Von Auckland nach Whangarei – Januar 2002

17.01.2002

Donnerstag, 17. Januar 2002

Donnerstag, 17.01.02 – Zum Frühstück gleich mal bergeweise frischen Obstsalat…
Gesegelt wird hier natürlich auch noch: Heute bei wunderbarem Wetter und einer schönen Brise aus dem Norden (was ja hier die warme Windrichtung ist!) bis an die Ostseite von Waiheke Island: Sylvia und Robi gehen noch schnell eine Runde schwimmen, danach gibt es (Robi am Herd!) frischen Thunfisch an Rosmarinkartoffeln.
Wobei ausnahmsweise der Rosmarin frischer ist, als der Fisch: der Fisch ist nämlich aus dem Supermarkt, also von gestern (was ja wohl trotzdem ausreichend frisch ist!) – und der Rosmarin wächst in der Marina und wurde erst am Morgen gepflückt!

18.01.2002

Freitag, 18. Januar 2002

Freitag, 18.01.02 – Es dauert ein Weilchen, bis der Wind zum Segeln reicht, aber wir sind ja nicht in Eile. Das ruhige Wetter ermöglicht zum Ausgleich aber die Durchfahrt zwischen Rangiahuha Island und Great Barrier Island: spektakulär, wie Vulkaninseln so sind… ein bißchen Slalom durch die Felsbrocken mit ihren Gesichtern, Fratzen, Tierformen, Überhängen, Löchern – dann fällt der Anker in der Oneura-Bay in perfekt geschützter Lage, denn für die Nacht ist ein leichter Frontdurchgang angekündigt.
Bis dahin gibt es aber erst mal ein Curry aus in Yoghurt eingelegten Lammkoteletts, das vertreibt die Sorgen! (Am Herd heute: Sylvia!)

19.01.2002

Samstag, 19. Januar 2002

Samstag, 19.01.02 – Und anscheinend vertreibt es mit seinen magischen Kräften sogar schlechtes Wetter, denn nach nächtlichem Regen scheint schon wieder die Sonne.
Nur unter Fock darf ich ein paar Sightseeing-Kreise durch den großen Naturhafen von Port Fitzroy ziehen, dutzende Buchten laden hier zum Ankern ein, ein paar kennen ich und der Skipper ja schon, deshalb probieren wir mal was Neues: die Kiwiriki-Bay im Südosten dieses kleinen Binnenrevieres.
Jutta und Heiner von der „Nomzamo“ gesellen sich zu uns, Wolfgang bastelt eine frische Gemüsesuppe, kleine Bordparty vor großartiger Kulisse!

20.01.2002

Sonntag, 20. Januar 2002

Sonntag, 20.01.02 – Sonntag ist ja Ruhetag bei guten Christen, deshalb darf ich heute nicht segeln. Sylvia, Jutta und Wolfgang wandern am Morgen auf einem dieser wunderbaren, vom Department of Conservation angelegten Pfade bis auf den Walter-Hügel, danach erhält Wolfgang eine Einladung zum Sundowner auf der Mega-Yacht „Flying Wings“, weil er mangels Berührungsangst mit reichen Leuten einfach mal (mit Sylvia als Verstärkung) hinrudert, danach ankern wir eine Bucht weiter neben der „Escara“, wo Esther, Carlo und Martin (alle aus der Schweiz, Robi dolmetscht!) kühlen Chardonnay offerieren, danach ankern wir eine Bucht weiter neben der „Nomzamo“, wo Jutta schon den Pizza-Teig vorbereitet.
Vorher allerdings nochmal eine Wanderung: dieses Mal zum Wasserfall, der Skipper will baden!

21.01.2002

Montag, 21. Januar 2002

Montag, 21.01.02 – Am Fähranleger bekomme ich noch schnell den Bauch voll Wasser gebunkert, wenig später werden mit der „Nomzamo“ und der ebenfalls um die Ecke ankernden „Orinoko“ die letzten Verabredungen für den Etappenstart des Volvo-Ocean-Races getroffen.
Da müssen wir natürlich alle hin und den Gegnern der „illbruck“ den Weg abschneiden!
Christian von der „Orinoko“ hat das gestern schon mal mit der „Amer Sports One“ und der „Amer Sports Too“ probiert, die waren nämlich zum trainieren ebenfalls hier draußen auf Great Barrier. (Übrigens mit gemischten Mannschaften, wohl, weil die Damencrew zur Zeit so viel Pech hat!)
Christian und Sabine (und die beiden Knirpse Jonas und Leon) haben jedenfalls beim Anblick des anscheinend übermächtigen Gegners mutig den Blister gesetzt, woraufhin beide Ocean-Racer die Segel gestrichen haben! (Böse Zungen behaupten, das sei Zufall gewesen, ich aber weiß: Es war Angst!)
Jedenfalls: fernsehen am Sonntag!!! Eine gaaaaanz leichte Brise zieht mich mal mehr, mal weniger an Great Barrier Island entlang bis zur Bucht von Whangaparapara, bei einer verlassenen Walfangstation fällt der Anker, Sylvia kocht wunderbare Linsensuppe, danach ein Sundowner im Cockpit – noch ein schöner Tag einfach vorbei!

22.01.2002

Dienstag, 22. Januar 2002

Dienstag, 22.01.02 – Wenn man ein Taxi mit dem Daumen, also als Tramper anhält, dann braucht man auch nicht bezahlen. Scheint der Taxifahrer jedenfalls zu meinen, der meine Mannschaft komplett und umsonst mal eben zum Beginn des Wanderweges zu den heißen Quellen chauffiert.
Wieder einmal durch Dschungel und quer über ein wunderbares Hochmoor zu einem nur scheinbar kühlen Gebirgsbach, denn wenn man genau hinschaut, dann sieht man kleine Nebelschwaden über der Wasseroberfläche: so ist das halt bei 36° C – Badewannentemperatur, Wolfgang hat ja vorsorglich ein bißchen Shampoo mitgenommen!
Auch zurück klappt das Trampen prima, eine deutsche Kleinfamilie kommt im Leihwagen vorbei und erspart der Crew den Straßenanteil des Ausflugs.
Um 14.00 h dreht sich mein Bug nach Süden, Kurs Koromandel-Halbinsel. Um 14.20 h dreht er sich allerdings plötzlich nach Westen, dann nach Norden, dann nach Osten, denn wir verfolgen einen großen Finn- oder Buckelwal!
Genaueres kann ich nicht sagen, weil der Lümmel uns nur seinen Rücken zeigt und nicht mal eben hochhüpft oder so.
25 langsame Meilen weiter (viel Sonne, wenig Wind!) finden wir einen fast einsamen Ankerplatz in der spektakulären Kennedy-Bay (hohe Klippen, jagende Tölpel, warmes Gegenlicht im Sonnenuntergang…), nur die paar Millionen Muscheln einer Muschelfarm teilen die Stille mit uns, und das können die Muscheln ja ziemlich gut, denn obwohl sie „grünlippig“ heißen, sind sie doch eher schweigsam! (Doch noch ein paar Töne: Der Skipper klimpert ein bißchen auf der Gitarre, was aber gut zur Stimmung passt!)

23.01.2002

Mittwoch, 23. Januar 2002

Mittwoch, 23.01.02 – Kräftiger Hochdruckeinfluß beschert uns weiterhin nur leichte Brisen, für den Blister reicht es aber, und so zieht uns die „Warsteiner“-Reklame ruhig an der „Cathedral Cove“ entlang bis in den Hafen von Whitianga. Robi spendiert ein Gala-Fischmenü als Nach-Geburtstagsfeier ( der eigentliche Termin war schon letzte Woche, aber hier an Bord wird ja kein Grund zum Feiern ausgelassen!), nach dem Absacker im „Fireplace“ fällt eine müde Crew in die Kojen.

24.01.2002

Donnerstag, 24. Januar 2002

Donnerstag, 24.01.02 – Rike und Wolfram von der „Nirwana“ kommen zum Frühstück vorbei, wegen der dabei unvermeidlichen Geschichtenerzählerei verzögert sich der Ableger mal wieder bis um 12.20 h, aber dann geht es wieder weiter: an der psychodelischen Koromandelküste (grüne Findlinge auf rosafarbenem Strand: wer das entworfen hat, kann doch nur bekifft gewesen sein!) entlang nach Norden. Port Charles hört sich ja eher nach Stadt an, es gibt aber nur ein paar vereinzelte Häuser am Ufer dieser schönen Bucht, wir sind wieder mal alleine.

25.01.2002

Freitag, 25. Januar 2002

Freitag, 25.01.02 – Kap Colville an der Nordspitze der Koromandel-Halbinsel hat es in sich: Es lenkt den vorhergesagten Ostwind um fast 180 Grad auf Südwest ab und verstärkt ihn dabei von den vorhergesagten 10 auf gute 20 Knoten!
Das führt zu häufigem Garderobenwechsel: Blister rauf, Blister runter, Fock rauf, Fock runter, Blister wieder rauf und wieder runter, denn wir sind fast auf der anderen Seite vom Hauraki Golf, Tirirtiri Matangi ist das heutige Etappenziel.
Vorher aber noch zwei Ereignisse: eine große Delfinschule, ein Riesenschwarm Möwen, Austral-Tölpel und Seeschwalben und „unser“ Wal jagen scheinbar gemeinsam einen Fischschwarm, – und eine Motoryacht kommt auf Rufweite heran, der Stinkkastenlenker (sowas sind ja wohl keine Skipper!) schickt seine Blondine (Werksausstattung?) an die Reling: „Where is Great Barrier Island please?!“
Wolfgang schafft es noch, in die richtige Richtung zu deuten (Great Barrier nimmt ungefähr ein Viertel des Horizontes im Nordosten ein!!!!!!), dann muss er dringend unter Deck, wo er sich ausschüttet vor Lachen…

26.01.2002

Samstag, 26. Januar 2002

26.01.2002

Samstag, 26.01.02 – Tiritiri Matangi. Von der britischen Krone abgeholzt, dann generös den Neuseeländern „geschenkt“ und in den letzten 25 Jahren mühsam wieder aufgeforstet.
Und heute ein Vogelparadies: Sattelstare, Tüpfelkiwis, Blaue bzw. Zwergpinguine, Papageienputen
(richtig: Takahe bzw. Porphyrio Mantelli Hochstetteri, galt als ausgestorben, bis man noch eine kleine Gruppe gefunden hat. Auf etwas über 200 Tiere konnte man die Population neuseelandweit wieder erhöhen, davon ca. 30 hier, siehe Foto!), Springsittiche, Purpurhühner, Tuis, Maorifruchttauben, Graufächerschwänze, Schwarze Langbeinschnäpper… ein Traum für Ornithologen.
Und für alle anderen, die sich noch hinsetzen können, um einfach nur zu hören…
Apropos Blaue Pinguine: Die sind nicht nur die kleinsten Pinguine der Welt und total niedlich, sondern auch der Hauptgrund, dass hier an Bord zur Zeit nicht gefischt wird: die putzigen Kerlchen schnappen nach den Schleppangeln!
Der Ostwind hat zugelegt, mit über acht Knoten rausche ich am Nachmittag durch das Wasser zur Westhaven Marina, von dort marschiert die Crew in die Innenstadt. Sabine von der „Orinoko“ schließt sich an, Auckland im Party-Fieber, denn morgen geht es wieder los, das Volvo-Ocean-Race.
Und der Abschied wird gefeiert: mit einem riesigen Open-Air-Konzert der Philharmonie. 250 Sänger im Chor. Laser-Show. Salutschüsse der Artillerie. Feuerwerk. Und das alles gleichzeitig und aufeinander abgestimmt zu Melodien von Tschaikowsky!!!!! Danach wird durch die Clubs gezogen, bis die Socken qualmen…

27.01.2002

Sonntag, 27. Januar 2002

27.01.2002

Sonntag, 27.01.02 – Gerold mit seinem Bordhund „Bumi“ und Helen (die Holländerin von Weihnachten und so, ihr wisst schon) kommen an Bord, die Party-Beflaggung wird vorgeheißt, dann (um 09.30 h) legen wir ab in Richtung Innenhafen, denn da liegen sie, die acht Volvo-Ocean-Racer.
Neben der Einfahrt zum zugegebenerweise recht engen Innenhafen liegt ein Polizeiboot und Gerold sagt nur: „Die lassen uns da nie rein!“ – aber Wolfgang funkt die Kapitanerie an, und die sagen nur: „No problem, just stay to the right and don’t go faster than five knots!“ Yippiiieeeehhhhh!
Mitten ins Gewühl!!!!!
Leider versperrt meine Takelage ca. 20000 Menschen und ein paar Fernsehteams den ungetrübten Blick auf die Rennyachten, weil ich leider mitten davor liege und die Party-Beflaggung (eine große „Warsteiner“-Fahne und Unmengen Nationalflaggen) schön im Wind ausweht, aber leider ist das nun mal einfach so.
Die Stimmung ist irre: eine Crew nach der anderen wird vorgestellt und geht an Bord, die letzten Küsschen, dann fliegen die Leinen und unter tosendem Applaus und unter ohrenbetäubendem Getute verlässt ein Racer nach dem anderen das Hafenbecken – nach dem kleinen Schlenker um mich herum – in Richtung Kap Hoorn und Rio de Janeiro!!!!
(Wer jetzt der Meinung ist, dass das ja wohl ziemlich dreist ist, sich bei so einem Anlass fast zwei Stunden lang mitten in den Hafen zu legen, dem sei gesagt: das ist nicht nur einfach dreist, sondern doppeldreist, superdreist! megadreist!!!! Juhuuuuuuuu!!!!!!!)
Ein Riesen-Konvoi wälzt sich wenig später zur Startlinie vor Rangitoto-Island. Die Rennleitung findet es nicht so lustig, dass Wolfgang und Christian von der „Orinoko“ sich auf Kanal 73 unterhalten (Regattaleitungskanal, man kann ja nicht alles wissen…), aber das bleibt die einzige kleine Panne.
Die Startlinie wird erst ganz kurzfristig gelegt, damit sie exakt quer zur Windrichtung ausgerichtet ist, das sorgt für etwas Verwirrung, aber pünktlich um 13.00 h können die Racer durch eine Lichtung im begleitenden Mastenwald starten. Und dieser begleitende Mastenwald startet natürlich auch, man will ja was sehen!
Schon mal erlebt, wenn tausende (jawohl: tausende!!!) Yachten und ein halbes Dutzend Pressehubschrauber gleichzeitig in eine Richtung brettern und dabei versuchen, mit acht Volvo-Ocean-Racern Schritt zu halten?
Nein?
Wahnsinn!!
Absoluter Wahnsinn!!!
Irgendwann (das Zeitgefühl blieb leider irgendwo auf der Strecke!) verschwinden sie dann doch recht schnell hinter dem Horizont, die Verrückten…
Die „illbruck“ liegt auf Platz drei, das ist prima, Robi und Gerold setzen meine Fock, zwei Stunden Beruhigungssegeln, das muss sein, dann zurück nach Auckland. Sylvia zirkelt mich rückwärts in die Box (simple Ankermanöver sind ihr mit der Weile zu langweilig!), dann bummeln meine Gäste zum Muschelessen in die belgische Brasserie an der Queens Street, der Tag muß ja noch gefeiert werden!

28.01.2002

Montag, 28. Januar 2002

Montag, 28.01.02 – Und wenn ihr meint, dass „danach“ hier Ruhe einkehrt….. heute ist nämlich der „Auckland-Anniversary-Day“ – Auckland hat also Geburtstag.
Und das feiern die Neuseeländer natürlich auf dem Wasser – mit ihrer größten Regatta!
Alles, was Segel hat ist unterwegs.
Wir auch – logisch.
City of Sails.
Es geht zu wie auf dem Stachus, nur mit einem Unterschied: In alle Richtungen gleichzeitig und ohne Verkehrspolizei!
Die Marine hat eine Fregatte als Ausflugsboot umfunktioniert, ansonsten gehören die Gewässer heute wieder den Spinnakern, Blistern, Großsegeln, Rahsegeln, Focks, Genuas, Klüvern, Reachern – und später am Ankerplatz bei Rangitoto auch noch den Sonnensegeln! Noch ein Hinweis in eigener Sache: nächstes Jahr um diese Zeit ist hier America’s Cup. Und ich werde mittendrin sein!Termin vormerken!!!

29.01.2002

Dienstag, 29. Januar 2002

Dienstag, 29.01.02 – Sylvia und Robi kraxeln morgens auf den Vulkan, aber Wolfgang war da ja schon oben drauf, und so dramatisch hat sich seine Lauffreude trotz der wunderbaren Wege und Pfade dann doch nicht vergrößert, als dass er irgendwo doppelt hinmarschiert…
Ein letztes Mal an Aucklands schöner Skyline entlang, dann liege ich wieder in der Westhaven Marina – 246 wunderbare Meilen seit dem Ableger vor zwei Wochen. Das Abschiedsessen wird im edlen „Sails“ verspeist, was auch (neben den excellenten Speisen und den dazu passenden guten Weinen und schönen Gesprächen) wegen des österreichischen Oberkellners erwähnenswert ist. (Wolfgang: „And where are you from?!“ – der Ober: „A oider Weeaner!“)

30.01.2002

Mittwoch, 30. Januar 2002

Mittwoch, 30.01.02 – Aber ums Großreinemachen kommt trotzdem keine Crew herum! Damit die nächste Crew es auch wieder schön und sauber hat, in diesem Fall sind das Elke und Walter De Lacasse aus Stuttgart. Willkommen auf dem frischgewaschenen Deck und natürlich überhaupt an Bord!
Nach dem Großeinkauf reicht der Elan noch für einen kleinen Spaziergang zum „Swashbuckler“, noch eines dieser wunderbaren Fischrestaurants in der näheren Marinaumgebung…