Von Istanbul nach Trabzon

08.06.2005

Mittwoch, 08. Juni 2005

Mittwoch, 08.06.05 – „Willkommen an Bord” für Steffi Bretl und Roland Rollinger (ja, genau der Roland, der braucht ja auch mal Urlaub!)! Steffi ist genau wie Christiane Minnich zum ersten Mal an Bord, Roland hat mich zuletzt von Auckland nach Sydney gesegelt!
Weil das Wetter prima ist und alle schon ausreichend die Stadt erkundet haben, lässt der Skipper keine Langeweile aufkommen und schleift die neue Mannschaft gleich zum Großeinkauf! Für das Ladenpersonal des kleinen Supermarktes ist mein Drei-Wochen-Bedarf sogar ein Größteinkauf , und spätestens als Wolfgang die Käsesorten mittels „muuuuh” und „määhähä” ermittelt werden auch die übrigen Einkäufer auf die Show aufmerksam.
Bier und Fruchtsäfte holen Steffi und Wolfgang dann in einem der neuen Mega-Shopping-Zentren, da hätte man alles andere auch kaufen können, aber das wäre sicherlich nur halb so lustig gewesen!
Nach dem Einbunkern in meine Staufächer und nach der alltörnlichen Schiffs- und Sicherheitseinweisung treibt uns ein schöner Nordwind quer über die Bucht von Istanbul, in der ruhigen Ankerbucht Cam Limani (wochentags nur eine Hand voll Yachten! Das war ja letzen Sonntag anders…) auf den Prinzeninseln kann meine Mannschaft bei türkischen Ravioli und Weißwein erstmals ruhig durchatmen und den Törnbeginn genießen.

09.06.2005

Donnerstag, 09. Juni 2005

09.06.2005Donnerstag, 09.06.05 – Von 10.00 h bis 14.30 h fahren wir durch Istanbul. Die Stadt nimmt kein Ende, der Bosporus ist bis fast an das Schwarze Meer auf beiden Seiten dicht besiedelt. Die Ortsteile tragen zwar noch die Namen der Dörfer, die sie früher mal waren, aber tatsächlich gibt es keine unbebaute Fläche mehr zwischen ihnen. Geschätzte 15 Millionen Menschen, die ganz genaue Zahl weiß niemand.
Weil das Mittelmeer unter dem Meeresspiegel von Atlantik und Schwarzem Meer liegt, steht ein ständiger, kräftiger Südstrom im Bosporus, teilweise fahre ich zwar mit sechs Knoten durch das Wasser, aber nur mit 1,8 über Grund, also wirklich am Ufer entlang, nach Norden! So hat meine Crew etwas zusätzliche Zeit, die Hagia Sophia, die Blaue Moschee, die Paläste, die Parks, die wunderbare Stadt auf zwei Kontinenten zu bestaunen!
Delfine spielen am Nachmittag um meinen Bug und begrüßen uns im Schwarzen Meer! Direkt unter dem Leuchtturm, der die Westseite der Einfahrt (für mich natürlich Ausfahrt!) zum Bosporus markiert, liegt der Fischerhafen Turkeli Feneri, ich bin mal wieder die einzige Yacht. Christiane legt mich elegant neben eine traditionelle Gület (türkisches Holzboot), und sobald die Leinen fest sind, geht meine Mannschaft auf Expedition. Oben im Dorf rufen die Menschen „Hos Geldiniz!-Willkommen!”, und zwei Frauen, die vor ihrem Haus Netze knüpfen, erzählen mit Händen und Füßen und ganz ohne Englisch- oder Deutschkenntnisse von ihrer Verwandtschaft in Amerika. Dieter und Wolfgang reparieren einer kleinen Kinderschar noch schnell den Winddrachen, und zum Abendessen gibt es frischen Fisch im Hafenrestaurant!

10.06.2005

Freitag, 10. Juni 2005

Freitag, 10.06.05 – Regen ist ein ungenügender Grund nicht abzulegen. Gegenwind ebenfalls. Aber gemeinsam sind die beiden schon ein echtes Argument: Wir bleiben im Hafen. Schon das Aufstehen wird laaaaange hinausgezögert, dann gibt es ein extensives Frühstück, das nahtlos in eine ausgedehnte Siesta übergeht. Und danach wird gelesen. Und dann ist es schon Zeit für das Abendbrot, und da der Regen aufgehört hat, schafft es meine Mannschaft sogar trockenen Fußes bis in das andere Fischrestaurant. (Roland besteht auf einem Fleißkärtchen, weil er Brot geholt hat!)

11.06.2005

Samstag, 11. Juni 2005

Samstag, 11.06.05 – Das Frühstück gibt es wieder unter Deck, weil es draußen blitzt und donnert. Aber das Gewitter schiebt auch die Wolken weg und dreht den Wind auf West. Am Nachmittag ist aus dem trüben Morgen ein herrlicher Segeltag geworden! Gute 20 Meilen schaffen wir noch, dann legt mich Steffi mit dem ersten Anlegemanöver ihres Lebens längsseits an ein Fischerboot in Sile.
Die kleine Stadt am Hügel ist noch Naherholungsgebiet für Istanbul und deshalb sehr aufgeräumt und schön. Nur die Disco am Abend und in der Nacht trübt den Gesamteindruck. Kaum hören die Techno-Bässe in der Nacht auf, ruft natürlich schon fast der Muezzin lautsprecherverstärkt vom Minarett…

12.06.2005

Sonntag, 12. Juni 2005

12.06.2005Sonntag, 12.06.05 – Sonntags gibt es auch weiterhin ein Frühstücksei, damit mein Skipper weiß, dass die Woche zu Ende ist. Direkt danach legen wir ab – und der Tag wird traumhaft: unter Blister die Küste entlang bis zur kleinen Insel Kefken Adasi. Da gibt es einen kleinen Schutzhafen, die Reste einer Fischzucht, ein paar Männer Besatzung für das Küstenrettungsboot und den Leuchtturm, und ein paar verfallene Gärten voller Blumen und Kräuter. Die Küstenretter freuen sich über den Besuch, und meine Inselexpedition (Dieter, Roland und Wolfgang) darf sogar oben auf den Leuchtturm! Das gibt schöne Fotos! Rasmus sei Dank kann man von da oben aber nicht erkennen, was hier unter Deck wild gebacken und gebrutzelt wird, Wolfgang darf für mindestens zwei Stunden nämlich nix von den Vorbereitungen unter Deck erfahren. Roland fängt sogar das Blümchenpflücken an, damit sich der Landausflug noch ein wenig in die Länge zieht…
Obwohl abends noch eine andere Yacht in der Nordostecke der Hafenbucht ankert, reicht die Einsamkeit für ein paar Lieder auf Gitarre (Wolfgang und Roland), Trommel (Christiane virtuos!) und Mundharmonika (wieder Roland) und ganz viel Sternegucken! Mit Riesenschnuppen!

13.06.2005

Montag, 13. Juni 2005

Montag, 13.06.05 – Wolfgang wird mit einem Landausflugsverlängerungsüberraschungskuchen voller Kerzen geweckt, er hat nämlich Geburtstag! Er darf ihn aber noch nicht essen, denn wir haben 50 Meilen vor dem Bug- und deshalb wird erstmal abgelegt! Den Kuchen gibt es unterwegs, da schmeckt er auch am besten! Das Wetter ist weiter prima, auch wenn der Wind auf Nordost gedreht hat. Das kostet nur einen kurzen Kreuzschlag, um 18.45 h liege ich mit Achterleinen und Buganker wieder zwischen Fischern und Schneckentauchern in Akcakoca. Yachttourismus ist in der Gegend hier ja noch was richtig exotisches, heute traut sich ein älterer Herr in mein Cockpit, trinkt ein Tässchen Tee, bemängelt Steffis Augenbrauenpiercing und hat ziemlich viel Vergnügen an seinem Montag-Nachmittags-Abenteuer. Ein Berliner Deutschtürke nimmt dann meine Crew in seine Obhut, führt alle in das Restaurant seines Onkels und erzählt Geschichten aus Berlin und Akcakoca.
PS: Wolfgang bedankt sich natürlich herzlichst für alle Geschenke und die guten Wünschen per Telefon, e-mail, sms etc.!

14.06.2005

Dienstag, 14. Juni 2005

Dienstag, 14.06.05 – Über Nacht hat ein Gewitter Wolken gebracht, das gibt es hier anscheinend auch! Macht aber nichts, es geht sowieso nur ein paar Meilen unter Tümmlerbegleitung an der Küste entlang nach Eregli. Wie immer helfen die Türken beim Festmachen, fangen nette Gespräche an und erkundigen sich nach den Wünschen. Heute will meine Crew vor allem ins Hamam, das türkische Bad. „Hamam? Gleich über die Straße!” Na prima! Die Männer sind nach einer Stunde Massage und Waschung schwer begeistert, bei den Frauen war man wohl nicht auf Besuch eingestellt, das muss noch mal wiederholt werden, auch wenn es schon mal ein Anfang war. Ein LKW kippt später direkt hinter meinem Liegplatz halb vom Kai und muss mit einem Autokran geborgen werden, so viel Unterhaltungsprogramm wäre ja gar nicht nötig gewesen.

15.06.2005

Mittwoch, 15. Juni 2005

Mittwoch, 15.06.05 – Heute liegt wieder eine größere Strecke vor uns, deshalb kommt das Ablegemanöver vor dem Frühstück. Weil das Meer ruhig ist, ist das auch kein Problem. Ein wenig zu ruhig allerdings, denn den größten Teil des Tages muss der Motor schieben helfen. Die Sonne und vor allem die Delfine in der Bugwelle trösten aber über die Flaute hinweg. Wenn man ein wenig pfeift und singt und mit den Armen rudert, dann werden die Delfine neugierig und bleiben lange in der Nähe! Oft drehen sie sich auf die Seite und spähen grinsend mit einem Auge zu den komischen Zweibeinern hinauf, die auf meinem Vorschiff Faxen machen!
Amasra, das Tagesziel liegt nach 62 Meilen im warmen Licht des Sonnenuntergangs voraus, das Städtchen gilt als das schönste an der Schwarzmeerküste – und dem ersten Einruck nach stimmt das schon mal: Die Altstadt mit den Wehrtürmen liegt malerisch auf einer Insel, die über eine kleine Steinbrücke mit dem Festland verbunden ist. Der Hafen befindet sich auf der Rückseite, das gibt noch ein paar schöne Fotos bis zum Anlegemanöver!

16.06.2005

Donnerstag, 16. Juni 2005

16.06.2005Donnerstag, 16.06.05 – Meine Crew geht mal wieder auf Expedition – und ich darf nicht mit. Das im Hinterland gelegene Safranbolu („Safranstadt” nach dem Gewürz, das Jahrhunderte lang großen Wohlstand beschert hat!) ist wegen seines komplett erhaltenen osmanischen Stadtzentrums UNESCO-Weltkulturerbe. Aber schon die Busfahrt durch die Gebirgslandschaft ist den Hafentag wert! Die Details der Reise würden hier mal wieder den Rahmen sprengen, insgesamt wurden zwei Video-Kassetten, vier Dia-Filme und eine nicht genau definierbare Unmenge von Digitalbildern verknipst, zwei Museen, eine Karawanserei und ein Aussichtspark besichtigt und zwei Basare geplündert. Zwischendurch gelebter Geschichtsunterricht von Jason und den Amazonen bis zu Atatürk. Außerdem wurden natürlich wieder Unmengen neue Bekanntschaften geschlossen, das macht hier ja am meisten Spaß! Heute ein Tourismusdirektor, unterwegs viele hilfreiche Jugendliche und zurück in Amasra ein Wirt mit Ferngläsern zum Karnickelbeobachten!

17.06.2005

Freitag, 17. Juni 2005

Freitag, 17.06.05 – Die Fotorunde von vorgestern muss heute morgen natürlich noch mal wiederholt werden, weil die Sonne ja jetzt von der anderen Seite auf die Amasra scheint! Der Karnickelbeobachtungswirt erspäht uns durch sein Fernglas beim Umrunden der Karnickelinsel und bekommt zum Abschied drei lange Tuuuuuuts (das Signal können Kreuzfahrtschiffe beim Verlassen des Hafens geben!) aus der Muschel zugepustet, danach dreht Steffi meinen Bug nach Osten! Der Wind reicht wenigstens streckenweise für den Blister, wunderbare, in der Stille der leichten Brise fast zauberhafte Meilen auf dem Weg nach Gaidaros. Wolfgang beweist dort, dass die paar umher schwimmenden Quallen harmlos sind, indem er sie unter dem Bauch krault, danach trauen sich alle in das herrlich klare Wasser der Ankerbucht.
Frisch gebadet geht es per Beiboot an Land: Im Westzipfel der Bucht serviert man nur Tee, weil das kleine Ausflugslokal nur im Hochsommer öffnet, also rudert meine Mannschaft weiter zum Ostzipfel, wo man im anderen Ausflugslokal Salat und frischen Fisch zubereitet. Dieter ist allerdings am meisten von der Ameisenstraße an der Freiluftverdrahtung entlang in den Kirschbaum hinein fasziniert, außerdem genießt er die Ruhe: keine Ortschaft in der Nähe, also auch kein Muezzin!

18.06.2005

Samstag, 18. Juni 2005

Samstag, 18.06.05 – Nochmal hinein ins kühle Nass – und dann wieder hinaus auf See. Wieder ein paar Meilen unter Blister, wieder Delfine, wieder Sonnenschein! Und dann, nach grandiosem Sonnenuntergang, Mondschein, denn es geht auf Nachtfahrt!

19.06.2005

Sonntag, 19. Juni 2005

Sonntag, 19.06.05 – Wenn’s nicht so müde machen würde! Die Sterne und so, das ist ja alles toll, aber nach dem Anlegen und dem Frühstück in Sinop wird dann doch erstmal ein Nickerchen gemacht, bevor es weiter im Programm geht! Und da steht heute noch mal Hamam drin! Hier gibt es nämlich eines, das über 800 Jahre alt ist, und ausnahmsweise dürfen Steffi und Christiane einfach zusammen mit den Männern in die dampfigen Marmorhallen! Der Masseur biegt und wäscht und kitzelt und quält meine Mannschaft und schrubbt die ganze schöne Sonnenbräune ab! Da bleiben nur kleine Dreckröllchen von übrig!
Eine kulinarische Spezialität gibt es hier auch noch: An einem Samander, einem großen Tischgrill, bereitet man sich im Lokal sein Essen selber zu: lustig, praktisch, billig!
Um den Tag perfekt ausklingen zu lassen, sucht und findet der Skipper eine Studentenkneipe mit Livemusik!

20.06.2005

Montag, 20. Juni 2005

Montag, 20.06.05 – Weil das Wetter nicht so will, bleiben wir im Hafen. Und das ist hier ja nie langweilig! Erstens machen natürlich die Spaziergänge in die Stadt Spaß, aber zweitens ist auch er an Bord ständig was los. Fast jeder Passant spricht meine Crew an: „Woher, wohin, braucht ihr was?” Sogar die Sesamkringelverkäufer haben schon ihre Runde geändert und schauen alle par Stunden vorbei!

21.06.2005

Dienstag, 21. Juni 2005

Dienstag, 21.06.05 – Einen kleinen Schauer warten wir noch ab, dann bekomme ich noch beide Tanks voll Wasser, und dann geht die Reise wieder weiter: Kräftiger Westwind (auf den wir ja schließlich gewartet haben!) zieht mich unter kleiner Passatbesegelung nach Osten. „Kleine” Passatbesegelung, weil anstatt der größeren Fock 1 nur die Starkwindfock und dazu die teilausgerollte Genua mit den beiden Spinnakerbäumen wie Schwingen aufgespannt werden. Das Großsegel bleibt unten, und weil ich so mehr gezogen als geschoben werde, ist am Ruder fast keine Steuerbewegung nötig, um mich auf Kurs zu halten. Kein Wunder, das es niemandem auffällt, dass es dunkler und dunkler wird, trotz der Mittsommernacht!

22.06.2005

Mittwoch, 22. Juni 2005

Mittwoch, 22.06.05 – Eigentlich schade, dass die kürzeste Nacht des Jahres schon so früh vorbei ist! Weil außerdem noch Vollmond ist, gelten die zurückgelegten Meilen ja kaum als Nachtfahrt! Aber schön ist es ja auch am Tag, zumal hier die Küste vom Ufer weg in Hochgebirge übergeht und die Szenerie schwer an die Schweiz erinnert!
In Yalikoy winken die Fischer wie so oft hilfsbereit und helfen beim Anlegen! „Hos geldiniz! Willkommen!” und der Tee ist auch schon fertig. Die Fischer haben Putz- und Flickstunde und reparieren in aller Gemütsruhe riesige Netze unter einem Schattendach. Sieht sehr nach einer Endlosarbeit aus, aber für den Tee mit deutschen Gästen wird jederzeit ein Päuschen eingeschoben. Meine FotografInnen gucken den Fischern so lange auf die flinken Finger, bis sie auch ein Webeschiffchen und ein Stück altes Netz zum Ausprobieren bekommen.
Yalikoy ist bekannt für die besten Köfte (Fleischbällchen) der Türkei, dadurch wirkt der Ort an der Küstenstraße aber wie eine recht trostlose Aneinanderreihung von Schnellrestaurants, in denen sich die LKW-Fahrer gut und günstig verpflegen. Zu viel Trubel für meine Mannschaft, die einen kleinen Familienbetrieb am ruhigen Hafen vorzieht und Lahmacun (Fladenfaltpizza) direkt in der Küche serviert bekommt.

23.06.2005

Donnerstag, 23. Juni 2005

Donnerstag, 23.06.05 – Christiane fährt sehr zur Verwunderung der Fischer das Ablegemanöver, Frauen auf Booten gibt es hier kaum, und am Steuer natürlich schon gar nicht! Die Zeit der Amazonen ist hier nun mal seit ein paar tausend Jahren vorbei… Das Kap Yasun Burnu erinnert ein paar Meilen weiter nördlich auch an klassische Sagen, Jason soll mit den Argonauten hier angelegt haben, ein verfallenes Kirchlein aus wiederum einer anderen, der byzantinischen Epoche ziert das schöne Kap heute.
Der neue Schutzhafen Efirli beherbergt erst wenige Boote, aber die Küstenwache hat eine Station und unter großem Getöse läuft am Abend das Kontrollboot ein! Da sind wir ja gut behütet für die Nacht an diesem ansonsten sehr stillen Fleckchen. 30 Meter Ankerkette sorgen außerdem für den sicheren Schlaf von Skipper und Crew hier an Bord…

24.06.2005

Freitag, 24. Juni 2005

Freitag, 24.06.05 – Das Wasser lädt zum Schwimmen ein, der schöne Platz zum gemütlichen Frühstück unter dem Sonnensegel: Es wird mal wieder fast 11.00 h, bis wir auf das Meer kommen. Macht nichts, die beiden Nachtfahrten haben uns einigen Vorsprung verschafft, die 30 Meilen bis nach Giresun sind auch am Nachmittag schnell gesegelt. Das ehemalige Cerasus ist die Urheimat der Kirsche, sowohl in Kirsche als auch in Cherry klingen beide Stadtnamen ja noch bis heute nach! Saison ist auch gerade, ratet mal, was die Mannschaft kiloweise vom Landausflug mitbringt?! An Land gibt es einen alten Burgberg zu besichtigen, die Aussicht an der Küste entlang entschädigt für meinen eher unromantischen Liegeplatz im Industriehafen.

25.06.2005

Samstag, 25. Juni 2005

Samstag, 25.06.05 – Steffi düst nach Bezikdüzü und fährt den Highscore der Reise mit 7,8 Knoten! Bezikdüzü wirkt eher wie eine Ankerbucht, nur ein paar kleine Fischerboote nutzen den abgelegenen Platz. Der schönste Fischer verkauft meiner Mannschaft einen Barsch und eine Makrele, damit steht einem Fünf-Sterne-Menü ja nichts mehr im Wege! Es gibt Frischestfisch im Kräutersud aus dem Ofen, dazu indisches Currygemüse und Duftreis auf Kartoffelkruste, dazu Salat und Obst und Mondschein und Gitarrenmusik…

26.06.2005

Sonntag, 26. Juni 2005

26.06.2005Sonntag, 26.06.05 – Sonntagsfrühstück mit Traditions-Ei. Und danach gerade mal 20 Meilen bis nach Akcaabat. Da helfen mal wieder die Fischer beim Anlegen, kaum sind die Leinen fest, kommt Besuch an Bord: Der Hafenmeister, ein Lokalreporter und dessen Schwager kommen zum Interview. Naja, und natürlich zum Erzählen, zum Teetrinken, zum Hilfe anbieten.
Der Onkel vom Schwager hat hier ein Restaurant, da gibt es das bisher beste Auswärts-Abendessen der Reise, die Gäste dürfen ja nicht enttäuscht werden! Einstimmiges Urteil außerdem: Das Essen wird immer besser und abwechselungsreicher, je weiter man nach Osten kommt! Der Hesse Barin, der als Crew auf einer amerikanischen Yacht arbeitet (Ich bin nämlich ausnahmsweise nicht die einzige Yacht im Hafen!!!) vergrößert die Runde, der Schwager und des Schwagers Frau (sie ist Übersetzerin für Deutsch und freut sich über etwas Praxis!) samt Sohn gesellen sich noch dazu, ein lustiger Abend! Mit vollen Bäuchen schleppt sich meine Mannschaft noch ins Café nebenan, wo eine Wasserpfeife wartet, und den Absacker gibt es dann abschließend hier im Cockpit. Mangels Ausschanklizenz gibt es den Verdauungstrunk übrigens schon seit Verlassen Istanbuls relativ häufig erst als echtes Betthupferl, anders als im touristisch erschlossenen Süden gibt es hier nur in den sehr teuren Restaurants alkoholische Getränke.

27.06.2005

Montag, 27. Juni 2005

Montag, 27.06.05 – Eben noch elf Meilen weiter bis in die „Trabzon Yacht Marina”. Die ist im Handbuch als „im Ausbau befindlich” beschrieben. Der Ausbau hat aber nie stattgefunden, an das Gelände schließen sich zwar die Nobelsportanlagen des Fussballerstligisten Trabzonsport an, aber davon hat der Hafen nix! Große Trostlosigkeit. Leere. Gleichmäßig verteilter Müll auf den Kais. Zwei Türken, eine Russin und ein Russe, die sich in einer Ecke mit Wodka zulöten, aber erstaunlicherweise zur Begrüßung einen selbstgepflückten Blumenstrauß vorbeibringen. Und für Transport sorgen, so dass Steffi und Wolfgang wenigstens zum Erkunden in die Stadt kommen, während mich Christiane, Dieter und Roland längsseits an eine verlassene Yacht legen, weil ich so wenigstens vielleicht an den Wasseranschluss komme…
Aber dann wird doch alles gut: Steffi und Wolfgang kommen mit einem Leihwagen zurück, ich darf Erstligistenwasser bunkern und zum Duschen und Schwimmen geht es in das Leistungszentrum, entweder mit dem Auto – oder einfach hinten im Eck des Hafens die Böschung hinauf! So steigt die Stimmung nach der ersten Enttäuschung doch schnell wieder – und als am Abend tatsächlich der Eigner der gar nicht so verlassenen Motoryacht Gebäck und Obst als Willkommensgeschenk überreicht, da ist die Welt wieder in Ordnung!
Nachts wird es dann sogar richtig lebendig, denn die einsamen Steganlagen locken Angler, Feierabendbiertrinker und Liebespärchen an!

28.06.2005

Dienstag, 28. Juni 2005

28.06.2005Dienstag, 28.06.05 – Großer Autoausflug zum Kloster Sumela. Das ist ein von Menschenhand geschaffener, steinerner Adlerhorst, dessen Anblick allein schon den Atem stocken lässt. Der Fußweg hinauf zur winzigen Eingangspforte übrigens auch. Den ganzen Ausflug samt Gebirgspassüberquerung, Handhangelseilbahn, Orchideenbestimmung, Forellenessen, Hammelgrillen, dem letzten byzantinischem Kirchturm auf türkischem Boden, Freilichtmuseumscafé etc. kann ich hier aus Platzmangel nicht beschreiben, außerdem war ich ja mal wieder nicht mit. Sauerei…

29.06.2005

Mittwoch, 29. Juni 2005

Mittwoch, 29.06.05 – Crewwechseltag! Christiane, Steffi und Roland beziehen am Nachmittag noch für eine Nacht ein Hotel in der Innenstadt, und Rosi Kolb, Monika Bloessl (beide schon zum x-ten Mal, allerdings ertmalig gemeinsam hier an Bord) und Judith Ortenburger (überhaupt erstmalig, aber natürlich mindestens genau so herzlich Willkommen an Bord!!) werden von Wolfgang mit dem Galateia-Mobil (dem Leihauto…) abgeholt und gleich zum Großeinkauf gebracht.
Zum Abendessen treffen sich alte und neue Crew noch mal, weil jemand aus der alten Crew sein Handy hier an Bord vergessen hat – und weil jemand aus der neuen Crew noch den Hotelschlüssel abgeben muss, kein Wunder, bei all der Aufregung! Und natürlich, weil es viel Spaß macht, gespanntem Publikum von den letzten 722 Meilen zu erzählen, auf denen keine einzige andere Segelyacht in Fahrt gesichtet wurde. Damit war das übrigens yachttourismusmäßig die einsamste Reise, die ich je gemacht habe! Ansonsten war es natürlich eine absolut uneinsame Reise, weil es nirgendwo sonst auf der Welt derartig einfach ist, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, wie hier in der Türkei! Und draußen auf See waren ja fast täglich Delfine als Begleiter!!
Wolfgang Gutt bekommt von den Erzählungen nichts mit, weil sein Flieger erst am späten Abend landet, aber Wolfgang war ja auch schon so oft als Gast an Bord, das er selber Geschichten genug zu erzählen hat!
(Wie immer dürft ihr euch für Törns mit Wolfgang und Wolfgang an die verwechslungshemmende Schreibweise WolfgangG für Gutt und Wwolfgang für Weber gewöhnen!)