Von Tahiti nach Tahiti – Juli 2001

19.07.2001

Donnerstag, 19. Juli 2001

Donnerstag, 19.07.01 – Die Rollen werden nach und nach verteilt:
Wolfgang ist sicher Käpt’n Bligh, denn er hetzt die unerfahrene, unbescholtene, friedliche Crew mit rauher Stimme (zuviel gefeiert…) zum Fock setzen auf das Vorschiff. Eigenmächtig bestimmt er den Kurs, nur die traumhafte Kulisse und das Riff zum Schnorcheln in der Bucht von Vaiare auf Moorea (nach 12 schönen, schnellen Raumschotsmeilen) halten die Mannschaft noch von der Meuterei zurück!

20.07.2001

Freitag, 20. Juli 2001

Freitag, 20.07.01 – Eben (zweieinhalb Stunden lang mit den verspäteten Begrüßungsdelfinen vor dem Bug) um die Ecke in Cook’s Bay.
Wohl die meistfotografierte Bucht der Welt.
Und tatsächlich so schön, wie auf den Bildern.
Mindestens.
Wobei man die Strandbar,vor der ich verankert liege, auf den Bildern ja gar nicht sieht, was schade ist, weil sie sehr schön ist…
Die Kontakte der Mannschaft zu den Inselschönheiten (Barkeeperin) gestalten sich schwierig, weil der Häuptling (Hotelchef) wegen der AOM-Pleite (Konkurs des französischen Ferien-Charterflieger-Unternehmens) und des damit verbundenen Gästeschwundes zürnt!

21.07.2001

Samstag, 21. Juli 2001

Samstag, 21.07.01 – Eigentlich darf man die zurückgelegte Tagesstrecke ja gar nicht verraten, weil 4,5 Meilen einfach nur peinlich sind, auch wenn sie tapfer mit der Genua gesegelt werden…
weiter geht es aber nicht, weil die Mannschaft erst gegen 14.00 h von der Erkundung der Insel zurückkommt: 16 Kilometer Fußmarsch zum Aussichtspunkt am Gebirgspass zur Inselostseite, das alles in sengender Hitze und in den Abgasen der Pauschaltouristenbusse, die diese Tour (Tortur?!) natürlich motorisiert hinter sich bringen. Aber das kann der schikanöse Käpt’n Bligh natürlich keinesfalls erlauben!
Meuterei?!
Am Ankerplatz in der Baie de Opunohu (das ist quasi die Zwillingsbucht von Cook’s Bay) liegen „Seaquester“ und „Nimbus“, die kenne ich schon vom Panamakanal, also gibt es nach einem genialen Dinner (Frischer Thun an Chinakohl und Möhrengemüse á la Hongkong von Anja und Manfred gezaubert!) eine Wiedersehensfeier hier an Bord, zu der sich auch noch die französisch.österreichische Mann/Frauschaft der „Aquarelle“ gesellt: Ted und Rüdiger an den Gitarren, Benoit und Wolfgang an den Blues-Harps, der Rest an Trommel, Chiave, Löffeln… bis irgendwann um 00.00 h am

22.07.2001

Sonntag, 22. Juli 2001

Sonntag, 22.07.01 – Da hat Rüdiger nämlich Geburtstag!
Auf den Geburtstagskuchen ist die Schokolade noch nicht ganz fest, aber das macht ja nichts!
Herzlichen Glückwunsch!
Das Ablegemanöver verschiebt sich aufgrund erwarteter Trägheit der Mannschaft wieder mal auf 15.00 h, der Tagesweg reduziert sich auf 4,2 Meilen, da ankern wir dann vor einem netten Hotel als einzige Yacht, weil der Pass Taotoi, der in diese Lagune führt, mit nur zwei Metern Wassertiefe im Handbuch steht, aber tatsächlich sechs Meter hat. Das weiß aber außer uns fast niemand…

23.07.2001

Montag, 23. Juli 2001

Montag, 23.07.01 – Filmkulissenwechsel: Heute werden Szenen aus „Käpt’n Nemo- 20000 Meilen unter dem Meer“ nachgestellt.
Manfred, Klaus und Wolfgang machen zwei Tauchgänge mit Tauchlehrer vom Hotel (außerdem mit dabei: Benoit als Skipper des Tauchbootes, ein Skorpionfisch, ein Riesenhundsmaulthunfisch, dutzende Haie, zwei Schildkröten und die abertausenden Fische und Korallen, die mal wieder unbeschreiblich sind.)
Anja, Rüdiger und Ernst spielen währenddessen mit den weltberühmten Stachelrochen von Moorea, die schweben nämlich im hüfttiefen Wasser 100 Meter hinter meinem Ankerplatz wie UFOs über den Sand und lassen sich streicheln und füttern. Was auch mal wieder unbeschreiblich ist. (ein Versuch: stellt euch eine zwei Meter lange Flunder vor, die euch den ausgestreckten Arm hinaufgleitet, weil sie am Bauch gestreichelt werden will. Die Haut ist sehr weich, etwa wie nasses Fensterleder. Schön ruhig bleiben, der stachelbewehrte Schwanz ist eine Abwehrwaffe, die ganz schöne Macken schlagen kann!)
Um das ganze abzurunden hier noch die Sonnenuntergangsszenerie von der Strandbar aus: Ich im Vordergrund auf blauem. Ankergrund, dahinter das Flach zum hin Riff in all den anderen Blautönen, ein kleines und ein großes Motu mit ein paar dekorativen Palmen in diversen Grüntönen, und dahinter dann die untergehende Sonne in den üblichen Orange- und Pink-Tönen…

24.07.2001

Dienstag, 24. Juli 2001

Dienstag, 24.07.01 – Die Ankerkette hat sich um einen Korallenblock gewickelt, weshalb zum Ablegen leider der große Hammer benötigt wird. Die Genua zieht uns nach Süden, in den einsameren Teil Mooreas. Am Pass Matauvau flitzen ein paar wahnsinnige Surfer auf ihren Brettern durch die meterhohen Wellen, aber ansonsten haben wir den Ankerplatz im Außenriff für uns alleine. Ein Kanu mit einem Fischer drin. Ein Adlerrochen auf Erkundungsflug. Ein Beiboot voller Deutscher auf der Suche nach frischem Baguette. Aber danach wieder die Stille, die so deutlich ist, weil man die Brandung hört.

25.07.2001

Mittwoch, 25. Juli 2001

Mittwoch, 25.07.01 – Heute darf ich endlich mal so richtig loslegen! Quer über die Straße von Moorea zurück nach Tahiti!
Knapp 30 Meilen offenes Wasser, richtiger Seegang, Nordostwind um fünf Beaufort, ein Reff im Großsegel, die kleine Genua vorne und ab geht die Post!
Nach fünf Stunden liegt der Pass Rautirare querab, da wollen wir wieder hinter das Außenriff, da liegen nämlich der botanische Garten und das Gaugin Museum.
In den überzivilisierten Ländern Mitteleuropas ist es ja nicht so sehr üblich, mit der Yacht im botanischen Garten anzulegen, hier sorgt das lediglich für Heiterkeit. Das Betreten des Rasens ist erlaubt, das Belegen der Achterleine an einer Palme ebenfalls, genauso wie das Duschen mit dem Süßwasser der Bewässerungsanlage.
Die Parkwächterin räumt dann noch eben den Rücksitz ihres kleinen Autos frei und chauffiert Anja, Manfred, Ernst und Wolfgang nach Dienstschluß zum nächsten Supermarkt, weshalb es später Sashimi von Rotem Thunfisch an Bord als Nachtmahl gibt.
Habe ich zwischendurch eigentlich mal die Freundlichkeit der Leute beschrieben?! Wahrscheinlich nicht, weil das wieder mal unter die Kategorie „unbeschreiblich“ fällt…

26.07.2001

Donnerstag, 26. Juli 2001

Donnerstag, 26.07.01 – Neuer Kurzstreckenrekord nach Besichtigung des Gaugin-Museums (sehenswert, vor allem, weil Gaugin Seemann war, und ein ganz schön schlimmer Finger. Vielleicht hat er sogar Van Goghs Ohr auf dem Gewissen, was im Absinthrausch so alles passieren kann…) und nach der Besichtigung des botanischen Gartens (gestern war es ja schon zu spät, der Garten ist super!) segeln wir 3,5 Meilen weiter:
In der neuen Marina „Baie de Phateon“ ist der Liegeplatz für eine Nacht frei, incl. Süßwasser, was der eigentliche Grund unseres Hierseins ist.
Im Örtchen ist heute großer Zapfenstreich, weil das Kommando der dortigen Kompanie an einen neuen Chef übergeben wird. Massiver Feuerlöschereinsatz begleitet den Marsch der Soldaten über die fackelerleuchtete Straße (merke. Fackeltöpfe NIE außen lackieren, auch wenn es schön aussieht! Lack brennt!), die Soldaten singen sehr schön tahitianische Weisen, und man merkt sehr deutlich, dass die französische Militärpräsenz nach dem Atombombenteststopp schwer gegen null geht. Gott sei Dank!
Wobei die Einheimischen durchaus auch das Ende der militärischen Gelder spüren. Naja.

27.07.2001

Freitag, 27. Juli 2001

Freitag, 27.07.01 – Tahiti sieht von oben aus wie eine umgekippte acht. Der große Teil heißt Tahiti Nui, der kleine Tahiti Iti.
An der schmalen Verbindungsstelle liegt die Marina, nach dem Ableger geht der Kurs zu unserer Inselumrundung an die Südspitze von Tahiti Iti, das ebenfalls (wie Tahiti Nui und Moorea) ein fast komplett umlaufendes Außenriff hat, hinter dem es prima Ankerplätze gibt.
Am Pass Vaiau beginnt der wildeste Teil Tahiti Itis, denn die Uferstraße hört ein paar Kilometer vorher auf, und zwar wegen Unbebaubarkeit der Steilküste. Zwei Häuschen stehen am Ufer, eines hat eine Anlegesteg, mit einer Festmacheboje, die wir benützen dürfen (die Freundlichkeit kennt keine Grenzen!!!), das andere hat eine Minifischzucht, aber einen zu beschäftigten Bewohner, weshalb es abends keinen Frischfisch aus der Pfanne gibt.
Schade, denn Klaus, Ernst, Manfred und Wolfgang kommen hungrig vom Höhlen- und Flußerkundungsausflug zurück, sowas gibt es hier nämlich reichlich: Flüsse, Grotten, Wasserfälle, Dschungel…. Aber Spaghetti schmecken ja auch gut!

28.07.2001

Samstag, 28. Juli 2001

Samstag, 28.07.01 – Und weil das Aufkreuzen gegen den Nordostpassat an der Ostseite der Insel so viel Spaß macht, bleiben wir etwas länger draußen, als wir eigentlich müssten. „Erst“ gegen 15.00 h segeln wir durch den Pass Aiurua hinter das Riff. In einem der kleinen Fischerhäuschen wohnt eine „Häuptlingstochter“ (die erkennt man hier am Umfang!), weshalb das lange vergessene Thema „Meuterei“ wieder auf den Tisch kommt…

29.07.2001

Sonntag, 29. Juli 2001

Sonntag, 29.07.01 – Fluchtartig lässt deshalb der Käpt’n ablegen, trotz des schlechten Wetters. Der blaue Himmel hat Pause, ein breites Wolkenband überquert die Gesellschaftsinseln und soll eine Winddrehung auf Südost bringen.
Dann man fix auf die Nordseite der Insel!
Eine Delfinschule am Bug, ein superfreundlicher Baustoffhändler mit einem supersicheren kleinen Privathafen und zwei superfreundlichen Wachhunden, eine Superkneipe am Ende der Straße mit superbekifften Einheimischen und superschöne Landschaft trösten darüber hinweg, dass Supersch…wetter ist: Seit 11.00 h gießt es in Strömen.

30.07.2001

Montag, 30. Juli 2001

Montag, 30.07.01 – „Auf einmal ist es wieder schön, die Sonne lässt sich wieder sehn…“ , ein toller Regenbogen hinter uns verabschiedet die Schauerfront – aber auf der Funkrunde mit „Pazifik-Günther“ werden Wunden geleckt: der nächtliche Schlechtwetterdurchgang hat bei einer Yacht einen Ruderbruch verursacht, beim Ankerplatz in Maeva Beach hat es mit Windstärke sieben gepfiffen, die „Helene 2“ konnte wegen Sturms kein Atoll in den Tuamotus anlaufen, die „Ole Hup“ hat die Nacht draußen beiliegend verbracht und Wolfgang klopft auf Holz, weil wir ein Plätzchen in „Abrahams Schoß“ hatten.
Und jetzt auch noch auf der Leeseite der Insel einen tollen Segeltag haben, bis am Nachmittag dann Papeete erreicht ist. Ich werde am Boulevard Pomare verankert, dann feiert meine Mannschaft Ernsts letzten Abend, denn morgen früh muss er schon zum Flieger.

31.07.2001

Dienstag, 31. Juli 2001

Dienstag, 31.07.01 – Noch zweimal quer über über die Landebahn, dann ist mein endgültiger Liegeplatz in der Taina Marina erreicht. Das Abschiedsessen wird wieder in den „Roulottes“ eingenommen, und danach wird die Bar des Marina-Restaurants belagert, und zwar zusammen mit der Crew von der „Christianshavn“, wo ebenfalls ein Abschied zu feiern ist, denn Thomas geht von Bord und fliegt zurück nach Dänemark.
Wobei es ja irgendwie komisch ist, Abschied zu feiern. Eigentlich sollten ja alle traurig sein. Aber die Freude über die gemeinsam verbrachte Zeit überwiegt dann doch einfach, auch wenn sie zu Ende geht.

01.08.2001

Mittwoch, 01. August 2001

Mittwoch, 01.08.01 – Selbst die obligatorischen drei Stunden Schiff putzen können die gute Stimmung nicht mehr ändern, und von Meuterei ist ebenfalls (und trotz der Schrubberei!) endgültig keine Rede mehr.
Niemand will ja hier ernsthaft irgendwen von Bord haben.
Oder gar mich entführen!
Ein bisschen Wehmut…, na denn bis nächstes Jahr!
Aber für lange Sentimentalitäten ist dann mal wieder gar keine Zeit, schon gar nicht für mich und Wolfgang, denn Gerlinde und Michael stehen exakt in der gleichen Minute an der Gangway, als der letzte Schwamm ausgewrungen wird. Und weil die beiden schon seit ein paar Tagen auf Moorea warten und außerdem einen Leihwagen haben, sich also erstens schon ganz gut auskennen und zweitens motorisiert sind, werden sie gleich zum Großeinkauf und zum Gasflaschen tauschen losgeschickt.
Und am Abend wird schon wieder gefeiert, und zwar hier im Cockpit. Wolfgang und ich sind nämlich seit genau drei Jahren gemeinsam unterwegs. Kaum zu glauben, dass es wirklich schon so lange her ist, seit in Portoroz meine Achterleinen geslippt wurden!
Besonders schön ist, dass sich immernoch recht viele von den alten Freunden via e-mail melden, obwohl Wolfgang so gut wie nie zurückmailt, weil er das zeitlich kaum schafft. Und weil er zu faul ist.
Aber dafür ist ja auch das Logbuch da, da steht ja (fast) alles über uns drin! Mailt aber trotzdem (ohne angehängte Dateien!) weiter, Wolfgang freut sich immer riesig!
An dieser Stelle aber mal besonderen Dank an Swen und Ulla, Michael Heckl, Norbert und Monika, Gerdi, Siggi und Hanno, Carola, Bärbel und Klaus… und die allerherzlichsten Glückwünsch zum Nachwuchs an die Skipperkollegen Rico und Martin.
Wie habt ihr das bloß geschafft??!