Von Samoa nach Tonga – August 2001

30.08.2001

Donnerstag, 30. August 2001

Donnerstag, 30.08.01 – Die ganze Mannschaft klettert um kurz nach acht auf die Ladefläche von Urs‘ Kleinlaster, dann düsen sie los über die Insel, diesmal unter Aufsicht eines Beinahe-Einheimischen, denn Urs und sein Sohn wohnen hier und wollen ein bißchen am Tourismus mitarbeiten. Im Prinzip fahren sie die gleiche Route wie mit den Franzosen, aber Samoa hat so viele Sehenwürdigkeiten, das auch für Wolfgang fast alles neu ist: das Grab von Robert Louis Stevenson („Schatzinsel“, „Dr. Jecyll and Mr. Hyde“) hoch über Apia, das Bad im Wasserfall, der „Weltreligionstempel“, und natürlich all die Geschichten, die Urs über die Samoaner und ihr Leben zu erzählen weiß!
Am Abend versumpft der Skipper mit den Jungs von MS“Rover“ und SY „Daydreamer“ in einer pottenfinsteren Disco, aber das gehört ja leider gar nicht in dieses Logbuch…

31.08.2001

Freitag, 31. August 2001

Freitag, 31.08.01 – Zum Ausklarieren und zum Wasserbunkern legt mich Klaus an die Zollpier, klappt alles prima, dauert aber ein wenig, deshalb legen wir erst gegen 13.45 h ab.
Nach 20 Meilen bei ganz leichter Brise fällt der Anker hinter dem Außenriff am Westende der Insel, ein wenig Ruhe tut nach der ganzen Hektik in den letzten Tagen ja ganz gut!

01.09.2001

Samstag, 01. September 2001

Samstag, 01.09.01 – Eine schöne Schildkröte nickt uns ihr „Gute Reise!“ zu, dann dreht sich mein Bug nach Süden, Kurs Tonga!
Nach zwei „Ssssssst-Pings“ landet der dritte Biss (eine große Dorade!) endlich im Cockpit – und wenig später in Kokosmilch im Topf, weil das so gut schmeckt! Dazu Kochbananen-Brotfruchtgemüse, da freuen sich meine Menschen!
Die Sonne verabschiedet sich mit einem Green Flash, meistens ein Zeichen für eine ruhige, sternenklare, mondhelle Nacht. Bärbel hat gesagt, dass ich den „Green Flash“ oder „Grünen Strahl“ mal erklären soll: Durch die Luftmoleküle tritt bei Sonnenstrahlen Lichtbrechung auf. Steht die Sonne ganz tief am Himmel, nimmt das Licht einen sehr weiten Weg durch unser Luftmeer. Die Lichtbrechung ist nicht für alle Wellenlängen gleich, blaues Licht wird stärker gebrochen als rotes Licht. Somit erscheinen vor unseren Augen Sonnen in verschiedenen Farben. Die „Rote Sonne“ verschwindet unter dem Horizont sehr kurz vor der „Blauen Sonne“, da das blaue Sonnenlicht aber durch Bestandteile unserer Atmosphäre herausgefiltert wird, leuchtet unmittelbar nach Verschwinden des rotglühenden Sonnenballs die „Grüne Sonne“ also der „Grüne Strahl“ kurz auf . (Soweit zugegebenerweise aus TO Nr. 93, Juli 2001 zitiert).
Alles klar?
Ganz zum Schluss leuchtet bei einem klaren Sonnenuntergang in den Tropen der letzte Rest der Sonne plötzlich neongrün. Sieht prima aus, kommt noch vor den grünen Wolken von Bora-Bora!

02.09.2001

Sonntag, 02. September 2001

Sonntag, 02.09.01 – Seit 08.00 h bläst der Passat kräftig aus SSE, das gefällt außer mir und dem Skipper leider niemandem so richtig… Vor allem wegen des Seegangs.

03.09.2001

Montag, 03. September 2001

Montag, 03.09.01 – Aber wegen der Datumsgrenze muss ja ein Tag gestrichen werden, und die Mannschaft beschließt, sowohl den heutigen Montag als auch die Erinnerung an die Maritime Unpäßlichkeit einfach über Bord zu werfen.
Apropos „Über Bord werfen“: Pitti, der Skipper von der „Phönix“ empfiehlt auf der Funkrunde bei „Maritimer Unpässlichkeit“ das „Phönix-Frühstück“: Ein schön mit Wurst und Käse belegtes Butterbrot im hohen Bogen über die Reling geben, das erspart das ganze Auf und Ab durch die Speiseröhre…
Wolfgang und ich haben übrigens beschlossen, wegen des verlorenen Tages unsterblich zu sein, bis wir ihn (den Tag) irgendwo finden, das ist logisch. Steht auch so ähnlich bei Umberto Eco in „Die Insel des vergangenen Tages“. Kann ja nicht einfach weg sein, der Montag! (Oder der Sonntag?!)

04.09.2001

Dienstag, 04. September 2001

Dienstag, 04.09.01 – Dieser Tag bleibt im Gegensatz zu gestern sicher allen unauslöschlich im Gedächtnis: Kurz vor der Einfahrt in die Lagune von Niuatoputapu zeigen uns Buckelwalmama und Buckelwalpapa ihr Junges. Zehn Meter neben mir.
ATEMBERAUBEND!
KNIEERWEICHEND!
UNBESCHREIBLICH!
Allein die Atemgeräusche so aus der Nähe! Einatmen: ein Brummen so tief und so gewaltig und so voller Resonanz – und dann mit einer riesigen, zischenden Fontäne alles wieder raus. Dass die Insel traumhaft schön ist, dass das Einklarieren mit den Behördenvertretern an Bord ganz unkompliziert von statten geht, dass nur zwei andere Yachten in der wunderbar geschützten Lagune ankern – auch alles toll.
Aber die Wale!
ABER DIE WALE!

05.09.2001

Mittwoch, 05. September 2001

Mittwoch, 05.09.01 – Natürlich haben wir den Geburtstag des Bordingenieurs (Dieter in Warstein!) gestern nicht vergessen, sondern nur die Grüße!
Wegen der Wale!!!!
Herzlichsten Glückwunsch nachträglich, auch von Iasinita Patolo , (21 Jahre alt) Vaipoa, Niuatoputapu, Tonga Und Siu Limoni, (14 Jahre alt) Niuatoputapu District High School Hihifo Niuatoputapu, Tonga .
Die beiden Mädels suchen dringend Brieffreunde aus dem Ausland! Kennen tun wir die beiden, weil sie und ihr Großvater unsere Rosi mit Großvaters Schiffchen zurück hier an Bord gebracht haben und meine Mannschaft (bzw. Skipper, Rosi, später Klaus und Bärbel) Tonganisch lehren, während die anderen Crewmitglieder samt Beiboot noch im Dorf bzw. bei dem Engländer, der hier eine Pension aufbauen will, an der Bar sind. Etwas verstreuter Landausflug sozusagen…
Das kommt zum Teil vom Trubel, den das Versorgungsschiff veranstaltet, das nämlich nur einmal alle zwei Monate (und das ist heute!) hier vorbeikommt. Alles klar?!

06.09.2001

Donnerstag, 06. September 2001

Donnerstag, 06.09.01 – Schon mit dem allerersten Licht brechen alle drei Yachten (außer mir noch „Bowbells“ und „Silver Heels“) auf, dann reicht hoffentlich eine Nachtfahrt bis zur Va Va’u-Gruppe. Ein echter Black Marlin springt schon müdegekämpft im allerletzten Moment vom Haken, aber eine große Dorade bringt dieses Kunststück nicht mehr fertig und wird erstmal zu Fischsuppe verarbeitet, was anderes lässt sich zur Zeit nur schwer essen, denn es windet gar gewaltig: kräftiger Passat mit recht hohem Seegang (um vier Meter…), nachts ein paar wilde Schauerböen, die Crew im Gegensatz dazu mal wieder ziemlich ruhig…

07.09.2001

Freitag, 07. September 2001

07.09.2001

Freitag, 07.09.01 – Zeit, noch ein paar Gedankenspielereien und eine Richtigstellung unterzubringen: Zuerst die Richtigstellung: der nicht gefundene See auf Samoa heißt „Lanoto“, kleine geistige Verwirrung beim Skipper am Rande!
Und nun die Gedankenspielerei: Das mit der gesetzlichen Datumsgrenze auf Tonga ist ja eigentlich ganz klar: wenn es in Tonga sechs Uhr morgens am Sonntag ist, ist es auf Samoa sechs Uhr morgens am Samstag, denn die einen haben UTC plus 13 h, und die anderen UTC minus 11 h. In London ist es also gleichzeitig 17.00 h (bzw. 18.00 bei Sommerzeit, was die UTC aber natürlich nicht hat!) am Samstag.
Und wir verlieren hier an Bord einen Tag von Samoa nach Tonga.
Allerdings läuft der Laptop nach UTC!
Muss jetzt am Laptop auch das Datum umgestellt werden oder nicht?
Preisfrage!
Mit Verlosung der allerletzten John-Maynard-Gedächtnis-Medaille!!!! (Wer beide Antworten mailt, fliegt raus!)
Außerdem hier die Auflösung des ungelösten Rätsels vom Kapverden – Kanaren – Törn (Logbuch vom 30.04.99!!): Die Position mit den 235 betrunkenen Schwestern (weil Schnapszahl!) war 22°22’N, 22°22’W!
Hat niemand rausgefunden!
Deshalb gibt es heute für die nicht so erfahrenen Segler auch noch ein kleines Suchspiel ohne Preisausschreiben. Wieviele Personen sitzen in dem Samoanischen Betriebsausflugskanu?! (s.Foto!)
Jetzt aber endlich zurück zum aktuellen Geschehen: um 13.30 h erreichen wir das Lee der Va Va’u-Inseln. Der Seegang ist wie weggeblasen, die leichte Lethargie meiner Mannschaft auch, vor allem, weil die nächste Buckelwalfamilie zur Begrüßung etwas südlich der Einfahrt in den Inselarchipel herumschwimmt.
Am Abend kommt die Müdigkeit meiner passatgeprüften Crew nach Verzehr der Restdorade (Filets in Butter geschwenkt!) dann aber doch noch mal zurück, aber das macht in der wunderschönen Ankerbucht „Port Maurelle“ (Dschungel links und rechts, Sandstrand im Scheitel!) ja nichts, den Schlaf haben sich alle in den letzten 32 Stunden redlich verdient.
Und ich auch!

08.09.2001

Samstag, 08. September 2001

Samstag, 08.09.01 – Die Va Va’u-Gruppe erinnert sehr an das Inselwirrwarr im Ionischen Meer oder in der südlichen Adria: Dicht bewachsener Muschelkalk mit ungezählten Ankermöglichkeiten in seegangsfreiem Wasser. Kleine weiße Strände hinten in den Buchten und ein kleines Städtchen. Neiafu. Da liegen „Schoggelgaul“ und „Phönix“ und „Hanta Yo“, deshalb gibt es nach dem Ankern erstmal Kaffee und Kuchen bei uns und dann den Sundowner auf „Schoggelgaul“.
Soooo viel zu erzählen seit Papeete! (und ein paar Steaks an Land!)

09.09.2001

Sonntag, 09. September 2001

Sonntag, 09.09.01 – Ute („Phönix“) bringt eine selbstgenähte Tonga-Gastlandsflagge vorbei, Silke („Hanta Yo“) ein paar frische Ananas, zum Dank gibt es Schwarzwälder Schinken aus Deutschland und als Gratiszugabe die Kirchenchöre vom Ufer. Schlecht synchronisiert, die verschiedenen Konfessionen, daran könnte man noch arbeiten – aber ansonsten ein wunderbarer Sonntag Morgen! Nur leider mal wieder viel zu kurz – wir müssen ja weiter!
Bei Sonntagswetter!
Leichter Passat, kaum Seegang wegen der vorgelagerten Inseln, ein wunderbarer Vormittag, Nachmittag, Abend, dann eine wunderbare Nacht unter südlichen Sternen…

10.09.2001

Montag, 10. September 2001

Montag, 10.09.01 – Und um 10.00 h fällt der Anker zwischen Nomuka und Nomuka Iki (also Klein-Nomuka): Kitschpostkarte (weißer Strand mit Palmen) mit tollem Schnorchelriff – gut, dass meine Menschen den Rest des Tages „frei“ haben!
(Nebenbei: Wolfgang hat den Geburtstag seiner Schwester gestern natürlich nicht vergessen – sondern er hat sich geschworen, sie nicht wieder zu kontaktieren, bis sie ihren Telefonanschluss bei einer seriösen Gesellschaft, also nicht bei VIAG! hat…das nervt! Herzlichste Glückwünsche auf der Flucht- trotzdem!)

11.09.2001

Dienstag, 11. September 2001

Dienstag, 11.09.01 – Rein seglerisch nicht so der Hit, der letzte Tag des Törns. Trotz des Starts um 03.45 h, weil es bis nach Nuku’Alofa noch 60 Meilen sind und der Skipper auf jeden Fall im Hellen ankommen will. Was auch klappt – trotz Flaute von vorne (und weil die Mannschaft trotzig gegen den Gegenwind ansingt!).
An der Tankstelle im Fischereihafen hält dann plötzlich ein kleiner Minibus, Paul und Edith steigen aus und kommen an Bord und stellen sich vor: Paul ist der Trans-Ozean-Stützpunktleiter von Nuku’Alofa, und er weiß eine prima Pizzeria, in der man Ankunft feiern kann! Paul weiß auch sonst noch eine ganze Menge, weil er hier seit vielen Jahren Solaranlagen montiert – aber davon später mehr!

12.09.2001

Mittwoch, 12. September 2001

Mittwoch, 12.09.01 – Die Neuigkeiten aus USA kommen an – und trotzdem auch noch Steffi Hildebrandt, mit einem der letzten Flugzeuge, bevor nichts mehr geht… trotzdem – oder gerade deshalb besonders :Willkommen an Bord! (Desweiteren werde ich heute natürlich mal wieder auf Hochglanz poliert – und ein Koffer mit Schnitzereien geht auf Tiefe. Aber das ist eine andere Geschichte