Von Salomonen / Honiara nach Papua Neuguinea / Port Moresby

30.07.2009

Donnerstag, 30. Juli 2009

Donnerstag, 30.07.09 – Naja, als Guadalcanal so gegen 01.00 h in der Frühe leider zu Ende ist, da steht ein fürchterlich kabbeliger Seegang um die Ecke herum quer zu meinem Kurs. Außerdem regnet es wieder. Unter Deck sorgen fünf Menschen und die feuchten Bettlaken aus der Wäscherei für elfundneunzigprozentige Luftfeuchtigkeit, das gilt auch schon fast als Niesel. Zumindest als Dampfbad. Am Vormittag scheint mal kurz die Sonne, am Nachmittag hängt ein 3,5 kg Schwarzflossenthunfisch an Bärbels Angel, und in der Nacht sorgen ein Kabelleger und kräftige, kübelschüttmäßige tropische Schauer für Abwechslung im Dauerregen. Wenigstens passt der Wind für eine schnelle Reise, und die beiden Fälle von maritimer Unpässlichkeit (wer, wird aus datenschutztechnischen Gründen nicht verraten!) sind auch schon wieder gut genesen.

31.07.2009

Freitag, 31. Juli 2009

Freitag, 31.07.09 – Am Nördlichen Horizont schimmert das Arbeitslicht eines Kabellegers durch die Nacht, einmal pro Stunde sendet er seine Position über UKW ins Blaue, damit sich alle von ihm freihalten. Machen wir, wenn Honiara auf die Art und Weise zu einer besseren Internetverbindung kommt, sogar sehr gerne!
Sonnenschein und weiterhin schöner Segelwind sorgen für gute Laune an Bord, am Abend veranstaltet ein Tölpel Landeversuche auf meiner Mastspitze und verbiegt dabei den Verklicker. Ist ja nicht das erste Mal.

01.08.2009

Samstag, 01. August 2009

Samstag, 01.08.09 – Ein Autofrachter und ein Tanker und ich liegen auf Kollisionskurs. Der Schifffahrtsweg von Australien nach China muss hier außen um Papua Neu Guinea herum, um 16.00 h ist nämlich Land in Sicht: Rossel Island ist die erste Insel der Louisiaden. Unter dem traditionellen Abspielen der Nationalhymnen beider Länder werden die Gastlandsflaggen der Salomonen und Papuas getauscht, dann darf ich in Lee der hohen Insel noch eine seegangsfreie letzte Nacht weiterbummeln. Schon leicht gebremst, damit wir morgen nicht ohne Tageslicht vor dem Pass in die Lagune stehen. Ein Pilotfisch am Heck, ein 4 m langer, sehr neugieriger Indischer Grindwal am Bug und ein weiterer Tölpel (heute auf dem Solarpaneel) machen mich mal wieder zum Zoo, wunderschön, vor allem natürlich der Wal.

02.08.2009

Sonntag, 02. August 2009

Sonntag, 02.08.09 – Um 08.30 h ist es dann so weit: Durch die Chubudi-Passage schlüpfe ich in die Lagune der Calvados Inselkette. Zum Frühstück liege ich schon vor Anker in der Robinson Bucht an der Insel Abaga Gaheia, nun kann das Louisiaden-Abenteuer beginnen!
Papua Neu Guinea ist ja sehr weit von unserem westlichen Kulturkreis entfernt, und diese Inselgruppe ist nun zusätzlich eine der abgelegensten Gegenden Papuas. Die erste Expedition führt meine Mannschaft in ein Dorf am Eingang zu unserer Bucht: Ein paar Dutzend palmwedelgedeckte Hütten auf Pfählen, eine lustige Kinderschar und neugierige, aber sehr scheue und zurückhaltende Erwachsene. Kein Generator, keine Außenbordmotoren an den schönen Einbäumen, keine Wellblechdächer, keine Betonfußböden, kein Inselladen ? das kann vor 300 Jahren hier nicht viel anders ausgesehen haben. In der Hütte des Chiefs wird wieder eine Brillenaktion veranstaltet, vom praktischen Nutzen mal ganz abgesehen ist das ja auch immer ein Riesenspaß, wenn die Menschen sich gegenseitig, die verschiedenen Schriftgrößen auf der Mückenschutzdose oder die umliegenden Inseln mehr oder weniger verschwommen sehen, denn die Brillen sind ja nicht nach Stärke sortiert. Außerdem sind die Damen und Herren natürlich genauso eitel wie alle anderen Menschen dieses Planeten auch.
Zurück am Ankerplatz wird noch ein bisschen Tauschhandel betrieben, Angelhaken und ein paar Lebensmitteldosen gegen frisches Obst oder gebastelten Schmuck und Schnitzereien. Und dabei gibt es natürlich auch immer viel Gelächter!

03.08.2009

Montag, 03. August 2009

Montag, 03.08.09 – Auf der anderen Seite der Bucht befindet sich ein ganz kleines Dorf, also wird die nächste Brillenaktion gestartet. Zwischen den Hütten arbeitet eine ältere Dame im Grasrock, und Grasröcke hatten wir bisher selbst in den wildesten Ecken Vanuatus nur noch als Festgewand für die Tänze in Betrieb erspäht. Mein Bordarzt Christoph hat außerdem den ersten Patienten, denn eine Frau liegt mit Husten und Durchfall auf der Matte. Die Kinder bekommen einen Fußball geschenkt, und die Luftballons, die meine Jungs immer in den Hosentaschen haben, sind natürlich auch sehr begehrt.
Später wechselt eine riesige Landkrabbe den Wohnort, direkt aus den Mangroven in meinen Kochtopf. Vorher stanzt sie noch eben eine Delle in Bärbels Badelatsche, aber so kann man sie (die Krabbe, nicht Bärbel) wenigstens gut hochheben, ohne gezwickt zu werden. Die Scheren haben die Ausmaße eines Kiefers einer mittleren Wildsau, da lässt man die Finger besser weg.
Die Expedition wechselt das Basislager: Auf dem Weg zur Hoba Bay auf Panaumala begeht noch schnell ein Barrakuda Selbstmord an der Heckangel, das trifft sich gut, denn so können wir Evi und Wolfgang von der „Sleipnir“, die dort schon auf uns warten, fürstlich zum Abendessen bewirten. Evi bereitet Kompott mit Vanillesoße vor, so gibt es mal wieder ein richtig schönes Bordfest mit Vier-Gänge-Menü: Krabbe, Barrakuda, Kompott und dann Schokolade zum abschließenden Espresso. Und frisches Brot duftet auch schon aus dem Ofen.

04.08.2009

Dienstag, 04. August 2009

Dienstag, 04.08.09 – Die Natur habe ich ganz vergessen: Ein Seeadlerpärchen kreist über mir, blaue Reiher, weiße Kakadus, grünrotbunte Papageien, weißköpfige Eisvögel, Fregattvögel im obersten Stockwerk, Seeschwalben, große Schmetterlinge im Dschungel – aber natürlich auch ein paar Mücken, große Schlupfwespen und Feuerameisen. Ansonsten gönnen wir uns einen wohlverdienten Ruhetag, denn die Brillenaktion fällt überraschenderweise aus. Das hiesige Dorf ist gerade mit einer Teufelsaustreibung beschäftigt.
Psychologisch und gruppendynamisch nicht verkehrt, sagt Christoph, denn der Epileptiker, um den es geht, bekommt so ja auch den Rückhalt seiner Gemeinde. Jedenfalls ist heute keine Zeit für moderne Medizin, das 21. Jahrhundert kommt dann morgen früh noch einmal vorbei.
An meinem Heck kommen derweil drei Mädels vorbei, die Bärbel und Klaus ein Ständchen singen: dreistimmig, hell und klar und natürlich wieder voller Spaß am Leben.
Auch Spaß am Leben haben Wolfgangs Schwester und Schwager: Erstens rollert Merle im Bobbycar munter durch die Wohnung, und zweitens haben sie www.druckrausch.de gestartet, für alle eure Drucksonderwünsche, reinschauen!

05.08.2009

Mittwoch, 05. August 2009

05.08.2009

Mittwoch, 05.08.09 – Heute also Optikerladen am einen Ende des Klassenzimmers der kleinen Dorfschule – und Arztvisite auf der anderen. Vor allem die Kinder hier leiden unter offenen Geschwüren an den Beinen, die sich aus kleinen, unbehandelten Verletzungen bilden. Neben der Versorgung der Wunden ist es heute wohl die beste gute Tat meiner Helferlein, dem Lehrer beizubringen, wie er mit einfacher Chlorbleiche und etwas Wundpuder die Bildung von Geschwüren in Zukunft vermindern kann.
Ansonsten müsst ihr euch den Einfall von sechs Weißen (Evi schließt sich an) in so ein Dorf wie einen großen Kindergeburtstag oder eine Minikirmes (-kirchweih für die Bayern) vorstellen, aber bekannterweise findet eine Galateia-Touristenattraktion ja immer dann statt, wenn die Touristen die Attraktion sind. Heute also mal wieder ein Volltreffer.
Zwei Meilen gegenüber liegt eine einsame Minilagune, „Sleipnir“ und ich ziehen am Nachmittag um. Ganz einsam ist es doch nicht: Am Ufer zerlegen zwei der Männer aus dem Dorf von heute morgen gerade eine große Karrettschildkröte; da haben sie Glück gehabt, denn so viel Fleisch auf einmal erwischen sie selten. Meine Crew bekommt ein Krötenschnitzel angeboten, aber Christian hat schon Chili con Carne vorbereitet, da weiß man, was man hat. Zeit für’s nächste Dinner mit Evi und Wolfgang, heute hat Evi Creme Caramel gezaubert (noch ein heiliger Restbestand aus Österreich!).

06.08.2009

Donnerstag, 06. August 2009

06.08.2009

Donnerstag, 06.08.09 – Die Lagune ist einfach ein Südseekitschidyll – wir bleiben einen Tag. Unter Wasser ist es ja auch wunderschön, und so wird Higgins (mein Beiboot) mit sämtlichen Flossen, Tauchmasken und dem kleinen Anker bestückt. Bunt, bunter, Korallenriff. Da hier niemand kommerziell fischt, erspäht meine Mannschaft nicht nur die üblichen, eher kleinen Verdächtigen zwischen den Korallenköpfen, sondern auch einen riesigen Napoleon, ein paar Weißspitzenriffhaie, Rochen, sogar Kalmare schwimmen meinen Schnorchlern vor die Linsen.
Am Abend versammeln sich wieder beide Crews bei mir im Cockpit, um den wunderbaren Unterwassertag noch einmal Revue passieren zu lassen.

07.08.2009

Freitag, 07. August 2009

Freitag, 07.08.09 – Noch ein letztes Frühstück in unserer Lagune, dann sind wir wieder unterwegs. In der Riffpassage zupft mir ein Monsterfisch einen Doppelhaken von der Mörderangel, ein großer Einfachhaken wird mal eben lang gezogen, und an dem kleinen Tunfisch, der dann doch noch im Cockpit landet, hat schon ein Hai geknabbert. Unverschämtheit!
Noch eine Unverschämtheit: Ich habe mit fast zwei Knoten Gegenstrom zu kämpfen, obwohl mich hier laut Seekarte eigentlich der Südäquatorialstrom mit bis zu zwei Knoten schieben sollte. Wind gegen Strom wirft leider immer etwas Extra-Seegang auf, aber der Wind passt gut und wir segeln in eine schöne Nacht hinein.

08.08.2009

Samstag, 08. August 2009

08.08.2009

Samstag, 08.08.09 – Alles Gute zum Geburtstag an Christoph! Wunderbares, endlich einmal richtig trockenes Wetter und ein gewaltiges Geburtstagsgeschenk von Rasmus an der Angel. Leider so gewaltig, dass es die Angel komplett außenbords befördert… So bleibt es beim üblichen Kindergeburtstagsprogramm: Christian bäckt einen Schokokuchen (vielen Dank an Evi für die Backmischung!), Luftschlangen fliegen durchs Cockpit, der Wind pustet die Kerzen aus, die Crew singt ein Ständchen und Christoph freut sich über eine schön geschnitzte Holzschale aus den Louisiaden. Dass sie ihm gefällt ist sicher, denn beim Aussuchen hat Wolfgang einfach behauptet, er suche etwas für seinen Papa, und ob Christoph das denn schön findet?!
Am Abend stecke ich meinen Bug in eine Bucht von der Insel Suau, schon ganz nah am Festland, dass dunkel und dschungelig hinter der Insel aufsteigt. Von weitem ist keinerlei Zivilisation auszumachen, aber beim Näherkommen lösen sich doch ein paar Kanus vom Ufer, und kaum ist der Anker unten, da geht die Feilscherei an der Badeplattform schon wieder los. Hier kommen so selten Yachten vorbei, dass einige der Einheimischen auch einfach nur gucken – ich bin mal wieder Touristenattraktion.

09.08.2009

Sonntag, 09. August 2009

Sonntag, 09.08.09 – Sonntagsfrühstück mit Ei, wie immer. Und dann weiter, wieder hinaus aufs Meer, Kurs Nordwest. Irgendwer zieht mal wieder einen meiner Hochseehaken lang, Klaus witzelt schon, dass die Fische zur Zahnsteinentfernung Schlange stehen. Also kein Fisch, sondern Kroatischer Duvec, bzw. Reis mit Sch…, wie mein Skipper sagt. Auch lecker.

10.08.2009

Montag, 10. August 2009

Montag, 10.08.09 – Heute klappt es. Einmal kommt die Angel zwar wieder nach einer Dentalpflege hoch, aber dann hängen 5,5 kg Mahi Mahi am Haken. 104 cm feinste Filets, dazu Butterkartoffeln und grüne Bohnen, Seglerherz, was willst Du mehr?
Ein Tölpel trampt mit und macht es sich zur Nacht auf dem Solarpaneel bequem, das ist eine schöne Abwechslung für die Bordroutine mit ihrem Zwei-Stunden Wachwechselrhythmus.
Der Wind treibt mich schnell die Küste entlang, und um Mitternacht ist klar, dass ich schon gebremst werden muss, um nicht bei Dunkelheit in Port Moresby anzukommen. Bei der Halse am letzten Kap wird deshalb das Großsegel geborgen und ich bummele gemütlich dem Hafen entgegen.

11.08.2009

Dienstag, 11. August 2009

Dienstag, 11.08.09 – Und um 07.30 h liege ich dann schon im Yachthafen von Port Moresby. Die hübschen und netten Quarantäneoffizierinnen nehmen freundlicherweise meinen kompletten, gesammelten Müll mit (hier wird natürlich nichts außenbords geworfen!), aber dann muss ich ein paar Stunden auf die Zöllner warten. Am Nachmittag reicht die Zeit deshalb leider nur noch für einen kleinen Spaziergang ins Stadtzentrum, und der hinterlässt geteilte Eindrücke. Einerseits macht Port Moresby einen sehr modernen, überraschend reichen Eindruck, andererseits ist weitverbreitete Armut unübersehbar. Hier prallen Welten aufeinander. Unter den Glaspalästen der Versicherungen sitzen Händler im Straßenstaub und verkaufen Betelnüsse (eher ekelig, vor allem die Rotzerei) und Paranüsse (eher sehr lecker!). Die Marina gehört sicherlich zum reichen Teil: W-Lan an den Stegen und im gepflegten Restaurant, tolle Sanitäranlagen, leckeres Essen im klimatisierten Restaurant, nach all den Wochen in kleinen Dörfern oder in der Einsamkeit freut sich meine Mannschaft auf ein bisschen Luxus und ein frisch gezapftes Bier. Und auf Christophs Geburtstagsnachfeier!

12.08.2009

Mittwoch, 12. August 2009

Mittwoch, 12.08.09 – Törnabschlussprogramm, wie immer. Ich werde drei Stunden lang gewienert, die Wäsche kommt in die Maschine, der Dieseltank wird aufgefüllt, Wolfgang biegt den tölpelverbogenen Verklicker im Masttopp wieder gerade und Christian muss dann als erster zum Flughafen. Gute Reise, und bis bald!
Christoph verlässt mich ebenfalls und macht hier noch zwei Tage Landurlaub, aber ihm gefällt es an Bord so gut, dass er zum Abendessen schon wieder in die Marina kommt.
Bärbel und Klaus bleiben mir ja noch bis Darwin erhalten, so klingt der Tag gemütlich und zusammen mit Evi und Wolfgang von der „Sleipnir” (www.sleipnir2.at) aus.