Von Cairns nach Darwin – Juli 2003

10.07.2003

Donnerstag, 10. Juli 2003

Donnerstag, 10.07.03 – Großes Großreinemachen. Und ein wenig rumbummeln.

11.07.2003

Freitag, 11. Juli 2003

Freitag, 11.07.03 – Und dann sitzen meine beiden Längstzeitgäste im Bus in Richtung Dschungel, Australien besteht ja nicht nur aus Küste! Vielen Dank nochmal für alles, und bis nächstes Jahr!

12.07.2003

Samstag, 12. Juli 2003

Samstag, 12.07.03 – Dieter wartet den Außenbordmotor und Wolfgang geht zum Tanzen. Die übliche Aufgabenverteilung, wenn die beiden zusammen an Bord sind…

13.07.2003

Sonntag, 13. Juli 2003

Sonntag, 13.07.03 – Wie gestern! Dieter gratuliert seinen SKS-Schülern ganz herzlich, die heute am Möhnesee im Sauerland alle ihre Prüfung bestanden haben!

14.07.2003

Montag, 14. Juli 2003

Montag, 14.07.03 – Mein hoffnungslos überlasteter Skipper bekommt Damenbesuch. Und zwar von einer Zöllnerin. Und weil er total vergessen hat, mein Cruising Permit, also die Segelerlaubnis für Australien, die seit Ende Juni abgelaufen ist, fristgerecht zu verlängern, wird er erstmal abgeführt. Im Zollbüro muss er dann all seinen Charme aufbringen, um noch mal mit einem blauen Auge davon zu kommen. Außer einer ordentlichen Gardinenpredigt gibt es dann aber seitens der Behörden keine weiteren Repressalien für den Rest der Reise in Australiens Gewässern.
Abends setzt sich Wolfgang dann mit einem Haufen Segelliteratur an den Salontisch und brütet den Törnplan für das nächste Jahr aus. Da gibt es ein paar nette Überraschungen, außerdem sollt ihr natürlich ab sofort alle ganz viel buchen!!!

15.07.2003

Dienstag, 15. Juli 2003

Dienstag, 15.07.03 – Kuranda ist ein kleines Städtchen im Regenwald-Hinterland von Cairns. Mit einer Sechser-Gondel kann man mitten durch die Baumwipfel hin- , und dann mit einer alten Bimmelbahn am Steilhang auf der anderen Seite des Tales zurückfahren. Das alleine sind schon zwei tolle Erlebnisse! In Kuranda selber gibt es ein paar kleine Wildparks zu erkunden, Dieter kann sein erstes Känguruh, seinen ersten Koala, sein erstes Krokodil, seinen ersten Korbfarn, seinen ersten Kasuaren (das sind seltene Straußenvögel mit Helm!), seinen ersten Kakadu, seinen ersten Wombat etc. fotografieren. Nicht wirklich in freier Wildbahn, aber immerhin. Außerdem natürlich Landschaft satt: Wasserfälle, ein Stausee, eine wilde Schlucht und Blicke bis aufs Meer.
Zurück in Cairns erledigen die beiden Touristen noch tapfer den Großeinkauf, der allerdings dann erst morgen direkt an meine Bordwand geliefert werden soll. Dieter fällt aber auch so todmüde in die Koje.

16.07.2003

Mittwoch, 16. Juli 2003

Mittwoch, 16.07.03 – Ein Lieferwagen voll Gemüse verschwindet in meinen Staunetzen, die letzten Törnvorbereitungen laufen an. Fred von der „Fireomd“ (lies „Feierabend“ auf erzgebirglerisch, da kommt er nämlich her!) kommt mit seinem Bordbeagle „Sunshine“ zum Abendessen samt Klönschnack an Bord. Lammkoteletts, da freut sich auch der Hund!

17.07.2003

Donnerstag, 17. Juli 2003

Donnerstag, 17.07.03 – Noch eben den Liegeplatz im Marina-Büro bezahlen und Aquarium und Wrackmuseum besichtigen – und dann geht es für die erste Nacht nur ein paar Meilen weiter bis in das Mangrovenlabyrinth hinter dem Trinity-Inlet, das ist Cairns‘ Hafen. Kaum ist der Anker gefallen, wir das Beiboot gewassert und zur ersten Expedition aufgebrochen. Dieter staunt, Wolfgang rudert!

18.07.2003

Freitag, 18. Juli 2003

Freitag, 18.07.03 – Eine steife Brise zieht mich in sieben Stunden vierzig Meilen weiter nach Norden. Port Douglas ist hauptsächlich wegen zweier Hotels bekannt: sowohl das Sheraton als auch das Raddisson haben Luxus und Regenwald spektakulär miteinander verbunden, im Raddisson wohnt man quasi zwischen den Baumwipfeln! Noch schöner ist es nur hier an Bord!

19.07.2003

Samstag, 19. Juli 2003

Samstag, 19.07.03 – Als die Regenbogenschlange die Welt erträumte (so glauben die Aborigines), da hat sie es mit der Mossman-Schlucht wohl besonders gut gemeint: ein verschwiegenes Tal mit üppigem Regenwald, ein kristallklarer Fluss voller großer Fische und ein menschenkopfähnlicher Berg, der als Schutzpatron die Ureinwohner vor den bösen Geistern des Dschungels behütet. Heute ist das alles Naturpark mit einem schönen Wanderweg, Dieter fotografiert ölpipelineähnlich Wurzeln, Würgefeigen, Baumstammblüten, Fische, die kleine Hängebrücke, den Fluss, die Wasserfälle…
Am Nachmittag noch ein wenig Strandspaziergang gegen den Dschungelkoller!

20.07.2003

Sonntag, 20. Juli 2003

20.07.2003

Sonntag, 20.07.03 – Dieter hat ja letzten Monat seinen Open-Water-Diver (also den Tauchschein) gemacht. Allerdings ganz ohne Tiere, die sind in den Seen des Sauerlandes nämlich leider recht scheu. Und deshalb besteht Nachholbedarf! Mit dem Tauchboot MV „Poseidon“ (mythologiemäßig ja so ungefähr mein Onkel!) geht es für drei Tauchgänge raus an das Außenriff. Es ist unter Wasser so derartig unglaublich (Beschreibungsversuche zwecklos!), dass Dieter die ganze „Poseidon“-Crew am Abend zum Freibier einlädt. Außerdem hat er jetzt ein neues Haustier. Sie heißt Daisy und ist ein Estuarine Cod. Und das auf dem Foto ist wirklich Dieter!!!!!

21.07.2003

Montag, 21. Juli 2003

21.07.2003

Montag, 21.07.03 – Die Low Islands liegen nur acht Meilen (für mich 90 Minuten unter Genua) vor dem Hafen von Port Douglas und sind deshalb ein beliebtes Tagesausflugsziel für die „Neckermänner“. Um Punkt 15.00 h werden die allerdings komplett wieder an Bord der neben mir an einer Boje liegenden Schnellfähre verfrachtet – und um 15.01 h haben wir die Insel mitsamt dem alten Leuchtturm, einem Seeadlerpärchen, einigen Pelikanen, Unmengen Möwen und ein paar Sonnenschirmen für uns alleine. Und weil es so schön ist, laufen Dieter und Wolfgang gleich zweimal drum herum!

22.07.2003

Dienstag, 22. Juli 2003

22.07.2003

Dienstag, 22.07.03 – Frühes Aufstehen, aber zum Ausgleich faules Segeln: Schon um 08.00 h zeigt mein Bug wieder nach Nordwesten, und wieder reicht bei schönem Passatwind die Rollgenua aus, um mich flott voran zu ziehen. Am frühen Nachmittag liegen die Hope Islands an Steuerbord voraus, für den ollen Cpt. Cook damals, also anno 1770, ein Grund, auf Kurs Ost-Nord-Ost anzuluven, nur um auf dem nächstbesten Riff (das seitdem nach seinem Schiff „Endeavour“-Reef heißt…) zu stranden. Heute ist das ja alles ordentlich kartografiert, in der Bucht hinter Hope Island hat die Naturparkverwaltung zwei Muringbojen ausgelegt, damit die Yachten mit ihren Ankern keine Korallen zerstören, und um 14.35 h liege ich an der östlichen Boje fest für die Nacht. Hope Island ist auch so klein, dass Dieter und Wolfgang zwei mal drum herum laufen. Viele Reiher bringen ihren Jungen gerade das Fliegen bei – und das Fischen! Im flachen Wasser vor dem Strand ist nämlich ein riesiger Fischschwarm, der von allen Seiten abgeerntet wird: von unten kommen die Raubfische, von oben die Möwen und die Pelikane, und am Strand lauern die Reiher!

23.07.2003

Mittwoch, 23. Juli 2003

Mittwoch, 23.07.03 – 63 Meilen soll es heute weiter gehen: Bis nach Lizard Island! Also wieder recht früh los, Kurs Nord-Nord-West zwischen Barriere-Riff und Kontinent entlang, wieder nur unter Rollgenua bei schönem Passat. Am Ufer wechselt hinter Cooktown die Landschaft von Regenwald zu riesigen Sanddünen, mittags zaubert Wolfgang mit dem Akku-Schrauber aus zwei alten Bananen und ein paar Eiswürfeln einen leckeren Milchshake und vor Kap Bedford hängen plötzlich zwei Haie an den Heckangeln! Der eine kann sich gleich wieder freischütteln, aber der andere schafft erst an der Badeplattform, den Haken lang zu ziehen. Für die Angler unter Euch: Hakengröße sechs; für die Nichtangler: das ist knapp unterhalb von Metzgereibedarf, also fast ein Fleischerhaken! Aufgebogen, einfach so!
Zum Trost kommen wenig später ein paar Delfine und spielen um den Bug, und mit dem letzten Tageslicht fällt der Anker in Watsons Bay auf Lizard Island.

24.07.2003

Donnerstag, 24. Juli 2003

Donnerstag, 24.07.03 – Nachdem die „Endeavour“ notdürftig repariert war, ist Cook mit Mr Banks hier auf Lizard Island auf den Gipfel gestiegen, um nach einem Ausweg aus dem Riff zu suchen. Und Dieter und Wolfgang natürlich direkt hinterher. Leider verhindern die niedrigen Passatwolken heute einen wirklich grandiosen Ausblick. Aber eine schöne Wanderung ist es trotzdem, es gibt leuchtend gelb blühende Bäume, Termitenhügel, Baumameisen, Eidechsen, Vögel, einen kleinen Campingplatz und ein verstecktes Luxus-Resort zu begucken.
Am Nachmittag segeln wir wieder, dreißig Meilen bis hinter Howick Island, ein kleines Mangroveninselchen. Einsamkeit, die letzte Ortschaft wäre Cooktown gewesen!

25.07.2003

Freitag, 25. Juli 2003

Freitag, 25.07.03 – Wolfgang wusste es vorher auch nicht, dass es hier zwischen Riff und Festland so viele Inseln gibt, das hatte ich die Tage ja schon mal erwähnt. Heute geht der Kurs an Watson Island (wo übrigens damals Frau Watson aus der Watson Bay auf Lizard Island verdurstet ist, nachdem sie vor den Aborigines mit ihrem chinesischen Diener in einem Einkochkessel hierher geflüchtet war!) entlang, weiter an Bewick Island vorbei, dann Barrow Island, dann Zollkontrolle aus der Luft mit Wetterbericht (Zollflugzeug, ehrlich!), dann zwischen dem aus riesigen Findlingen bestehenden Kap Melville und ein paar vorgelagerten Klippen hindurch bis Flinders Island, das mit Stanley Island einen Kanal bildet, in dem um 16.25 h mein Anker fällt. Dieser kleine Naturhafen hat auch seine Geschichten: Die Aborigines kamen zum Fischen hierher und hielten die Quellen sauber, dann kamen Seegurkenfischer, dann im zweiten Weltkrieg ein Marinestützpunkt, dann japanische Perlenzüchter und heute sind nur noch ein paar Krabbenfischer da, eine ständige Siedlung gibt es nicht mehr.
Die britische „Kay Sira“ liegt neben uns, Lynette und Barry laden meine Crew zum Sundowner ein, und dabei kommt erstaunliches zu Tage! Barry war nämlich als Soldat in Deutschland stationiert und hat in den Achtzigern auf dem Möhnesee gesegelt! Im Sauerland! Quasi fast in Warstein!!!

26.07.2003

Samstag, 26. Juli 2003

Samstag, 26.07.03 – Wieder ein langer Schlag, leider kommt erst am Nachmittag ordentlicher Wind auf. Bis dahin hat es aber schon einmal Ärger gegeben, weil Wolfgang eine Ecke in der Großschifffahrtsrinne schnippelt und prompt ein Tanker von achtern aufkommt! Den ganzen Tag lang ist nix los, und dann so ein Pott! Blinker rechts und wieder raus aus der tiefen Rinne…
Hinter Morris Island liegt schon eine schwedische Yacht, außerdem die „Kay Sira“, die um genau so viele Minuten eher da ist, wie sie morgens eher abgelegt hat. Am Ufer eine Palme und ein Grab, der nächste offizielle Friedhof ist ja wie gesagt in Cooktown, 200 Meilen gegen den Wind! Und „damals“ war das eben zu weit!

27.07.2003

Sonntag, 27. Juli 2003

Sonntag, 27.07.03 – Bis Wolfgang und Dieter am Heiligen Sonntag mal so langsam aufstehen, da sind die anderen beiden Yachten schon lange außer Sicht! Also wieder Einsamkeit beim Galafrühstück, und danach nur zwanzig Meilen weiter bis hinter Night Island. Da gibt es außer vielen Vögelein aller Sorten nur ein paar hundert Meter Strand und ansonsten Buschwerk und Mangroven. Australien ist riesig – und riesig leer, und hier oben ganz besonders!

28.07.2003

Montag, 28. Juli 2003

28.07.2003

Montag, 28.07.03 – Heute aber doch wieder etwas Zivilisation: Portland Road ist die letzte Weißen-Siedlung bis zum Kap York, von hier an gibt es nur noch kleine Aborigine-Siedlungen und eine Perlenfarm, gut verteilt auf die letzten 150 Meilen!
Portland Roads ist eigentlich auch nur ein kleiner Versorgungsstützpunkt für die Krabbenfischer, ein Dieselkutter (quasi eine schwimmende Tankstelle) ankert neben uns, auf dem Weg zum Ufer verschenkt Wolfgang die Hälfte der Königsmakrele (vorhin noch eben geangelt, 1,10 m, neun Kilo!) an die Besatzung. An Land dann ein paar Häuser, zwei Solartelefone, riesige Termitenhügel (quasi Didgeridoo-Fabriken, Didgeridoos sind nämlich diese von Termiten ausgehöhlten Äste, mit denen die Eingeborenen schöne, brummelige Musik machen!), eine Gedenktafel für eine vor 150 Jahren verschollene Expedition, zwei Hunde, eine Schlange, die Dieter vielleicht sogar gebissen hätte, und ein Schild, dass man wegen der Krokodile nicht baden soll. Vier Frauen mit Kindern, schwarz und weiß gemischt, die am Strand auf ihre vom Fischfang heimkehrenden Männer warten. Das ist Portland Roads.

29.07.2003

Dienstag, 29. Juli 2003

Dienstag, 29.07.03 – Blauer Himmel, schöner Passat und 50 Meilen vor dem Bug. Etwas spannender als sonst, weil der Laptop zeitweise abstürzt und Wolfgang deshalb terrestrisch navigieren muss! So richtig von Hand, ist zur Übung zwischendurch ja auch mal nicht schlecht!
Vor dem Kap Greenville sind ein paar Seeschwalbenschwärme so dicht, dass sie wie Land aussehen! Noch zusätzlich zu den Home Islands, die für sich auch schon sehr schön sind! Am Ufer riesige, schneeweiße Quarzsanddünen, das sieht aus wie das Sauerland im Winter! Ein Kap weiter (Round Point) schnippelt der Skipper schon wieder die Ecke – und was am Samstag in der Fahrrinne nicht richtig war, das ist hier am Kap nicht besser: Um 16.00 h stecke ich mit dem Kiel im Sand fest! Um 16.15 h bin ich wieder frei, und dann fällt der Anker in der Bucht hinter dem Kap. Und hinter dem Flach!

30.07.2003

Mittwoch, 30. Juli 2003

Mittwoch, 30.07.03 – Blauer Himmel, schöner, heute etwas leichterer Passat und 60 Meilen vor der Nase. Delfine kommen so gegen 09.45 h vorbei und spielen um meinen Bug, der Blister zieht mich spektakulär nach Norden, nur kann leider kaum jemand die „Warsteiner“-Reklame in dem riesigen, gelben Segel lesen, weil hier einfach niemand ist. Oder doch: Nach dem Passieren der flachen Barre in den Escape-River hinein kommt ein Angestellter der hier ansässigen Perlausterfarm mit einem Motorbötchen längsseits und rät uns, weiter oben im Fluß zu ankern. Da ist es völlig windstill, nur Vogelgezwitscher aus dem Wald, und eine Fledermaus schwirrt durch das Cockpit.

31.07.2003

Donnerstag, 31. Juli 2003

31.07.2003

Donnerstag, 31.07.03 – Der Pazifik spuckt uns aus: Mit fünf Knoten Fahrt durch das Wasser plus drei Knoten Schiebestrom rauschen wir durch die Albany-Passage in Richtung Kap York. Und um 12.20 h liegt es genau westlich, also haben wir Australiens Nordspitze erreicht. Um 12.30 h liegt es schon genau südlich, also sind wir im Indischen Ozean! Ich bekomme frische Flaggen unter die Saling (mit den alten ausgewehten Lappen kann man doch nicht in einen neuen Ozean segeln!), und Dieter und Wolfgang stoßen mit einem schönen Longdrink an und werfen Münzen über die Schulter: Moana Nui, wir kommen wieder!
Die Torres-Strait zwischen Australien und Papua-Neu-Guinea ist ein Wirrwarr aus Flachs, Sandbänken, Riffen und Inseln. Thursday Island (gutes timing!) und Horn Island bilden einen schönen Naturhafen, mit 500 Meilen seit Cairns auf der Logge fällt zwischen der „Kay Sera“ und der schwedischen „Yana“ mein Buganker. Am Ufer sieht man die Leuchtreklame eines Restaurants, der Abend ist also gerettet…

01.08.2003

Freitag, 01. August 2003

Freitag, 01.08.03 – Thursday Island ist eigentlich noch ein letztes Stückchen Pazifik: Die Einheimischen sind Melanesier und Polynesier und wehren sich tapfer gegen die Kommerzialisierung ihrer Inseln.
Alles etwas ruhiger hier als in den Städten auch dem Festland. Der Zöllner und die Quarantäne-Offizierin betätigen sich nach Erledigung der Formalitäten als Fremdenführer, so kommen meine beiden noch auf kürzestem Wege zu dem alten Fort, welches direkt nach Australiens nördlichster Kneipe so ziemlich die einzige Sehenswürdigkeit hier ist. Am sehenswürdigsten ist übrigens der Ausblick über die Buchten und Wasserwege!
Lynette und Barry kommen am Abend mit auf ein Bierchen, zu jedem Glas bekommt man ein Los, mit etwas Glück kann man dann 50,- Dollar gewinnen. Die Australier sind übrigens alle spielsüchtig. Ehrlich! Eigentlich gibt es hier überhaupt keine Kneipen, sondern nur Spielhöllen/Wettannahmenstellen mit oder ohne Alkohollizenz! Samstagslotto läuft hier auf mehreren Bildschirmen gleichzeitig, Ziehungen im Minutentakt, tagein – tagaus!

02.08.2003

Samstag, 02. August 2003

Samstag, 02.08.03 – Um 11.00 h kentert die Tide und mit der Flut segeln vier Yachten aus dem Hafen: Ein Franzose, die Schweden, die Engländer und ich. Halb Europa auf dem Weg nach Darwin!
Am Abend sieht man sich trotzdem schon nicht mehr, nur ein paar Grad andere Einstellung am Autopiloten, ein halber Knoten schneller (ich!) oder langsamer (die anderen!) – und jede Yacht hat die Nacht für sich alleine. Ein Adler und eine Schildkröte verabschieden uns aus Queensland.

03.08.2003

Sonntag, 03. August 2003

Sonntag, 03.08.03 – Der Mars. Nicht umsonst fliegen zur Zeit lauter Raketen zu unserem roten Nachbarn: So nah kommt er vorerst nicht mehr! Seit vorgestern ist er übrigens wegen der Erdannäherung rückläufig im Wassermann und bleibt so bis Dezember in diesem Sternbild. Die Deklination des Mars ist 13° 35′ Süd – und unser Breitengrad ist 10° 40′ S, also fast senkrecht darunter. Seit der zunehmende Mond am Vorabend untergegangen ist, hat Mars die Herrschaft am Himmel und wandert hell leuchtend über meine Mastspitze von Ost nach West.
Kräftiger Passatwind pustet mich schnell über den Karpentaria-Golf, mittags sind wir schon 150 Meilen westlich der Torres-Straße und abends geht die lightshow über uns wieder los…

04.08.2003

Montag, 04. August 2003

Montag, 04.08.03 – Fock und Genua sind wie so oft beim Passatsegeln mit den beiden Spibäumen stabil und „knitterfrei“ wie Schwingen auf dem Vordeck ausgestellt und ziehen mich Meile für Meile nach Westen. Mittags wird traditionell immer das Etmal ins Logbuch eingetragen, heute schnelle 136 Meilen. Ein Tölpel macht einen Landeversuch auf dem Solarpaneel und dabei seinem Namen alle Ehre. Ein grüner Frachter zieht am südlichen Horizont auf Gegenkurs vorbei und am Abend liegt das Leuchtfeuer auf Kap Wessel in der Dunkelheit an Backbord querab, damit ist der Karpentaria-Golf schon überquert! Wolfgang brät zwei schöne Filetsteaks und dünstet einen halben Blumenkohl dazu, Seglerherz, was willst du mehr?

05.08.2003

Dienstag, 05. August 2003

Dienstag, 05.08.03 – Im offiziellen Schiffslogbuch sind nur die Positionen bei den Wachwechseln (also alle drei bis vier Stunden, wenn sich Dieter und Wolfgang beim Aufpassen ablösen), die Wetterbeobachtungen (also Sonnenschein bzw. sternklare Nacht, leichter, aber stetiger Passatwind) und ein Funkgespräch mit einer anderen Segelyacht (die englische „Antares“ mit Maschinenschaden einige Meilen hinter uns) eingetragen. Und als letzter Eintrag um 23.10 h ein bescheidenes „Schöne Reise!“ Dahinter verbirgt sich aber ein wunderbarer, gemütlicher Segeltag, irgendwas ist ja auch immer zu tun: Drei ordentliche Mahlzeiten wollen präpariert werden, hier wird nämlich entgegen den landrattenüblichen Vorstellungen nicht von überlagerten Konservendosen direkt in den Mund gelebt, sondern ordentlich gekocht! Dieter liest „Das Land der Deutschen mit der Seele suchen“ von Hans Weigel, Wolfgang liest die kiloschwere Wochenendausgabe des „Australien“, die kann sich mit der Wochenendausgabe der „Süddeutschen“ zumindest im Umfang durchaus messen. Die Navigation und Gustav, mein treuer Autopilot, müssen ab und zu kontrolliert werden. Zwischendurch übt Wolfgang Flöte oder Gitarre oder Dieter erzählt was. Ein kleiner Green Flash verzaubert den Sonnenuntergang.

06.08.2003

Mittwoch, 06. August 2003

Mittwoch, 06.08.03 – Und weil das gestern alles ziemlich schön war, machen wir das heute mal genauso wieder! Grund zu feiern gibt es auch: 1000 Meilen seit Cairns und Land gesichtet: New Year Island liegt zwei Meilen Backbord querab. Und Wolfgang gelingt die Kürbis-Kumarasuppe, an deren Rezeptur er seit zwei Jahren feilt, heute besonders gut!

07.08.2003

Donnerstag, 07. August 2003

Donnerstag, 07.08.03 – Ganz am frühen Morgen wird die Passatbesegelung abgebaut, denn wir luven an: Mit Halben Wind geht es in den Van-Diemen-Golf hinein. Der ist ungefähr so groß wie die nördliche Adria, aber trotzdem ist es zu viel Land, um den Wind bei dieser Wetterlage hinein zu lassen. Eine Weile können wir uns noch mit dem Blister retten, dann muss der Motor schieben. Dann reicht die Nachmittagsthermik wieder für den Blister – und dann fällt hinter dem Kap Hotham auf der Südseite des Golfs mein Anker! Das war eine gemütliche, schöne Überführung bis hierher! Rauchwolken aus Buschbränden auf Melville Island verleihen der Abendstimmung was Mystisches; passt irgendwie zur Einsamkeit und zur Tatsache, dass die Gegend hier die einzige in ganz Australien ist, die überwiegend von Aborigines bewohnt wird. Vielleicht kommen daher auch die Buschbrände, denn das gehört quasi seit Jahrtausenden zur kontrollierten Waldpflege durch die Ureinwohner.

08.08.2003

Freitag, 08. August 2003

Freitag, 08.08.03 – Am Anker kleben Tonnen Krokodilscheiße, behauptet Wolfgang und putzt ein halbes Stündchen lang die Sauerei vom Ankerholen vom Vorschiff… Toniger Schlick ist aber wenigstens sehr sichererer Ankergrund, zum Trost… Dieter steuert mich schon mal weiter in Richtung Darwin. Später versucht Wolfgang mit wieder sauberen Fingern, diverse Behörden in „Daar’n“ (so spricht man Darwin aus, Zähne zusammen lassen!!!) zu kontaktieren, zur Muschelkontrolle müsste ich nämlich eigentlich an den Schwimmsteg vor der Marina, da ist aber belegt, woanders ist auch nichts frei, also doch nix mit Party, sondern ankern vor der Disko. Ohne Beiboot, das ist nämlich wegen der anschließenden Überführung nach Bali schon seit Thursday Island luftlos in der Backskiste. Wolfgang legt klassische Musik auf – und eine ruhige Nacht ersetzt den Trubel.

09.08.2003

Samstag, 09. August 2003

09.08.2003

Samstag, 09.08.03 – Heute ist ein Platz an der Entmuschelungspier frei, zwei Fischereibehördenangestellte kommen mit einem Giftkanister an Bord und setzen mich unter Drogen. Vielmehr meine Toiletten (das ist das blaue Zeug in der Schüssel, außerdem habt ihr so mal ein Foto von einem sauberen, gepflegten Schiffsklo mit Antistehpinkleraufkleber auf der Echtholzbrille!) die Abflüsse der Wasch- und Spülbecken und den Außenkühlkreislauf des Motors. Dazu müssen alle Einlassschläuche abmontiert werden, was hier an Bord relativ einfach ist, bei der neben uns entmuschelt werdenden, großen, luxuriösen Amel allerdings etwas länger dauert: Generatorkühlung, Entsalzungsanlage, Ankerwaschanlage – überall könnten sich die kleinen gestreiften Muscheln versteckt haben, die hier vor drei Jahren für einen Monat lang den Schiffsverkehr in allen drei Marinas in Darwin lahmgelegt haben! War wohl ein etwas größerer Schaden, seitdem ist man vorsichtig. In 14 Stunden (zwölf Stunden können die Muscheln die Luft anhalten, aber dann müssen sie aufmachen – und dann stehen sie im Gift!) darf ich dann durch die Schleuse in den Yachthafen, das wäre um 02.00 h in der Frühe, na denn wohl doch erst so gegen acht, dann sind auch ganz sicher endgültig alle Muscheln abgemurkst…