27.04.05 – Mitten in der Nacht kommt Christian aus Kassel in die Marina: Ganz besonders herzlich Willkommen an Bord!
Claudia muss dann schon um 06.15 h zum Taxi, weil die Nacht also recht unterbrochen war, finden Frühstück und Endreinigung gemütlich erst am Vormittag statt. Dann wird es auch für Harald und Oliver Zeit, die
Taschen auf den Steg zu stellen, gute Reise, vielen Dank für alles und bis zum nächsten Mal!
Abends kommen Iro, Michalis und ihr fünfjähriger Sohn Pavlo zu Besuch, Pavlo bekommt eine Taschenlampe in die Patschehändchen gedrückt, unter Deck wird das Licht ausgemacht und schon können sich die Großen im
Cockpit gemütlich unterhalten, während der Kleine auf Seeräuberschifferforschungstour ist!
Weil man sich eigentlich aus Christians Doktorarbeitszeit auf Kreta kennt, wird das Abendessen stilecht in einer tollen kretischen Taverne eingenommen, Wolfgang und Iro mampfen Schnecken in Rosmarinsud um die Wette!