Von Izmir nach Kuşadası – Juli 2014

Samstag, 26.07.14 Außerdem ist ja schon der erste Teil der neuen Crew da! Willkommen zu Hause, lieber Christian! Izmir ist Neuland für Christian, also steht tagsüber ersteinmal eine kleine Stadtbesichtigung mit Uhrturm, Basar und Römischer Agora auf dem Programm. Am Nachmittag liefert mein Lieblingstaxler Hakan Wolfgangs Kollegen Roland an meinem Cockpit ab, und da Hakan nun einmal da ist, wird er auch gleich als Chauffeur für den Großeinkauf verpflichtet. Der gestaltet sich genau so lustig wie der Rest des Törns bis Kusadasi…. Am Abend kommen Muni, Rita und Volker dazu, die Reise steht also unter dem Motto „friends and family“. Dementsprechend gesprächsintensiv gestaltet sich der erste gemeinsame Abend, was da alles erzählt wird…

Sonntag, 27.07.14 Bei Meltemi-Lage empfiehlt sich immer ein Frühstart aus Izmir heraus, und meine chinesische Freundin Tai-Ming sorgt dafür, dass ich nicht durch das Großschifffahrtsfahrwasser aufkreuzen muss, sondern erst ab der alten Salzverladepier ein herrlicher Segeltag bis in die wunderschöne Bucht am Kap Kum beginnt. Rita ist zum ersten Mal an Bord einer Segelyacht und versteht nur Bahnhof: „Wer ist Rainer West? Und wer ist die Dirk??“ Aber „Badeplattform runter, reinhüpfen!“ versteht sie dann auch 😉

Montag, 28.07.14 Perfekte Tage ergeben die kürzesten Logbucheinträge: Schwimmen, Frühstücken, nochmal schwimmen, herrlich 23 Meilen weit segeln (bis Foca), ankern, schwimmen, lecker kochen, Sterne gucken und Sternschnuppen suchen. Viel Spaß mit Wunsch 86, lieber Roland!

Dienstag, 29.07.14 Vollzeugbrise, kaum Seegang, weiterhin Bilderbuchverhältnisse. Während die Adria und Italien im Regen ertrinken, ist hier weiterhin wolkenloser Himmel. Weil der Meltemi durch die Balkan-Tiefdruckgebiete aber recht südlich bläst, schaffe ich es heute noch nicht, das Schwarze Kap an der Westspitze der Halbinsel zwischen Kusadasi und Izmir zu umrunden und bis Oinoussa zu segeln. Auf die Frage „Und in welchen Hafen segeln wir dann?“ antwortet mein Skipper: „In den da!“ – und 20 Minuten später liege ich im kleinen Fischerhafen Yeniliman. Kein Tourismus, aber eine Fischerkneipe, unglaublich günstiges Essen, nette, hilfsbereite Leute und den ganzen Abend Hafenkino, weil die Sardinenfangflotte nach und nach eintrudelt. So war Fahrtensegeln, bevor die Marinas erfunden wurden!

Mittwoch, 30.07.14 Heute bläst er wieder nördlich, mein Meltemi! Und das soll er auch! Rauschefahrt die Straße von Chios hinunter, eine kleine Astro-Einweisung für Volker, der eine erstklassige Mittagsbreite schießt, Blinker links an Cesme vorbei, Slalom durch ein paar Fischfarmen hindurch und dann ein perfekt geschützter Ankerplatz (Sapdere Liman). Das idyllische Fleckchen kennen auch andere Skipper, ausnahmsweise und zum ersten Mal auf diesem Törn liegen wir nicht als einzige Yacht in der Bucht. Macht nichts, hier ist Platz genug für alle.

Donnerstag, 31.07.14 Wenn sich zwei Segelyachten auf ähnlichem Kurs begegnen, dann nennt man das eine Regatta. Der Gegner ist heute eine 39er Bavaria, der Skipper verkalkuliert sich, bleibt im Lee des nächsten Kaps hängen und gibt auf: Motor an… Ich segele natürlich gemütlich bei leichter Brise weiter, und erst in der kurzen Mittagsflaute wird mein treuer Golf-Diesel für ein paar Angelkringel um einen Thunfischschwarm herum gebraucht. Beißt aber nix… Mit der Nachmittagsbrise geht es weiter bis in die Quellenbucht bei Körman Adasi, das ist ja einer meiner Lieblingsplätze an dieser Küste: Bunte, vulkanisch-mineralische Felsformationen, Pinien und Zypressen auf den Hügeln, und bis auf eine einzige andere Yacht und ein paar türkische Wanderer in Seenot (werden aber von der anderen Yacht gerettet) nur Einsamkeit und Sternenhimmel.

Freitag, 01.08.14 Ein paar Delfine trösten darüber hinweg, dass der Wind heute schwächelt. Mal reicht es zum Segeln, mal nicht. Kusadasi liegt trotzdem um 15.30 h vor meinem Bug, eine tolle, kleine Reise geht zu Ende. Wie immer gibt es am letzten Abend Kontrastprogramm zum Buchteln: Erst Fischplatte satt im Restaurant oberhalb der Marina, und dann Basarbummel durch die quirligen Gassen der Altstadt. Beim Absacker im Cockpit kommt ein bisschen Wehmut auf, wie es halt so ist, wenn etwas besonders Schönes langsam zu Ende geht…