Von Tahiti nach Tahiti

02.07.2008

Mittwoch, 02. Juli 2008

Mittwoch, 02.07.08 – Ich werde wie immer am letzten Tag eines Törns auf Hochglanz poliert, denn Rosi und Stephan Stolle werden aus Deutschland erwartet. Weil die Lufthansa streikt, verzögert sich die Ankunft leider bis zum späten Abend, bis dahin habe ich ein paar andere Gäste an Bord: Ein Großteil der Contadora-Günther-Funkrunde liegt vor der Marina vor Anker, und vor dem gemeinsamen Landgang treffen sich die Crews von „Sappho”, „Cosi fan Due”, „Golden Tiller” etc. hier im Cockpit zum kurzen Kennenlernen. Schon immer lustig, wenn aus den Funkstimmen vom offenen Ozean plötzlich leibhaftige SeglerInnen werden!
Bei den Roulottes, das sind die kulinarischen Leckerimbisse, die jeden Abend am Hafen angerollt werden, trifft man sich noch mal mit Daniel und seiner Mannschaft. Hier verabschiedet sich Sylvia leider als erste von Bord, alle anderen bleiben ja noch für eine Weile. Komm gut Heim – und bis nächstes Mal!
Zurück in der Marina treffen Rosi und Stephan dann ein, Willkommen an Bord! Auch schon zum fünften Mal, zuletzt in Maine, Kontrastprogramm!

03.07.2008

Donnerstag, 03. Juli 2008

Donnerstag, 03.07.08 – Da ich zur Zeit ja eine Mammutcrew an Bord habe, gestaltet sich der Einkauf für den kurzen Törn rund Moorea einfach: Monika, Rosi, Wolfgang und Christian erledigen den Supermarktanteil im riesigen Carrefour, Gerdi, Ursel und Stephan holen Obst bei den kleinen Verkaufständen zwei Busstationen stadteinwärts quasi frisch vom Feld. Da bleibt noch Zeit für ein paar Meilen an der Küste entlang nach Süden. Bugwellenbegrüßungsdelfine für die Neuankömmlinge, nur leichte Brisen im Lee des hohen Vulkans, gerade recht für den ersten Tag. Beim Kap Maraa führt ein Pass durch das Saumriff, das Tahiti komplett umgibt, in eine kleine Lagune. Mit dem Anker fällt auch die Sonne ins Wasser und erzeugt eine orangerote Hintergrundbeleuchtung für eine hübsche Gruppe Tamarisken im Vordergrund und die skurrilen Gipfel Mooreas am Horizont. Warnung an alle Freunde meiner Crew: Bringt zu den Fotoabenden demnächst in Rosenheim, Nürnberg, Kassel etc. ausreichend Sitzfleisch und Sonnenbrillen mit, die Kameras klicken hier im Stakkato!

04.07.2008

Freitag, 04. Juli 2008

Freitag, 04.07.08 – Weil ob der wunderbaren Urlaubsstimmung hier an Bord eine gewisse Nachlässigkeit in Bezug auf die Seemannschaft eingetreten ist, meldet sich das große Meer zur Abwechslung mal deutlich und versetzt meinem Skipper und der Crew ein paar ordentliche Nasenstüber: Bei einem eigentlich sehr schönen Am-Wind-Kurs ein paar Meilen die Küste entlang fällt als erstes mal eine schlecht gestaute Wassermelone aus dem Netz und zerplatzt auf dem Salonboden. Das ist ja noch eher lustig. Nach der ersten Wende rächt sich aber, dass gestern die Sicherheitseinweisung, da ja alle schon häufig an Bord waren, geschludert wurde. In der Backbord-Achterkabine ist das Seeventil vom Handwaschbecken nicht geschlossen, und da ich ordentlich auf der Backe liege und der Seegang Anlaufplatz bis Antarktika hat, drückt es Wasser in die Kabine, welches sich dann großflächig in meinen Bilgen verteilt. Damit selbiges Wasser besser gelenzt werden kann, soll ich etwas aufrechter gesegelt werden, das geht am besten, indem man etwas anluvt und die Segel im vorderen Bereich killen (flattern) lässt. Eine kleine Extrawelle sorgt dafür, dass dieses Manöver leider misslingt und zu einer ungeplanten Wende wird. Dabei verheddert sich die Angelleine in meinem Propeller. Das macht nicht mehr so viel aus, weil bei dieser Panne auffällt, das vorher die schlecht verräumte Genuaschot (wir segeln mit der Fock, die hat eigene Schoten!) sowieso schon außenbords gespült wurde und ebenfalls im Propeller hängt. Macht nichts, ankern unter Segel ist hinter dem nächsten Pass in der geschützten Lagune problemlos möglich. Theoretisch. In der Praxis bricht bei der ersten Halse hinter der Riffpassage der Schäkel von der Großschot. Materialfehler, unvorhersehbar, Pech – aber so ist es eben. Ohne Motor und ohne Segel bin nun selbst ich eher schlecht manövrierbar, und bis Wolfgang die Großschot einfangen kann, treibe ich ganz schön in Richtung Land. Der Anker ist natürlich längst klar zum Fallen, echte Gefahr besteht nicht, aber hektisch wird es doch. Als das Großsegel wieder unter Kontrolle ist, wird das Ankermanöver eingeleitet, das klappt super, der Skipper schnorchelt und klariert den Propeller. Anker wieder auf, eine Meile weiter. Um die Pannenserie noch ein wenig abzurunden, wird Rosi am endgültigen Ankerplatz beim Ausbringen der Landleine von einer Armee Feuerameisen angegriffen und tanzt Tamure, den polynesischen Liebesreigen, in einer fast-forward-Version.
Nun die guten Nachrichten: Die Palme, an der meine Landfeste nun hängt, steht im Botanischen Garten von Tahiti, direkt daneben steht das Gauguin-Museum, der Platz ist ein echter Geheimtipp, da nirgendwo verzeichnet – und nach einer kurzen Gedenkminute und dem gegenseitigen Versprechen, mich in Zukunft wieder etwas seemännischer zu führen, sind Crew und (vor allem) Skipper auch wieder bester Laune.
„Die See liebt das Scherzen nicht” sagen die russischen Seefahrer. Ab und zu zeigt sie eben, dass sie ernst genommen werden will, auch wenn alle in bester Spaßlaune sind.

05.07.2008

Samstag, 05. Juli 2008

05.07.2008

Samstag, 05.07.08 – Vormittags erkundet meine Mannschaft den Botanischen Garten und das Museum. Beides sehr schön, besonders die dschungeligen Teile des Gartens beeindrucken. Für alle Galapagos-Fans gibt es auch noch zwei Schildkröten in einem kleinen Gehege, aber später am Nachmittag verlassen wir diesen wunderschönen Platz dann doch wieder. Kurs West, Richtung Moorea. In der Passage aus dem Riff heraus tummeln sich heute ein paar Wellenreiter und schießen dicht neben mir durch die Gischt, so nah kommt man da selten dran! Anders als in den Tuamotus, wo die Passagen jeweils zwischen zwei Motus, also Land hindurch verlaufen, habe ich hier die Brandung hoch über die Korallenriffe laufen. Rechts und links, da rollen die Brecher und rauschen und leuchten in der Sonne, wenn der Wind die Kämme abreißt und kleine Regenbögen im Sprühnebel entstehen! Und mitten drin die Surfer, schon toll! Nur hier mitten im Pass selber ist das Wasser leidlich tief und ruhig, die Jungs winken uns zu und sehen natürlich, dass sie fotografiert werden und machen ein paar Extra-Kapriolen. An Bord bleibt die Fortbewegung gemütlich, da ich nun Rückenwind habe, bummeln wir nur langsam bis zum Ankerplatz am Kap Maraa, auch heute wieder mit tollem Sonnenuntergang.

06.07.2008

Sonntag, 06. Juli 2008

Sonntag, 06.07.08 – Wie immer für längere Strecken mit Rückenwind bekomme ich die Passatbesegelung auf das Vorschiff gesetzt, 35 Meilen zieht sie mich bis an die Nordwestecke von Moorea, Tahitis „kleiner Schwester”. Da gibt es den nächsten Geheimankerplatz, denn in den Handbüchern steht der Pass Taotoi, der dorthin führt, mit nur zwei Metern Wassertiefe angegeben. Ich weiß aber seit 2001, dass er sechs Meter hat, innerhalb der Lagune ist ein kleines Fahrwasser betonnt, hinter der dritten grünen Bake ankern wir. Mal wieder ganz alleine.

07.07.2008

Montag, 07. Juli 2008

07.07.2008

Montag, 07.07.08 – Ganz alleine stimmt allerdings nicht wirklich, ein paar hundert Meter weiter ist der Club Med, und am Ufer stehen einige kleinere Hotels und Pensionen. Hauptattraktion sind hier die zahmen Stachelrochen, die sich an die Menschen gewöhnt haben, sich füttern lassen und wie nasses Fensterleder im hüfttiefen Wasser um die Beine streichen. Ursel, Monika und Gerdi wollen gar nicht mehr weg, und als das Gewusel auch noch ein paar kapitale Riffhaie anlockt, da nimmt es auch Christian und meinem ja durchaus unterwasserverwöhnten Skipper den Atem. Rosi und Stephan müssen sich an die netten Tiere ja erst noch gewöhnen und sind über etwas Abstand ganz froh. Haie machen wir dann beim nächsten Schnorchelgang, für heute reichen die Rochen. Was für ein Erlebnis!
Zwei Meilen weiter östlich liegt die Baie de Opunohu. Moorea ist ein alter Vulkan, und die schroffen Reste der Kraterwände bilden diese Bucht. Sie gilt als eine der schönsten Buchten der Welt. Mit Recht. Und ich mitten drin. Auf dem Wanderweg zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Bucht liegen noch ein paar alte Maraes (polynesische Versammlungsplätze) in einem verwunschenen Feendschungel, fast verwitterte Tikis (Ahnenbilder) bewachen einen kleinen Bachlauf, Bogenschützenplätze erzählen von vergangenen Sportwettkämpfen der Insulaner -eine Zeitreise. Ein paar halb verwilderte Hähne liefern sich im Unterholz einen Kampf und holen meine Mannschaft in die Gegenwart zurück. Am Aussichtspunkt verschlägt es meiner Mannschaft dann zum zweiten Mal am heutigen Tage die Sprache. Von hier oben kann man auch noch die Baie de Cook überblicken, die Zwillingsbuchten liegen im goldenen Gegenlicht noch fast genau so, wie Cook und Forster sie gesehen haben müssen. Alle Grüns des Dschungels, umrahmt von schwarzen Lavawänden und nur am Meeresufer Anzeichen von Zivilisation. Was für ein Blick!
Von fremden Menschen soll ich ja auch immer erzählen: Vincenzo, der bei einer landwirtschaftlichen Schul- und Musterfarm arbeitet, bietet meiner Mannschaft seine Chaffeurdienste nach Pao Pao hinunter an, und weil sieben zusätzliche Passagiere natürlich nicht in seinen kleinen Peugeot passen, fährt er die fünf, sechs Kilometer eben zwei Mal, spielt unterwegs noch den Fremdenführer, erzählt von seiner Frau, die für vier Jahre eine Stelle am Gymnasium hat und (verständlicherweise!) nicht mehr weg will und trinkt mit meiner Crew noch einen Saft im Strandcafé. Dankeschön, merci beaucoup!
Im kleinen Familienrestaurant direkt daneben präsentiert Chefin Lydie ihre neueste Enkeltochter, tratscht mit einem älteren Mahu mit Menschenfresserfrisur (Mahus sind als Frau erzogene Männer, die hier quasi ein drittes Geschlecht bilden und ein alltäglicher Anblick sind) und seinem Bruder, zaubert nebenbei ein formidables Abendessen und sorgt dafür, dass der Schwiegersohn meine Ausflügler wohlbehalten zurück zu Higgins, meinem Beiboot, und damit zu mir in die Baie de Opunohu kutschiert. Wieder mal: Merci beaucoup, bzw. maururu, sind ja Einheimische!
Was für ein Tag!

08.07.2008

Dienstag, 08. Juli 2008

Dienstag, 08.07.08 – Morgens regnet es. Das macht nichts. Aber als am Ostkap, zu dem wir uns gerade gegen den Wind vorgemogelt haben, und von dem aus ich nun eigentlich schön in Richtung Papeete abfallen könnte, der Wind einschläft, da hadert Wolfgang mit Rasmus. Der hat ein Einsehen, reißt die Wolken auf, dreht den Passat auf Nord-Ost und beschert uns einen herrlichen Segeltag zurück in die Marina Taina. Ursel und Christian lassen es sich nicht nehmen, die letzten Meilen zu steuern, da sie als einzige nicht mehr beim nächsten Törn dabei sind. Monika, Gerdie und Rosi und Stephan segeln mich ja bis nach Samoa! Aber bis dahin ist erst einmal Segelpause, denn hier in Papeete wird heute der Heiva eröffnet, das ist das größte polynesische Fest des Jahres. Alle Inseln treten im Wettstreit um die schnellsten Auslegerboote, die besten Chöre, die schönsten Tanzgruppen usw. gegeneinander an, schade, dass ich in der Marina liegen bleiben muss. Wenigstens die Kanus kommen beim Training hier vorbei, da habe ich auch was zu gucken.

09.07.2008

Mittwoch, 09. Juli 2008

09.07.2008

Mittwoch, 09.07.08 – Morgens werde ich wie bei jedem Törnende gewienert, danach verstreut sich die Crew für eine Weile: Ursel, Gerdi und Monika werden von einem netten Schweizer abgeholt, in dessen Pension sie ihr Basislager für ihre Tahiti-Exkursionen aufschlagen, Rosi und Stephan gehen auf Fotostreifzug, Christian besorgt für sich und meinen Skipper Eintrittskarten für einen Tanzabend und am Abend trifft sich alles wieder bei den Roulottes, den lustigen Leckerimbissen, die das wahre Zentrum Papeetes sind.

10.07.2008

Donnerstag, 10. Juli 2008

Donnerstag, 10.07.08 – Rosi und Stephan (die beiden nutzen mich in der Freiwoche als Früstückspension!) machen sich nach dem Frühstück auf den Weg zu ihrem Touristenprogramm, durch das Heiva-Festival ist ja überall was los.
Christian und Wolfgang schreiben mal eine Arbeitsliste, was in der Woche so alles erledigt werden soll. Ölwechsel, Abdichten des Außenbordmotors, der irgendwo leckt, Renovierung der Relingsnetze, Dieselfilterwechsel etc. Bevor die Arbeit so richtig anfängt, hört sie aber schon wieder auf, weil Jill und Ruth, meine beiden britischen Linehandlerinnen aus dem Panamakanal, mit ihrer „Tuppeny” angekommen sind. Reichlich Abenteuergeschichten im Cockpit…
Andreas von der „Otis” ist ein neuer Freund, außerdem ist die „Cosi fan due” da. „Cosi”- Andreas hat Begleitung, Co-Skipper Hanne ist für ein paar Wochen angereist. Die beiden laden Christian und meinen Skipper zu einem formidablen Abendessen ein. Zum Absacker kommen Ruth und Gill noch dazu, und wer jemals in die vergnügliche Situation kommen sollte, mit dieser Konstellation einen Abend voller Gelächter zu verbringen, der wird verstehen können, dass Christian sich an Teile des Heimwegs nur noch blass erinnern kann…

11.07.2008

Freitag, 11. Juli 2008

Freitag, 11.07.08 – Meine beiden Helden können deshalb heute Nachmittag (der Morgen wird gestrichen…) nur Arbeiten erledigen, die keine Konzentration und kein Fingerspitzengefühl erfordern.
Am Abend fällt leider der geplante Tanzabend ins Wasser, weil es regnet, aber für einen kleinen Kneipenbummel geht es schon wieder.

12.07.2008

Samstag, 12. Juli 2008

Samstag, 12.07.08 – Ein Teil des Heivas sind die Sportwettkämpfe, heute finden am Tahiti-Museum das Finale im Speerzielwerfen (auf eine Kokosnuss am Ende einer ca. 20 m hohen Stange), das Kokospalmenklettern und die Vorausscheidungen im Steinheben bis zur 150 k-Klasse statt. Volksfeststimmung! Und sehr exotisch, denn die Tahitianer tragen natürlich Tracht: Lendenschurz, Blumenschmuck und Tatau (Tattoo).

13.07.2008

Sonntag, 13. Juli 2008

13.07.2008

Sonntag, 13.07.08 – Autostopp ist hier neben den lustigen Sammeltaxis, die umgebaute Mercedes-Kleinlaster sind, die übliche Fortbewegungsvariante. Christian und Wolfgang lernen so eine tahitianische Familie samt Brathähnchen, zwei Surfer, eine hängengebliebene Italienerin, die erfolgreich Häuser makelt und nach dem mal wieder einfach völlig unbeschreiblichen Tanz- und Gesangsabend im Heiva-Stadion den Apotheker des Supermarktes neben der Marina kennen.

14.07.2008

Montag, 14. Juli 2008

Montag, 14.07.08 – Bastille-Tag, Nationalfeiertag der Franzosen. Aber nicht der Deutschen, weshalb meine beiden Helden nun doch den nächsten großen Teil der Arbeitsliste angehen und dabei auch ganz erfolgreich sind. Obwohl die Auslegerkanu-Finale im Hafen stattfinden, tapfer, tapfer.
Zur Belohnung gibt es eine „Girls-Night” in Papeete mit Jill und Ruth.

15.07.2008

Dienstag, 15. Juli 2008

Dienstag, 15.07.08 – Heute wird der Rest der Liste abgearbeitet, immer mal wieder unterbrochen durch netten Besuch von anderen Seglern, ist eine nette Gemeinschaft hier.
Und am Abend muss Christian dann zum Flughafen. Das Trampen klappt wieder prima, aber ansonsten ist das natürlich auch schon der einzige schöne Aspekt von seiner Abreise. Bis bald, Großer!
Am gleichen Abend finden die Endläufe im Früchtetragen der Männer (2,6 km mit 50 kg Last, Wahnsinn!) statt, Monika und Gerdi machen Fotos, Heiva ist super!