Von Neukaledonien nach Neuseeland – November 2002

04.11.2002

Montag, 04. November 2002

Montag, 04.11.02 – Aufgabenverteilung: Dieter und Monika erledigen den Großeinkauf – und Wolfgang den Behördenkram, also das Ausklarieren. Wolfgang würde natürlich auch viel lieber Taschen voller Lebensmittel durch die Gegend schleppen, aber leiderleider muss er beim Zoll, Hafenmeister und Einwohnermeldepolizei eigenhändig ein paar Unterschriften leisten und darf so nur die Verantwortung tragen…
Am Nachmittag sind alle drei wieder hier an Bord vereint, alle Einkäufe werden verstaut, die Liegegebühr wird bezahlt und zum Abschiedsessen geht es zum netten Vietnamesen um die Ecke.
Abschiedsessen?! Jawohl: morgen soll es los gehen in Richtung Neuseeland, das war die Südsee beim „Kurs West“! Abschied außerdem von den „Orinocos“, die nach Australien weiter wollen. So ist das Seglerleben eben: zu einer Menge schöner Freundschaften gehören leider auch eine Menge traurige Abschiede. (Und natürlich Wiedersehensfeste, die sind das Beste!!!)

05.11.2002

Dienstag, 05. November 2002

Dienstag, 05.11.02 – 09.00 h: Leinen los und Segel gesetzt, um 12.00 h liegt der 140 Jahre alte Leuchtturm auf Ile Amedée an Backbord querab und durch die Riffpassage verlassen wir die geschützte Lagune Neukaledoniens. Reichlich freies Wasser vor dem Bug bis nach Neuseeland!
Kurz vor Sonnenuntergang hängt eine Monsterdorade (148 cm, ca. 19 kg!) an der Mörderangel, aber außer dem Skipper, der eiligst die Filets abschält, freut sich keiner so richtig. Es hat nämlich keiner so richtig Appetit, der erste Tag auf hoher See fordert seinen Tribut in Form von „maritimer Unpäßlichkeit“, die Symptome sind ja bekannt…

06.11.2002

Mittwoch, 06. November 2002

Mittwoch, 06.11.02 – Als erstes verlassen wir mal die Tropen indem wir den südlichen Wendekreis überqueren. Leichter, leider sehr südlich stehender Passat zieht mich nach Südwesten, ein japanischer oder koreanischer Kalamarifischer kreuzt unseren Kurs, zu Essen gibt es mehrfach Dorade – und schon ist der Tag um!

07.11.2002

Donnerstag, 07. November 2002

Donnerstag, 07.11.02 – Ein Hochdruckgebiet breitet sich von Australien hierher aus und bringt uns schönes Wetter, dreht uns aber den Wind auf die Nase. Macht nichts, weiter südlich wird uns schon Westwind erwischen, gegen den die Yachten, die jetzt aus Tonga oder Fiji kommen dann oft anzukämpfen haben. Der kann uns dann wenigstens nicht mehr so ärgern, wenn wir so weit westlich vorhalten müssen. Ansonsten kehrt mal wieder Bordroutine ein: Morgens und abends werden die Funk-und Wetterrunden am Kurzwellensender abgehört, zur Nacht wird vorsichtshalber das Großsegel ein wenig gerefft, alle paar Stunden ist Wachwechsel und die letzten Doradenfiletstücke werden von meiner längst prima seegangsakklimatisierten Crew verspeist.

08.11.2002

Freitag, 08. November 2002

Freitag, 08.11.02 – Je näher man dem Zentrum des Hochdruckgebietes kommt, um so schwächer wird der Wind. Mal reicht er zum Segeln, mal nicht. Das Leben an Bord wird natürlich zum Ausgleich im gleichen Maße einfacher, wie der Wind nachlässt: Monika schnippelt einen großen Salat, ohne alle Zutaten einzeln am Herumrollen hindern zu müssen!
Die sternklare Ozeannächte zwischen den Mahlzeiten überlasse ich eurer Fantasie!

09.11.2002

Samstag, 09. November 2002

Samstag, 09.11.02 – Gar kein Wind – und auch fast gar kein Seegang. Zeit für ein Galafrühstück; Zeit, um eine kleine, aber ärgerliche Leckage im Ankerkasten abzudichten; Zeit, um schön auf der Heckplattform zu duschen; Zeit, einen kleinen Thunfisch zu fangen und Zeit, um ein Pütz-über-Bord-Manöver zu fahren. Und ich verrate nicht, wer sie hat reinfallen lassen, aber Wolfgang war es nicht. Und Monika auch nicht…
Außerdem Zeit, mal ein neues Fischrezept auszuprobieren: Thunfischfilets an Zitronenbutter und leicht kandierten Sesamkörnern, dazu neue, gelbe Kartoffeln. Als Vorspeise natürlich wie immer, wenn es frischen Blackfin (oder Yellowfin) gibt, ein Filet als Sashimi, auch wenn es fast noch zuckt!

10.11.2002

Sonntag, 10. November 2002

Sonntag, 10.11.02 – Der Wind brist auf – und zwar aus Nordwest! Rückenwind! Dieter und Monika bauen die Passatbesegelung aus Fock und Rollgenua auf, damit gleite ich wie immer wie von Geisterhand gesteuert über den blauen Pazifik, Gustav (der Autopilot) ist fast arbeitslos, so ruhig ziehen mich die kombinierten Vorsegel unter einem wolkenlosen Himmel in Richtung Neuseeland. Da der Thunfisch von gestern nur für eine Mahlzeit gereicht hat, wird schnell noch ein neuer, etwas größerer geangelt, der dann wohl ein paar Tage vorhalten wird. Ein wunderbarer Tag!

11.11.2002

Montag, 11. November 2002

Montag, 11.11.02 – Karneval fängt ja gut an: Mitten in der Nacht rutscht die Rollgenua ins Wasser, weil am Fall (also an der Leine zum Segel hochziehen!) ein Schäkel gebrochen ist. Da der Wind aber ohnehin auf West und Südwest dreht, passt das ganz gut, denn die Passatbesegelung funktioniert bei Seitenwind (Kurs Südost!) leider nicht, das Großsegel muss wieder gesetzt werden. Trotzdem sind wir wieder über 120 Meilen weiter gekommen, die Meilen rauschen so dahin!

12.11.2002

Dienstag, 12. November 2002

Dienstag, 12.11.02 – Süden ist ja hier unten leider die kalte Windrichtung! Hohe Dünung aus dem Polarmeer in Verbindung mit mehr oder weniger kräftigen Böen, da ist meine Mannschaft ja richtig froh, dass einem beim ständigen Segelreffen zwischendurch immer mal wieder schön warm wird! Viele große Albatrosse flitzen atemberaubend um uns herum, denen macht das Wetter richtig Spass! Vor allem das Hindernisfliegen durch die Wellentäler und -berge!

13.11.2002

Mittwoch, 13. November 2002

Mittwoch, 13.11.02 – Um 14.00 h ist es dann soweit: Land in Sicht! Kann man schon ganz gut sehen, sieht außerdem recht neu aus, ist wohl tatsächlich Neusehland! Obwohl das erstmal nur die vorgelagerten Three-Kings-Islands sind, aber bis zum Abend ist dann auch das Festland erreicht, so gegen Mitternacht liegt das Nordkap querab. Wolfgang funkt noch mit der Küstenfunkstelle und mit einem Frachter, der auf Kollisionskurs liegt, vor ein paar Tagen ist gerade hier ein schwedischer Einhandsegler von einem Frachter überfahren worden, der Frachter ist weg, der Schwede ist zwar gerettet, war aber nicht versichert – wir sind jedenfalls mal wieder vorsichtshalber besonders vorsichtig. Wie immer!

14.11.2002

Donnerstag, 14. November 2002

14.11.2002

Donnerstag, 14.11.02 – Wir bekommen schon unterwegs das volle Begrüßungsprogramm: Eine Delfinschule, eine Buckelwalfamilie, zweimal das Zollflugzeug, das Zollwachboot und dazu tolles Wetter und glattes Wasser in Lee von Aotearoa, wie die Maori ihre Heimat nennen. Zum Dank spielt Wolfgang beim feierlichen Gastlandsflaggenhissen auch die neuseeländische Nationalhymne über die Außenlautsprecher ab!
Der Blister kommt zum Einsatz und krönt so den seglerischen Teil dieser Überführung, um 22.00 h ist sie nämlich zu Ende, die Reise von Neukaledonien nach Neuseeland. Ich bekomme ein provisorisches Plätzchen an der Zollpier in der Marina von Opua in der Bay of Islands. Wohlverdient nach 1186 mal wieder wunderbaren Meilen seit dem letzten Ableger in Noumea.

15.11.2002

Freitag, 15. November 2002

Freitag, 15.11.02 – Der Zoll macht begrüßungstechnisch auch keine halben Sachen und fährt das volle Programm incl. Drogensuchhund und Fernsehteam. Monika ist irgendwie auf einer Suchliste gelandet und bekommt noch ein Extraverhör auf Staatskosten, wo sie ihre Harmlosigkeit dann aber beweisen kann. Was Zollvergehen angeht jedenfalls…(Taxi auf Staatskosten wäre ebenfalls möglich gewesen, denn die Zöllner waren bis zum Waitangi-Museum auf Suche nach ihr!)
Der Yachtclub hat zur Begrüßung für die aus den tropischen Inseln eintrudelnden Yachten, und das sind mit der Weile eine ganze Menge, ein Wiedersehensspanferkel geröstet! Alleine elf deutsche Schiffsbesatzungen zwängen sich an einem großen Tisch und erzählen sich die besten Geschichten aus der vergangenen Saison!
Noch ein Hinweis in eigener Sache: Die neuseeländische Telefonnummer von der letzten Saison ist wieder aktiviert, Wolfgang und ich sind ab sofort und bis Anfang März unter 0064 21 1829868 erreichbar!

16.11.2002

Samstag, 16. November 2002

Samstag, 16.11.02 – Dass wir schon wieder ablegen, das kann von den anderen Yachties ja mal wieder keiner verstehen. Aber da muss ja auch niemand zum Flughafen, und die Freunde haben ja auch alle monate-und jahrelang Zeit, sich noch ein paar schöne Buchten hier in Neuseeland anzuschauen. Meine Gäste haben ja leider immer ein etwas gedrängteres Programm, Intensivurlaub pur!!
Heute also bei kräftiger Brise im Slalom durch die Inseln und Inselchen der Bay of Islands, dann am spektakulären Kap Brett mit dem vorgelagerten Piercy Rock (das berühmte Hole in the Rock!) vorbei und mit Haibesuch bis in das natürliche Amphitheater der Whangamumu Bay, wo eine verlassene Walfängerstation von einem dunklen Teil der Geschichte Neuseelands erzählt.

17.11.2002

Sonntag, 17. November 2002

17.11.2002

Sonntag, 17.11.02 – Monika ist die leichteste an Bord – und deshalb darf sie hoch hinaus! In meinem Masttop hängt ja noch das Genuafall, und wenn sie denn schonmal im Bootsmannsstuhl (heisst der bei weiblicher Besetzung eigentlich Bootsfraustuhl?!) da oben rumhängt, da macht sie gleich ein paar Fotos.
Böiger Südwestwind mit schau(e)rigem Rückseitenwetter zieht uns dann die Küste entlang bis Tutukaka, wo uns der erste Hagelschauer der halben Weltumsegelung erwischt! Unpassenderweise genau in der schmalen Hafeneinfahrt, unpassenderweise genau von vorne! Das tut weh im Gesicht!!! Zwei Minuten später scheint die Sonne wieder – und der vorsichtshalber zum Abendessen mitgenommene Regenschirm wird auch nicht gebraucht.

18.11.2002

Montag, 18. November 2002

Montag, 18.11.02 – Keine große Wetterveränderung, deshalb gibt es am Bream Head gleich den zweiten Hagelschauer der halben Weltumsegelung! Die Millionen Seevögel stört das bei ihrem Mittagsmahl an diesem Kap nur kurzfristig, sobald der Schauer durch ist geht das große Fressen weiter!
Bream Head ist für uns das Tor nach Whangarei, hier mündet der gleichnamige Fluss ins Meer. Der Whangarei-River fließt nur für uns sogar ausnahmsweise bergauf, damit ich nicht gegen die Strömung segeln muss! Mit teilweise über zwei Knoten schiebt uns die Flut (timing und ein Gezeitentafeln lesen könnender Skipper sind für so was ja immer praktisch!) landeinwärts in Richtung Town Basin, Binnensegeln im glatten, aber engen Fahrwasser ist ja auch mal schön, vor allem, wenn man gerade reichlich Ozean hinter sich hat! Die sechs Wenden im Fahrwasserknick kurz vor dem Anleger (stilecht direkt an der Marina Bar! Frisch gezapftes Lion Red, dazu ein paar Austern!) sind dann auch tatsächlich mehr Manöver als auf den ganzen 1272 Meilen vorher!

19.11.2002

Dienstag, 19. November 2002

Dienstag, 19.11.02 – Ich muss ein Stückchen weiter rücken, damit die nächsten ankommenden Yachten auch mal den Logenplatz an der Theke genießen können. Aber das kurze Verholmanöver ist dann wirklich das Törnende nach 14 wunderbaren, abwechslungsreichen und meistens ziemlich lustigen Tagen!

20.11.2002

Mittwoch, 20. November 2002

Mittwoch, 20.11.02 – Da fährt sie hin, die Monika! Schönen Dank für alles, gute Reise und bis nächstes Jahr!

21.11.2002

Donnerstag, 21. November 2002

Donnerstag, 21.11.02 – Da außer den üblichen Bastelarbeiten (Dieter klebt mir neue Scheiben in die Luken!) nicht los ist, schicke ich mal herzlichste Geburtstagsgrüße an Wolfgangs Patenkind nach Kolbermoor!

22.11.2002

Freitag, 22. November 2002

Freitag, 22.11.02 – Schon fertig, die neuen Scheiben! Sieht super aus, und vor allem sieht man wieder super durch!!! ( Die alten Scheiben waren leider durch die UV-Strahlung ganz milchig geworden, was zu der lustigen Situation führte, dass die einzige Scheibe „mit Durchblick“ diejenige der Toilette war, weil das Toilettenluk nämlich mal nachträglich eingebaut worden ist und eine Scheibe aus anderem Material hat! Es soll ja Yachten geben, auf denen die Sichtverteilung genau umgekehrt ist…jedenfalls kann man hier jetzt wieder aus allen Kabinen und in jeder Situation den Verklicker und die Sterne sehen!)

23.11.2002

Samstag, 23. November 2002

Samstag, 23.11.02 – Noch so ein ereignisloser Hafentag…. auch am Abend ist nicht viel los, die Dorfjugend fährt stolz in den aufgemotzten Fords und Opels (die hier Holden heißen) Runden um den Block, aber in den Kneipen ist es relativ ruhig, Dieter und Wolfgang kommen schon recht früh und leicht enttäuscht von der geplanten Wochenendsause zurück.

24.11.2002

Sonntag, 24. November 2002

Sonntag, 24.11.02 – Sonntägliches Galafrühstück mit anschließendem Spaziergang! Obwohl, das ist schon eher eine Wanderung bis oben auf den die Stadt überblickenden Mount Parahaki. Die Überreste eines großen Pa (das ist eine Maori-Burg) liegen auf dem Grat und sind noch gut zu erkennen, mit Schützengräben und allem!

25.11.2002

Montag, 25. November 2002

Montag, 25.11.02 – Bordroutine: Dieter verschönert mich und Wolfgang rennt in der Stadt rum und besorgt die dafür nötigen Teile und Materialien! Die Nachricht des Tages: Der neue Wechselrichter (das ist ein elektrisches Gerät zur Umwandlung von 12 Volt Gleichspannung in 230 Volt Wechselspannung und nicht etwa ein im Schichtdienst arbeitender Justizbeamter!!) reicht für den Winkelschleifer! Endlich kann hier an Bord so richtig Sauerei veranstaltet werden!

26.11.2002

Dienstag, 26. November 2002

Dienstag, 26.11.02 – Wie gestern, allerdings etwas dramatischer, denn die Vorschiffskabine wird komplett geleert! Inklusive der Wandverkleidung und der Regale!
Am Nachmittag gibt es in der Marina-Kneipe den wöchentlichen Seglertreff, allerdings müssen Dieter und Wolfgang hauptsächlich neue Freundschaften beginnen, denn von den Kumpels der letzten zwei, drei Jahre ist fast niemand da!

27.11.2002

Mittwoch, 27. November 2002

Mittwoch, 27.11.02 – Von nun an wird es richtig dramatisch, denn es wird zu dritt an mir herumgebastelt! Ein Werftarbeiter beginnt damit, mir Holzstäbe innen an die Bordwand der Vorschiffskabine zu kleben! Neue Längsstringer, weil nach 20 Jahren mein Bug etwas zu sehr federt, wenn es gegen den Seegang geht.

28.11.2002

Donnerstag, 28. November 2002

Donnerstag, 28.11.02 – Zwei Längsstringer sind Originalausrüstung pro Seite, jetzt habe ich jeweils sechs! Soll ich zum Eisbrechen nach Nowaja Semlja??!

29.11.2002

Freitag, 29. November 2002

Freitag, 29.11.02 – Heute werden die fertig eingeklebten Stringer überlaminiert, also mit Glasfasermatten bedeckt und (hoffentlich) auf ewig mit der Bordwand verbunden.

30.11.2002

Samstag, 30. November 2002

Samstag, 30.11.02 – Schleifen, schleifen, schleifen….

01.12.2002

Sonntag, 01. Dezember 2002

Sonntag, 01.12.02 – Die neue Wandverkleidung wird teilweise angepasst, aber dann streikt Wolfgang und am Sonntag wird wie immer ein schöner Spaziergang gemacht und kein Werkzeug mehr angefasst!

02.12.2002

Montag, 02. Dezember 2002

Montag, 02.12.02 – Die Zwischenräume zwischen den Stringern werden mit Styropor aufgefüllt, damit Wolfgang beim Schlafen keine blauen Flecken am Hintern bekommt!

03.12.2002

Dienstag, 03. Dezember 2002

Dienstag, 03.12.02 – Und heute wird die neue Wandverkleidung eingeklebt! Damit sieht die Kabine wieder fast wie vorher aus, nur ein bißchen schöner! Was ja eigentlich ganz schön enttäuschend ist, die ganze Woche Arbeit – und nix von zu sehen! Aber Nowaja Semlja ruft! (Und die Marina-Bar, denn es ist ja schon wieder Dienstag!)