Von Hiva Oa nach Tahiti

06.06.2008

Freitag, 06. Juni 2008

Freitag, 06.06.08 – Monika bleibt zwar noch für ein paar Monate an Bord, zieht für die nächsten Tage aber in ein Galateia-Basislager an Land, sie hat einen kleinen Bungalow gemietet. Da kann Wolfgang dann auch mal ausgiebig warm duschen.
Am Flughafen mischen sich Abschiedskummer und Wiedersehensfreude, denn Gabi muss in den gleichen Flieger einsteigen, mit dem Wolfgangs Freund Christian ankommt. Während Christian sich also freut, verdrückt Gabi ein paar Tränen, was euch daheim wahrscheinlich dann schon zu der Frage führt: „Warum ist sie nicht froh, nach vier Wochen auf einem kleinen Schiffchen endlich wieder in ein geregeltes Leben zurückzukehren?” Weshalb ist die erfolgreiche Chefin eines kleinen Familienbetriebes so traurig, bis zum nächsten Törn von Bord zu gehen? Was ist die Faszination des Langstreckensegelns? Was sagt man der Familie und den Freunden daheim, wenn gefragt wird: „Was habt ihr den ganzen Tag lang gemacht?” Gesteuert, Segel gewechselt, gekocht, navigiert, ein wenig gelesen. Aber das ist alles nicht die Quintessenz. Aus meinem Cockpit ist der Horizont drei Meilen weit entfernt. Ich bin zwölf Meter lang. Das ist die kleine Welt, in der sich meine Mannschaft befindet, der Rest sind unendliche Weite (Sterne) und unglaubliche Tiefe (zum Meeresboden). Der Lebensraum ist also einerseits absolut überschaubar und in seiner Abgeschiedenheit auch schnell als unveränderbar akzeptiert: Niemand muss am Morgen zur Arbeit, es wird bis auf kleine Wetteränderungen keine Einflüsse von außen auf das Leben geben, niemand wird am Abend ausgehen oder Freunde einladen. Fünf Menschlein, zwölf Meter Schiff, drei Meilen Sichtradius, ganz einfach. Andererseits ist da aber diese unendliche Weite. Die längste aller möglichen Segelstrecken. Die Demonstration der eigenen Winzigkeit. Die Leere. In der Dunkelheit hinter meinem Steuerrad stehen, warten bis die Welle mein Heck etwas anhebt, etwas Gegenruder legen und dann weiter hinter Sirius her, der uns in der ersten Nachthälfte den Weg nach Westen weist. Die Tagesroutine ist abgehakt, die Zeit für die großen Gedanken ist gekommen. Eine Stunde lang mit gar nichts außer sich selbst beschäftigt zu sein. Sich selbst genießen. Nicht der millionste Teil der großen Stadt, sondern das unverzichtbare Fünftel einer winzigen, aber starken Gemeinschaft sein. Die vier anderen, die unten schlafen, sicher durch die eigene Wache segeln. Stolz auf den Logbucheintrag sein: „Wachwechsel Gabi an Florian, Wind ENE 3 Beaufort, Seegang drei, Position ein paar Meilen weiter als am Anfang der Wache.” Teilhaben an der Größe dieses Ozeans: Was für eine Erfahrung.
Da fällt mir ein, Wolfgang und ich suchen noch Erfahrungshungrige für den Törn von Fiji nach Neuseeland…

07.06.2008

Samstag, 07. Juni 2008

Samstag, 07.06.08 – Ein typischer Freiwochentag: Ein bisschen Bastelkram für den Skipper, ein bisschen spazieren gehen. Am Abend verabschieden sich Hans Jürgen und Andreas von der „Cosi fan due”, die beiden wollen morgen weiter in Richtung Tuamotus und Tahiti.

08.06.2008

Sonntag, 08. Juni 2008

Sonntag, 08.06.08 – Sonntage sind schraubfrei, Christian und Wolfgang besuchen die Gräber von Gaugin und Jaques Brel, am Abend komplettiert sich so ganz langsam meine neue Crew, Sylvia Buhr und Ursel Farrelly treffen in Atuona ein, akklimatisieren sich aber ebenfalls erst einmal in einem der netten Bungalows, die hier die typischen Gästezimmer sind. Trotzdem natürlich schon einmal ein lustiger erster Abend mit vielen Geschichten von gemeinsamen Törns der letzten Jahre.

09.06.2008

Montag, 09. Juni 2008

Montag, 09.06.08 – Wolfgang darf die Ersatzteile, die Christian aus Warstein mitgebracht hat, einbauen: Ich bekomme einen neuen Wasserabscheider für den Motor und neue Rollen für die Ankerkette, vielen Dank an Hoppen Albert, der sie gedreht hat!

10.06.2008

Dienstag, 10. Juni 2008

Dienstag, 10.06.08 – Mit Gerdi Bauerfeind wird die Crew komplett, Wolfgang gibt an dieser Stelle erstmalig zu, dass er Christian zur Verstärkung gegen die weibliche Übermacht an Bord eingeflogen hat.

11.06.2008

Mittwoch, 11. Juni 2008

11.06.2008

Mittwoch, 11.06.08 – Früh am Morgen kommt nur das Gepäck an Bord, den Rest des Tages wird die Insel im Geländewagen erkundet: Das Marae (Kultplatz) von Puamau ist Pflicht, Kür ist heute das „Lächelnde Tiki” in einer Schlucht unterhalb des Flughafens. Das hätte meine Mannschaft ohne die nette Farmersfrau samt Kindern, die eigentlich nur für den Obstbestand an Bord (Bananenstaude etc.) zuständig waren, nie gefunden, vielen Dank!
Das Auto muss am Abend natürlich noch den Großeinkauf zum Ankerplatz kutschieren, per Beiboot dann durch die Hafendünung und per Jonglierakrobatik über die Badeplattform ins Cockpit. Klappt alles ohne Verlust, faszinierend!

12.06.2008

Donnerstag, 12. Juni 2008

Donnerstag, 12.06.08 – Die von Monika bestellte Gemüselieferung wird per Beiboot vom Kai an Bord gebracht, danach werde ich an den Wasserhahn verholt – und danach darf ich endlich mal raus aus dem Schwell von Atuona, Wolfgang ist schon ganz kirre von der Schaukelei. Da könnte man ja mal einen weiteren Wellenbrecher bauen. Gerdi ist es schon ganz flau im Magen, ohne dass ich einen einzigen Meter gesegelt bin.
Anker auf, weiter geht’s!
Kaum ist die Genua gesetzt, liege ich ruhiger im Seegang als in der Woche in Atuona vor Anker.
Zeitgleich mit meinem Ableger kommt die „Sleipnir” an, Wolfgang und Evi haben auf Fatu Hiva das Leck soweit repariert, schade, dass wir uns nicht mehr getroffen haben. Einmal um die Ecke, auf Tahuata, treffen wir aber auf einen anderen Freund: Martin ist mit seiner „Styrr” gerade einhand über den ganz großen Teich gesegelt und freut sich über ein Wiedersehen mit meinem Skipper. Sylvia und Gerdi kennen ihn zufälligerweise auch, vor Phuket sind wir einen Törn lang parallel gesegelt, damals noch mit Martins letztem Schiff, der „Summertale”. Ich habe Martin zuletzt auf Gran Canaria getroffen, also vor anderthalb Jahren. Das sind ja so die üblichen Abstände, in denen sich Weltumsegler zufälligerweise wiedersehen. Kleine Bordparty in der Baie Hanemoenoa. Traumhaft hier. Und fast ohne Schwell, nur das langsame Wiegen vor Anker, das für tiefen, festen Schlaf sorgt.

13.06.2008

Freitag, 13. Juni 2008

Freitag, 13.06.08 – Superdelagalafrühstück mit Kerzen! Wolfgang hat Geburtstag und darf Geschenke auspacken. Und weil sooo viele Freunde an seinen Geburtstag gedacht haben, dauert das fast den ganzen Tag – keine Zeit zum Ablegen, wir bleiben hier. Der einsame Sandstrand wartet auf Erkundung, und von Wolfgangs 34. Geburtstag ebenfalls hier in dieser Bucht erinnert er sich noch an die Zitronenbäume im Dschungel hinter dem kleinen Bachlauf an der Südseite der Bucht. Die müssen noch geplündert werden. Außerdem ist es hier einfach zu schön zum gleich wieder ablegen. Außerdem wird abends natürlich gefeiert.

14.06.2008

Samstag, 14. Juni 2008

14.06.2008

Samstag, 14.06.08 – Martin kommt auf ein letztes gemeinsames Frühstück an Bord, er will gleich nach Atuona, und ich soll auch wieder ein Stück weiter. Um 10.20 h verabschieden mich ein paar Delfine von den Marquesas in Richtung Tuamotus, um 11.30 h bin ich aus dem Lee von Tahuata heraus und die Segel können gesetzt werden. Um 16.45 hängt Neptun ein verspätetes Geburtstagsgeschenk an den Angelhaken: Es dauert eine Weile, bis es ausgepackt werden kann, denn es wehrt sich kräftig…135 cm Mahi Mahi. Geschätze 15 Kilogramm, mit ziemlicher Sicherheit der größte Mahi Mahi, der bisher hier gelandet wurde.

15.06.2008

Sonntag, 15. Juni 2008

Sonntag, 15.06.08 – Außer den Wachwechseln sind im offiziellen Logbuch am Kartentisch nur zwei Ereignisse für den Tag eingetragen: Als der Wind etwas nachlässt wird mein „Übervollzeug” aus Passatbesegelung plus Großsegel gesetzt- und spät am Abend erfolgt der Angriff der Killermöwe. Den Nachthimmel verdunkelnd, langsam das Cockpit umkreisend, mehrere Scheinattacken fliegend, die Crew in die Panik treibend – landet ein erschöpfter Tölpel zwischen Christian und Gerdi im Cockpit. Wenn die Schwingen so von backbord nach steuerbord umher schwingen, dann merkt man erst einmal, wie groß diese Vögel sind! Die Nähe der Menschen ist ihm aber unheimlich, er hat noch viel mehr Angst als meine Mannschaft, balanciert kurz auf der Reling und fliegt wieder weiter.

16.06.2008

Montag, 16. Juni 2008

Montag, 16.06.08 – Mittags ist nach drei Hauptmahlzeiten Mahi Mahi der letzte Rest vertilgt, also darf wieder geangelt werden: Um 14.00 h hängt ein großer Skipjack-Tunfisch an der Angel. 65 cm, ca neun kg. Am Abend kommt das erste Filet in die Pfanne, außen kross, innen roh, superzart.
Ein kurzer Schauer zaubert als Kulisse einen Regenbogen um den gerade aufgehenden Vollmond, das sieht man selten so schön kombiniert!
Ebenfalls in der Kulisse tauchen zwei Inseln auf, Tepoto und Napuka. Diese sehr weit abgelegene und winzige Inselgruppe heißt auch Iles de Desappointement, Enttäuschungsinseln. Die Inseln sind nämlich immer sehr enttäuscht, weil alle Yachten auf dem Weg zu den Tuamotus nur vorbeisegeln. Es gibt weder einen Pass in die Lagune noch eine Ankermöglichkeit auf der Leeseite der Inseln. Schade. Ist meine Mannschaft eben auch mal enttäuscht. Aber nur kurz!

17.06.2008

Dienstag, 17. Juni 2008

Dienstag, 17.06.08 – Eine Tag und zwei, drei leckere Tunfischvarianten (Sashimi, Poisson Crue etc…) später ist nämlich schon wieder Land in Sicht: Das Atoll Takume. Leider auch ohne Pass oder Ankerplatz, aber dahinter liegt Raroia – und da will ich wieder hin. Weil ich anno 2001 da ja schon mal war, wagt mein Skipper eine Nachteinfahrt durch die schmale Rinne in die Lagune. Ein Richtfeuer weist den Weg hinein, und innen ist dann ordentlich bis zum Ankerplatz betonnt. Leider strudelt mir der letzte Rest der Ebbe mit über fünf Knoten entgegen, gruseliges Kabbelwasser schäumt um mich herum und dreht und wendet mich und brandet auf den Riffen, aber Monika steuert heldenhaft auf der Richtfeuerlinie, während Wolfgang mit Echolot, Radar und elektronischer Seekarte feinnavigiert und Christian mit dem Suchscheinwerfer die Realität im Auge behält. Gerdi, Sylvia und Ursel halten zusätzlich Ausschau, rufen die Tiefe aus, falls der Skipper zwischen Kartentisch und Deck das Echolot mal nicht einsehen kann und drücken ansonsten die Daumen, dass der Mond weiter scheint. Tut er, und der Rest klappt auch: Um 23.10 h liege ich vor dem Dorf Ngarumoava vor Anker. Das war spannend!

18.06.2008

Mittwoch, 18. Juni 2008

Mittwoch, 18.06.08 – Damals waren ja fast ein Dutzend deutschsprachiger Yachten hier – heute bin ich fast alleine. Ein Katamaran liegt etwas weiter hinten vor dem Dorf, ansonsten nur meine Wenigkeit. Passend nach dem Frühstück kommt Gilles mit seinem Motorboot vorbei und empfiehlt sich als Dorfführer. Zufälligerweise hat sein Papa den Inselladen, aber ich bin ja noch gut voll gebunkert. Meine Mannschaft freut sich nach dem ersten Rundgang aber über einen netten Mittagssnack unter dem Baum im Garten. Wolfgang erzählt, dass wir schon mal hier waren, und Gaston, Gilles Papa erinnert sich auch noch an das große Fest, das Günther und Uschi von der „Schoggelgaul” damals organisiert hatten. Raroia prosperiert seitdem ein wenig, ein Miniflughafen wurde gebaut, die Schule hat jetzt schon zwei Klassen und die Bevölkerung ist um 50 % gestiegen! Von 40 auf 60 Einwohner. Kommt einem noch nicht wirklich überfüllt vor, und für die friedlich herumstromernden Hunde und Schweine müssen auch noch keine Zebrastreifen angelegt werden.
Zum Betrieb trägt am Abend noch die Yacht „Ares Thor” bei, Ursel kennt Kati vom Flug Papeete – Atuona und ich kenne das Schiff vom Ankerplatz in Atuona. Zum Sundowner kommen Skipper Rob samt Vater David und neuer Crew Kati bei uns an Bord vorbei und bleiben auch gleich zum Abendessen. Und zum Absacker.

19.06.2008

Donnerstag, 19. Juni 2008

Donnerstag, 19.06.08 – Gilles kleiner Bruder kommt am Morgen vorbei und holt seinen i-pod wieder ab, der über Nacht zum Laden hier an Bord war. Jetzt muss er nur noch jemanden finden, der ihm die geschenkten CDs aufspielt, da sein i-pod anscheinend für einen MAC konfiguriert ist. Wolfgang bedankt sich noch mal für die schwarzen Perlen, die gestern für ein wenig Obst getauscht wurden und bestätigt, dass er die CDs behalten darf! Gilles kommt ebenfalls vorbei und lädt wie verabredet Gerdi, Sylvia, Wolfgang und Christian in sein Boot, die fünf wollen am Pass ein paar Schnorchelgänge machen. Auf dem Motu am Pass hat ein Franzose ein paar verspielte Strandhütten gebaut, in die man sich einmieten kann, wenn man es sehr, sehr einfach, aber sehr naturverbunden und ein bisschen künstlerisch mag: Palmdiebe (Gilles fängt einen, der sicher zwei,drei Kilo wiegt!) und große Einsiedlerkrebse sowie viele nistende Seevögel sind die Gesellschaft, die man hier hat.
Versuche, die Unterwasserwelt zu beschreiben, unterlasse ich heute einfach mal.

20.06.2008

Freitag, 20. Juni 2008

Freitag, 20.06.08 – Direkt hinter meinem Ankerplatz lädt auch noch ein schöner Korallenkopf zum Fische gucken ein. Ein paar Zentimeter unter der Stelle, wo Christian mein Beiboot angebunden hat, guckt eine fette Muräne ganz empört und neugierig aus ihrer Höhle.
Am Nachmittag darf ich auch mal wieder mitspielen: Anker auf! Über Nacht geht es ein Atoll weiter, und wenn man davon absieht, dass Daniel seinen Regenfluch an Sylvia abgegeben hat (die beiden haben sich zufälligerweise in Nuku Hiva auf dem Flughafen getroffen, da muss das wohl passiert sein), dann ist es eine dieser wunderbaren Passatnächte, die zu beschreiben ich heute ebenfalls mal gar nicht versuche.

21.06.2008

Samstag, 21. Juni 2008

Samstag, 21.06.08 – Vor dem Pass ins Makemo-Atoll wartet die „Aries Tor” auf mich. Stillwasser ist erst in ein paar Stunden, und weil der Motor der „Aries Tor” nicht der allerstärkste ist, lässt Rob mich als Lotsenboot vorfahren. Meine Mannschaft steuert mich auf der Luvseite des Ebbstroms auf der 6-Meter-Linie in die Lagune und Wolfgang kann über Funk an Robby melden: „Maximal drei Knoten Gegenstrom wenn Du knapp außerhalb des kräftigsten Kabbelwassers bleibst, kein Problem!”
Weil Samstag ist wird am Ankerplatz sofort mein Higgins ins Wasser gelassen, denn am Nachmittag sind die Geschäfte zu. Meine Zitronen aus Tahuata sind weiterhin ein gutes Zahlungsmittel: heute tauscht Christian einen Beutel gegen frisches Baguette, und für einen weiteren Beutel streicht die nette Wirtin der kleinen Dorfkneipe abends ein Hauptgericht von der Rechnung. Wer sagt da, man soll nicht mit Zitronen handeln?!
Vor dem Supermarkt hat die Dorfjugend heute eine polynesische Parkplatzdisco aufgebaut, und Kati zeigt den Kindern, wie man Speed-Techno tanzt. Wolfgang murmelt mal wieder „Das Schlimmste an der Jugend von heute ist?!- dass man nicht mehr dazu gehört…”, legt mit Gerdi aber wenigstens einen flotten Foxtrott auf den Parkplatzkies.

22.06.2008

Sonntag, 22. Juni 2008

Sonntag, 22.06.08 – Heute übernimmt die „Aries Tor” das Lotsenwesen, Kati wird im Bootsmannsstuhl auf die erste Saling gewinscht und zeigt aus luftiger Höhe die Korallenköpfe an, die aus 30 Meter Tiefe ohne Vorwarnung bis an die Oberflache aufsteigen. Von 2001 habe ich noch eine Macke an der Kielvorderkante… Heute klappt der Korallenslalom durch die Lagune aber prima, 14 Meilen weiter westlich fallen beide Anker vor dem Südseetraum. Weißer Strand, Kokospalmen, Seegang null, ein lustiges Bordfest (Kati bekommt den Lotsenorden „Ritter des Magischen Auges” verliehen!) und ein unendlicher Sternenhimmel.

23.06.2008

Montag, 23. Juni 2008

23.06.2008

Montag, 23.06.08 – Hier bleiben wir, was sollte irgendwo anders noch schöner sein? In völliger Flaute spiegelt sich der Himmel in der Lagune und verwirrt die Sinne. Nähe und Ferne gibt es nicht mehr, mitten im blassen Hitzeblau erscheint ab und zu eine weiße Welle und markiert so die Brandung an der Außenseite des Atolls, vier Meilen von hier, an einer Stelle des Horizontes, die selbst das geübte Auge als mitten am Himmel definiert hätte. Kein Unten, kein Oben., kein Waagerecht, kein Senkrecht. Und ich und die Inseln schweben mitten drin. Mein Anker liegt da vorne im Sand neben meinem Schatten und ist der einzige Halt in diesem Bild aus Glas.
Und unter Wasser, bei den Korallenköpfen…
Die leuchtenden Lippen der Mördermuscheln scheinen Geschichten zu erzählen, denen die kleineren Riffbewohner ganz aufgeregt zuhören. Nur die Schwarzspitzenhaie ziehen gelangweilt ihre Kreise: „Kenne ich schon, die gleichen lockenden Lügen wie neulich, schwimmt da bloß nicht rein, die Quasseltanten machen ihren Kussmund schneller zu als Du gucken kannst!”

24.06.2008

Dienstag, 24. Juni 2008

Dienstag, 24.06.08 – Nachts zieht eine Kaltfront durch und schüttelt den Ankerplatz durcheinander. Jetzt ist es natürlich eher schlecht, dass die schützende Riffkante des Atolls vier Meilen weit entfernt ist, denn so reicht die Anlaufstrecke für ein paar kräftige Wellen. Als die Sonne hoch genug steht, werden wir drei Segelboote (gestern ist noch eine kleine amerikanische Yacht reingekommen) auf die Nordseite der kleinen Kette aus Korallenköpfen verholt, die gestern so schön zum Schnorcheln war. Und schon liege ich wieder ruhig im Wasser.
Auf der Funkrunde vermeldet Contadora-Günther die neusten EM-Ergebnisse, wir freuen uns!

25.06.2008

Mittwoch, 25. Juni 2008

Mittwoch, 25.06.08 – Der einzige Nachteil der Tuamotus ist ihre Entfernung voneinander, sie liegen über einen Bereich verstreut, der ungefähr so groß wie Mitteleuropa ist. Und von einem Atoll zum anderen ist deshalb mal wieder eine Nachtfahrt angesagt. Um 14.55 strudelt die Ebbe mich mit ein paar Extra-Knoten aus dem westlichen Pass aus Makemo heraus, die Wacheinteilung wird wieder aufgenommen, die Passatbesegelung wird aufgebaut, mein Bug dreht sich nach WSW, ein Stückchen vom Pazifik abschneiden. Um 22.00 h beendet Sylvia ihre Wache ohne Regen, so traumhaft ist die Nacht.

26.06.2008

Donnerstag, 26. Juni 2008

26.06.2008

Donnerstag, 26.06.08 – Mit dem ersten Licht strudelt mich die Flut in das Atoll Fakarava. Der Pass ist super betonnt und gut zu machen – und die ”Aries Tor” ist auch schon da. Zum Frühstück fällt mein Anker hinter dem nächsten Motu (ihr habt wahrscheinlich schon gemerkt, dass ein Ring von Motus ein Atoll bildet!?), und kaum hat Gerdi die Taucherbrille auf, da kommt der erste Hai gucken. Wenig später fliegt ein Adlerrochen majestätisch vorbei und als beim Cockpit-Aufräumen die Krümel außenbords gehen, da versteckt sich ein gewaltiger Napoleonfisch in einem Schwarm kleiner, schwarzer Krümelfresser. Wobei klein hier relativ ist, die haben auch pro Stück halbe Pfannengröße.
Fakarava ist ungefähr rechteckig, so 10×30 Meilen Laguneninnenmaß. Rechts unten ist ein Ankerplatz, nach ein paar Meilen unter Motor sind wir da, der Anker fällt vor der nächsten Kitschpostkarte. Weißer Korallensand, türkisfarbenes Wasser, ein alter Friedhof und ein paar MENSCHEN am Ufer! Ausflügler von einer Familienpension weiter nördlich, die aber gerade abgeholt werden, als meine Mannschaft an Land paddelt. Also doch wieder Einsamkeit.

27.06.2008

Freitag, 27. Juni 2008

27.06.2008

Freitag, 27.06.08 – Morgens habe ich für den Weg nach Nordwesten die Sonne im Rücken, da sieht man die Korallenköpfe besser. Also gleich nach dem Frühstück ein paar Meilen hinter den Motus die Lagune rauf. Bis zu nächsten Kitschpostkarte. Weil ich auf dem Sand direkt vor dem Strand ankern kann, werden die Mädels ganz narrisch und machen auf meinem Bug Prospektaufnahmen für Kurs West, Thema: Zwei Schönheiten im Bugkorb, darunter das kitschig blaue Lagunenwasser, dahinter der kitschig weiße Strand, dahinter die kitschig gebogenen Kokospalmen, darüber der kitschig blaue Himmel. Zwei kitschige Naturburschen jagen später am Ufer Kokosnüsse und servieren sie frisch aufgeschlagen den holden Maiden vor dem kitschigen Sonnenuntergang, in dem eine einsame Yacht (ich!) vor der untergehenden Sonne schwoijt. Ich bin natürlich nicht kitschig, nur manchmal habe ich so Anwandlungen. An Tagen, an denen der Kitsch kaum auszuhalten ist. Heute.

28.06.2008

Samstag, 28. Juni 2008

28.06.2008

Samstag, 28.06.08 – Rechts die Motus, links die Lagune mit ihren Vogelschwärmen, wilden Unterwasserjagden und Korallenköpfen. Weiter nördlich im Atoll dann ein paar Perlfarmen und rechts oben im Eck der kleine Ort Rotoava. Auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt (Parkplätze vor Supermärkten scheinen auf den Tuamotus die Nachfahren der Maraes, der traditionellen polynesischen Tanz- und Versammlungsplätze zu sein!) übt heute eine Tanzgruppe für eine Aufführung am morgigen Sonntag, leider zu spät für uns. Aber die Proben sind auch schön!
Weiterhin sehenswert: Die wunderschön mit Muschelketten geschmückte Dorfkirche, die Perlenboutique mit der frischen Ernte und die Speisekarte des Restaurants Teanuanua mit einer vollen Seite nur für Variationen von Poisson Crue, also eingelegtem, rohen Fisch. Guten Appetit!

29.06.2008

Sonntag, 29. Juni 2008

Sonntag, 29.06.08 – Es regnet vor und nach dem Frühstück. Aber nicht während. Dann doch wieder während das Ankeraufholens – und dann den Rest des Tages wieder nicht. Aber der Regen hat Wind gebracht, ein kleines Stückchen Rollgenua reicht für meine Reisegeschwindigkeit von knapp sechs Knoten und schaukelt mich wieder auf dem Pazifik nach Westen. Christian werkelt heldenhaft in der Küche, übergibt den Herd aber dann doch an Wolfgang und sich selbst dann über die Reling. Danach hat er aber wieder guten Appetit!
Monika und Wolfgang haben den meisten Spaß am Seegang, der Rest der Mannschaft genießt eher angespannt. Ich find’s natürlich herrlich, mal galoppieren zu dürfen!

30.06.2008

Montag, 30. Juni 2008

Montag, 30.06.08 – Der Wind lässt auf reguläre Passatstärke nach, bläst also so mit vier Beaufort und ich laufe unter wieder voller Passatbesegelung wie auf Schienen. Alle wieder glücklich, alle mit leuchtenden Augen am Ruder, selbst die erkältungsgeschwächte Ursel steuert ihre Nachtwache wieder. Das lohnt sich:
Am Himmel kreisen seit Wochen Mars und Saturn um Regulus im Löwen herum, heute Nacht hat Mars die größte Annäherung an Regulus und wird von nun an dicht zusammen mit Saturn reisen, der bis Anfang Mai rückläufig war. Schaut mal hoch!

01.07.2008

Dienstag, 01. Juli 2008

Dienstag, 01.07.08 – Backbord voraus werden die Sterne immer heller und heller – sind wohl doch schon die Straßenlaternen auf Tahiti. Sylvia wird natürlich doch noch mal nass, und erst zum Anleger in der Tahina Marina hört der Morgenregen auf. Der Himmel ist auch traurig, dass 861 wunderbare Meilen hier zu Ende gehen. Ich bekomme einen Liegeplatz direkt vor der Dusche, die Crew gönnt sich ein Luxusfrühstück im Marina-Café – und zum Feiern geht es dann später duftend in die Innenstadt. Daniel ist auch gerade in der Stadt und gesellt sich samt Segelfreund und Cousine dazu, viel zu erzählen, wie immer, wenn sich Segler treffen.