Von Nizza/Cannes nach Marseille

16.08.2006

Mittwoch, 16. August 2006

Mittwoch, 16.08.06 – Die alte Crew sitzt kaum im Taxi, da kommt die neue schon angebraust. Kein Wunder, fliegen ja auch alle mit der gleichen Maschine aus bzw. nach Köln! Die neue Crew, das sind Birgit und Toni Schneppel aus Schmallenberg (beide zu ersten Mal an Bord, aber beide schon mit Dieter SKS-Törn gesegelt) und Uschi und Dieter aus Warstein, beide schon zum ca. 7865sten Mal an Bord… Willkommen zum ersten reinen Sauerländertörn der Saison!
Am Nachmittag wird noch der Großeinkauf für die nächste Woche erledigt, und beim Abendessen lauscht mein Skipper gibt dann den neusten Warsteiner Nachrichten, es gibt ja immer viel zu erzählen, wenn die Eltern mitsegeln.

17.08.2006

Donnerstag, 17. August 2006

Donnerstag, 17.08.06 – Nach der obligatorischen Schiffs- und Sicherheitseinweisung steuert mich Toni aus dem Hafen. Eine leichte Brise reicht gerade so zum gemütlichen Einsegeln, und weit wollen wir heute sowieso nicht mehr. Tagesziel ist die Ile Ste. Marguerite vor Cannes, hier liegt man gut geschützt vor Schwell aus dem Süden. Eine Fahrrinne für den Tagestouristenfährverkehr muss freigehalten werden, direkt daneben fällt mein Anker. Die Crew geht baden, abends brät Birgit Nudeln mit Speck, klassisches Bordleben!

18.08.2006

Freitag, 18. August 2006

Freitag, 18.08.06 – Leider muss die morgendliche Schwimmrunde wegen Quallen ausfallen, schade, zum Trost wird das Frühstück verlängert.
Rote, riesige, uralte Granitfelsen bilden am Ufer die Kulisse für den Schlag nach St. Tropez. Und natürlich Unmengen anderer Boote, ganz Frankreich scheint an der Cote d’Azur Urlaub zu machen. Dementsprechend gibt es auch keinen Liegeplatz für mich im Hafen, aber die Bucht von Canoubiers bietet sich eine Meile westlich zum Ankern an. In dichtem Seegras will mein Anker nicht so recht greifen, aber die Besatzung der französischen Nachbaryacht meint, wir sollen einfach die Festmacheboje neben ihnen aufnehmen. Die sieht stabil aus, außerdem liegt sie schön dicht am Ufer, so dass meine Mannschaft bequem mit dem Beiboot an Land rudern kann. Immer am Steilufer entlang ist es ein schöner Spaziergang bis ins Zentrum von St. Tropez: erst an den teuren Villen der High Society vorbei, unterhalb der alten Bastion weiter zum Friedhof – und schon ist man am Hafen und an der orange-gelben, leuchtturmähnlichen Kirche, dem Wahrzeichen des ehemaligen Fischerdorfes. Dieter will es zwischendurch gar nicht glauben, dass es sich wirklich um St. Tropez handelt, weil der Weg am Strand entlang durch keinerlei Hotelburgen etc. führt, man landet von Westen kommend wirklich direkt im historischen, gemütlichen Stadtkern! Aber beim Anblick der Megayachten im Hafen ist er dann doch schnell überzeugt.
Zurück geht es wegen Dunkelheit per Taxi, allerdings, mangels Autozufahrt, nicht bis direkt an Higgins Parkplatz. So findet der schöne Tag seinen Abschluss in einer Mondscheinstrandwanderung am Golf von St. Tropez.

19.08.2006

Samstag, 19. August 2006

19.08.2006Samstag, 19.08.06 – Bis zum südlichsten Ankerplatz dieser Reise sind es knapp 30 Meilen, und bei herrlichem Segelwetter sind die fast zu schnell herum. Die Ankerbucht an der Ile de Porquerolles ist von großen Pinien umstanden, die Zikaden zirpen, das Wasser ist glasklar, die Weißweinschorle perlt im Glas und nach dem kitschigen Sonnenuntergang schnuppen die Sterne nur so vom Himmel. Das gibt natürlich wieder mal einen Astronomiekurs für Anfänger am Live-Objekt.

20.08.2006

Sonntag, 20. August 2006

Sonntag, 20.08.06 – Morgens kommt der Bäcker mit seinem Bötchen voller Brötchen! Sehr praktisch, dazu das klassische Sonntagsei, so kann der Tag weitergehen. Und das tut er dann auch. Leichter, später auch stärkerer Mistral sorgt für ein paar kurze Kreuzschläge auf dem Weg nach Nordwesten, Birgit steht wie festgenagelt am Ruder, während Dieter und Toni das Vorsegel wechseln. Uschi führt Logbuch und Wolfgang guckt zu: perfekte Crewaufteilung, findet der Skipper…
Am Anfang vom Golf von Toulon liegt St. Mandrier sur Mer, und wir haben tatsächlich mal einen Liegeplatz reservieren können! Den zu erreichen gestaltet sich allerdings schwierig, weil an der Festmacheboje acht Meter überschüssige Leine hängen, wodurch die Boje genau da umher treibt, wo ich rückwärts lang fahren soll. Böiger Wind macht das Manöver auch nicht leichter und um 16.40 h hänge ich mit dem Ruderblatt auf der Muringleine unseres (hoffentlich demnächst) Stegnachbarn. Wolfgang taucht in Hafenbecken ja immer besonders gerne und klariert mein Ruder, die Boje wird samt Leine an Deck geholt – und schwupps- um 16.50 h ist alles in Ordnung.
Beim Landspaziergang erweist sich St. Mandrier als gemütlicher, kleiner Urlaubsort. Am Ufer wird Boule gespielt, neben dem Hafen ist ein kleiner Strand, günstige Restaurants locken mit frischem Fisch. Nimmt meine Crew doch gerne!

21.08.2006

Montag, 21. August 2006

Montag, 21.08.06 – Der Wecker klingelt früh, weil morgens der Mistral manchmal etwas schwächer bläst. Heute aber nicht, und deshalb bleiben wir im Hafen. Nachmittags flaut es zwar mal für ein Stündchen ab, aber eigentlich heult der Wind den ganzen Tag in meinen Wanten – und das auch noch aus der Richtung, in die wir wollen. Faulenzen, lesen, schwimmen am Strand. Wolfgang wechselt mein Motoröl, muss ja auch mal sein. An einem Bummeltag bleibt ja auch immer viel Zeit zum Dinieren, Vorspeisen stehen auf dem Tisch, frische Koteletts brutzeln in der Pfanne, und hinterher werden die letzen Bananen flambiert.

22.08.2006

Dienstag, 22. August 2006

Dienstag, 22.08.06 – Wenigstens ist nur noch so viel Wind, dass man sich von Bucht zu Bucht nach Norden hangeln kann… eine richtige kleine Segelboot-Flottille hat sich am frühen Morgen gebildet und schummelt sich Kap um Kap in Richtung Marseille. Die Mühe wird aber belohnt: Am Kap Bec de l’Aigle (Adlerschnabel) löst Wolfgang zum ersten Mal Landschaftsalarm aus, und von da an alle paar Minuten: Roter Sandstein wurde vom Wind zu wunderbaren Formen geblasen, mal sieht es aus, als ob eine Schule Delfine aus der Felswand springen würde, dann findet man Gesichter oder Monster, dann vielleicht ein Krokodil oder einen Bären – und ab und zu und wie von Geisterhand tut sich eine Lücke in der Felswand auf und eine der Calanques, wie die fjordähnlichen Buchten hier heißen, öffnet sich und überrascht mit üppigem Grün und weißem Strand. Ab der Ile Riou gibt es dann sogar immer Doppellandschaftsalarm, weil nun nicht nur die Festlandsküste, sondern auch die vorgelagerte Insel reichlich Fotomotive bietet. Bei jeder Wende (und davon haben wir heute reichlich!) müssen als erstes die Kameras verstaut werden, der Wind ist ja weiterhin stark!
Und plötzlich, hinter dem nächsten Kap, sieht man Marseille. Wie es sich bei der Ansteuerung eines alten Handelshafens gehört, segeln wir bis vor den Liegeplatz mitten in der Altstadt. Toni bekommt dabei zwar ein wenig feuchte Hände, weil es schon eng und voll zugeht, aber ich bin unter Segeln ja nicht schlechter zu manövrieren als unter Maschine, nur rückwärts in die Box am Yachtclub, das machen wir dann motorunterstützt.
Die Erkundung der Stadt wird nach 50 anstrengenden Meilen gegen den Mistral auf morgen verschoben, heute fallen alle müde in die Kojen.