Von Kusadasi nach Kusadasi – Ende September 2015

Samstag, 26.09.15

Montag, 05. Oktober 2015
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Samstag, 26.09.15 Da bin ich wieder! Wolfgang ist mitten in der Nacht eingetrudelt, und schon am Morgen kommt Wilhelm aus Darmstadt an Bord. Wer zu früh kommt (offizieller  Crew-an-Bord-Zeitpunkt ist ja erst 16.00 h), den bestraft das Leben ja bekanntermaßen auch: Wilhelm darf beim segelklar machen und Deck schrubben helfen, in den letzen vier Wochen war ja niemand hier an Bord.
Am Abend kommen Irene, Katja und Balthasar aus Bayern dazu, das erste gemütliche Kennenlernabendessen findet mit grandioser Aussicht hoch über der Marina im besten Fischlokal am Platze statt.

Sonntag, 27.09.15

Montag, 05. Oktober 2015

Sonntag, 27.09.15 Meine Crew ist sehr segelerfahren, deshalb geht die Schiffs- und Sicherheitseinweisung rasch über die Bühne, pünktlich um 12.00 fährt Katja das Ablegemanöver und ich stecke meinen Bug in die Ägäis. Der Wind braucht noch ein bisschen, bis er thermikverstärkt so richtig bläst, deshalb klappt Wolfgang die Badeplattform runter, wirft den Rettungsragen an der langen Leine ins Wasser und die halbe Mannschaft geht baden. Als es aufbrist, sause ich mit sieben Knoten nach Südwesten, der erste Stopp ist Posidonio auf Samos. Und das ist wie immer ein perfekter erster Ankerplatz: Prima Kneipe am Ufer, guter, günstiger Weißwein im kleinen Supermarkt, glasklares Wasser zum Schwimmen.

Montag, 28.09.15

Montag, 05. Oktober 2015
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Montag, 28.09.15 Dies ist eine Beschwerde bei den Wettergöttern: Während der gesamten Saison hatten wir nachts so gut wie nie bedeckten Himmel. Heute klingelt um vier Uhr in der Frühe der Wecker, um die Mondfinsternis anzuschauen – und was ist?! Nix ist. Wolken. Später sogar Nieselregen! Frühstück gibt es noch später aber schon wieder im Cockpit.
Irene und Katja kommen vom Joggen zurück und berichten von den tausenden Schwimmwesten auf der Ostseite der Insel. Die brauchen die Flüchtlinge ja jetzt nicht mehr, und deshalb sind die griechischen Inseln zurzeit sehr, sehr bunt. Wilhelm wundert sich jetzt auch nicht mehr, dass in Izmir selbst in Schuhgeschäften Schwimmwesten verkauft werden.
Ich hangele mich ab Mittag durch die kleinen Flauten und wechselnden Winde im Lee von Samos nach Süden, und es dauert nicht lange, bis der Meltemi mit vier, fünf Beaufort einsetzt. Agathonisi ist schon gut zu erkennen, weil es dort nämlich brennt und zwei Löschflugzeuge den Weg weisen. Im kleinen Hafen bekomme ich einen Logenplatz direkt am Kai, nur einige von den ca. 150 Syrern müssen mal eben die Beine hochziehen. Die Kinder bekommen ein bisschen Schokolade aus meinem Vorrat, ein paar Männer tanzen, die Stimmung schwankt zwischen Freude, immerhin in Europa angekommen zu sein – und Ungewissheit, wie es nun weiter geht. Sabine und Georgios, meine Lieblingswirte auf Agathonisi, erzählen später, dass teilweise hunderte Flüchtlinge pro Tag auf der winzigen Insel anlanden. Das ist ein Vielfaches der eigentlichen Bevölkerung. Abends kommt eine Extra-Fähre und lädt die Flüchtlinge ein, danach ist plötzlich Ruhe und Beschaulichkeit. Bis morgen dann…

Dienstag, 29.09.15

Montag, 05. Oktober 2015

Dienstag, 29.09.15 Ein herrlicher Segeltag! Ein Reff im Groß, die Normalfock auf dem Bug, Rauschefahrt bis hinter die Insel Archangelos an der Nordspitze von Leros. Wilhelm trägt 0,4 von 21 Meilen als Motorfahrt ein, das sind die Linkskurve im Hafen von Agathonisi beim Ablegen und dann die Anfahrt des Ankerplatzes in der weiten, karibisch anmutenden Bucht am Nachmittag. Der Sandgrund lässt das Wasser türkisfarben schimmern, der Wind streicht über die Hügel, das hier ist einer meiner Lieblingsplätze! Wolfgang brutzelt abends eine leckere Gemüsesauce zu den Nudeln, und dann wird lange bei immer noch fast vollem Mond geredet und philosophiert. Das gehört ja auch dazu, vor allem nach Erlebnissen wie gestern.

Mittwoch, 30.09.15

Montag, 05. Oktober 2015
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Mittwoch, 30.09.15 Der Wetterbericht behält recht: Das Hoch, dass euch in Deutschland ein paar schöne Tage beschert, hat hier auch den Himmel blitzeblau gefegt und produziert starken Meltemi. Gemeinsam werde ich sturmklar gemacht: Kleine Fock, zwei Reffs ins Großsegel, ein leicht nervöser Skipper, bis wir uns aus der Legerwallsituation vor Leros freigekreuzt haben, aber dann tolles Segeln bis nach Arki. Nach dem alten Galateia-Motto: „Nein hat man, ja kann man kriegen!“ gucken wir mal eben, ob in Port Augusta, dem „Hauptort“ (ca. 50 Einwohner) ein Liegeplatz frei ist. Und tatsächlich, der eigentlich für die kleine Fähre aus Patmos reservierte Platz ist frei. Die kommt nämlich heute nicht. Zu viel Wind… Und schon liege ich längsseits mitten in einer griechischen Kitschpostkarte: Ein toller Dorfplatz mit einem uralten Olivenbaum in der Mitte, ein einsamer Strand zum Schwimmen um die Ecke, zwei Restaurants zur Auswahl für das Abendessen (gemischte Vorspeisen, Oktopus vom Grill und ein Haufen Lammkoteletts bei Tripas, also in der linken Kneipe), und ein paar Fahrtensegler aus aller Herren Länder für den netten Plausch zwischendurch. Man könnte, man sollte länger bleiben…

Donnerstag, 01.10.15

Montag, 05. Oktober 2015
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Donnerstag, 01.10.15 Aber wir müssen ja weiter, zurück nach Samos. Die anderen Segler bedauern uns entweder – oder erklären meinen Skipper für verrückt. Aber ich kreuze ja ganz gerne auf, und auch wenn der Seegang von Phournoi herunter gute zwei Meter erreicht, und auch, wenn der Wind später auf exakt gegenan dreht, und auch, wenn er kurz vor Phytagorion auf acht Beaufort zulegt, und auch wenn unter Deck die Polster (vergessen anzuklemmen…) durcheinander kullern, und auch, wenn aus 27 Meilen Luftlinie 43 Meilen durch das Aufkreuzen werden: Das ist ein wilder, toller, salziger Segeltag! Mit kurzem Delfinbesuch! Aber ausnahmsweise ankern wir nicht in einer der Buchten oder im Hafen von Phytagorion, sondern ich werde in die Marina neben dem kleinen Städtchen gelegt. Nachts brauche ich heute kein Abenteuer. Und der Spaziergang bis zum Innenhafen mit der kleinen Kneipen-und Flaniermeile und dem schönen Phytagoras-Denkmal dauert ja nur ein paar Minuten um ein kleines Kap herum. 

Freitag, 02.10.15

Montag, 05. Oktober 2015
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Freitag, 02.10.15 Ich bekomme heute ganz offiziell einen Stempel in die griechischen Schiffspapiere, denn mein Skipper klariert aus. Da merkt man dann doch, dass die Saison zu Ende geht. Das Prozedere dauert heute etwas länger, weil das nächste Schlauchboot mit 80 Syrern gerade in den Hafen eingelaufen ist. Die Behörden sind beschäftigt… macht nichts, da gibt es eben zwischendurch ein gepflegtes Frühstück im Café.
Gesegelt wird natürlich auch noch, Irene trickst mich durch die kniffelige Samos-Straße durch drehende Winde. Aber dann stabilisiert sich der Meltemi am Nordostkap und ich gleite wunderbar und beständig mit halbem Wind nach Kusadasi. Irre, wie schnell so eine Woche vorbei geht. Bei der Bordkassenabrechnung darf Wolfgang vermelden, dass ich immerhin zwölf Liter Diesel verbraucht habe. Also fast gar nichts. Also eigentlich, dass die Ankerwinsch davon schon mal die Hälfte und die Anlegemanöver den Rest benötigt haben…170 Meilen fast ausschließlich unter Segeln…ich liebe den Wind hier!
Schnell das Salz abwaschen und zum vergnüglichen Basarbummel in die Altstadt, eine tolle Reise feiern!